Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich : Zweite Lesung
参考原資料
- Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich - Zweite Lesung , 1894-1895 [Google Books]
Erstes Buch. Allgemeiner Theil.
Erster Abschnitt. Personen.
Erster Titel. Natürliche Personen.
§.1. Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der vollendeten Geburt und endigt mit dem Tode.
§.2. Ein Verschollener kann für todt erklärt werden, wenn seit zehn Jahren keine Nachricht von seinem Leben eingegangen ist. Sind seit der Geburt des Verschollenen siebzig Jahre verstrichen, so genügt ein fünfjähriger Zeitraum.
Der zehn oder fünfjährige Zeitraum beginnt mit dem Schlusse des Jahres, in welchem der Verschollene den vorhandenen Nachrichten zufolge noch gelebt hat. Sind zu dieser Zeit seit der Geburt des Verschollenen noch nicht einundzwanzig Jahre verstrichen, so beginnt der zehnjährige Zeitraum erst mit dem Schlusse des einundzwanzigsten Jahres.
§.3. Wer als Angehöriger einer bewaffneten Macht an einem Kriege Theil genommen hat, während desselben vermißt worden und seitdem verschollen ist, kann nach Ablauf von drei Jahren seit dem Friedensschlusse für todt erklärt werden. Hat ein Friedensschluß nicht stattgefunden, so beginnt der dreijährige Zeitraum mit dem Schlusse des Jahres, in welchem der Krieg beendigt ist.
Im Sinne dieser Vorschrift gilt als Angehöriger der bewaffneten Macht auch derjenige, welcher sich bei derselben in einem Amts- oder Dienstverhältniß oder zu Zwecken freiwilliger Hülfeleistung befindet.
§.4. Wer bei einer Seefahrt seit dem Untergange des Fahrzeugs, auf dem er sich befunden hat, verschollen ist, kann nach Ablauf eines Jahres seit dem Untergange des Fahrzeugs für todt erklärt werden.
Der Untergang des Fahrzeugs wird vermuthet, wenn es entweder am Orte seiner Bestimmung nicht eingetroffen oder in Ermangelung eines festen Reiseziels nicht zurückgekehrt ist und wenn
bei Fahrten innerhalb der Ostsee ein Jahr,
bei Fahrten innerhalb anderer europäischer Meere, mit Einschluß sämmtlicher Theile des Mittelländischen, Schwarzen und Azowschen Meeres, zwei Jahre,
bei Fahrten, die über außereuropäische Meere führen, drei Jahre
seit dem Antritte der Reise verstrichen sind. Sind während der Reise Nachrichten von dem Fahrzeug eingegangen, so ist der Zeitraum maßgebend, der abgelaufen sein müßte, wenn das Fahrzeug von dem Orte abgegangen wäre, an dem es sich den Nachrichten zufolge zuletzt befunden hat.
§.5. Wer unter anderen als den in den §§.3, 4 bezeichneten Umständen in eine Lebensgefahr gerathen und seitdem verschollen ist, kann nach Ablauf von drei Jahren seit dem die Lebensgefahr begründenden Ereignisse für todt erklärt werden.
§.6. Die Todeserklärung erfolgt im Aufgebotsverfahren.
§.7. Die Todeserklärung begründet die Vermuthung, daß der Verschollene in dem Zeitpunkte gestorben sei, welcher in dem die Todeserklärung aussprechenden Urtheile festgestellt ist.
Als Zeitpunkt des Todes ist, sofern die Ermittelungen nicht ein Anderes ergeben, anzunehmen:
in den Fällen des §.2 das Ende des daselbst bezeichneten Zeitraums,
in den Fällen des §.3 der Zeitpunkt des Friedensschlusses oder der Schluß des Jahres, in welchem der Krieg beendigt ist,
in den Fällen des §.4 der Zeitpunkt, in welchem das Fahrzeug untergegangen ist oder als untergegangen vermuthet wird,
in den Fällen des §.5 der Zeitpunkt, in welchem das die Lebensgefahr begründende Ereigniß stattgefunden hat.
Ist die Todeszeit nur dem Tage nach festgestellt, so gilt das Ende dieses Tages als Zeitpunkt des Todes.
§.8. Wird in Folge einer Anfechtungsklage die Todeserklärung aufgehoben oder eine andere Todeszeit festgestellt, so wirkt das Urtheil für und gegen Alle.
§.9. Solange die Todeserklärung nicht erfolgt ist, wird das Fortleben des Verschollenen bis zu dem Zeitpunkte vermuthet, der nach §.7 Abs. 2 in Ermangelung eines anderen Ergebnisses der Ermittelungen als Zeitpunkt des Todes anzunehmen ist.
§.10. Sind mehrere Menschen in einer gemeinsamen Gefahr umgekommen, so wird vermuthet, daß sie gleichzeitig gestorben seien.
§.11. Die Volljährigkeit tritt mit Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres ein.
§.12. Ein Minderjähriger kann durch Verfügung der zuständigen Behörde für volljährig erklärt werden.
Durch die Volljährigkeitserklärung erlangt der Minderjährige die rechtliche Stellung eines Volljährigen.
§.13. Die Volljährigkeitserklärung ist nur zulässig, wenn der Minderjährige das achtzehnte Lebensjahr vollendet und seine Einwilligung ertheilt hat. Steht der Minderjährige unter elterlicher Gewalt, so ist auch die Einwilligung des Gewalthabers erforderlich, sofern nicht dessen Gewalt auf die elterliche Nutznießung beschränkt ist; eine minderjährige Wittwe bedarf der Einwilligung nicht.
Die Volljährigkeitserklärung soll nur erfolgen, wenn sie das Beste des Minderjährigen befördert.
§.14. Entmündigung findet statt:
1. wegen Geisteskrankheit, wenn der Kranke in Folge derselben seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag;
2. wegen Verschwendung, wenn der Verschwender durch dieselbe sich oder seine Familie der Gefahr des Nothstandes ausjetzt;
3. wegen Trunksucht, wenn der Trinker in Folge derselben seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag oder sich oder seine Familie der Gefahr des Nothstandes aussetzt oder die Sicherheit Anderer gefährdet.
Die Entmündigung ist wieder aufzuheben, wenn der Grund, aus dem sie erfolgte, weggefallen ist.
§.15. Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt. Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben dritten Person abstammen, sind in der Seitenlinie verwandt. Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten.
Zwischen einem unehelichen Kinde und dessen Vater besteht keine Verwandtschaft.
§.16. Ein Ehegatte ist mit den Verwandten des anderen Ehegatten verschwägert. Die Linie und der Grad der Schwägerschaft bestimmen sich nach der Linie und dem Grade der sie vermittelnden Verwandtschaft.
Die Schwägerschaft dauert fort, auch wenn die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist.
§.17. Wer sich an einem Orte ständig niederläßt, begründet daselbst seinen Wohnsitz.
Eine Person kann ihren Wohnsitz gleichzeitig an mehreren Orten haben.
Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen, sie aufzugeben, aufgelöst wird.
§.18. Wer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, kann ohne den Willen seines gesetzlichen Vertreters einen Wohnsitz weder begründen noch aufheben.
§.19. Eine Militärperson hat ihren Wohnsitz am Garnisonorte. Als Wohnsitz einer Militärperson, welche zu einem Truppentheile gehört, der im Inlande keinen Garnisonort hat, gilt der letzte inländische Garnisonort des Truppentheils.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Militärpersonen, welche nur zur Erfüllung der Wehrpflicht dienen oder welche selbständig einen Wohnsitz nicht begründen können.
§.20. Die Ehefrau theilt den Wohnsitz des Ehemannes, es sei denn, daß dieser seinen Wohnsitz im Ausland an einem Orte begründet, an welchen sie ihm nicht folgt und zu folgen nicht verpflichtet ist.
Solange der Ehemann keinen Wohnsitz hat oder sein Wohnsitz von der Ehefrau nicht getheilt wird, kann diese selbständig einen Wohnsitz haben.
§.21. Ein eheliches Kind theilt den Wohnsitz seines Vaters, ein uneheliches den seiner Mutter, ein an Kindesstatt angenommenes den des Annehmenden. Der Wohnsitz verbleibt dem Kinde, bis dasselbe ihn rechtsgültig aufhebt.
Eine erst nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes erfolgte Legitimation oder Annahme an Kindesstatt hat keinen Einfluß auf den Wohnsitz des Kindes.
§.22. Wird das Recht zur Führung eines Namens dem Berechtigten bestritten oder wird dieser in seinem Interesse dadurch verletzt, daß ein Anderer sich unbefugt des gleichen Namens bedient, so kann er Beseitigung der Beeinträchtigung und Verurtheilung zur Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen verlangen.
Zweiter Titel. Juristische Personen.
I. Vereine.
1. Allgemeine Vorschriften.
§.23. Vereine zu gemeinnützigen, wohlthätigen, geselligen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder anderen nicht auf einen wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichteten Zwecken erlangen Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts oder durch staatliche Verleihung.
Andere Vereine erlangen Rechtsfähigkeit in Ermangelung besonderer reichsgesetzlicher Vorschriften nur durch staatliche Verleihung.
Die Verleihung der Rechtsfähigkeit steht dem Bundesstaate zu, in dessen Gebiete der Verein seinen Sitz hat.
Als Sitz des Vereins gilt, wenn nicht ein Anderes erhellt, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird.
§.24. Die Verfassung eines rechtsfähigen Vereins wird, soweit sie nicht auf den nachfolgenden Vorschriften beruht, durch die Vereinssatzungen (Statut) bestimmt.
§.25. Der Verein muß einen Vorstand haben. Der Vorstand kann aus mehreren Personen bestehen.
Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich; er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters.
Der Umfang seiner Vertretungsmacht kann durch das Statut mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden.
§.26. Die Bestellung des Vorstandes erfolgt durch Beschluß der Mitgliederversammlung.
Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen. Die Widerruflichkeit kann durch das Statut auf den Fall beschränkt werden, daß ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.
Auf die Geschäftsführung des Vorstandes finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§.595 bis 601 entsprechende Anwendung.
§.27. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so erfolgt die Beschlußfassung nach den für die Beschlüsse der Mitgliederversammlung geltenden Vorschriften.
Ist eine Willenserklärung dem Vereine gegenüber abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Mitgliede des Vorstandes.
§.28. Soweit die erforderlichen Mitglieder des Vorstandes fehlen, sind sie bei Gefahr im Verzug auf Antrag eines Betheiligten von dem Amtsgericht, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat, für die Zeit bis zur Hebung des Mangels zu bestellen.
§.29. Durch das Statut kann bestimmt werden, daß neben dem Vorstande für gewisse Geschäfte besondere Vertreter zu bestellen sind. Die Vertretungsmacht eines solchen Vertreters erstreckt sich im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte, welche der ihm zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt.
§.30. Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, welchen der Vorstand, ein Mitglied desselben oder ein sonst verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zukommenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatze verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.
§.31. Die Angelegenheiten des Vereins werden, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgane zu besorgen sind, durch Beschlußfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist erforderlich, daß der Gegenstand desselben bei Berufung der Versammlung bezeichnet ist. Bei der Beschlußfassung entscheidet die Mehrheit der erschienenen Mitglieder.
Ein auf der Zustimmung aller Mitglieder beruhender Beschluß ist auch ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn die Zustimmung schriftlich erklärt ist.
Ein Mitglied ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlußfassung die Eingehung eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und dem Vereine betrifft.
§.32. Zur Gültigkeit eines Beschlusses, durch welchen das Statut geändert wird, bedarf es einer Mehrheit von drei Viertheilen der erschienenen Mitglieder. Zur Aenderung des Zweckes des Vereins ist die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich; die Zustimmung der nicht erschienenen muß schriftlich erfolgen.
Beruht die Rechtsfähigkeit eines Vereins auf staatlicher Verleihung, so bedarf jede Aenderung des Statuts der staatlichen Genehmigung.
§.33. Sonderrechte der Mitglieder können ohne deren Zustimmung durch Beschlüsse der Mitgliederversammlung nicht beeinträchtigt werden.
§.34. Die Mitgliederversammlung ist außer den im Statut bestimmten Fällen zu berufen, wenn es das Interesse des Vereins erfordert.
§.35. Die Mitgliederversammlung ist zu berufen, wenn der zehnte Theil oder der im Statute hierfür bestimmte größere oder geringere Theil der Mitglieder in einer von ihnen unterschriebenen Eingabe unter Anführung des Zweckes und der Gründe die Berufung verlangt.
Wird dem Verlangen nicht entsprochen, so kann das Amtsgericht, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat, die Mitglieder, welche das Verlangen gestellt haben, zur Berufung der Versammlung ermächtigen, auch über die Führung des Vorsitzes in der Versammlung Bestimmung treffen. Auf die Ermächtigung muß bei der Berufung der Versammlung Bezug genommen werden.
§.36. Die Mitgliedschaft ist nicht übertragbar und nicht vererblich. Die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte kann einem Anderen nicht überlassen werden.
Die Mitglieder sind zum Austritt aus dem Vereine berechtigt. Durch das Statut kann bestimmt werden, daß der Austritt nur am Schluß eines Geschäftsjahres stattfindet; auch kann eine Kündigungsfrist von höchstens zwei Jahren bestimmt werden.
§.37. Die Vorschriften des §.26 Abs. 1, 3, des §.27 Abs. 1, der §§.31, 32 sowie des §.36 Abs. 1 finden insoweit keine Anwendung, als das Statut ein Anderes bestimmt.
§.38. Der Verein kann durch Beschluß der Mitgliederversammlung aufgelöst werden. Zu dem Auflösungsbeschlusse bedarf es einer Mehrheit von drei Viertheilen der erschienenen Mitglieder, soweit das Statut nicht ein Anderes bestimmt.
§.39. Der Verein wird aufgelöst durch Eröffnung des Konkurses.
Der Vorstand hat im Falle der Ueberschuldung die Eröffnung des Konkurses zu beantragen. Wird die Stellung des Antrags verzögert, so sind die Vorstandsmitglieder, denen ein Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern für den daraus entstandenen Schaden verantwortlich; sie haften als Gesamtschuldner.
§.40. Der Verein kann aufgelöst werden, wenn er durch gesetzwidrige Beschlüsse der Mitgliederversammlung oder durch gesetzwidriges Verhalten des Vorstandes das Gemeinwohl gefährdet.
Ein Verein, dessen Zweck nach dem Statute nicht auf einen wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, kann aufgelöst werden, wenn er einen solchen Zweck verfolgt.
Ein Verein, welcher nach dem Statut einen politischen, sozialpolitischen, oder religiösen Zweck nicht hat, kann aufgelöst werden, wenn er einen solchen Zweck verfolgt.
Das Verfahren und die Zuständigkeit der Behörden richten sich nach den für streitige Verwaltungssachen landesgesetzlich geltenden Vorschriften. Wo ein Verwaltungsstreitverfahren nicht besteht, finden die Vorschriften der §§.20, 21 der Gewerbeordnung mit der Maßgabe Anwendung, daß die Entscheidung in erster Instanz durch die höhere Verwaltungsbehörde erfolgt, in deren Bezirke der Verein seinen Sitz hat.
§.41. Mit der Auflösung des Vereins fällt das Vermögen an diejenigen, welche durch das Statut oder durch einen im Statute vorgesehenen Beschluß der Mitgliederversammlung oder eines anderen Vereinsorgans als anfallberechtigt bestimmt sind.
Fehlt es an einer solchen Bestimmung, so fällt das Vermögen, wenn der Verein nach dem Statut ausschließlich den Interessen seiner Mitglieder diente, an die zur Zeit der Auflösung vorhandenen Mitglieder zu gleichen Theilen, anderenfalls an den Fiskus des Bundesstaats, in dessen Gebiete der Verein seinen Sitz hatte.
Gehört der Verein zu den im §.23 Abs. 1 bezeichneten Vereinen, so kann der Anfall an die Mitglieder oder an den Fiskus dadurch ausgeschlossen werden, daß die Mitgliederversammlung das Vermögen einer öffentlichen Stiftung oder Anstalt zuweist. Zur Gültigkeit des Beschlusses genügt einfache Stimmenmehrheit.
§.42. Fällt das Vereinsvermögen an den Fiskus, so finden die Vorschriften über eine in Ermangelung anderer Erben dem Fiskus anfallende Erbschaft entsprechende Anwendung.
Der Fiskus hat das Vermögen thunlichst in einer den Zwecken des Vereins entsprechenden Weise zu verwenden.
Fällt das Vereinsvermögen nicht an den Fiskus, so muß eine Liquidation stattfinden.
§.43. Die Liquidation geschieht durch den Vorstand, wenn nicht andere Liquidatoren bestellt werden. Für die Bestellung der letzteren sind die für die Bestellung des Vorstandes geltenden Vorschriften mit Einschluß des §.28 maßgebend.
Die Liquidatoren haben, soweit sich nicht aus dem Zwecke der Liquidation ein Anderes ergiebt, die rechtliche Stellung des Vorstandes.
Sind mehrere Liquidatoren vorhanden, so ist zur Beschlußfassung Uebereinstimmung sämmtlicher Liquidatoren erforderlich, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist.
§.44. Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte des aufgelösten Vereins zu beendigen, die Gläubiger zu befriedigen, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen und den verbleibenden Ueberschuß den Anfallberechtigten auszuantworten. Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen. Die Einziehung der Forderungen und die Umsetzung des übrigen Vermögens in Geld kann unterbleiben, soweit diese Maßregeln zur Befriedigung der Gläubiger oder zur Vertheilung des Ueberschusses unter die Anfallberechtigten nicht erforderlich sind.
Der Verein ist bis zur Beendigung der Liquidation als fortbestehend anzusehen, soweit der Zweck der Liquidation es erfordert.
§.45. Die Auflösung des Vereins ist durch die Liquidatoren öffentlich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung sind die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern. Die Bekanntmachung erfolgt durch das im Statute für Veröffentlichungen bestimmte Blatt, in Ermangelung eines solchen durch dasjenige Blatt, welches für Bekanntmachungen des Amtsgerichts, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hatte, bestimmt ist. Die Bekanntmachung gilt als bewirkt mit Ablauf des zweiten Tages nach der Einrückung oder der ersten Einrückung.
Bekannte Gläubiger sind durch besondere Mittheilung zur Anmeldung aufzufordern.
§.46. Die Ausantwortung des Vermögens an die Anfallberechtigten darf erst nach Ablauf eines Jahres seit der im §.45 vorgeschriebenen Bekanntmachung vollzogen werden.
§.47. Hat ein bekannter Gläubiger sich nicht gemeldet, so ist der Schuldbetrag, wenn die Berechtigung zur Hinterlegung vorhanden ist, zu hinterlegen.
Ist die Befriedigung eines Gläubigers zur Zeit nicht ausführbar, so darf das Vermögen den Anfallberechtigten nur ausgeantwortet werden, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet worden ist; dies gilt insbesondere in Ansehung schwebender oder streitiger Verbindlichkeiten.
