Art. 27. Die in diesem Artikel zugelassenen Ausnahmen von der Regel, dass die Firma der bürgerliche Name des Handelsmannes sein soll, sind anderer Art und erfordern daher eine besondere Normirung. Sie folgen nämlich hier aus der sachlichen Bedeutung einer Firma, während die des vorhergehenden Artikels aus der persönlichen Bedeutung der Firmen hergeleitet wurden. Es ist ein wohlverstandenes Interesse im Handel, renommirte, weithin bekannte, altangesehene Firmen beizubehalten, auch wenn die Inhaber wechseln. Dieses Interesse weiss der Handelsmann sehr hoch zu schätzen, und es ist für seinen Credit und seine ganze Stellung in der Geschäftswelt von eingreifender Bedeutung. Die Gesetzgebung muss dieses Interesse schützen, soweit es den Grundsätzen des Rechtes gemäss geschehen kann. Zwei Fälle sind hier zu unterscheiden:
1) die Firma geht durch ein Rechtsgeschäft auf völlig neue, andere Personen über, entweder durch Erbschaft oder durch Vertrag Im ersten Fall liegt eine Universal-Succession in die Person des früheren Inhabers vor, in jeder vermögensrechtlichen Beziehung. Da nun die Firma einen Vermögenswerth hat und zum Capital des Erblassers gehört, kann das Recht zu ihrer Führung resp. Beibehaltung den Erben nicht streitig gemacht werden. Im zweiten Fall wird nur eine Singular-Succession begründet, aber diese erstreckt sich auf alles, was der eine Theil auf den anderen Theil übertragen will. Eine Firma ist ein Vermögensobject, und kann (unter der Einschränkung des Art. 28.) unzweifelhaft auf Andere übertragen werden. Gleichgültig ist es, ob der bisherige Inhaber der Firma mit derselben noch ferner in Verbindung steht oder nicht; ob das eine oder das andere geschieht, ob er also noch Interessen in dem Gewerbe fortbestehen lässt und an dem Gewinn oder Verlust irgendwie betheiligt bleibt, ist lediglich dem Ermessen der beiden Theile überlassen. Der neue Erwerber erlangt in jedem Falle den Vortheil, auf dem bisherigen Ansehen der Firma weiter zu arbeiten und deren bisherigen Credit bis auf weiteres fortzugeniessen. Allein man muss annehmen, dass er dafür dem Veräusserer eine Entschädigung gab, und wenn dieses Recht den Erben zustehen soll, kann es billiger Weise auch Käufern nicht entzogen werden.
2) Es findet keine Succession in das Gewerbe statt, sondern nur ein persönlicher Wechsel der Mitglieder. Hier entscheidet nun dieselbe Rücksicht, wie für die Fälle unter Ziffer 1. Die Firma hat einen Vermögenswerth, der denen, die ihn besitzen, nicht entzogen werden soll, um so mehr als er oft die Frucht langjähriger Anstrengungen und Ausdauer ist. Wenn also bisherige Mitglieder ausscheiden oder neue eintreten, so braucht desshalb eine Aenderung der Firma nicht vorgenommen zu werden, wenn nur das Gewerbe dasselbe bleibt. Nur die einzige Schranke ist hinzugefügt, dass es nicht gegen den Willen eines Austretenden geschehen darf, wenn dessen Name in der Firma beibehalten werden soll. Der Name ist etwas so rein persönliches und der Verfügung anderer Personen so sehr entzogen, dass die Weglassung jener Schranke unnatürlich wäre. Wer seinen Namen einem Gewerbe belässt, deckt dieses gewissermassen mit seiner Person, und dies kann nicht gegen seinen Willen geschehen. Uebrigens kann diese Einwilligung auch schon vorher, etwa bei der Eingehung des dessfallsigen Gesellschaftsvertrages erklärt werden. Sie braucht auch keine ausdrückliche zu sein und kann stillschweigend geschehen. Für die gegentheilige Vorschrift des D. H. Gesetzbuchs dürfte kein genügender Grund gegeben sein. Es muss hier wie sonst der Grundsatz gelten, melior est conditio possidentis, wesshalb es genug sein muss, wenn von Seiten eines solchen Theilnehmers kein Einspruch erfolgt. Nur der Unterschied ist hier zu machen, dass eine ausdrückliche Einwilligung später nicht einseitig zurückgezogen werden kann, da sie eine vertragsmässige Obligation begründet, während blos thatsächliches Geschehenlassen später jederzeit zurückgenommen werden kann.
Diesen Grundsätzen gemäss kann es kommen, dass eine Gesell-Schaftsfirma von einem einzelnen Handelsmann, und eine Einzelfirma von einer Gesellschaft geführt werden kann. Es ist dies eine Anomalie, aber sie entspricht dem Handelsgebrauch, und wird gemildert dadurch, dass solche Firmen nicht neu entstehen, sondern nur wenn bereits existent fortgeführt werden können. Es kommt im Rechte auch anderweitig vor, dass ein gewisser Zustand fortdauern kann unter Umständen, die zu seiner Entstehung nicht hingereicht hätten.
Dieselben Regeln sind auch anwendbar auf den Fall, wenn eine Ehefrau das Gewerbe ihrer verstorbenen Ehemannes fortsetzt. Sie kann sodann die Firma ihres Ehemannes beibehalten. Wenn dies kraft Erbrechts geschieht, ist es bereits oben in den zu Ziffer 1. besprochenen Fällen enthalten.