Art. 792. Ein Sicherheits-Wechsel, d. i. zur Sicherung eines anderweitig bestehenden Forderungsverhältnisses kann in doppelter Weise gegeben werden, entweder dadurch dass der Schuldner, als Inhaber eines bereits vorhandenen Wechsels, oder ein anderer Wechselinhaber auf Rechnung des Schuldners, denselben an den Gläubiger indossirt, oder dadurch dass ein neuer Wechsel geschaffen und dem Gläubiger als Nehmer ausgehändigt wird, wobei der Schuldner als Bezogener oder Aussteller die Wechselschuld auf sich nimmt. Es ist nun als Princip festzuhalten, dass der Zweck, zu welchem ein Wechsel ausgestellt oder weiterbegeben wird, die Natur der Wechselausstellung und der Indossirung an sich nicht ändern kann, da seine formale Natur der Rücksichtnahme auf andere dem Wechsel zu Grunde liegende Rechtsverhältnisse widerstrebt. Es macht auch keinen Unterschied, ob der Zweck der Sicherheit auf dem Wechsel oder bei dem Indossament selbst bemerkt wird oder nicht; im letzteren Falle würde ein unwesentlicher Inhalt des Wechsels vorliegen, der denselben zwar nicht ungültig macht, aber doch wechselrechtliche Bedeutung nicht besitzt (Art. 769). In diesem Sinne ist der erste Theil des gegenwärtigen Artikels zu verstehen. Die Indossirung, wie überhaupt die Ausstellung eines Wechsels zum Zweck der Sicherheit ist nicht weniger als eine gewöhnliche volle Indossirung, der Indossatar kann also unter allen Umständen den Wechsel weiter giriren, gleichwie er ihn auch quittiren oder sonst darüber verfügen kann. Diese Befugnisse muss der Gläubiger haben, da er dadurch auf die einfachste Weise sich für seine Forderung bezahlt machen kann. Nach Art. 442 kann derjenige, dem eine Forderung verpfändet worden ist, dieselbe entweder verkaufen oder selbst beitreiben; zum Verkaufe ist aber in den meisten Fällen die Befugniss der reinen Indossirung nothwendig. Wer nun einen Wechsel erhalten hat, um sich mittelst desselben für eine andere Forderung zu befriedigen, ist in keiner anderen Weise Wechseleigenthümer, wie jeder andere Wechselinhaber, er kann mithin die Rechte aus dem Wechsel gegen den Acceptanten, den Aussteller und die Indossanten ganz in der gewöhnlichen Weise geltend machen, ist aber dabei auch den gewöhnlichen Beschränkungen wie jeder andere Wechseleigenthümer, z. B. nach Art. 789 oder Art. 794 u. s. w. unterworfen. Es kann also einem solchen Wechselinhaber die weitere Indossirung des Wechsels auch mit der in Art. 794 bemerkten Folge untersagt werden. Soweit aber der Sicherheitsgläubiger Rechte aus dem Wechsel besitzt, kann er sie offenbar in derselben Weise ausüben, wie jeder andere Inhaber, also lediglich kraft der formalen Natur des Wechsels, und es können ihm Einreden aus dem zu Grunde liegenden Schuldverhältnisse, zu dessen Sicherung der Wechsel gegeben wurde, nicht entgegengesetzt werden, z. B. indem jene Forderung aus irgend einem Grunde bestritten werden wollte. Alle Einreden aus dem anderweitigen Schuldverhältniss, z. B. die Einrede des Irrthums, der Nichterfüllung einer Bedingung, der mangelnden Gegenleistung etc. können im Wechselrecht nicht berücksichtigt, sondern müssen im ordentlichen Verfahren erledigt werden. Dies ist z. B. in einem Erkenntniss des Berliner Obertribunals vom 27. März 1858 ausdrücklich anerkannt. Ztschr. für H. R. Bd. 2 p. 132. Bd. 11. p. 287.
Von diesen Principien statuirt nun der Entwurf eine Ausnahme, indem die Einrede der Zahlung oder anderweitigen Tilgung der Schuld, um deren Sicherung es sich handelt, zugelassen wird. Die Gesetze sprechen sich über diesen Punkt nicht ausdrücklich aus; es folgt jedoch diese Zulassung aus der Natur der Pfandsicherheit. Das Pfandrecht erlischt, wenn die Forderung, zu deren Sicherung es dienen sollte, bezahlt wird, und der Schuldner hat das Recht, durch Zahlung das von ihm bestellte Pfandrecht aufzuheben. Art. 429. In diesem Falle hätte der Schuldner das Recht, nach Art. 772 die Rückgabe des dem Gläubiger zur Sicherheit anvertrauten Wechsels zu verlangen. Das Pfand- oder Deckungsverhältniss besteht jedoch rechtlich nur zwischen dem Gläubiger und Schuldner; wenn ersterer den Wechsel etwa weiter indossirt hätte, wozu er nach Art. 792 befugt ist, so könnten daraus gegen die späteren Indossatare Ansprüche nicht erhoben werden. Die Einrede der Zahlung ist daher nur gegen den speciellen Indossatar zulässig, der den Wechsel zur Sicherheit erhielt; gegen diesen soll nun aber auch die Einrede der Zahlung der zu Grunde liegenden Schuld erhoben werden können, nicht blos die Einrede der Zahlung der eigentlichen Wechselschuld, damit er seinen Forderungsbetrag nicht doppelt erhalten kann, einmal durch Geltendmachung seiner Rechte aus dem Wechsel und sodann durch Zahlung der zu Grunde liegenden Schuld. Beide Zahlungen substituiren sich gegenseitig, durch die eine wird die Verpflichtung zur anderen nothwendig beseitigt. Diese Einrede der Zahlung soll nicht blos dem speciellen Indossanten zustehen, sondern allen aus dem Wechsel Verpflichteten, und es wird hierdurch die nach Art. 873 begründete Gemeinsamkeit der Einrede der Wechselzahlung in diesem speciellen Falle auch auf die anderweitige Zahlung ausgedehnt, obwohl sonst Einreden aus einem obligatorischen Verhältnisse nur von denen erhoben werden können, zwischen denen das Verhältniss besteht. Diese Ausnahme erscheint durch die natürliche Billigkeit geboten, um so mehr als ausserdem das Geben eines Wechsels zur Sicherheit jeder rechtlichen Bedeutung zum Vortheil des Schuldners entbehren würde. Borchardt, Zus. 179. 631.
Demnach würde also dem Indossatar, welchem ein Wechsel pfandweise übertragen wurde, nachdem er die Bezahlung seiner Forderung erhielt, die Einrede der Zahlung entgegenstehen, sowohl von Seiten des Bezogenen, als von Seiten des Indossanten und dessen Vormänner, wenn er Regress gegen diese suchen würde. Hätte er aber den Wechsel weiter indossirt, so würde diese Einrede den nachfolgenden Indossataren nicht im Wege stehen, denn für diese wäre das Pfandverhältniss ein durchaus fremdes Verhältniss. Würden sie aber vom Bezogenen keine Zahlung erhalten und gegen ihren Pfandindossanten desshalb Regress suchen, so wäre dieser dazu verpflichtet, allein ihm selbst stünde von Seiten des Verpfänders und dessen Vormänner wiederum die Einrede der Zahlung entgegen, wenn er seiner Seits Regress gegen dieselben suchen würde.