§.48. Liquidatoren, welche die ihnen nach dem §.39 Abs. 2 und den §§.45 bis 47 obliegenden Verpflichtungen verletzen oder vor Befriedigung der Gläubiger Vermögen den Anfallberechtigten ausantworten, sind, wenn ihnen ein Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern für den daraus entstandenen Schaden verantwortlich; sie haften als Gesamtschuldner.
2. Eingetragene Vereine.
§.49. Die Eintragung eines Vereins der im §.23 Abs. 1 bezeichneten Art in das Vereinsregister hat bei dem Amtsgerichte zu geschehen, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat.
§.50. Die Eintragung darf nur erfolgen, wenn die Zahl der Mitglieder mindestens sieben beträgt.
§.51. Das Statut muß den Zweck, Namen und Sitz des Vereins enthalten und ergeben, daß der Verein eingetragen werden soll.
Der Name soll sich von den Namen der an demselben Orte oder in derselben Gemeinde bestehenden eingetragenen Vereine deutlich unterscheiden.
§.52. Das Statut soll Bestimmungen enthalten:
1. über den Eintritt und Austritt der Mitglieder;
2. darüber, ob und welche Beiträge von den Mitgliedern zu leisten sind;
3. über die Bildung des Vorstandes;
4. über die Voraussetzungen, unter welchen eine Berufung der Mitgliederversammlung zu erfolgen hat, über die Form der Berufung sowie über die Beurkundung der in der Versammlung gefaßten Beschlüsse.
§.53. Der Vorstand hat den Verein bei dem Amtsgerichte zur Eintragung anzumelden.
Der Anmeldung sind beizufügen:
1. das von mindestens sieben Mitgliedern unterzeichnete Statut und eine Abschrift desselben;
2. ein Verzeichnis der Mitglieder;
3. eine Abschrift der Urkunden über die Bestellung des Vorstandes.
§.54. Die Anmeldung ist, wenn den Erfordernissen der §§.50 bis 53 nicht genügt ist, von dem Amtsgericht unter Angabe der Gründe zurückzuweisen; andernfalls ist sie der nach den Landesgesetzen zuständigen Verwaltungsbehörde mitzutheilen.
§.55. Die Verwaltungsbehörde kann gegen die Eintragung Einspruch erheben, wenn der Verein nach dem öffentlichen Vereinsrecht unerlaubt ist oder verboten werden kann oder wenn er einen politischen, sozialpolitischen oder religiösen Zweck verfolgt.
Wird Einspruch erhoben, so hat ihn das Amtsgericht unter Aussetzung der Eintragung dem Vorstande mitzutheilen.
Der Einspruch kann im Wege des Verwaltungsstreitverfahrens, wo ein solches nicht besteht, im Wege des Rekurses nach Maßgabe der §§.20, 21 der Gewerbeordnung angefochten werden.
§.56. Sind nach Mittheilung der Anmeldung an die Verwaltungsbehörde sechs Wochen abgelaufen und ist Einspruch nicht erhoben, oder wird der erhobene Einspruch endgültig aufgehoben, so ist der Verein in das Vereinsregister einzutragen.
Bei der Eintragung sind der Name und der Sitz des Vereins, das Datum des Statuts sowie die Mitglieder des Vorstandes anzugeben. Bestimmungen, welche den Umfang der Vertretungsmacht des Vorstandes beschränken oder die Beschlußfassung desselben abweichend von der Vorschrift des §.27 Abs. 1 regeln, sind gleichfalls einzutragen.
§.57. Nach der Eintragung ist das Statut, mit der Bescheinigung derselben versehen, zurückzugeben. Die Abschrift des Statuts wird nach vorgängiger Beglaubigung sammt den übrigen Schriftstücken bei Gericht aufbewahrt.
§.58. Mit der Eintragung erhält der Name des Vereins die zusätzliche Bezeichnung, eingetragener Verein.
Das Amtsgericht hat die Eintragung durch das für seine Bekanntmachungen bestimmte Blatt zu veröffentlichen.
§.59. Jede Aenderung des Vorstandes sowie die erneute Bestellung eines Vorstandsmitglieds ist von dem Vorstande bei dem Amtsgerichte zur Eintragung anzumelden. Der Anmeldung ist eine Abschrift der Urkunde über die Aenderung oder die erneute Bestellung beizufügen.
Die Eintragung gerichtlich bestellter Vorstandsmitglieder erfolgt von Amtswegen.
§.60. Eine Aenderung des Vorstandes kann, solange sie nicht in das Vereinsregister eingetragen ist, von dem Verein einem Dritten nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, daß der Dritte die Aenderung bei Vornahme des Rechtsgeschäfts kannte. Ist die Aenderung eingetragen, so muß der Dritte sie gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß er sie bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht kannte, seine Unkenntnitz auch nicht auf Fahrlässigkeit beruhte.
Der Nachweis, daß der Vorstand aus den in das Register eingetragenen Personen besteht, wird Behörden gegenüber durch ein Zeugnis des Amtsgerichts über die Eintragung geführt.
Die Vorschriften des Abs. 1 finden auf die nach §.56 Abs. 2 Satz 2 einzutragenden Bestimmungen entsprechende Anwendung.
§.61. Aenderungen des Statuts bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Vereinsregister. Die Aenderung ist von dem Vorstand anzumelden. Der Anmeldung ist der die Aenderung enthaltende Beschluß und eine Abschrift desselben beizufügen.
Die Vorschriften der §§.54 bis 57 finden entsprechende Anwendung.
§.62. Der Vorstand hat dem Amtsgericht auf dessen Verlangen zu jeder Zeit ein Verzeichnitz der Vereinsmitglieder einzureichen.
§.63. Sinkt die Zahl der Vereinsmitglieder unter drei herab, so hat das Amtsgericht auf Antrag des Vorstandes und, wenn der Antrag nicht binnen drei Monaten erfolgt, von Amtswegen nach Anhörung des Vorstandes die Auflösung des Vereins auszusprechen. Der Beschluß ist dem Vereine zuzustellen. Gegen den Beschluß findet die sofortige Beschwerde nach Maßgabe der Civilprozeßordnung statt. Der Verein erlischt mit der Rechtskraft des Beschlusses.
§.64. Die Auflösung des Vereins ist in das Vereinsregister einzutragen, sofern sie nicht die Folge des eröffneten Konkurses ist.
Im Falle der Auflösung durch Beschluß der Mitgliederversammlung oder durch Ablauf der für die Dauer des Vereins bestimmten Zeit hat der Vorstand die Auflösung anzumelden. Der Anmeldung ist im ersteren Falle eine Abschrift des Auflösungsbeschlusses beizufügen.
Wird der Verein auf Grund des §.40 oder auf Grund des öffentlichen Vereinsrechts aufgelöst, so erfolgt die Eintragung auf Anzeige der zuständigen Behörde.
§.65. Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Vereins ist von Amtswegen einzutragen. Das Gleiche gilt von der Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses sowie von der Einstellung und Aufhebung des Konkurses.
§.66. Die Liquidatoren sind in das Vereinsregister einzutragen. Das Gleiche gilt von Bestimmungen, welche die Beschlußfassung der Liquidatoren abweichend von der Vorschrift des §.43 Abs. 3 regeln.
Die Anmeldung hat durch den Vorstand, bei späteren Aenderungen durch die Liquidatoren zu erfolgen. Die Eintragung gerichtlich bestellter Liquidatoren geschieht von Amtswegen.
Der Anmeldung der durch Beschluß der Mitgliederversammlung bestellten Liquidatoren ist eine Abschrift des Beschlusses, der Anmeldung einer Bestimmung über die Beschlußfassung der Liquidatoren eine Abschrift der die Bestimmung enthaltenden Urkunde beizufügen.
§.67. Die Anmeldungen zum Vereinsregister sind von den Mitgliedern des Vorstandes sowie von den Liquidatoren persönlich oder mittels öffentlich beglaubigter Erklärung zu bewirken.
§.68. Das Amtsgericht kann die Mitglieder des Vorstandes zur Befolgung der Vorschriften des §.59 Abs. 1, des §.61 Abs. 1, des §.62, des §.64 Abs. 2 und des §.66 durch Ordnungsstrafen bis zu dreihundert Mark anhalten. In gleicher Weise können die Liquidatoren zur Befolgung der Vorschriften des §.66 angehalten werden.
§.69. Das Vereinsregister ist öffentlich. Die Einsicht des Registers sowie der von dem Vereine bei dem Amtsgericht eingereichten Schriftstücke ist während der gewöhnlichen Dienststunden Jedem gestattet. Von den Eintragungen kann gegen Erlegung der Kosten eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.
II. Stiftungen.
§.70. Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung ist außer dem Stiftungsgeschäfte die Genehmigung des Bundesstaats erforderlich, in dessen Gebiete die Stiftung ihren Sitz haben soll. Als Sitz einer Stiftung gilt, wenn nicht ein Anderes erhellt, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird.
§.71. Das Stiftungsgeschäft unter Lebenden bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form.
Solange die staatliche Genehmigung nicht ertheilt ist, steht dem Stifter der Rücktritt offen. Ist die Genehmigung bei der zuständigen Behörde nachgesucht, so kann der Rücktritt nur dieser gegenüber erklärt werden. Stirbt der Stifter nach Einreichung des Gesuchs, so können die Erben nicht zurücktreten.
Wird die Genehmigung ertheilt, so ist der Stifter verpflichtet, der Stiftung das in dem Stiftungsgeschäfte zugesicherte Vermögen zu übertragen. Rechte, zu deren Uebertragung der Abtretungsvertrag genügt, gehen mit der Genehmigung auf die Stiftung über, sofern sich nicht aus dem Stiftungsgeschäft ein anderer Wille des Stifters ergiebt.
§.72. Besteht das Stiftungsgeschäft in einer Verfügung von Todeswegen, so ist die Genehmigung, sofern sie nicht von den Erben oder dem Testamentsvollstrecker nachgesucht wird, durch das Nachlaßgericht einzuholen.
Wird die Genehmigung ertheilt, so gilt die Stiftung in Ansehung des Anfalls als schon vor dem Erbfall entstanden.
§.73. Die Verfassung einer Stiftung wird, soweit sie nicht auf Reichs- oder Landesgesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft bestimmt.
§.74. Die Vorschriften des §.25, des §.26 Abs. 3, der §.27 bis 30 und des §.39 Abs. 2 finden auf Stiftungen entsprechende Anwendung, die Vorschriften des §.26 Abs. 3 und des §.27 Abs. 1 jedoch nur insoweit, als sich nicht aus der Verfassung, insbesondere daraus, daß die Verwaltung der Stiftung von einer öffentlichen Behörde geführt wird, ein Anderes ergiebt. Die Vorschriften des §.27 Abs. 2 und des §.28 finden auf Stiftungen, deren Verwaltung von einer öffentlichen Behörde geführt wird, keine Anwendung.
§.75. Mit dem Erlöschen der Stiftung fällt das Vermögen an diejenigen, welche durch die Verfassung als anfallberechtigt bestimmt sind. Die Vorschriften der §§.42 bis 48 finden entsprechende Anwendung.
§.76. Die landesgesetzlichen Vorschriften, welche sich auf das Erlöschen oder die Umwandlung der Stiftungen beziehen, bleiben unberührt.
III. Juristische Personen des öffentlichen Rechtes.
§.77. Die Vorschrift des §.30 findet auf den Fiskus sowie auf die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechtes entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, soweit bei Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechtes der Konkurs zulässig ist, von der Vorschrift des §.39 Abs. 2.
Zweiter Abschnitt. Sachen.
§.77a. Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände.
§.77b. Vertretbare Sachen im Sinne des Gesekes sind diejenigen beweglichen Sachen, welche im Verkehre nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu werden pflegen.
§.77c. Verbrauchbare Sachen im Sinne des Gesetzes sind diejenigen beweglichen Sachen, deren bestimmungsmäßiger Gebrauch in dem Verbrauch oder in der Veräußerung besteht.
Als verbrauchbar gelten auch bewegliche Sachen, welche zu einem Waarenlager oder zu einem sonstigen Sachinbegriffe gehören, dessen bestimmungsmäßiger Gebrauch in der Veräußerung der einzelnen Sachen besteht.
§.77d. Bestandtheile einer Sache, die von einander nicht getrennt werden können, ohne daß der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (wesentliche Bestandtheile), können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein.
§.77e. Zu den wesentlichen Bestandtheilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit der Einpflanzung wesentlicher Bestandtheil des Grundstücks.
Zu den wesentlichen Bestandtheilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes in dasselbe eingefügten Sachen.
§.77f. Zu den Bestandtheilen eines Grundstücks gehören nicht solche Sachen, die mit dem Grund und Boden von einem Anderen als dem Eigenthümer des Grundstücks nur zu einem vorübergehenden Zwecke verbunden worden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder sonstigen Werke, das in Ausübung eines Rechtes an einem fremden Grundstücke von dem Berechtigten mit dem Grundstücke verbunden worden ist.
Sachen, die in ein Gebäude nur zu einem vorübergehenden Zwecke eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandtheilen des Gebäudes.
§.77g. Rechte, die mit dem Eigenthum an einem Grundstücke verbunden sind, gelten als Bestandtheile des Grundstücks.
§.77h. Zubehör sind bewegliche Sachen, die, ohne Bestandtheile der Hauptsache zu sein, dem wirthschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnisse stehen. Eine Sache ist nicht Zubehör, wenn sie im Verkehr nicht als Zubehör angesehen wird.
Die nur vorübergehende Benutzung einer Sache für den wirthschaftlichen Zweck einer anderen begründet nicht die Zubehöreigenschaft. Die nur vorübergehende Trennung eines Zubehörstücks von der Hauptsache hebt die Zubehöreigenschaft nicht auf.
§.77i. Dem wirthschaftlichen Zwecke der Hauptsache sind zu dienen bestimmt:
1. bei einem Gebäude, das für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtet ist, insbesondere einer Mühle, einer Schmiede, einem Brauhaus, einer Fabrik, die zum Betriebe bestimmten Maschinen und sonstigen Geräthschaften;
2. bei einem Landgute das zum Wirthschaftsbetriebe bestimmte Geräth und Vieh, die landwirthschaftlichen Erzeugnisse, soweit sie zur Fortführung der Wirthschaft bis zu der Zeit erforderlich sind, zu welcher gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich gewonnen werden, sowie der vorhandene auf dem Gute gewonnene Dünger.
§.77k. Früchte einer Sache sind die Erzeugnisse derselben und die sonstige Ausbeute, welche der Bestimmung der Sache gemäß aus ihr gewonnen wird.
Früchte eines Rechtes sind die Erträge, welche das Recht seiner Bestimmung gemäß gewährt, insbesondere bei einem Recht auf Gewinnung von Bodenbestandtheilen die gewonnenen Bodenbestandtheile.
Früchte sind auch die Erträge, welche eine Sache oder ein Recht vermöge eines Rechtsverhältnisses gewährt.
§.77l. Nutzungen sind die Früchte einer Sache oder eines Rechtes sowie die Vortheile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechtes gewährt.
§.77m. Ist Jemand berechtigt, die Früchte einer Sache oder eines Rechtes bis zu einer bestimmten Zeit oder von einer bestimmten Zeit an zu beziehen, so gebühren ihm, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist:
1. die im §.77k Abs. 1 bezeichneten Erzeugnisse und Bodenbestandtheile, auch wenn er sie als Früchte eines Rechtes zu beziehen hat, insoweit, als sie während der Dauer der Berechtigung von der Sache getrennt werden;
2. andere Früchte insoweit, als sie während der Dauer der Berechtigung fällig werden; bestehen jedoch die Früchte in der Vergütung für die Ueberlassung des Gebrauchs oder Fruchtgenusses, in Zinsen, Gewinnantheilen oder sonstigen regelmäßig wiederkehrenden Erträgen, so gebührt dem Berechtigten ein der Dauer feiner Berechtigung entsprechender Theil.
§.77n. Wer verpflichtet ist, die Lasten einer Sache oder eines Rechtes bis zu einer bestimmten Zeit oder von einer bestimmten Zeit an zu tragen, hat, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, die regelmäßig wiederkehrenden Lasten nach dem Verhältnisse der Dauer seiner Verpflichtung, andere Lasten insoweit zu tragen, als sie während der Dauer seiner Verpflichtung zu entrichten find.
Dritter Abschnitt. Rechtsgeschäfte.
Erster Titel. Geschäftsfähigkeit.
§.78. Geschäftsunfähig ist:
1. wer das siebente Lebensjahr nicht vollendet hat;
2. wer sich in einem Zustande krankhafter Störung der Geistesthätigkeit befindet, durch den seine freie Willensbestimmung ausgeschlossen wird;
3. wer wegen Geisteskrankheit entmündigt ist.
§.79. Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig.
Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustande der Bewußtlosigkeit abgegeben wird.
§.80. Ein Minderjähriger, welcher das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist nach Maßgabe der §§.81 bis 87 in der Geschäftsfähigkeit beschränkt.
§.81. Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vortheil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.
§.82. Hat der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters geschlossen, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab. Die Genehmigung sowie deren Verweigerung kann nur dem anderen Theile gegenüber erklärt werden. Der Verweigerung steht es gleich, wenn der Vertreter nach Empfang einer Aufforderung des anderen Theiles nicht binnen zwei Wochen die Genehmigung erklärt.
Ist der Minderjährige inzwischen unbeschränkt geschäftsfähig geworden, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vertreters.
§.83. Solange der gesetzliche Vertreter den Vertrag nicht genehmigt hat, kann der andere Theil zurücktreten, es sei denn, daß er die Minderjährigkeit oder den Mangel der von dem Minderjährigen behaupteten Einwilligung des Vertreters bei dem Abschlusse des Vertrags gekannt hat. Der Rücktritt kann auch dem Minderjährigen gegenüber erklärt werden.
§.84. Ein von dem Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag ist von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige die Vertragsleistung aus Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen sind.
§.85. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, welches der Minderjährige ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vornimmt, ist unwirksam. Nimmt der Minderjährige mit dieser Einwilligung ein solches Rechtsgeschäft einem Anderen gegenüber vor, so ist dasselbe unwirksam, wenn die Einwilligung nicht in schriftlicher Form vorgelegt und das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde von dem Anderen unverzüglich zurückgewiesen wird. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vertreter den Anderen von der Einwilligung in Kenntniß gesetzt hatte.
§.86. Hat der gesetzliche Vertreter unter Genehmigung des Vormundschaftsgerichts den Minderjährigen zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts ermächtigt, so ist der Minderjährige in Ansehung solcher Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Ausgenommen sind diejenigen Rechtsgeschäfte, zu welchen der Vertreter der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf.
Die Ermächtigung kann von dem Vertreter nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zurückgenommen werden.
§.87. Hat der gesetzliche Vertreter dem Minderjährigen die Erlaubniß ertheilt, in Dienst oder Arbeit zu treten, so bedarf der Minderjährige nicht der Zustimmung des Vertreters zu Rechtsgeschäften, welche die Eingehung oder Aufhebung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses der gestatteten Art oder die Erfüllung der aus einem solchen Verhältnisse sich ergebenden Verpflichtungen betreffen. Durch die Erlaubniß wird der Minderjährige für die aus diesen Rechtsgeschäften sich ergebenden Rechtsstreitigkeiten nicht prozeßfähig.
Die Erlaubniß kann von dem gesetzlichen Vertreter zurückgenommen oder eingeschränkt werden.
Die für einen einzelnen Fall ertheilte Erlaubniß gilt im Zweifel als allgemeine Erlaubniß zur Eingehung eines Verhältnisses derselben Art.
§.88. Wer wegen Verschwendung oder Trunksucht entmündigt oder wer nach §.1727 (Entw. I) des vormundschaftlichen Schutzes für bedürftig erklärt oder nach §.1737 (Entw. I) unter vorläufige Vormundschaft gestellt ist, steht in Ansehung der Geschäftsfähigkeit einem Minderjährigen gleich, welcher das siebente Lebensjahr vollendet hat.
§.89. Wird ein die Entmündigung aussprechender Beschluß in Folge einer Anfechtungsklage aufgehoben, so kann die Wirksamkeit der von oder gegenüber dem Entmündigten vorgenommenen Rechtsgeschäfte nicht auf Grund des Beschlusses in Frage gestellt werden. Auf die Wirksamkeit der von oder gegenüber dem gesetzlichen Vertreter vorgenommenen Rechtsgeschäfte hat die Aufhebung keinen Einfluß.
Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn im Falle einer vorläufigen Vormundschaft der Antrag auf Entmündigung rechtskräftig zurückgewiesen oder der die Entmündigung aussprechende Beschluß in Folge einer Anfechtungsklage aufgehoben wird.
Zweiter Titel. Wille. Willenserklärung.
§.90. Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
§.91. Eine Willenserklärung ist gültig, auch wenn der Erklärende sich insgeheim vorbehalten hat, das Erklärte nicht zu wollen. Die Erklärung ist jedoch nichtig, wenn sie einem Anderen gegenüber abzugeben war und dieser den Vorbehalt kannte.
§.92. Eine gegenüber einem Anderen abzugebende Willenserklärung, die mit dessen Einverständniß nur zum Schein abgegeben wird, ist nichtig.
Wird durch das Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so bestimmt sich die Gültigkeit nach den für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften.
§.93. Eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden, ist nichtig.
§.94. Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrthume war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, daß er sie bei Kenntniß der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
Als Irrthum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrthume über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, welche im Verkehr als wesentlich angesehen werden.
§.95. Eine Willenserklärung, welche durch die zur Übermittelung verwendete Person oder Anstalt unrichtig übermittelt ist, kann unter der gleichen Voraussetzung angefochten werden wie nach §.94 eine irrthümlich abgegebene Willenserklärung.
§.96. Die Anfechtung muß in den Fällen der §§.94, 95 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig, wenn die Erklärung der Anfechtung unverzüglich abgesendet ist.
§.97. Ist eine Willenserklärung nach §.93 nichtig oder auf Grund der §§.94, 95 angefochten, so hat der Erklärende, wenn die Erklärung einem Anderen gegenüber abzugeben war, diesem, anderenfalls jedem Dritten den Schaden zu ersetzen, welchen derselbe dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut hat, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches derselbe an der Gültigkeit der Erklärung hat.
Die Schadensersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Beschädigte den Grund der Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit kannte oder in Folge von Fahrlässigkeit nicht kannte (kennen mußte). Im Falle des §.95 ist die Schadensersatzpflicht auch dann ausgeschlossen, wenn die Unrichtigkeit der Übermittelung ihren Grund in höherer Gewalt hat.
§.98. Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder durch Drohung widerrechtlich bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
Ist die Täuschung von einem Dritten verübt, so ist eine Erklärung, die einem Anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen mußte.
§.99. Die Anfechtung muß im Falle des §.98 erfolgen innerhalb eines Jahres, nachdem die Zwangslage aufgehört hat oder die Täuschung von dem Anfechtungsberechtigten erkannt worden ist. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften des §.169 Abs. 2 und des §.171 entsprechende Anwendung.
Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung dreißig Jahre abgelaufen sind.
§.100. Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, sofern sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt.
§.101. Verstößt die Verfügung über einen Gegenstand gegen ein gesetzliches Veräußerungsverbot, das nur den Schutz des Interesses bestimmter Personen bezweckt, so ist sie nur diesen Personen gegenüber unwirksam. Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die durch Urtheil oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.
§.102. Dem gesetzlichen Veräußerungsverbot im Sinne des §.101 steht gleich ein von einem Gericht oder einer anderen Behörde innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenes Veräußerungsverbot.
§.102a. Die Befugniß zur Verfügung über ein veräußerliches Recht kann nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden. Die Wirksamkeit einer Verpflichtung, über ein solches Recht nicht zu verfügen, wird durch diese Vorschrift nicht berührt.
§.103. Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
§.104. Für ein Rechtsgeschäft ist eine besondere Form nur erforderlich, wenn eine solche durch Gesetz oder Rechtsgeschäft bestimmt ist.
Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.
§.105. Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muß die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels gerichtlich oder notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sein.
Bei einem Vertrage muß die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Sind über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
Die schriftliche Form wird durch die gerichtliche oder notarielle Form ersetzt.
§.106. Die Vorschriften des §.105 gelten im Zweifel auch für die durch Rechtsgeschäft bestimmte schriftliche Form. Zur Wahrung der Form genügt jedoch, soweit sich nicht ein anderer Wille ergiebt, telegraphische Übermittelung. Wird diese gewählt, so kann der andere Theil nachträglich eine dem §.105 entsprechende Beurkundung verlangen.
§.107. Eine Willenserklärung, die einem Anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, mit dem Zeitpunkte wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn vor oder gleichzeitig mit ihr ein Widerruf zugeht.
Auf den Eintritt der Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluß, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.
Die Wirksamkeit tritt nicht ein, wenn der andere Theil zu der Zeit geschäftsunfähig ist, in welcher ihm die Erklärung zugeht; ist er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so gilt das Gleiche, es sei denn, daß die Erklärung ihm lediglich einen rechtlichen Vortheil bringt oder daß der gesetzliche Vertreter seine Einwilligung ertheilt hat.
§.108. Eine Willenserklärung gilt auch dann als zugegangen, wenn sie durch Vermittelung eines Gerichtsvollziehers zugestellt ist. Die Zustellung erfolgt nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung.
Befindet sich der Erklärende über die Person desjenigen, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben ist, in einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden (entschuldbaren) Unkenntniß oder ist der Aufenthalt dieser Person unbekannt, so kann die Zustellung nach den für die öffentliche Zustellung einer Ladung geltenden Vorschriften der Civilprozeßordnung erfolgen. Zuständig für die Bewilligung ist im ersteren Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirke der Erklärende seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthalt hat, im letzteren Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirke die Person, welcher zuzustellen ist, den letzten Wohnsitz oder in Ermangelnng eines solchen den letzten Aufenthalt hatte.
§.109. Ist eine Willenserklärung nach gesetzlicher Vorschrift an eine Behörde zu richten, so finden die Vorschriften des §.107 Abs. 1, 2 entsprechende Anwendung.
Dritter Titel. Folgen der Nichtigkeit und Anfechtbarkeit.
§.110. Wird ein nichtiges Rechtsgeschäft von demjenigen, welcher es vorgenommen hat, bestätigt, so ist die Bestätigung als erneute Vornahme zu beurtheilen.
Wird ein nichtiger Vertrag von den Parteien bestätigt, so sind sie im Zweifel unter einander so verpflichtet, wie wenn der Vertrag von Anfang an gültig gewesen wäre.
§.111. Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, daß dies bei Kenntniß der Nichtigkeit gewollt sein würde.
§.112. Ist ein Theil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, daß es auch ohne den nichtigen Theil gewollt sein würde.
§.113. Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.
Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen mußte, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.
§.114. Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner.
Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrage der andere Theil, bei einem einseitigen Rechtsgeschäfte, das einem Anderen gegenüber vorzunehmen war, dieser, bei einem sonstigen einseitigen Rechtsgeschäfte Jeder, der auf Grund des Rechtsgeschäfts unmittelbar einen rechtlichen Vortheil erlangt hat.
Die Anfechtung einer Willenserklärung, die vor einer Behörde abzugeben oder an eine solche zu richten war, erfolgt durch Erklärung an dieselbe Behörde.
§.115. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn das anfechtbare Rechtsgeschäft von dem Anfechtungsberechtigten bestätigt wird.
Vierter Titel. Vertrag.
§.116. Solange die Parteien sich nicht über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über welche nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die über einzelne Punkte erfolgte Verständigung ist in einem solchen Falle auch dann nicht bindend, wenn eine Aufzeichnung stattgefunden hat.
Ist eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrags verabredet worden, so ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, solange die Beurkundung nicht erfolgt ist.
§.117. Haben die Parteien bei einem Vertrage, den sie als geschlossen ansehen, sich über einen Punkt, über den eine Vereinbarung erfolgen sollte, in Wirklichkeit nicht geeinigt, so gilt das Vereinbarte, sofern sich ergiebt, daß der Vertrag auch ohne eine Bestimmung über diesen Punkt geschlossen sein würde.
§.118. Wer einem Anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, daß er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.
§.119. Der Antrag erlischt, wenn er dem Antragenden gegenüber abgelehnt oder nicht nach Maßgabe der §§.120 bis 122 rechtzeitig angenommen wird.
§.120. Der einem Anwesenden gemachte Antrag muß sofort angenommen werden. Dies gilt insbesondere auch von einem mittels Fernsprechers von Person zu Person gemachten Antrage.
Der einem Abwesenden gemachte Antrag muß bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten durfte.
§.121. Hat der Antragende für die Annahme des Antrags eine Frist bestimmt, so muß die Annahme innerhalb der Frist erfolgen.
§.122. Ist eine dem Antragenden verspätet zugegangene Annahmeerklärung dergestalt abgesendet worden, daß sie bei regelmäßiger Beförderung ihm rechtzeitig zugegangen wäre, und mußte der Antragende dies erkennen, so hat er die Verspätung dem Annehmenden unverzüglich nach dem Empfange der Erklärung anzuzeigen, sofern es nicht schon vorher geschehen ist. Bei Verzögerung der Absendung der Anzeige gilt die Annahme als nicht verspätet.
§.123. Die verspätete Annahme eines Antrags gilt als neuer Antrag.
Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Aenderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrage.
§.124. Zum Zustandekommen des Vertrags genügt die Annahme des Antrags, ohne daß es einer Erklärung dem Antragenden gegenüber bedarf, wenn dieser auf eine solche Erklärung verzichtet hat oder wenn das Unterbleiben derselben der Verkehrssitte entspricht. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich in einem solchen Falle nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.
§.125. Das Zustandekommen des Vertrags wird nicht dadurch gehindert, daß der Antragende vor der Annahme stirbt oder geschäftsunfähig wird, es sei denn, daß aus dem Antrag oder den Umständen des Falles ein anderer Wille des Antragenden hervorgeht.
§.126. Bei einer Versteigerung kommt der Vertrag erst durch den Zuschlag zu Stande. Ein Gebot erlischt, wenn ein Uebergebot abgegeben oder die Versteigerung ohne Ertheilung des Zuschlags geschlossen wird.
§.127. Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Fünfter Titel. Bedingung. Zeitbestimmung.
§.128. Ist ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Zeitpunkte des Eintritts der Bedingung ein.
Ist ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritte der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts dergestalt, daß mit diesem Zeitpunkte der frühere Rechtszustand wiedereintritt.
§.129. Sollen nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts die an den Eintritt der Bedingung geknüpften Folgen auf einen früheren Zeitpunkt zurückgezogen werden, so sind, wenn die Bedingung eintritt, die Parteien unter einander so verpflichtet, wie wenn die Folgen in dem früheren Zeitpunkt eingetreten wären.
§.130. Wer unter einer aufschiebenden Bedingung berechtigt ist, kann im Falle des Eintritts der Bedingung Schadensersatz von dem anderen Theile verlangen, wenn dieser während schwebender Bedingung das von der Bedingung abhängige Recht durch sein Verschulden vereitelt oder beeinträchtigt hat.
Den gleichen Anspruch hat unter denselben Voraussetzungen bei einem unter einer auflösenden Bedingung vorgenommenen Rechtsgeschäfte derjenige, zu dessen Gunsten der frühere Rechtszustand wiedereintritt.
§.131. Hat Jemand unter einer aufschiebenden Bedingung über einen Gegenstand verfügt, so ist jede von ihm während schwebender Bedingung über den Gegenstand getroffene weitere Verfügung im Falle des Eintritts der Bedingung insoweit unwirksam, als sie die von der Bedingung abhängige Wirkung vereiteln oder beeinträchtigen würde. Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die durch Urtheil oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt.
Dasselbe gilt bei einer auflösenden Bedingung von den Verfügungen desjenigen, dessen Recht mit dem Eintritte der Bedingung endigt.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.
§.132. Ist der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachtheil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert worden, so gilt die Bedingung als eingetreten.
§.133. Ist für die Wirkung eines Rechtsgeschäfts bei dessen Vornahme ein Anfangs- oder ein Endtermin bestimmt, so finden im letzteren Falle die für die aufschiebende, im ersteren Falle die für die auflösende Bedingung geltenden Vorschriften der §§.128, 130, 131 entsprechende Anwendung.
Sechster Titel. Vertretung. Vollmacht.
§.134. Eine Willenserklärung, die Jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgiebt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, daß sie im Namen desselben erfolgen soll.
Ist der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervorgetreten, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.
Die Vorschriften des Abs. 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem Anderen abzugebende Willenserklärung gegenüber dem Vertreter desselben erfolgt.
§.135. Die Wirksamkeit der von oder gegenüber einem Vertreter abgegebenen Willenserklärung wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß der Vertreter in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist.
§.136. Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch das Kennen oder Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflußt werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft ertheilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann der letztere sich in Ansehung solcher Umstände, welche er selbst kannte, nicht auf die Unkenntniß des Vertreters berufen. Dasselbe gilt, sofern das Kennenmüssen dem Kennen gleichsteht, von Umständen, welche der Vollmachtgeber kennen mußte.
§.137. Die Ertheilung der Vollmacht erfolgt durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder dem Dritten, welchem gegenüber die Vertretung stattfinden soll.
§.138. Das Erlöschen der Vollmacht bestimmt sich nach dem ihrer Ertheilung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisse. Sofern sich aus diesem Verhältnisse nicht ein Anderes ergiebt, ist die Vollmacht auch bei dem Fortbestehen des Verhältnisses widerruflich. Auf die Erklärung des Widerrufs findet die Vorschrift des §.137 entsprechende Anwendung.
Soweit nach den §§.605,666 die erloschene Vollmacht eines Beauftragten oder eines geschäftsführenden Gesellschafters als fortbestehend gilt, wirkt sie nicht zu Gunsten eines Dritten, der bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts das Erlöschen kannte oder kennen mußte.
§.139. Ist die Vollmacht durch Erklärung gegenüber einem Dritten ertheilt, so bleibt sie diesem gegenüber in Kraft, bis ihm das Erlöschen von dem Vollmachtgeber angezeigt ist.
§.140. Hat Jemand durch besondere Mittheilung an einen Dritten oder durch öffentliche Bekanntmachung kundgegeben, daß er einen Anderen bevollmächtigt habe, so ist dieser auf Grund der Kundgebung im ersteren Falle gegenüber dem Dritten, im letzteren Falle gegenüber jedem Dritten zur Vertretung befugt.
Die Vertretungsmacht bleibt bestehen, bis die Kundgebung in entsprechender Weise zurückgenommen ist.
§.141. Der besonderen Mittheilung einer Bevollmächtigung durch den Vollmachtgeber steht es gleich, wenn dieser dem Vertreter eine Vollmachtsurkunde ausgehändigt und der Vertreter sie dem Dritten vorgelegt hat.
Die Vertretungsmacht bleibt bestehen, bis die Vollmachtsurkunde dem Vollmachtgeber zurückgegeben oder für kraftlos erklärt ist.
§.142. Die Vorschriften des §.139, des §.140 Abs. 2 und des §.141 Abs. 2 finden keine Anwendung, wenn der Dritte das Erlöschen der Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts kannte oder kennen mußte.
§.143. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem Anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn eine Vollmachtsurkunde nicht vorgelegt und das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde von dem Anderen unverzüglich zurückgewiesen wird. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den Anderen von der Bevollmächtigung in Kenntniß gesetzt hatte.
§.144. Nach dem Erlöschen der Vollmacht hat der Bevollmächtigte die Vollmachtsurkunde dem Vollmachtgeber zurückzugeben; ein Zurückbehaltungsrecht steht ihm nicht zu.
Auf Antrag des Vollmachtgebers hat das Gericht die Vollmachtsurkunde durch Beschluß für kraftlos zu erklären, wenn das Erlöschen der Vollmacht glaubhaft gemacht wird. Vor der Entscheidung kann der Bevollmächtigte gehört werden. Der Beschluß ist nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung für die öffentliche Zustellung einer Ladung bekannt zu machen. Mit dem Ablauf eines Monats nach der letzten Einrückung des Beschlusses in die öffentlichen Blätter wird die Kraftloserklärung wirksam.
Zuständig für die Kraftloserklärung ist sowohl das Amtsgericht, in dessen Bezirke der Vollmachtgeber seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, als das Amtsgericht, welches für die Klage auf Rückgabe der Urkunde, abgesehen vom Werthe des Streitgegenstandes, zuständig sein würde.
§.145. Hat Jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines Anderen einen Vertrag geschlossen, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab. Die Genehmigung sowie deren Verweigerung kann nur dem anderen Theile gegenüber erklärt werden. Der Verweigerung steht es gleich, wenn der Vertretene nach Empfang einer Aufforderung des anderen Theiles nicht binnen zwei Wochen die Genehmigung erklärt.
Solange der Vertrag nicht genehmigt ist, kann der andere Theil zurücktreten, es sei denn, daß er den Mangel der Vertretungsmacht bei dem Abschlusse des Vertrags gekannt hat. Der Rücktritt kann auch dem Vertreter gegenüber erklärt werden.
§.146. Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, ist dem anderen Theile nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er seine Vertretungsmacht nicht nachzuweisen vermag und der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweigert.
Hat der Vertreter den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt, so ist er nur zum Ersatze desjenigen Schadens verpflichtet, welchen der andere Theil dadurch erleidet, daß er auf die Vertretungsmacht vertraut hat, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches derselbe an der Wirksamkeit des Vertrags hat.
Der Vertreter haftet nicht, wenn der andere Theil den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen mußte. Der Vertreter haftet auch dann nicht, wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt war, es sei denn, daß er mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters gehandelt hat.
§.147. fällt weg.
§.148. Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme nicht beanstandet oder ist er damit einverstanden gewesen, daß der Vertreter ohne Vertretungsmacht handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnisse vorgenommen wird.
§.149. Ein Vertreter kann, soweit ihm nicht ein Anderes gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, daß das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
Siebenter Titel. Einwilligung. Genehmigung.
§.150. Hängt die Wirksamkeit eines Vertrags oder eines einseitigen, einem Anderen gegenüber vorzunehmenden Rechtsgeschäfts von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann die Ertheilung sowie die Verweigerung der Zustimmung sowohl dem einen als dem anderen Theile gegenüber erfolgen.
Die Zustimmung bedarf nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form.
§.151. Die vorherige Zustimmung (Einwilligung) ist bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerruflich, soweit sich nicht aus dem ihrer Ertheilung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis ein Anderes ergiebt. Auf die Erklärung des Widerrufs findet die Vorschrift des §.150 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
§.152. Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist.
Durch diese Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam, welche vor der Genehmigung stand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen oder gegen ihn durch Urtheil oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt sind.
§.153. Wird über einen Gegenstand von einem Nichtberechtigten verfügt, so ist die Verfügung wirksam, wenn sie mit Einwilligung des Berechtigten erfolgt.
Die Verfügung wird wirksam, wenn der Berechtigte sie genehmigt oder wenn der Verfügende den Gegenstand erwirbt oder wenn er von dem Berechtigten beerbt wird und das Inventarrecht erloschen ist. Sind in den beiden letzteren Fällen über den Gegenstand mehrere mit einander nicht vereinbare Verfügungen getroffen, so wird nur die frühere Verfügung wirksam.
Vierter Abschnitt. Fristen. Termine.
§.154. Für die in Gesetzen, gerichtlichen Verfügungen und Rechtsgeschäften enthaltenen Frist- und Terminsbestimmungen gelten die Auslegungsregeln der §§.155 bis 160.
§.155. Ist für den Anfang einer Frist ein Ereigniß oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereigniß oder der Zeitpunkt fällt.
Bildet der Beginn eines Tages den für den Anfang einer Frist maßgebenden Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.
§.156. Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablaufe des letzten Tages der Frist.
Eine nach Wochen, Monaten oder einem mehrere Monate umfassenden Zeitraume Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr – bestimmte Frist endigt mit dem Beginne desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder Zahl dem Tage entspricht, von welchem an die Frist nach §.155 zu berechnen ist; fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist dieser Tag in dem letzten Monate, so endigt die Frist mit dem Ablaufe des letzten Tages dieses Monats.
§.157. Unter einem halben Jahre wird eine Frist von sechs Monaten, unter einem Vierteljahre eine Frist von drei Monaten, unter einem halben Monat eine Frist von fünfzehn Tagen verstanden.
Ist eine Frist auf einen oder mehrere ganze Monate und einen halben Monat gestellt, so sind die fünfzehn Tage zuletzt zu zählen.
§.158. Im Falle der Verlängerung einer Frist wird die neue Frist von dem Ablaufe der vorigen Frist an berechnet.
§.159. Ist ein Zeitraum nach Monaten oder Jahren in dem Sinne bestimmt, daß er nicht zusammenhängend zu verlaufen braucht, so wird der Monat zu dreißig, das Jahr zu dreihundertfünfundsechzig Tagen gerechnet.
§.160. Unter Anfang des Monats wird der erste, unter Mitte des Monats der fünfzehnte, unter Ende des Monats der letzte Tag des Monats verstanden.
Fünfter Abschnitt. Verjährung.
§.161. Das Recht, von einem Anderen ein Thun oder Unterlassen zu verlangen (Anspruch), unterliegt der Verjährung.
Der Anspruch aus einem familienrechtlichen Verhältnis unterliegt der Verjährung nicht, soweit er auf die Herstellung des dem Verhältniß entsprechenden Zustandes für die Zukunft gerichtet ist.
§.162. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt dreißig Jahre.
§.163. Mit dem Ablaufe von zwei Jahren verjähren die Ansprüche
1. der Kaufleute, Fabrikanten, Handwerker und derjenigen, welche ein Kunstgewerbe betreiben, für Lieferung von Waaren, Leistung von Arbeiten und Besorgung fremder Geschäfte mit Einschluß der Auslagen, es sei denn, daß die Lieferung, Leistung oder Besorgung für den Gewerbebetrieb des Schuldners erfolgt ist;
2. derjenigen, welche Land- oder Forstwirthschaft betreiben, für die zur Verwendung im Haushalte gelieferten land- oder forstwirthschaftlichen Erzeugnisse;
3. der Eisenbahnunternehmungen, Frachtfuhrleute, Schiffer, Lohnkutscher und Boten wegen des Fahrgeldes, der Fracht, des Fuhr- und Botenlohnes mit Einschluß der Auslagen;
4. der Gastwirthe und derjenigen, welche Speisen oder Getränke gewerbsmäßig verabreichen, für Gewährung von Wohnung und Beföstigung sowie für sonstige den Gästen zur Befriedigung von Bedürfnissen gewährte Leistungen mit Einschluß der Auslagen;
5. derjenigen, welche Lotterieloose vertreiben, aus dem Vertriebe der Loose, es sei denn, daß die Loose zum Weitervertriebe geliefert find;
6. derjenigen, welche bewegliche Sachen gewerbsmäßig vermiethen, wegen des Miethzinses;
7. derjenigen, welche, ohne zu den unter Nr. 1 bezeichneten Personen zu gehören, aus der Besorgung fremder Geschäfte oder der Leistung von Diensten ein Gewerbe machen, sofern die Ansprüche aus ihrem Gewerbebetriebe herrühren;
8. derjenigen, welche im Privatdienste stehen, wegen des Gehaltes, Lohnes oder anderer Dienstbezüge mit Einschluß der Auslagen;
9. der gewerblichen Arbeiter Gesellen, Gehilfen, Lehrlinge, Fabrikarbeiter-, der Tagelöhner und Handarbeiter wegen des Lohnes und sonstiger an Stelle oder als Theil des Lohnes zugesagter Leistungen mit Einschluß der Auslagen;
10. der Arbeitgeber wegen der den gewerblichen Arbeitern auf Lohn oder Auslagen gewährten Vorschüsse;
11. der Lehrherren und Lehrmeister wegen des Lehrgeldes und anderer im Lehrvertrage bedungener Leistungen sowie der für die Lehrlinge bestrittenen Auslagen;
12. der öffentlichen und nichtöffentlichen Anstalten, welche dem Unterrichte, der Erziehung, Verpflegung oder Heilung dienen, für Gewährung von Unterricht, Verpflegung, Heilung sowie für jeden damit in Verbindung stehenden Aufwand, imgleichen derjenigen, welche Personen zur Verpflegung oder Erziehung aufgenommen haben, für Leistungen und Aufwendungen der bezeichneten Art;
13. der öffentlichen Lehrer und der Privatlehrer wegen ihrer Honorare, sofern diese nicht bei öffentlichen Lehranstalten nach bestehenden besonderen Einrichtungen gestundet sind;
14. der Aerzte, insbesondere auch der Wundärzte, Geburtshelfer, Zahnärzte und Thierärzte, sowie der Hebammen für ihre Dienstleistungen mit Einschluß der Auslagen ;
15. der Rechtsanwälte, Notare und Gerichtsvollzieher sowie aller Personen, welche zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich bestellt oder zugelassen sind, wegen ihrer Gebühren und Auslagen, soweit solche nicht zur Staatskasse fließen, imgleichen der Zeugen und Sachverständigen wegen ihrer Gebühren und Auslagen;
16. der Parteien wegen der ihren Rechtsanwälten geleisteten Vorschüsse.
§.164. Mit dem Ablaufe von vier Jahren verjähren die Ansprüche auf Rückstände von Zinsen mit Einschluß der als Zuschlag zu den Zinsen behufs allmählicher Kapitalstilgung zu entrichtenden Beträge, auf Rückstände von Pacht- und Miethzinsen, soweit diese nicht unter die Vorschrift des §.163 Nr. 6 fallen, imgleichen auf Rückstände von Renten, Auszugsleistungen, Besoldungen, Wartegeldern, Ruhegehalten, Unterhaltsbeiträgen und allen sonstigen Leistungen, die in regelmäßig wiederkehrenden Fristen zu entrichten sind.
§.165. Die Verjährung des Anspruchs beginnt mit dessen Entstehung. Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so beginnt die Verjährung mit der Zuwiderhandlung.
Kann der Berechtigte die Leistung erst nach vorgängiger Kündigung verlangen, so beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Kündigung zulässig geworden ist. Ist für die Leistung noch eine Frist nach der Kündigung bestimmt, so wird der Beginn der Verjährung um die Dauer der Frist hinausgeschoben.
§.166. Die Verjährung der in den §§.163, 164 bezeichneten Ansprüche beginnt mit dem Schlusse des Jahres, in welchem der nach §.165 maßgebende Zeitpunkt eingetreten ist, und, wenn dem Verpflichteten über diesen Zeitpunkt hinaus eine Frist bewilligt ist, mit dem Schlusse des Jahres, in welchem die Frist abgelaufen ist.
§.167. Ist die Verjährung gehemmt, so wird der Zeitraum, während dessen die Hemmung besteht, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
§.168. Die Verjährung ist gehemmt, solange die Leistung gestundet oder der Schuldner aus anderen Gründen vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist.
Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf die Einrede des Zurückbehaltungsrechts, des nicht erfüllten Vertrags, der mangelnden Sicherheitsleistung, der Vorausklage und auf die nach §.710 einem Bürgen zustehenden Einreden.
§.169. Die Verjährung ist gehemmt, solange der Berechtigte durch Stillstand der Rechtspflege innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist an der Rechtsverfolgung verhindert ist.
Das Gleiche gilt, wenn in anderer Weise durch höhere Gewalt eine solche Verhinderung herbeigeführt wird.
§.170. Die Verjährung von Ansprüchen zwischen dem Vormund und dem Mündel ist während der Dauer des Vormundschaftsverhältnisses gehemmt. Dasselbe gilt von Ansprüchen zwischen Eltern und Kindern während der Minderjährigkeit der letzteren und von Ansprüchen zwischen Ehegatten während der Dauer der Ehe.
§.171. Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so wird die gegen sie laufende Verjährung nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkte vollendet, in welchem der Grund der Vertretung weggefallen ist oder der Mangel der Vertretung aufgehört hat. Ist die Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung, soweit eine in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person prozeßfähig ist.
§.172. Gehört ein Anspruch zu einem Nachlaß oder richtet sich ein Anspruch gegen einen Nachlaß, so wird die Verjährung nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkte vollendet, in welchem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder ein Vertreter, von welchem oder gegen welchen der Anspruch geltend gemacht werden kann, bestellt oder der Konkurs über den Nachlaß eröffnet worden ist. Ist die Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate.
§.173. Wird die Verjährung unterbrochen, so kommt der bis zur Unterbrechung abgelaufene Zeitraum nicht in Betracht und kann eine neue Verjährung erst nach Beendigung der Unterbrechung beginnen.
§.174. Die Verjährung wird unterbrochen, wenn der Verpflichtete dem Berechtigten gegenüber den Anspruch anerkennt, insbesondere durch Abschlagzahlung, Zinszahlung oder Sicherstellung.
§.175. Die Verjährung wird unterbrochen, wenn der Berechtigte auf Befriedigung oder Feststellung des Anspruchs, auf Ertheilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlassung des Vollstreckungsurtheils Klage erhebt.
Der Klagerhebung stehen gleich:
1. die Zustellung eines Zahlungsbefehls im Mahnverfahren;
2. die Anmeldung einer Konkursforderung im Konkurse;
3. die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozesse;
4. die Streitverkündung in dem Prozesse, von dessen Ausgange der Anspruch abhängt;
5. die Vornahme einer Vollstreckungshandlung und, soweit die Zwangsvollstreckung den Gerichten oder anderen Behörden zugewiesen ist, die Stellung des Antrags auf Zwangsvollstreckung.
§.176. Hängt die Zulässigkeit des Rechtswegs von der Vorentscheidung einer Behörde ab oder hat die Bestimmung des zuständigen Gerichts durch ein höheres Gericht zu erfolgen, so wird durch die Einreichung des Gesuchs an die Behörde oder das höhere Gericht die Verjährung in gleicher Weise wie durch Klagerhebung unterbrochen, wenn die Klage binnen drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs erhoben wird.
Auf diese Frist finden die Vorschriften der §.169, 171 entsprechende Anwendung.
§.177. Die durch Erhebung der Klage bewirkte Unterbrechung dauert, bis der Prozeß rechtskräftig entschieden oder anderweit erledigt ist.
Geräth der Prozeß in Folge einer Vereinbarung oder in Folge Nichtbetreibens in Stillstand, so endigt die Unterbrechung mit der letzten Prozeßhandlung der Parteien oder des Gerichts. Die nach beendigter Unterbrechung beginnende neue Verjährung wird durch das weitere Betreiben von Seiten der einen oder anderen Partei in gleicher Weise wie durch Klagerhebung unterbrochen.
§.178. Die Unterbrechung durch Klagerhebung gilt als nicht erfolgt, wenn die Klage zurücgenommen oder durch ein nicht in der Sache selbst entscheidendes Urtheil rechtskräftig abgewiesen wird.
Erhebt der Berechtigte binnen sechs Monaten von neuem Klage, so gilt die Verjährung als durch die erste Klagerhebung unterbrochen. Auf diese Frist finden die Vorschriften der §§.169, 171 entsprechende Anwendung.
§.179. Die Unterbrechung durch Zustellung eines Zahlungsbefehls im Mahnverfahren gilt als nicht erfolgt, wenn nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung die Wirkungen der Rechtshängigkeit erlöschen.
§.180. Die durch Anmeldnng im Konkurse bewirkte Unterbrechung dauert, bis der Konkurs beendigt ist.
Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn die Anmeldung zurückgenommen wird.
Ist bei der Beendigung des Konkurses für eine Forderung, die in Folge eines bei der Prüfung erhobenen Widerspruchs in Prozeß befangen ist, ein Betrag zurückbehalten worden, so dauert die Unterbrechung auch nach Beendigung des Konkurses fort; das Ende der Unterbrechung bestimmt sich in diesem Falle nach den Vorschriften des §.177.
§.181. Auf die durch Geltendmachung der Aufrechnung im Prozeß oder durch Streitverkündung bewirkte Unterbrechung finden die Vorschriften des §.177 entsprechende Anwendung. Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn der Berechtigte nicht binnen sechs Monaten nach Beendigung des Prozesses Klage auf Befriedigung oder Feststellung des Anspruchs erhebt; auf diese Frist finden die Vorschriften der §§.169, 171 entsprechende Anwendung.
§.182. Die Unterbrechung durch Vornahme einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht erfolgt, wenn die Vollstreckungsmaßregel auf Antrag des Berechtigten oder wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben wird.
Die durch den Antrag auf Zwangsvollstreckung bewirkte Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn dem Antrage nicht stattgegeben oder der Antrag vor der Vornahme der Vollstreckungshandlung, zurückgenommen oder die erwirkte Vollstrckungsmaßregel nach Maßgabe des Abs. 1 aufgehoben wird.
§.183. Rechtskräftig festgestellte Ansprüche verjähren, auch wenn sie an sich einer kürzeren Verjährung unterliegen, mit dem Ablaufe von dreißig Jahren. Dasselbe gilt von Ansprüchen aus vollstreckbaren Vergleichen und vollstreckbaren Urkunden sowie von Ansprüchen, welche durch die im Konkurs erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind.
Soweit sich die Feststellung auf regelmäßig wiederkehrende, erst künftig fällig werdende Leistungen erstreckt, verbleibt es bei der kürzeren Verjährungsfrist.
§.184. Als rechtskräftige Entscheidung im Sinne des §.177 Abs. 1 und des §.183 Abs. 1 gilt auch ein unter Vorbehalt ergangenes rechtskräftiges Urtheil.
§.185. Ist der Anspruch vor einem Schiedsgericht oder besonderen Gerichte, vor einem Verwaltungsgericht oder einer Verwaltungsbehörde geltend zu machen, so finden die Vorschriften der §§.175 bis 179, 181 bis 184 entsprechende Anwendung.
Sind in einem Schiedsvertrage die Schiedsrichter nicht ernannt oder ist aus einem anderen Grunde die Ernennung eines Schiedsrichters oder die Erfüllung einer sonstigen Vorbedingung erforderlich, ehe das Schiedsgericht angerufen werden kann, so wird die Verjährung schon dadurch unterbrochen, daß der Berechtigte das zur Erledigung der Sache seinerseits Erforderliche vornimmt.
§.186. Gelangt eine Sache, in Ansehung deren ein dinglicher Anspruch besteht, durch Rechtsnachfolge in den Besitz eines Dritten, so kommt die während des Besitzes des Rechtsvorgängers verstrichene Verjährungszeit dem Rechtsnachfolger zu Statten.
§.187. Nach Vollendung der Verjährung steht dem Anspruch eine Einrede entgegen, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen ist.
Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn die Leistung in Unkenntniß der Verjährung bewirkt ist. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntniß oder Erfüllungsversprechen sowie einer Sicherheitsleistung des Verpflichteten.
§.188. Die Verjährung eines Anspruchs, für welchen eine Hypothek oder ein Pfandrecht besteht, hindert den Berechtigten nicht, seine Befriedigung aus dem verhafteten Gegenstande zu suchen.
Ist zur Sicherung eines Anspruchs ein Recht übertragen, so kann die Rückübertragung auf Grund der Verjährung des Anspruchs nicht gefordert werden.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung bei der Verjährung von Ansprüchen auf Rückstände von Zinsen oder anderen wiederkehrenden Leistungen.
§.189. Mit dem Hauptanspruche verjährt auch der Anspruch auf die von demselben abhängenden Nebenleistungen, selbst wenn die für diesen Anspruch geltende besondere Verjährung noch nicht vollendet ist.
§.190. Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft weder ausgeschlossen noch erschwert werden. Erleichterung der Verjährung, insbesondere Abkürzung der Verjährungsfrist, ist zulässig.
Sechster Abschnitt. Selbstvertheidigung. Selbsthülfe.
§.191. Eine durch Nothwehr gebotene Handlung ist nicht widerrechtlich.
Nothwehr ist diejenige Vertheidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem Anderen abzuwenden.
§.192. Wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um eine durch sie drohende Gefahr von sich oder einem Anderen abzuwenden, handelt nicht widerrechtlich, wenn die Beschädigung oder Zerstörung zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist und der Schaden nicht außer Verhältniß zu der Gefahr steht. Hat der Handelnde die Gefahr verschuldet, so ist er zum Schadensersatze verpflichtet.
§.193. Wer zum Zwecke der Selbsthülfe eine Sache wegnimmt, zerstört oder beschädigt oder wer zu diesem Zwecke den Verpflichteten festnimmt oder den Widerstand desselben gegen eine Handlung, die er zu dulden verpflichtet ist, beseitigt, handelt nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche Hülfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen Gefahr vorliegt, daß die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde.
§.194. Die nach §.193 zulässige Selbsthülfe darf nicht weiter gehen, als zur Abwendung der Gefahr nothwendig ist.
Im Falle der Wegnahme von Sachen ist, sofern nicht Zwangsvollstreckung erwirkt wird, der dingliche Arrest zu beantragen.
Im Falle der Festnahme des Verpflichteten ist derselbe, sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt wird, unverzüglich dem Amtsgericht, in dessen Bezirke die Festnahme erfolgt ist, vorzuführen; auch ist bei diesem Gerichte der persönliche Sicherheitsarrest zu beantragen.
Wird der Arrestantrag verzögert oder abgelehnt, so hat die Rückgabe der weggenommenen Sachen und die Freilassung des Festgenommenen unverzüglich zu erfolgen.
§.195. Wer eine der im §.193 bezeichneten Handlungen in der irrigen Annahme vornimmt, daß die für den Ausschluß der Widerrechtlichkeit erforderlichen Voraussetzungen vorhanden seien, ist auch im Falle entschuldbaren Irrthums dem anderen Theile zum Schadensersatze verpflichtet.
Siebenter Abschnitt. Sicherheitsleistung.
§.196. Wer Sicherheit zu leisten hat, kann dies nach seiner Wahl bewirken:
durch Hinterlegung von Geld oder Werthpapieren,
durch Verpfändung von Buchforderungen, welche in das Reichsschuldbuch oder in das Staatsschuldbuch eines Bundesstaats eingetragen sind,
durch Verpfändung beweglicher Sachen,
durch Bestellung von Hypotheken an inländischen Grundstücken,
durch Verpfändung von Forderungen, für die eine Hypothek an einem inländischen Grundstücke besteht, oder von Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken.
Kann Sicherheit nicht in dieser Weise geleistet werden, so ist die Stellung tüchtiger Bürgen zulässig.
§.197. Mit der Hinterlegung erwirbt der Berechtigte ein Pfandrecht an dem hinterlegten Gelde oder an den hinterlegten Werthpapieren und, wenn das Geld oder die Werthpapiere nach landesgesetzlicher Vorschrift in das Eigenthum des Fiskus oder einer Anstalt übergehen, ein Pfandrecht an der Forderung auf Rückerstattung.
§.198. Werthpapiere sind zur Sicherheitsleistung nur geeignet, wenn sie auf den Inhaber lauten oder als Namenpapiere auf Grund eines Blankoindossaments umlaufen, einen Kurswerth haben und einer Gattung angehören, in welcher Mündelgelder angelegt werden dürfen.
Mit den Werthpapieren sind die zugehörenden Zins-, Renten-, Gewinnantheil- und Erneuerungsscheine zu hinterlegen.
Mit Werthpapieren kann nur in der Höhe von drei Viertheilen des Kurswerthes Sicherheit geleistet werden.
§.199. Wer durch Hinterlegung von Geld oder Werthpapieren Sicherheit geleistet hat, ist berechtigt, das hinterlegte Geld gegen geeignete Werthpapiere, die hinterlegten Werthpapiere gegen andere geeignete Werthpapiere oder gegen Geld umzutauschen.
§.200. Mit einer in das Reichsschuldbuch oder in das Staatsschuldbuch eines Bundesstaats eingetragenen Buchforderung kann nur in der Höhe von drei Viertheilen des Kurswerthes der dem Buchgläubiger im Falle der Löschung seiner Forderung auszuliefernden Werthpapiere Sicherheit geleistet werden.
§.201. Mit einer beweglichen Sache kann nur in der Höhe von zwei Drittheilen des Schätzungswerthes Sicherheit geleistet werden. Sachen, deren Verderb zu besorgen oder deren Aufbewahrung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, können zurückgewiesen werden.
§.202. Eine Hypothekenforderung, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld ist zur Sicherheitsleistung nur geeignet, wenn sie den Voraussetzungen entspricht, unter welchen Mündelgelder in Hypothekenforderungen, Grundschulden oder Rentenschulden angelegt werden dürfen.
Eine Forderung, für die eine Sicherungshypothek besteht, ist zur Sicherheitsleistung nicht geeignet.
§.203. Ein Bürge ist tüchtig, wenn er ein der Höhe der zu leistenden Sicherheit angemessenes Vermögen besitzt und seinen allgemeinen Gerichtsstand im Inlande hat.
Die Bürgschaftserklärung hat unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage schriftlich zu erfolgen.
§.204. Wird die geleistete Sicherheit ohne Verschulden des Berechtigten unzureichend, so ist sie zu ergänzen oder ist andersweit Sicherheit zu leisten.
Zweites Buch. Recht der Schuldverhältnisse.
Erster Abschnitt. Inhalt der Schuldverhältnisse.
Erster Titel. Verpflichtung zur Leistung.
§.205. Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann in einem Thun oder einem Unterlassen bestehen.
§.206. Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
§.207. Wird eine nur der Gattung nach bestimmte Sache geschuldet, so ist eine Sache von mittlerer Art und Güte zu leisten.
Hat der Schuldner das zur Leistung einer solchen Sache seinerseits Erforderliche getan, so beschränkt sich das Schuldverhältnis auf diese Sache.
§.208. Ist eine in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld im Inlande zu zahlen, so kann die Zahlung in Reichswährung erfolgen, es sei denn, daß Zahlung in ausländischer Währung ausdrücklich bedungen ist.
Die Umrechnung erfolgt nach dem zur Zeit der Zahlung für den Zahlungsort maßgebenden Kurswerthe.
§.209. Ist eine Geldschuld in einer bestimmten Münzsorte zu zahlen, die sich zur Zeit der Zahlung nicht mehr im Umlaufe befindet, so ist die Zahlung so zu leisten, wie wenn die Münzsorte nicht bestimmt wäre.
§.210. Ist eine Schuld nach Gesetz oder Rechtsgeschäft zu verzinsen, so sind in Ermangelung einer anderen Bestimmung fünf vom Hundert für das Jahr zu entrichten.
§.211. Die Höhe der Zinsen unterliegt der freien Vereinbarung, soweit nicht reichsgesetzliche Vorschriften über den Wucher entgegenstehen.
Bei einem höheren Zinssatz als sechs vom Hundert für das Jahr ist der Schuldner nach dem Ablauf eines halben Jahres berechtigt, das Kapital unter Einhaltung einer halbjährigen Kündigungsfrist zu kündigen. Dieses Recht kann durch Vertrag weder ausgeschlossen noch beschränkt werden.
Die Vorschriften des Abs. 2 gelten nicht für Schuldverschreibungen auf den Inhaber.
§.212. Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, daß fällig werdende Zinsen wieder Zinsen tragen sollen, ist nichtig.
Sparkassen, Kreditanstalten und Bankiers können jedoch vereinbaren, daß nicht erhobene Zinsen von Einlagen als neue verzinsliche Einlagen gelten sollen. Kreditanstalten, die berechtigt sind, für den Betrag der von ihnen gewährten Darlehen verzinsliche Schuldverschreibungen auf den Inhaber auszugeben, können sich bei solchen Darlehen für rückständige Zinsen eine Verzinsung bis zu sechs vom Hundert für das Jahr im Voraus versprechen lassen.
§.213. Wer zum Schadensersatze verpflichtet ist, hat denjenigen Zustand herzustellen, welcher bestehen würde, wenn der zum Ersatze verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen.
Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen. Ist die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich, so ist der Ersatzpflichtige berechtigt, den Gläubiger in Geld zu entschädigen.
Zur Herstellung kann der Gläubiger dem Ersatzpflichtigen eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Herstellung nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Erfolgt die Herstellung nicht innerhalb der Frist, so kann der Gläubiger die Entschädigung in Geld verlangen; der Anspruch auf die Herstellung ist ausgeschlossen.
§.214. Der zu ersetzende Schaden umfaßt auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
§.215. Die Ersatzpflicht wegen Nichterfüllung einer Verbindlichkeit erstreckt sich nicht auf den Schaden, dessen Entstehung nach den Umständen, welche der Schuldner kannte oder kennen mußte, außerhalb des Bereich der Wahrscheinlichkeit lag.
§.216. Wegen eines anderen Schadens als eines Vermögensschadens kann eine Entschädigung in Geld nur in den von dem Gesetze bestimmten Fällen gefordert werden.
§.217. Hat bei der Entstehung des Schadens, wenn auch nur durch Unterlassen der Abwendung oder Minderung desselben, ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatze sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teile verursacht ist.
§.218. Wer für den Verlust einer Sache oder eines Rechtes Schadensersatz zu leisten hat, ist zum Ersatze nur gegen Abtretung der Ansprüche verpflichtet, welche dem Ersatzberechtigten auf Grund des Eigenthums an der Sache oder auf Grund des Rechtes gegen Dritte zustehen.
§.219. Werden mehrere Leistungen in der Weise geschuldet, daß nur die eine oder die andere zu bewirken ist, so steht das Wahlrecht im Zweifel dem Schuldner zu.
§.220. Die Wahl erfolgt durch Erklärung des wahlberechtigten Teiles gegenüber dem anderen Teile. Die Erklärung ist unwiderruflich.
Die gewählte Leistung gilt als die von Anfang an allein geschuldete.
§.221. Hat der wahlberechtigte Schuldner die Wahl nicht vor dem Beginne der Zwangsvollstreckung vollzogen, so kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung nach seiner Wahl auf die eine oder die andere Leistung richten; der Schuldner kann sich jedoch, solange der Gläubiger die gewählte Leistung weder ganz noch zum Theil empfangen hat, durch eine der übrigen Leistungen von seiner Verbindlichkeit befreien.
Ist der wahlberechtigte Gläubiger im Verzuge, so kann der Schuldner ihn unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Vollziehung der Wahl auffordern. Vollzieht der Gläubiger die Wahl nicht innerhalb der Frist, so geht das Wahlrecht auf den Schuldner über.
§.222. Ist eine der Leistungen von Anfang an unmöglich oder ist sie später unmöglich geworden, so beschränkt sich das Schuldverhältnis auf die übrigen Leistungen. Die Beschränkung tritt nicht ein, wenn die Leistung in Folge eines von dem nicht wahlberechtigten Teile zu vertretenden Umstandes unmöglich geworden ist.
§.223. Der Schuldner ist zu Teilleistungen nicht berechtigt.
§.224. Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten, so kann die Leistung auch ohne seine Einwilligung durch einen Dritten bewirkt werden. Der Gläubiger kann die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner der Annahme widerspricht.
§.225. Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Orte zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte.
Aus dem Umstand allein, daß der Schuldner die Kosten der Versendung übernommen hat, ist nicht zu entnehmen, daß der Ort, nach welchem die Versendung zu erfolgen hat, der Leistungsort sein soll.
§.226. Geldzahlungen hat der Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermitteln. Sind in Folge einer nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eingetretenen Äenderung des Wohnsitzes des Gläubigers die Kosten oder die Gefahr der Üebermittelung erhöht, so hat der Gläubiger im ersteren Falle die Mehrkosten, im letzteren Falle die Gefahr zu tragen. Die Vorschriften über den Leistungsort bleiben unberührt.
§.227. Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann die Leistung sofort gefordert und bewirkt werden.
Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Gläubiger vor dieser Zeit die Leistung nicht fordern, der Schuldner aber zu jeder früheren Zeit leisten kann.
§.228. Fällt der für eine Leistung bestimmte Tag oder der letzte Tag der für eine Leistung bestimmten Frist auf einen Sonntag oder einen am Leistungsorte staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag, so ist im Zweifel anzunehmen, daß an die Stelle des Sonn- oder Feiertags der nächstfolgende Werktag treten soll.
§.229. Wird eine unverzinsliche Schuld vor der Fälligkeit bezahlt, so ist der Schuldner zu einem Abzuge wegen der Zwischenzinsen nicht berechtigt.
§.230. Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältniß, auf welchem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein Anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht). Das gleiche Recht hat der zur Herausgabe eines Gegenstandes Verpflichtete, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, daß er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat.
Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abwenden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.
§.231. Gegenüber der Klage des Gläubigers hat die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nur die Wirkung, daß der Schuldner zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) zu verurteilen ist.
Auf Grund einer solchen Verurteilung kann der Kläger seinen Anspruch ohne Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgen, wenn der Beklagte im Verzuge der Annahme ist.
§.232. Der Schuldner ist von der Verpflichtung zur Leistung befreit, soweit die Leistung in Folge eines nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eingetretenen, von ihm nicht zu vertretenden Umstandes unmöglich geworden ist.
§.233. Der Schuldner hat, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, Vorsatz und die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (Fahrlässigkeit) zu vertreten. Die Vorschriften der §§.750, 751 finden Anwendung.
Wer nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hat, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, ist von der Haftung wegen grober Fahrlässigkeit nicht befreit.
Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
§.234. Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Bewirkung der Leistung bedient, in gleichem Umfange zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des §.233 Abs. 3 findet keine Anwendung.
§.235. Das Unvermögen des Schuldners zur Bewirkung der noch möglichen Leistung steht der Unmöglichkeit gleich. Ist der geschuldete Gegenstand nur der Gattung nach bestimmt, so hat der Schuldner, solange die Leistung aus der Gattung möglich ist, sein Unvermögen auch dann zu vertreten, wenn ihm ein Verschulden nicht zur Last fällt.
§.236. Soweit die Leistung in Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes unmöglich geworden ist, hat der Schuldner dem Gläubiger den durch die Nichterfüllung verursachten Schaden zu ersetzen.
Im Falle teilweiser Unmöglichkeit kann der Gläubiger, -wenn die teilweise Erfüllung für ihn kein Interesse hat, unter Ablehnung des noch möglichen Teiles der Leistung Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit verlangen. Die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§.298 bis 305 finden entsprechende Anwendung.
§.237. Hat der Schuldner in Folge des Umstandes, welcher die Unmöglichkeit der Leistung herbeigeführt hat, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch erlangt, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen.
Hat der Gläubiger Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so mindert sich, wenn er von dem im Abs. 1 bestimmten Rechte Gebrauch macht, der Anspruch um den Wert des erlangten Ersatzes oder Ersatzanspruchs.
§.238. Ist streitig, ob die eingetretene Unmöglichkeit der Leistung die Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes ist, so trifft die Beweislast den Schuldner.
§.239. Ist der Schuldner rechtskräftig verurtheilt, so kann der Gläubiger ihm zur Bewirkung der Leistung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme der Leistung nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Auf Antrag des Gläubigers ist die Frist in dem Urteile zu bestimmen. Soweit die Leistung bei dem Ablaufe der Frist nicht bewirkt ist, kann der Gläubiger Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, es sei denn, daß die Leistung in Folge eines von dem Schuldner nicht zu vertretenden Umstandes unmöglich geworden ist; der Anspruch auf Erfüllung ist ausgeschlossen.
Ist die Leistung bei dem Ablaufe der Frist nur teilweise nicht bewirkt, so steht dem Gläubiger auch das im §.236 Abs. 2 bestimmte Recht zu.
§.240. Leistet der Schuldner auf die nach dem Eintritte der Fälligkeit erfolgte Mahnung des Gläubigers nicht, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung steht die Erhebung der Klage auf Bewirkung der Leistung sowie die Zustellung eines Zahlungsbefehls im Mahnverfahren gleich.
Ist für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender oder, sofern eine Kündigung vorauszugehen hat, dergestalt bestimmt, daß sie sich von der Kündigung ab nach dem Kalender berechnen läßt, so kommt der Schuldner ohne Mahnung in Verzug, wenn er nicht zu der bestimmten Zeit leistet.
§.241. Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung in Folge eines von ihm nicht zu vertretenden Umstandes unterbleibt.
§.242. Der Schuldner hat dem Gläubiger den durch den Verzug verursachten Schaden zu ersetzen.
Hat die Leistung in Folge des Verzugs für den Gläubiger kein Interesse, so kann dieser unter Ablehnung der Leistung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§.298 bis 305 Finden entsprechende Anwendung.
§.243. Der Schuldner hat während des Verzugs jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Er ist auch für eine während des Verzugs durch Zufall eingetretene Unmöglichkeit der Leistung verantwortlich, es sei denn, daß der Schaden auch im Falle rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde.
§.244. Eine Geldschuld ist während des Verzugs mit fünf vom Hundert für das Jahr zu verzinsen. Sind aus einem anderen Rechtsgrunde höhere Zinsen zu zahlen, so sind diese fortzuentrichten.
Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
§.245. Von Zinsen sind Verzugszinsen nicht zu entrichten. Das Recht des Gläubigers auf Ersatz des durch den Verzug verursachten Schadens bleibt unberührt.
§.246. Ist der Schuldner zum Ersatze des Werthes eines während des Verzugs untergegangenen oder zum Ersatze der Minderung des Wertes eines während des Verzugs verschlechterten Gegenstandes verpflichtet, so kann der Gläubiger Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, seit welchem der Schuldner mit der Leistung des Gegenstandes im Verzug ist. Für die Zeit, für welche der Gläubiger Zinsen fordert, hat der Schuldner Ersatz wegen entzogener Nutzungen nicht zu leisten.
§.247. Eine Geldschuld ist vom Eintritte der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn der Schuldner nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des §.244 Abs. 1 und des §.245 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
§.248. Hat der Schuldner einen bestimmten Gegenstand herauszugeben, so bestimmen sich vom Eintritte der Rechtshängigkeit an, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis oder dem Verzuge des Schuldners zu Gunsten des Gläubigers ein Anderes ergibt, die Ansprüche des Gläubigers auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen sowie auf Schadensersatz wegen Unterganges oder Verschlechterung und der Anspruch des Schuldners auf Ersatz von Verwendungen nach den Vorschriften, welche für das Verhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem Besitzer vom Eintritte der Rechtshängigkeit des Eigentumsanspruchs an gelten.
Zweiter Titel. Verzug des Gläubigers.
§.249. Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.
§.250. Zur Wirksamkeit des Angebots ist erforderlich, daß die Leistung so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten wird.
§.251. Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, daß er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebote der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die seinerseits erforderliche Handlung vorzunehmen.
Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender oder, sofern eine Kündigung vorauszugehen hat, dergestalt bestimmt, daß sie sich von der Kündigung ab nach dem Kalender berechnen läßt, so bedarf es des Angebots nicht, wenn der Gläubiger die Handlung nicht rechtzeitig vornimmt.
Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des Abs. 2 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außer Stande ist, die Leistung zu bewirken.
§.252. Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er zwar die angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, die verlangte Gegenleistung jedoch nicht anbietet.
§.253. Ist die Leistungszeit nicht bestimmt oder ist der Schuldner berechtigt, vor der bestimmten Zeit zu leisten, so kommt der Gläubiger nicht dadurch in Verzug, daß er vorübergehend an der Annahme der angebotenen Leistung verhindert ist, es sei denn, daß der Schuldner ihm die Leistung eine angemessene Zeit vorher angekündigt hat.
§.254. Der Schuldner hat während des Verzugs des Gläubigers nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
Wird eine nur der Gattung nach bestimmte Sache geschuldet, so geht die Gefahr mit dem Zeitpunkt auf den Gläubiger über, in welchem er durch Nichtannahme der angebotenen Sache in Verzug kommt.
§.255. Bei einer verzinslichen Geldschuld ist der Schuldner während des Verzugs des Gläubigers zur Zahlung von Zinsen nicht verpflichtet.
§.256. Hat der Schuldner die Nutzungen eines Gegenstandes herauszugeben oder zu ersetzen, so beschränkt sich seine Verpflichtung während des Verzugs des Gläubigers auf die Nutzungen, welche er gezogen hat.
§.257. Ist der Schuldner zur Herausgabe eines Grundstücks verpflichtet, so kann er nach dem Eintritte des Verzugs des Gläubigers den Besitz aufgeben. Das Aufgeben ist erst nach vorgängiger Androhung zulässig, es sei denn, daß diese untunlich ist.
§.258. Der Schuldner kann im Falle des Verzugs des Gläubigers Ersatz der Mehraufwendungen verlangen, die er für das erfolglose Angebot sowie für Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstandes machen mußte.
Zweiter Abschnitt. Schuldverhältnisse aus Verträgen.
Erster Titel. Inhalt des Vertrags.
§.259. Ein auf eine unmögliche Leistung gerichteter Vertrag ist nichtig.
Hat bei der Schließung des Vertrags der eine Theil die Unmöglichkeit der Leistung gekannt oder kennen müssen, so ist er zum Ersatze des Schadens verpflichtet, welchen der andere Theil dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut hat, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches derselbe an der Gültigkeit des Vertrags hat. Die Schadensersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der andere Theil die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte.
Die Vorschriften des Abs. 2 finden entsprechende Anwendung, wenn die versprochene Leistung nur theilweise unmöglich und der Vertrag in Ansehung des möglichen Theiles gültig ist oder wenn eine von mehreren wahlweise versprochenen Leistungen unmöglich ist.
§.260. Die Unmöglichkeit der Leistung steht der Gültigkeit eines Vertrags nicht entgegen, wenn die Unmöglichkeit gehoben werden kann und der Vertrag für den Fall geschlossen ist, daß die Leistung möglich wird.
Ist eine unmögliche Leistung unter einer anderen aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins versprochen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn die Unmöglichkeit nicht vor dem Eintritte der Bedingung oder des Termins gehoben wird.
§.261. Verstößt ein Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot, so finden die Vorschriften des §.259 Abs. 2, 3 und des §.260 entsprechende Anwendung.
§.262. Ein Vertrag, durch den sich Jemand verpflichtet, sein künftiges Vermögen oder einen Bruchtheil desselben zu übertragen oder den Nießbrauch an dem Vermögen oder einem Bruchtheile desselben zu bestellen, ist nichtig.
§.263. Ein Vertrag, durch den sich Jemand verpflichtet, sein gegenwärtiges Vermögen oder einen Bruchtheil desselben zu übertragen oder den Nießbrauch an dem Vermögen oder einem Bruchtheile desselben zu bestellen, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form.
§.264. Ein Vertrag über den Nachlaß eines noch lebenden Dritten ist nichtig. Das Gleiche gilt von einem Vertrag über den Pflichttheil oder ein Vermächtnis aus dem Nachlaß eines noch lebenden Dritten.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf einen Vertrag, der unter künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbtheil oder den Pflichttheil eines derselben geschlossen wird. Ein solcher Vertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form.
§.265. Ein Vertrag, durch den sich Jemand verpflichtet, das Eigenthum an einem Grundstücke zu übertragen, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Ein ohne Beobachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalte nach gültig, wenn die Auflassung des Grundstücks und die Eintragung in das Grundbuch erfolgt ist.
§.265a. Verpflichtet sich Jemand zur Veräußerung oder Belastung einer Sache, so erstreckt sich die Verpflichtung im Zweifel auch auf das Zubehör der Sache.
§.266. Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Theile. Die Erklärung ist unwiderruflich.
Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Theil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urtheil getroffen. Das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
§.267. Ist der Umfang der für eine Leistung versprochenen Gegenleistung nicht bestimmt, so steht die Bestimmung im Zweifel demjenigen Theile zu, welcher die Gegenleistung zu fordern hat.
§.268. Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie nach billigem Ermessen zu treffen ist.
Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Üebereinstimmung derselben erforderlich; soll jedoch eine Summe bestimmt werden, so ist bei Bestimmung verschiedener Summen die Durchschnittssumme maßgebend.
§.269. Die einem Dritten überlassene Bestimmung der Leistung erfolgt durch Erklärung gegenüber einem der Vertragschließenden. Die Erklärung ist unwiderruflich.
Die Anfechtung der getroffenen Bestimmung wegen Irrthums, Drohung oder arglistiger Täuschung steht nur den Vertragschließenden zu; Anfechtungsgegner ist der andere Theil. Die Anfechtung muß unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntnis erlangt hat.
§.270. Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in einem solchen Falle durch Urtheil. Das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.
Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.
Zweiter Titel. Gegenseitiger Vertrag.
§.271. Bei einem gegenseitigen Vertrage kann jeder Theil, sofern er nicht vorzuleisten verpflichtet ist, die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern. Hat die Leistung an Mehrere zu erfolgen, so kann dem Einzelnen der ihm gebührende Theil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des §.230 Abs. 2 findet keine Anwendung.
Ist von der einen Seite theilweise geleistet, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Theiles, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
§.272. Wer aus einem gegenseitigen Vertrage vorzuleisten verpflichtet ist, kann, wenn nach dem Abschlusse des Vertrags eine wesentliche, den Anspruch auf die Gegenleistung gefährdende Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen des anderen Theiles eintritt, die ihm obliegende Leistung verweigern, bis die Gegenleistung bewirkt oder Sicherheit für sie geleistet wird.
§.273. Erhebt aus einem gegenseitigen Vertrage der eine Theil Klage auf die ihm geschuldete Leistung, so hat die Geltendmachung des dem anderen Theile zustehenden Rechtes, die Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung zu verweigern, nur die Wirkung, daß der Beklagte zur Erfüllung Zug um Zug zu verurtheilen ist.
Hat der eine Theil vorzuleisten, so kann er, wenn der andere Theil im Verzuge der Annahme ist, Verurtheilung desselben zur Leistung nach Empfang der Gegenleistung verlangen.
Auf die Zwangsvollstreckung findet die Vorschrift des §.231 Abs. 2 Anwendung.
§.274. Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines weder von ihm noch von dem anderen Theile zu vertretenden Umstandes unmöglich, so verliert er den Anspruch auf die Gegenleistung; bei theilweiser Unmöglichkeit mindert sich der Anspruch auf die Gegenleistung verhältnißmäßig nach Maßgabe der §§.408, 409.
Verlangt der andere Theil nach §.237 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet; der Anspruch auf dieselbe mindert sich jedoch verhältnismäßig nach Maßgabe der §§.408, 409 insoweit, als der Werth des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Werthe der geschuldeten Leistung zurückbleibt.
Soweit die nach diesen Vorschriften nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückgefordert werden.
§.275. Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines von dem anderen Theile zu vertretenden Umstandes unmöglich, so behält er den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muß sich jedoch den Werth desjenigen anrechnen lassen, was er in Folge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erworben hat oder hätte erwerben können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte. Das Gleiche gilt, wenn die dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines von ihm nicht zu vertretenden Umstandes zu einer Zeit unmöglich wird, in welcher der andere Theil im Verzuge der Annahme ist.
§.276. Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines von ihm zu vertretenden Umstandes unmöglich, so kann der andere Theil Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder von dem Vertrage zurücktreten. Bei theilweiser Unmöglichkeit ist er, wenn die theilweise Erfüllung des Vertrags für ihn kein Interesse hat, berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit nach Maßgabe des §.236 Abs. 2 zu verlangen oder von dem ganzen Vertrage zurückzutreten. Statt des Anspruchs auf Schadensersatz und des Rücktritts rechts kann er auch die für den Fall des §.274 bestimmten Rechte geltend machen.
Das Gleiche gilt, wenn in dem Falle des §.239 die Leistung bei dem Ablaufe der Frist nicht oder nur theilweise bewirkt ist.
§.277. Ist bei einem gegenseitigen Vertrage der eine Theil mit der ihm obliegenden Leistung im Verzuge, so kann ihm der andere Theil zur Bewirkung der Leistung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme der Leistung nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Erfolgt die Leistung nicht innerhalb der Frist, so ist der andere Theil berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder von dem Vertrage zurückzutreten; der Anspruch auf Erfüllung ist ausgeschlossen. Ist die Leistung bei dem Ablaufe der Frist nur theilweise bewirkt, so findet die Vorschrift des §.276 Abs. 1 Satz 2 entsprechende Anwendung.
Hat die Erfüllung des Vertrags in Folge des Verzugs für den anderen Theil kein Interesse, so stehen ihm die im Abs. 1 bezeichneten Rechte zu, ohne daß es der Bestimmung einer Frist bedarf.
§.278. Ergibt sich aus einem gegenseitigen Vertrage, daß die Leistung des einen Theiles genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist bewirkt werden soll, so kann der andere Theil, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder nicht innerhalb der bestimmten Frist erfolgt, von dem Vertrage zurücktreten. Der Schuldner ist berechtigt, den Gläubiger unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber aufzufordern, ob er noch auf Erfüllung bestehe. Erklärt sich der Gläubiger nicht innerhalb der Frist, so ist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen.
Ist der Schuldner im Verzuge, so kann der Gläubiger, sofern er nicht von dem Vertrage zurücktritt, statt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.
§.279. Auf das in den §.276 bis 278 bestimmte Rücktrittsrecht finden die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§.298 bis 305 entsprechende Anwendung. Erfolgt der Rücktritt wegen eines von dem anderen Theile nicht zu vertretenden Umstandes, so haftet dieser Theil nur nach den Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.
Dritter Titel. Versprechen der Leistung an einen Dritten.
§.280. Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, daß der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.
In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist nach den Umständen, insbesondere nach dem Zwecke des Vertrags, zu beurtheilen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.
§.281. Verpflichtet sich Jemand einem anderen gegenüber zur Befriedigung eines Gläubigers desselben, ohne die Schuld zu übernehmen, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß der Gläubiger aus dem Vertrag unmittelbar das Recht erwerben soll, die Befriedigung von ihm zu fordern.
§.282. Wird in einem Lebensversicherungs- oder einem Leibrentenvertrage die Zahlung der Versicherungssumme oder der Leibrente an einen Dritten bedungen oder bei einer unentgeltlichen Zuwendung dem Bedachten eine Leistung an einen Dritten auferlegt oder bei einer Vermögens- oder Gutsübernahme von dem Übernehmer eine Leistung an einen Dritten zum Zwecke der Abfindung versprochen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Dritte aus dem Vertrag unmittelbar das Recht erwerben soll, die Leistung zu fordern.
§.283. Soll die Leistung an den Dritten nach dem Tode des Versprechensempfängers erfolgen, so erwirbt der Dritte das Recht auf die Leistung im Zweifel mit dem Tode des Versprechensempfängers.
Ist der Versprechensempfänger vor der Geburt des Dritten gestorben, so kann das Versprechen, an den Dritten zu leisten, nicht mehr aufgehoben oder geändert werden, es sei denn, daß die Befugnitz dazu vorbehalten ist.
§.284. Ist dem Versprechensempfänger die Befugnitz vorbehalten, ohne Zustimmung des Versprechenden an die Stelle des in dem Vertrage bezeichneten Dritten einen Anderen zu setzen, so kann dies im Zweifel auch in einer Verfügung von Todeswegen geschehen.
§.285. Weist der Dritte das aus dem Vertrag erworbene Recht dem Versprechenden gegenüber zurück, so gilt das Recht als nicht erworben.
§.286. Einwendungen aus dem Vertrage stehen dem Versprechenden auch gegenüber dem Dritten zu.
§.287. Der Versprechensempfänger kann, sofern sich nicht ein anderer Wille der Vertragschließenden ergibt, die Leistung an den Dritten auch dann fordern, wenn diesem das Recht auf die Leistung zusteht.
Vierter Titel. Draufgabe. Vertragsstrafe.
§.288. Wird bei der Schließung eines Vertrags etwas als Draufgabe gegeben, so gilt dies als Zeichen des Abschlusses des Vertrags.
Die Draufgabe gilt im Zweifel nicht als Reugeld.
§.289. Die Draufgabe ist im Zweifel auf die von dem Geber geschuldete Leistung anzurechnen oder, wenn dies nicht geschehen kann, bei der Erfüllung des Vertrags zurückzugeben.
Wird der Vertrag wiederaufgehoben, so ist die Draufgabe zurückzugeben.
§.290. Ist die von dem Geber geschuldete Leistung in Folge eines von ihm zu vertretenden Umstandes unmöglich geworden oder hat der Geber die Wiederaufhebung des Vertrags verschuldet, so ist der Empfänger berechtigt, die Draufgabe zu behalten. Verlangt der Empfänger Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so ist die Draufgabe im Zweifel anzurechnen oder, wenn dies nicht geschehen kann, bei der Leistung des Schadensersatzes zurückzugeben.
§.291. Hat der Schuldner für den Fall, daß er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, dem Gläubiger die Zahlung einer Geldsumme als Strafe versprochen, so ist die Strafe verwirkt, wenn der Schuldner in Verzug kommt; besteht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen, so tritt die Verwirkung mit der Zuwiderhandlung ein.
§.292. Ist die Strafe für den Fall versprochen, daß der Schuldner seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe statt der Erfüllung verlangen. Hat der Gläubiger dem Schuldner erklärt, daß er die Strafe wähle, so ist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen.
Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu, so kann er die verwirkte Strafe als Mindestbetrag des Schadens verlangen. Durch die Wahl der Strafe wird die Geltendmachung eines weiteren Schadens nicht ausgeschlossen.
§.293. Ist die Strafe für den Fall versprochen, daß der Schuldner seine Verbindlichkeit nicht in gehöriger Weise, insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit, erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe neben der Erfüllung verlangen. Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der nicht gehörigen Erfüllung zu, so finden die Vorschriften des §.292 Abs. 2 Anwendung. Hat der Gläubiger die Erfüllung angenommen, so kann er die Strafe nur fordern, wenn er sich das Recht auf dieselbe bei der Annahme vorbehalten hat.
§.294. Ist als Strafe nicht die Zahlung einer Geldsumme, sondern eine andere Leistung versprochen, so finden die Vorschriften der §§. 291 bis 293 mit der Maßgabe Anwendung, daß durch die Wahl der Strafe der Anspruch auf Schadensersatz ausgeschlossen wird.
§.295. Eine verwirkte Strafe kann, wenn sie unverhältnismäßig hoch ist, auf Antrag des Schuldners durch Urtheil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Bei der Beurtheilung der Angemessenheit ist jedes berechtigte Interesse des Gläubigers, nicht blos das Vermögensinteresse, in Betracht zu ziehen. Die Herabsetzung einer entrichteten Strafe ist ausgeschlossen.
Das Gleiche gilt auch außer den Fällen der §§.291, 294, wenn Jemand eine Strafe für den Fall versprochen hat, daß er eine Handlung vornimmt oder unterläßt.
§.296. Erklärt das Gesetz das Versprechen einer Leistung für unwirksam, so ist auch eine für den Fall der Nichterfüllung des Versprechens getroffene Vereinbarung einer Strafe unwirksam, selbst wenn die Parteien die Unwirksamkeit des Versprechens gekannt haben.
§.297. Bestreitet der Schuldner die Verwirkung der Strafe, weil er seine Verbindlichkeit erfüllt habe, so hat er die Erfüllung zu beweisen, es sei denn, daß die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht.
Fünfter Titel. Rücktritt.
§.298. Hat sich bei einem Vertrag ein Theil den Rücktritt vorbehalten, so sind die Parteien, wenn der Rücktritt erfolgt, unter einander so verpflichtet, wie wenn der Vertrag nicht geschlossen wäre. Jeder Theil ist berechtigt, die ihm nach dem Vertrag obliegende Leistung zu verweigern, und verpflichtet, eine empfangene Leistung zurückzugewähren. Für geleistete Dienste sowie für die Ueberlassung des Gebrauchs oder der Benutzung einer Sache ist der Werth zu vergüten.
Die Ansprüche auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen sowie auf Schadensersatz wegen Unterganges oder Verschlechterung und der Anspruch auf Ersatz von Verwendungen bestimmen sich nach den Vorschriften, welche für das Verhältniß zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer vom Eintritte der Rechtshängigkeit des Eigentumsanspruchs an gelten. Eine Geldsumme ist von der Zeit des Empfanges an zu verzinsen.
§.299. Die aus dem Rücktritte sich ergebenden beiderseitigen Verpflichtungen sind Zug um Zug zu erfüllen. Die Vorschriften der §§.271, 273 finden entsprechende Anwendung.
§.300. Der Rücktritt erfolgt durch Erklärung des Berechtigten gegenüber dem anderen Theile. Die Erklärung ist unwiderruflich.
§.301. Der Rücktritt wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Gegenstand, welchen der Berechtigte empfangen hat, durch Zufall untergegangen ist.
§.302. Der Rücktritt ist ausgeschlossen:
1. wenn der Berechtigte den Untergang oder eine wesentliche Verschlechterung des empfangenen Gegenstandes verschuldet hat; der Untergang eines erheblichen Theiles steht einer wesentlichen Verschlechterung gleich;
2. wenn der Berechtigte die empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet hat.
§.303. Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte den empfangenen Gegenstand nicht zurückgeben kann, weil er ihn veräußert hat, oder wenn er den Gegenstand mit dem Rechte eines Dritten belastet hat und das Recht nicht beseitigen kann. Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die durch Urtheil oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt.
§.304. Ist für die Ausübung des Rücktrittsrechts eine Frist nicht vereinbart, so kann dem Berechtigten von dem anderen Theile für die Ausübung eine angemessene Frist bestimmt werden. Wird der Rücktritt nicht innerhalb der Frist erklärt, so erlischt das Rücktrittsrecht.
§.305. Sind bei einem Vertrag auf der einen oder anderen Seite Mehrere betheiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von Allen und gegen Alle ausgeübt werden. Ist das Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten erloschen, so ist es auch für die übrigen erloschen.
§.306. Ist der Rücktritt für den Fall vorbehalten, daß der andere Theil seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so ist die Erklärung des Rücktritts unwirksam, wenn der andere Theil sich von der Verbindlichkeit durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach dem Rücktritte die Aufrechnung erklärt.
§.307. Ist der Rücktritt für den Fall vorbehalten, daß der andere Theil seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, und bestreitet dieser die Zulässigkeit des erklärten Rücktritts, weil er erfüllt habe, so hat er die Erfüllung zu beweisen, es sei denn, daß die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht.
§.308. Ist der Rücktritt gegen Zahlung eines Reugeldes vorbehalten, so ist die Erklärung des Rücktritts unwirksam, wenn das Reugeld nicht vor oder bei der Erklärung entrichtet ist und der andere Theil aus diesem Grunde die Erklärung unverzüglich zurückweist. Die Erklärung ist jedoch wirksam, wenn das Reugeld unverzüglich nach der Zurückweisung entrichtet wird.
§.309. Ist ein Vertrag mit dem Vorbehalte geschlossen, daß der Schuldner, wenn er seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, seiner Rechte aus dem Vertrage verlustig sein soll, so ist der Gläubiger eintretenden Falles zum Rücktritte von dem Vertrage berechtigt.
Sechster Titel. Einseitiges Versprechen.
§.310. Aus einem einseitigen, nicht angenommenen Versprechen entsteht eine Verbindlichkeit nicht.
Dritter Abschnitt. Erlöschen der Schuldverhältnisse.
Erster Titel. Erfüllung.
§.311. Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des §.153 Anwendung.
§.312. Hat der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, so trifft ihn die Beweislast, wenn er die Leistung nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete oder weil sie unvollständig gewesen sei.
§.313. Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungsstatt annimmt.
Hat der Schuldner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers diesem gegenüber eine neue Verbindlichkeit übernommen, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß die Verbindlichkeit an Erfüllungsstatt übernommen ist.
§.314. Wird eine Sache, eine Forderung gegen einen Dritten oder ein anderes Recht an Erfüllungsstatt gegeben, so hat der Schuldner wegen eines Mangels im Rechte oder wegen eines Mangels der Sache in gleicher Weise wie ein Verkäufer Gewähr zu leisten.
§.315. Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämmtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, deren Tilgung er bei der Leistung bestimmt hat.
In Ermangelung einer solchen Bestimmung wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede verhältnismäßig getilgt.
§.316. Hat der Schuldner außer der Hauptforderung Zinsen und Kosten zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptforderung angerechnet. Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so ist der Gläubiger berechtigt, die Annahme der Leistung abzulehnen.
§.317. Der Gläubiger hat gegen Empfang der Leistung auf Verlangen ein schriftliches Empfangsbekenntnis (Quittung) zu ertheilen. Hat der Schuldner ein rechtliches Interesse, daß die Quittung in anderer Form ertheilt werde, so ist der Gläubiger verpflichtet, dieser Form zu genügen.
§.318. Die Kosten der Quittung sind von dem Schuldner zu tragen und vorzuschießen, sofern sich nicht aus dem zwischen ihm und dem Gläubiger bestehenden Verhältnis ein Anderes ergibt. Treten an die Stelle des ursprünglichen Gläubigers in Folge einer Übertragung der Forderung oder im Wege der Erbfolge mehrere Gläubiger, so fallen die Mehrkosten den Gläubigern zur Last.
§.319. Der Überbringer einer Quittung gilt als ermächtigt, die Leistung zu empfangen, sofern nicht die dem Leistenden bekannten Umstände der Annahme einer solchen Ermächtigung entgegenstehen.
§.320. Ist über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt, so kann der Schuldner neben der Quittung Rückgabe des Schuldscheins fordern. Behauptet der Gläubiger, zur Rückgabe außer Stande zu sein, so kann der Schuldner das öffentlich beglaubigte Anerkenntnitz verlangen, daß die Schuld erloschen sei.
Zweiter Titel. Hinterlegung.
§.321. Geld, Kostbarkeiten, Werthpapiere und sonstige Urkunden kann der Schuldner bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle für den Gläubiger hinterlegen, wenn der Gläubiger im Verzuge der Annahme ist. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner aus einem anderen in der Person des Gläubigers liegenden Grunde oder in Folge entschuldbarer Ungewissheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann.
§.322. Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kann er das Recht des Gläubigers zum Empfange der hinterlegten Sache von der Bewirkung der Gegenleistung abhängig machen.
§.323. Die Hinterlegung hat bei der Hinterlegungsstelle des Leistungsorts zu erfolgen; hinterlegt der Schuldner bei einer anderen Stelle, so ist er verpflichtet, dem Gläubiger den dadurch verursachten Schaden zu ersetzen.
Der Schuldner hat den Gläubiger von der Hinterlegung unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatze verpflichtet. Die Benachrichtigung ist nicht erforderlich, wenn sie unthunlich ist.
§.324. Ist die hinterlegte Sache der Hinterlegungsstelle durch die Post übersendet worden, so wirkt die Hinterlegung auf die Zeit der Aufgabe der Sache zur Post zurück.
§.325. Der Schuldner hat das Recht, die hinterlegte Sache zurückzunehmen.
Die Zurücknahme ist ausgeschlossen:
1. wenn der Schuldner der Hinterlegungsstelle erklärt, daß er auf das Recht der Zurücknahme verzichte;
2. wenn der Gläubiger der Hinterlegungsstelle die Annahme erklärt;
3. wenn der Hinterlegungsstelle ein zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner ergangenes rechtskräftiges Urtheil vorgelegt wird, durch welches die Hinterlegung für rechtmäßig erklärt ist.
§.326. Das Recht der Zurücknahme ist der Pfändung nicht unterworfen.
Wird über das Vermögen des Schuldners der Konkurs eröffnet, so kann während des Konkursverfahrens das Recht der Zurücknahme auch nicht von dem Schuldner ausgeübt werden.
§.327. Ist die Zurücknahme der hinterlegten Sache ausgeschlossen, so wird der Schuldner durch die Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit in gleicher Weise befreit, wie wenn er zur Zeit der Hinterlegung an den Gläubiger geleistet hätte. Ist die Zurücknahme nicht ausgeschlossen, so kann der Schuldner den Gläubiger auf die hinterlegte Sache verweisen. Solange die Sache hinterlegt ist, trägt der Gläubiger die Gefahr und ist der Schuldner nicht verpflichtet, Zinsen zu zahlen oder Ersatz für nicht gezogene Nutzungen zu leisten. Nimmt der Schuldner die hinterlegte Sache zurück, so gilt die Hinterlegung als nicht erfolgt.
§.328. Soweit nach den für die Hinterlegungsstelle geltenden Bestimmungen zum Nachweise der Empfangsberechtigung des Gläubigers eine diese Berechtigung anerkennende Erklärung des Schuldners erforderlich oder genügend ist, kann der Gläubiger von dem Schuldner die Abgabe der Erklärung unter denselben Voraussetzungen verlangen, unter welchen er die Leistung zu fordern berechtigt wäre, wenn die Hinterlegung nicht stattgefunden hätte.
§.329. Die Kosten der Hinterlegung fallen dem Gläubiger zur Last, sofern nicht der Schuldner die hinterlegte Sache zurücknimmt.
§.330. Hat der Schuldner eine zur Hinterlegung nicht geeignete bewegliche Sache zu leisten, so kann er, wenn der Gläubiger im Verzuge der Annahme ist oder wenn im Falle des §.321 Satz 2 der Verderb einer solchen Sache zu besorgen oder deren Aufbewahrung mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden ist, die Sache am Leistungsorte versteigern lassen und den Erlös für den Gläubiger hinterlegen. Die Versteigerung hat durch einen für den Versteigerungsort bestellten Gerichtsvollzieher oder zu Versteigerungen befugten sonstigen Beamten oder öffentlich angestellten Versteigerer öffentlich zu erfolgen (öffentliche Versteigerung).
Die Versteigerung ist erst zulässig, nachdem sie dem Gläubiger angedroht worden ist; die Androhung kann unterbleiben, wenn die Sache dem Verderb ausgesetzt und mit dem Aufschube der Versteigerung Gefahr verbunden ist. Von der Versteigerung hat der Schuldner den Gläubiger unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatze verpflichtet. Die Androhung und die Benachrichtigung sind nicht erforderlich, wenn sie unthunlich sind.
Die Kosten der Versteigerung fallen dem Gläubiger zur Last, sofern nicht der Schuldner den hinterlegten Erlös zurücknimmt.
Dritter Titel. Aufrechnung.
§.331. Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, so kann jeder Theil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Theiles aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.
§.332. Die Aufrechnung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Theile. Die Erklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung abgegeben wird.
§.333. Die Aufrechnung bewirkt, daß die beiderseitigen Forderungen in den sich deckenden Beträgen als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.
§.334. Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden. Die Verjährung schließt die Aufrechnung nicht aus, wenn die verjährte Forderung zu der Zeit, in welcher sie gegen die andere Forderung aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war.
§.335. Die Aufrechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß für die beiderseitigen Forderungen verschiedene Leistungs oder Ablieferungsorte bestehen. Der aufrechnende Theil hat jedoch den Schaden zu ersetzen, welchen der andere Theil dadurch erleidet, daß er in Folge der Aufrechnung die Leistung nicht an dem bestimmten Orte erhält oder bewirken kann.
Kann die Leistung nach Vereinbarung zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Orte verlangt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Aufrechnung mit einer Forderung, für die ein anderer Leistungsort besteht, ausgeschlossen sein soll.
§.336. Durch die Beschlagnahme einer Forderung wird die Aufrechnung mit einer dem Schuldner gegen den Gläubiger zustehenden Forderung nicht ausgeschlossen, es sei denn, daß der Schuldner seine Forderung nach der Beschlagnahme erworben hat oder daß seine Forderung erst nach der Beschlagnahme und später als die mit Beschlag belegte Forderung fällig geworden ist.
§.337. Gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ist eine Aufrechnung nicht zulässig.
§.338. Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet eine Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hülfs-oder Sterbefassen, insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschaftsvereine, zu beziehenden Hebungen können jedoch geschuldete Beiträge aufgerechnet werden.
§.339. Gegen Forderungen des Reichs oder eines Bundesstaats sowie gegen Forderungen einer Gemeinde oder eines anderen Kommunalverbandes ist eine Aufrechnung nur zulässig, wenn die Leistung an dieselbe Kasse zu erfolgen hat, aus welcher die Forderung des Aufrechnenden zu berichtigen ist.
§.340. Hat der eine oder der andere Theil mehrere zur Aufrechnung geeignete Forderungen, so kann der aufrechnende Theil die Forderungen bestimmen, welche gegen einander aufgerechnet werden sollen. Ist die Aufrechnung ohne eine solche Bestimmung erklärt, so findet die Vorschrift des §.315 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
Schuldet der aufrechnende Theil dem anderen Theile außer der Hauptforderung Zinsen und Kosten, so finden die Vorschriften des §.316 entsprechende Anwendung.
Vierter Titel. Erlaß.
§.341. Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die Schuld von dem Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag erlassen wird.
Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, daß das Schuldverhältnis nicht besteht.
Vierter Abschnitt. Übertragung der Forderung.
§.342. Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem Anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschlusse des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.
§.343. Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann oder wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen ist.
§.344. Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen ist.
§.345. Mit der abgetretenen Forderung gehen Hypotheken oder Pfandrechte, welche für sie bestehen, sowie die Rechte aus einer für sie bestellten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger über.
Ein mit der Forderung für den Fall der Zwangsvollstreckung oder des Konkurses verbundenes Vorzugsrecht kann auch von dem neuen Gläubiger geltend gemacht werden.
§.346. Der bisherige Gläubiger ist verpflichtet, dem neuen Gläubiger die zum Beweise der Forderung dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinen Händen befinden, auszuliefern und ihm die zur Geltendmachung der Forderung nöthige Auskunft zu ertheilen. Er hat dem neuen Gläubiger auf Verlangen auch eine öffentlich beglaubigte Urkunde über die Abtretung auszustellen; die Kosten sind von dem neuen Gläubiger zu tragen und vorzuschießen.
§.347. Der Schuldner kann dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, welche zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren.
§.348. Ist eine Urkunde über die Schuld von dem Schuldner ausgestellt und die Forderung unter Vorlegung der Urkunde abgetreten, so kann sich der Schuldner dem neuen Gläubiger gegenüber nicht darauf berufen, daß das Schuldverhältnis nur zum Schein eingegangen oder anerkannt sei, es sei denn, daß der neue Gläubiger bei der Abtretung wußte oder wissen mußte, daß ein Scheingeschäft vorlag.
§.349. Der Schuldner kann eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen, es sei denn, daß er die Forderung erworben hat, nachdem er von der Abtretung Kenntniß erlangt hat, oder daß die Forderung erst nach der Erlangung der Kenntniß und später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist.
§.350. Der neue Gläubiger muß eine nach der Abtretung von dem Schuldner an den bisherigen Gläubiger bewirkte Leistung sowie jedes nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommene Rechtsgeschäft gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß der Schuldner die Abtretung bei der Leistung oder der Vornahme des Rechtsgeschäfts gekannt hat.
Ist in einem nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger anhängig gewordenen Rechtsstreit ein rechtskräftiges Urtheil über die Forderung ergangen, so muß der neue Gläubiger das Urtheil gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß der Schuldner die Abtretung bei dem Eintritte der Rechtshängigkeit gekannt hat.
§.351. Ist eine bereits abgetretene Forderung von dem bisherigen Gläubiger nochmals an einen Dritten abgetreten worden, so finden, wenn der Schuldner an den Dritten geleistet hat oder wenn zwischen dem Schuldner und dem Dritten ein Rechtsgeschäft vorgenommen oder ein Rechtsstreit anhängig geworden ist, zu Gunsten des Schuldners die Vorschriften des §.350 dem früheren Erwerber gegenüber entsprechende Anwendung.
Das Gleiche gilt, wenn die bereits abgetretene Forderung durch gerichtlichen Beschluß einem Dritten überwiesen worden ist oder wenn der bisherige Gläubiger dem Dritten gegenüber anerkannt hat, daß die bereits abgetretene Forderung kraft Gesetzes auf den Dritten übergegangen sei.
§.352. Hat der Gläubiger dem Schuldner angezeigt, daß die Forderung abgetreten sei, so muß er dem Schuldner gegenüber die angezeigte Abtretung gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist. Der Anzeige steht es gleich, wenn der Gläubiger eine Urkunde über die Abtretung dem in der Urkunde bezeichneten neuen Gläubiger ausgestellt und dieser sie dem Schuldner vorgelegt hat.
Die Zurücknahme der Anzeige ist nur wirksam, wenn sie mit Zustimmung desjenigen erfolgt, welcher als neuer Gläubiger bezeichnet war.
§.353. Der Schuldner ist dem neuen Gläubiger gegenüber zur Leistung nur gegen Aushändigung einer von dem bisherigen Gläubiger über die Abtretung ausgestellten Urkunde verpflichtet. Eine Kündigung oder eine Mahnung des neuen Gläubigers ist unwirksam, wenn sie ohne Vorlegung einer solchen Urkunde erfolgt und aus diesem Grunde von dem Schuldner unverzüglich zurückgewiesen wird.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der bisherige Gläubiger dem Schuldner die Abtretung schriftlich angezeigt hat.
§.354. Haben Militärpersonen, Beamte, Geistliche oder Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten den übertragbaren Theil ihres Diensteinkommens, Wartegeldes oder Ruhegehaltes abgetreten, so ist die auszahlende Kasse durch Aushändigung einer von dem bisherigen Gläubiger ausgestellten öffentlich beglaubigten Urkunde von der Abtretung zu benachrichtigen. Solange die Benachrichtigung nicht erfolgt ist, gilt die Abtretung als der Kasse nicht bekannt.
§.355. Auf die Übertragung einer Forderung kraft Gesetzes finden die Vorschriften der §§.343 bis 347, 349 bis 353 entsprechende Anwendung.
§.356. Die Vorschriften über die Übertragung von Forderungen finden in Ermangelung besonderer Vorschriften auf die Übertragung anderer Rechte entsprechende Anwendung.
Fünfter Abschnitt. Schuldübernahme.
§.357. Eine Schuld kann von einem Dritten durch Vertrag mit dem Gläubiger in der Weise übernommen werden, daß der Dritte an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt.
§.358. Wird die Schuldübernahme von dem Dritten mit dem Schuldner vereinbart, so hängt ihre Wirksamkeit von der Genehmigung des Gläubigers ab. Die Genehmigung kann wirksam erst erfolgen, nachdem der Schuldner oder der Dritte dem Gläubiger die Schuldübernahme mitgetheilt hat. Bis zur Ertheilung der Genehmigung können die Parteien den Vertrag ändern oder aufheben.
Wird die Genehmigung verweigert, so gilt die Schuldübernahme als nicht erfolgt. Der Verweigerung steht es gleich, wenn der Gläubiger nicht innerhalb einer von dem Mittheilenden bestimmten Frist diesem gegenüber die Genehmigung erklärt.
Solange der Gläubiger die Genehmigung noch nicht ertheilt hat, ist im Zweifel der Übernehmer dem Schuldner gegenüber verpflichtet, den Gläubiger rechtzeitig zu befriedigen. Das Gleiche gilt, wenn die Genehmigung verweigert wird.
§.359. Hat der Erwerber eines Grundstücks mit dem Veräußerer die Übernahme einer Schuld desselben vereinbart, für die eine Hypothek an dem Grundstücke besteht, so kann der Gläubiger die Schuldübernahme wirksam nur genehmigen, wenn sie ihm von dem Veräußerer mitgetheilt ist. Die Genehmigung gilt als ertheilt, wenn der Gläubiger nicht binnen sechs Monaten nach dem Empfange der Mittheilung die Genehmigung dem Veräußerer gegenüber verweigert; die Vorschrift des §.358 Abs. 2 Satz 2 findet keine Anwendung.
Die Mittheilung des Veräußerers kann wirksam erst erfolgen, nachdem der Erwerber als Eigenthümer in das Grundbuch eingetragen ist. Sie muß schriftlich gemacht werden und den Hinweis enthalten, daß, wenn die Verweigerung nicht innerhalb der sechs Monate erklärt wird, der Übernehmer an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt.
Der Veräußerer hat auf Verlangen des Erwerbers dem Gläubiger die Schuldübernahme mitzutheilen. Sobald die Ertheilung oder Verweigerung der Genehmigung des Gläubigers feststeht, hat der Veräußerer den Erwerber zu benachrichtigen.
§.360. Der Übernehmer kann dem Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, welche sich aus dem Verhältnisse zwischen dem Gläubiger und dem bisherigen Schuldner ergeben. Eine dem bisherigen Schuldner zustehende Forderung kann er nicht aufrechnen.
Der Übernehmer kann nicht aus dem Verhältnisse zwischen ihm und dem bisherigen Schuldner, welches der Schuldübernahme zu Grunde liegt, Einwendungen herleiten.
§.361. Durch die Schuldübernahme erlöschen die für die Forderung bestellten Bürgschaften und Pfandrechte. Besteht für die Forderung eine Hypothek, so tritt das Gleiche ein, wie wenn der Gläubiger auf sie verzichtet. Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der Bürge oder derjenige, welchem der verhaftete Gegenstand zur Zeit der Schuldübernahme gehört, in diese einwilligt.
Ein für den Fall des Konkurses mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht kann im Konkurse über das Vermögen des Übernehmers nicht geltend gemacht werden.
§.362. Hat Jemand durch Vertrag das Vermögen eines Anderen übernommen, so können dessen Gläubiger, unbeschadet der Fortdauer der Haftung des bisherigen Schuldners, von dem Abschlusse des Vertrags an ihre zu dieser Zeit bestehenden Ansprüche auch gegen den Übernehmer geltend machen. Die Haftung des Übernehmers beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens und, wenn dieses vor der Ausantwortung an ihn ohne sein Verschulden vermindert wird, auf den Bestand des übrig bleibenden Vermögens.
Die Haftung des Übernehmers kann nicht durch Vereinbarung zwischen ihm und dem bisherigen Schuldner ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Sechster Abschnitt. Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern.
§.363. Wird eine theilbare Leistung von Mehreren geschuldet oder haben Mehrere eine theilbare Leistung zu fordern, so ist im Zweifel jeder Schuldner nur zu einem gleichen Antheile verpflichtet, jeder Gläubiger nur zu einem gleichen Antheile berechtigt.
§.364. Ist von mehreren Schuldnern jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, während die Leistung nur einmal zu bewirken ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Theile fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämmtliche Schuldner verpflichtet.
§.365. Die Erfüllung seitens eines Gesamtschuldners wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt von der Leistung an Erfüllungsstatt, der Hinterlegung und der Aufrechnung.
Eine Forderung, die einem Gesamtschuldner zusteht, kann nicht von den übrigen Schuldnern aufgerechnet werden.
§.366. Ein zwischen dem Gläubiger und einem Gesamtschuldner vereinbarter Erlaß wirkt auch für die übrigen Schuldner, wenn die Aufhebung des ganzen Schuldverhältnisses gewollt ist.
§.367. Der Verzug des Gläubigers gegenüber einem Gesamtschuldner wirkt auch gegenüber den übrigen Schuldnern.
§.368. Andere als die in den §§.365 bis 367 bezeichneten Thatsachen wirken, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein Anderes ergiebt, nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eingetreten sind.
Dies gilt insbesondere von der Kündigung, dem Verzuge, dem Verschulden sowie der Unmöglichkeit der Leistung in der Person eines Gesamtschuldners, von der Verjährung, deren Unterbrechung und Hemmung, von der Vereinigung der Forderung mit der Schuld in der Person eines Gesamtschuldners und von dem rechtskräftigen- Urtheile.
§.369. Die Gesamtschuldner sind im Verhältnisse zu einander zu gleichen Antheilen verpflichtet, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der ihm obliegende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt hat und Ausgleichung von den übrigen Schuldnern verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Zum Nachtheile des Gläubigers kann der Übergang nicht geltend gemacht werden.
§.370. Haben sich Mehrere durch Vertrag gemeinschaftlich zu einer theilbaren Leistung verpflichtet, so haften sie im Zweifel als Gesamtschuldner.
§.371. Ist von mehreren Gläubigern jeder die ganze Leistung zu fordern berechtigt, während die Leistung nur einmal zu bewirken ist (Gesammtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten. Dies gilt auch dann, wenn einer der Gläubiger bereits Klage auf Bewirkung der Leistung erhoben hat.
Der Verzug eines Gesammtgläubigers wirkt auch gegen die übrigen Gläubiger.
Vereinigen sich Forderung und Schuld in der Person eines Gesammtgläubigers, so erlöschen die Rechte der übrigen Gläubiger gegen den Schuldner.
Im Uebrigen finden die Vorschriften der §.365,366,368 entsprechende Anwendung. Insbesondere werden dadurch, daß ein Gesammtgläubiger seine Forderung auf einen Anderen überträgt, die Rechte der übrigen Gläubiger nicht berührt.
§.372. Die Gesammtgläubiger sind im Verhältnisse zu einander zu gleichen Antheilen berechtigt, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist.
§.373. Wird eine untheilbare Leistung von Mehreren geschuldet, so haften sie als Gesamtschuldner.
§.374. Haben Mehrere eine untheilbare Leistung zu fordern, so kann, sofern sie nicht Gesammtgläubiger sind, der Schuldner nur an Alle gemeinschaftlich leisten und jeder Gläubiger nur die Leistung an Alle fordern. Jeder Gläubiger kann verlangen, daß der Schuldner die geschuldete Sache für alle Gläubiger hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert. Im Uebrigen wirkt eine Thatsache, die nur in der Person eines der Gläubiger eingetreten ist, nicht für und gegen die übrigen Gläubiger.
Siebenter Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse.
Erster Titel. Kauf.
I. Allgemeine Vorschriften.
§.375. Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigenthum an derselben zu verschaffen. Der Verkäufer eines Rechtes hat dem Käufer das Recht zu verschaffen und, wenn das Recht zum Besitz einer Sache berechtigt, die Sache zu übergeben.
Der Käufer wird durch den Kaufvertrag verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
§.376. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer den Kaufgegenstand frei von Rechten zu verschaffen, die von Dritten gegen den Käufer geltend gemacht werden können.
§.377. Der Verkäufer eines Grundstücks oder eines Rechtes an einem Grundstück ist verpflichtet, in das Grundbuch eingetragene Rechte, die nicht zur Entstehung gelangt sind oder nicht mehr bestehen, auf seine Kosten zur Löschung zu bringen, wenn sie im Falle ihres Bestehens das dem Käufer zu verschaffende Recht beeinträchtigen würden.
Das Gleiche gilt bei dem Verkauf eines Schiffes oder eines Rechtes an einem Schiffe für die in das Schiffsregister eingetragenen Rechte.
§.378. Der Verkäufer eines Grundstücks haftet nicht für die Freiheit des Grundstücks von öffentlichen Abgaben und anderen öffentlichen, zur Eintragung in das Grundbuch nicht geeigneten Lasten.
§.379. Der Verkäufer einer Forderung oder eines sonstigen Rechtes haftet dem Käufer für den rechtlichen Bestand der Forderung oder des Rechtes.
Der Verkäufer eines Werthpapiers haftet auch dafür, daß es nicht zum Zwecke der Kraftloserklärung aufgeboten ist.
§.380. Hat der Verkäufer einer Forderung die Haftung für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners übernommen, so bezieht sich die Haftung im Zweifel nur auf die Zahlungsfähigkeit zur Zeit der Abtretung.
§.381. Der Verkäufer hat einen Mangel im Rechte nicht zu vertreten, wenn der Käufer den Mangel bei dem Abschlusse des Kaufes gekannt hat.
Eine Hypothek, eine Grundschuld, eine Rentenschuld oder ein Pfandrecht hat der Verkäufer zu beseitigen, auch wenn der Käufer die Belastung gekannt hat. Das Gleiche gilt von einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Bestellung eines dieser Rechte.
§.382. Erfüllt der Verkäufer die ihm nach den §§.375 bis 379, 381 obliegenden Verpflichtungen nicht, so bestimmen sich die Rechte des Käufers nach den allgemeinen Vorschriften der §§.271 bis 279.
Ist jedoch eine bewegliche Sache verkauft und dem Käufer zum Zwecke der Eigenthumsübertragung übergeben, so kann der Käufer wegen des Rechtes eines Dritten, das zum Besitze der Sache berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur verlangen, wenn er die Sache dem Dritten mit Rücksicht auf dessen Recht herausgegeben hat oder sie dem Verkäufer zurückgewährt. Der Herausgabe der Sache an den Dritten steht es gleich, wenn der Dritte den Käufer oder dieser den Dritten beerbt oder wenn der Käufer das Recht des Dritten anderweit erwirbt oder den Dritten abfindet.
Die Vorschriften des Abs. 2 gelten auch dann, wenn ein Recht an einer beweglichen Sache verkauft ist, das zum Besitze der Sache berechtigt.
§.383. Bestreitet der Verkäufer den vom Käufer geltend gemachten Mangel im Rechte, so hat der Käufer den Mangel zu beweisen.
§.384. Eine Vereinbarung, durch welche die nach den §§.375 bis 379, 381 bis 383 wegen eines Mangels im Rechte dem Verkäufer obliegende Verpflichtung zur Gewährleistung erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat.
§.385. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer über die den Kaufgegenstand betreffenden rechtlichen Verhältnisse, insbesondere im Falle des Verkaufs eines Grundstücks über die Grenzen, Gerechtsame und Lasten, die nöthige Auskunft zu ertheilen und ihm die zum Beweise des Rechtes dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinen Händen befinden, auszuliefern. Erstreckt sich der Inhalt einer solchen Urkunde auch auf andere Angelegenheiten, so ist der Verkäufer nur zur Ertheilung eines öffentlich beglaubigten Auszugs verpflichtet.
§.386. Die Vorschriften der §§.375 bis 385 finden auf andere Verträge, die auf Veräußerung oder Belastung eines Gegenstandes gegen Entgelt gerichtet sind, entsprechende Anwendung.
§.387. Mit der Übergabe der verkauften Sache geht die Gefahr des zufälligen Unterganges und einer zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über. Von der Übergabe an gebühren dem Käufer die Nutzungen und trägt er die Lasten der Sache.
Wird der Käufer eines Grundstücks vor der Übergabe als Eigenthümer in das Grundbuch eingetragen, so treten diese Wirkungen mit der Eintragung ein.
§.388. Versendet der Verkäufer auf Verlangen des Käufers die verkaufte Sache nach einem anderen Orte als dem Erfüllungsorte, so geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung des Transports bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat.
Hat der Käufer eine besondere Anweisung über die Art der Versendung ertheilt und ist der Verkäufer ohne dringende Veranlassung von der Anweisung abgewichen, so ist der Verkäufer dem Käufer für den daraus entstandenen Schaden verantwortlich.
§.389. Ist vor der Übergabe der verkauften Sache die Gefahr auf den Käufer übergegangen und hat der Verkäufer vor der Übergabe Verwendungen auf die Sache gemacht, die nach dem Übergange der Gefahr nothwendig geworden sind, so ist der Käufer zum Ersatze verpflichtet. Die Verpflichtung des Käufers zum Ersatze sonstiger Verwendungen bestimmt sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag.
§.390. Die Kosten der Übergabe der verkauften Sache, insbesondere die Kosten des Messens und Wägens, fallen dem Verkäufer, die Kosten der Abnahme und des Transports der Sache nach einem anderen Orte als dem Erfüllungsorte fallen dem Käufer zur Last. Ist ein Recht verkauft, so sind die Kosten der Begründung oder, Übertragung des Rechtes von dem Verkäufer zu tragen.
Der Käufer eines Grundstücks hat die Kosten der Auflassung und der Eintragung, der Käufer eines Rechtes an einem Grundstücke hat die Kosten der zur Begründung oder Übertragung des Rechtes nöthigen Eintragung in das Grundbuch, mit Einschluß der Kosten der zur Eintragung erforderlichen Erklärungen, zu tragen. Dem Käufer fallen in beiden Fällen auch die Kosten der Beurkundung des Kaufes zur Last.
§.391. Ist ein Recht an einer Sache verkauft, das zum Besitze der Sache berechtigt, so finden die Vorschriften der §§.387 bis 390 entsprechende Anwendung.
§.392. Ist als Kaufpreis der Marktpreis bestimmt, so gilt im Zweifel der für den Erfüllungsort zur Erfüllungszeit maßgebende Marktpreis als vereinbart.
§.393. Hat der Verkäufer den Vertrag erfüllt und den Kaufpreis gestundet, so steht ihm das im §.276 Abs. 2 und im §.277 bestimmte Rücktrittsrecht nicht zu.
§.394. Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigenthum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Übertragung des Eigenthums unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises erfolgt und daß der Verkäufer zum Rücktritte von dem Vertrage berechtigt ist, wenn der Käufer mit der Zahlung in Verzug kommt.
§.395. Bei einem Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung dürfen der mit der Vornahme oder Leitung des Verkaufs Beauftragte und die von ihm zugezogenen Gehülsen, mit Einschluß des Protokollführers, den zum Verkaufe gestellten Gegenstand weder persönlich noch durch einen Anderen noch als Vertreter eines Anderen kaufen.
Das Gleiche gilt bei einem Verkauf außerhalb der Zwangsvollstreckung, wenn der Auftrag zu dem Verkauf auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift ertheilt worden ist, welche den Auftraggeber ermächtigt, den Gegenstand für Rechnung eines Anderen verkaufen zu lassen, insbesondere in den Fällen des Pfandverkaufs und des im §. 330 vorgesehenen Verkaufs.
§.396. Die Wirksamkeit eines den Vorschriften des §.395 zuwider erfolgten Kaufes und der Übertragung des Kaufgegenstandes hängt von der Zustimmung der bei dem Verkauf als Schuldner, Eigenthümer oder Gläubiger Betheiligten ab.
Die Genehmigung eines Betheiligten gilt als verweigert, wenn sie von ihm nicht binnen zwei Wochen nach dem Empfang einer Aufforderung des Käufers erklärt wird.
Wird in Folge der Verweigerung der Genehmigung ein neuer Verkauf vorgenommen, so hat der frühere Käufer für die Kosten desselben sowie für einen Mindererlös aufzukommen.
II. Gewährleistung wegen Mängel der Sache.
§.397. Der Verkäufer einer Sache haftet dem Käufer dafür, daß sie zu der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den Käufer übergeht, nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Werth oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Eine unerhebliche Minderung des Werthes oder der Tauglichkeit kommt nicht in Betracht.
Der Verkäufer haftet auch dafür, daß die Sache zur Zeit des Überganges der Gefahr die zugesicherten Eigenschaften hat.
§.398. Der Verkäufer hat einen Mangel der verkauften Sache nicht zu vertreten, wenn der Käufer den Mangel bei dem Abschlusse des Kaufes gekannt hat. Ist dem Käufer ein Mangel der im §.397 Abs. 1 bezeichneten Art in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so haftet der Verkäufer, sofern er nicht die Abwesenheit des Fehlers zugesichert hat, nur, wenn er den Fehler arglistig verschwiegen hat.
§.398a. Der Verkäufer hat einen Mangel der verkauften Sache nicht zu vertreten, wenn die Sache auf Grund eines Pfandrechts in öffentlicher Versteigerung unter der Bezeichnung als Pfand verkauft worden ist.
§.399. Wegen eines Mangels, welchen der Verkäufer nach den Vorschriften der §§.397, 398 zu vertreten hat, kann der Käufer Rückgängigmachung des Kaufes (Wandelung) oder Herabsetzung des Kaufpreises (Minderung) verlangen.
§.400. Hat der verkauften Sache zur Zeit des Kaufes eine zugesicherte Eigenschaft gefehlt, so kann der Käufer statt der Wandelung oder der Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Das Gleiche gilt, wenn der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen hat.
§.401. Hat der Käufer eine mangelhafte Sache angenommen, obschon er den Mangel kannte, so stehen ihm die in den §§.399, 400 bestimmten Ansprüche nur zu, wenn er sich feine Rechte wegen des Mangels bei der Annahme vorbehalten hat.
§.402. Die Wandelung oder Minderung ist vollzogen, wenn der Verkäufer sich mit der von dem Käufer verlangten Wandelung oder Minderung einverstanden erklärt hat oder rechtskräftig dazu verurtheilt ist.
Behauptet der Käufer dem Verkäufer gegenüber einen Mangel, so kann der Verkäufer den Käufer unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber auffordern, ob er Wandelung oder Minderung verlange. Erfolgt die Erklärung nicht innerhalb der Frist, so erlöschen die Ansprüche auf Wandelung und Minderung.
Bis zur Vollziehung der Wandelung oder der Minderung kann der Käufer die getroffene Wahl ändern oder bei dem Vertrage stehen bleiben.
§.403. Mit der Vollziehung der Wandelung erlöschen die beiderseitigen Verbindlichkeiten aus dem Vertrage. Beide Theile sind verpflichtet, einander die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften des §.298 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und der §§.299 bis 303, 305 finden entsprechende Anwendung; im Falle des . 302 Nr. 2 ist jedoch die Wandelung nicht ausgeschlossen, wenn der Mangel sich erst bei der Umgestaltung der Sache gezeigt hat. Der Verkäufer hat dem Käufer auch die Vertragskosten zu ersetzen.
§.404. Hat der Verkäufer eines Grundstücks dem Käufer eine bestimmte Größe des Grundstücks zugesichert, so haftet er für die Größe wie für eine zugesicherte Eigenschaft. Der Käufer kann jedoch wegen Mangels der zugesicherten Größe Wandelung nur verlangen, wenn der Mangel so erheblich ist, daß die Erfüllung des Vertrags für den Käufer kein Interesse hat.
§.405. Sind von mehreren verkauften Sachen nur einzelne mangelhaft, so kann nur in Ansehung dieser Wandelung verlangt werden, auch wenn ein Gesammtpreis für alle Sachen festgesetzt ist. Sind jedoch die Sachen als zusammengehörig verkauft, so kann jeder Theil verlangen, daß die Wandelung auf alle Sachen erstreckt wird, wenn die mangelhaften Sachen nicht ohne Nachtheil für ihn von den übrigen getrennt werden können.
§.406. Die Wandelung wegen eines Mangels der Hauptsache erstreckt sich auch auf die Nebensache. Ist die Nebensache mangelhaft, so kann nur in Ansehung dieser Wandelung verlangt werden.
§.407. Findet im Falle des Verkaufs mehrerer Sachen für einen Gesammtpreis die Wandelung nur in Ansehung einzelner Sachen statt, so ist der Gesammtpreis in dem Verhältnisse herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Verkaufs der Gesammtwerth der Sachen in mangelfreiem Zustande zu dem Werthe der von der Wandelung nicht betroffenen Sachen gestanden haben würde.
§.408. Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnisse herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Verkaufs der Werth der Sache in mangelfreiem Zustande zu dem wirklichen Werthe gestanden haben würde.
Findet im Falle des Verkaufs mehrerer Sachen für einen Gesammtpreis die Minderung nur wegen einzelner Sachen statt, so ist bei der Herabsetzung des Preises der Gesammtwerth aller Sachen zu Grunde zu legen.
§.409. Sind neben dem in Geld festgesetzten Kaufpreis andere, nicht auf vertretbare Sachen gerichtete Leistungen bedungen, so sind diese Leistungen in den Fällen der §. 407, 408 nach dem Werthe zur Zeit des Verkaufs in Geld anzuschlagen. Die Herabsetzung der Gegenleistung des Käufers erfolgt an dem in Geld festgesetzten Preise; ist dieser geringer als der abzusetzende Betrag, so hat der Verkäufer den überschießenden Betrag dem Käufer zu vergüten.
§.410. Sind auf der einen oder der anderen Seite Mehrere betheiligt, so kann von jedem Einzelnen und gegen jeden Einzelnen Minderung verlangt werden. Nach Vollziehung der von einem Einzelnen verlangten Minderung ist die Wandelung ausgeschlossen.
§.411. Durch die wegen eines Mangels erfolgte Minderung wird das Recht des Käufers, wegen eines anderen Mangels Wandelung oder von neuem Minderung zu verlangen, nicht ausgeschlossen.
§.412. Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung wegen Mängel der Sache erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat.
§.413. Der Anspruch auf Wandelung oder auf Minderung sowie der Anspruch auf Schadensersatz wegen Mangels einer zugesicherten Eigenschaft verjährt, sofern nicht der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, bei beweglichen Sachen in sechs Monaten von der Ablieferung, bei Grundstücken in einem Jahre von der Übergabe an. Die Verjährungsfrist kann durch Vertrag verlängert werden.
Beantragt der Käufer gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises, so wird die Verjährung unterbrochen. Die Unterbrechung dauert bis zur Beendigung des Verfahrens. Die Vorschriften des §.177 Abs. 2 und des §.178 finden entsprechende Anwendung.
Die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung eines der im Abs. 1 bezeichneten Ansprüche bewirkt auch die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung der anderen Ansprüche.
§.414. Hat der Käufer vor der Verjährung des Anspruchs auf Wandelung oder auf Minderung eine Anzeige des Mangels an den Verkäufer abgesendet oder gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises beantragt oder in einem zwischen ihm und einem späteren Erwerber der Sache wegen des Mangels anhängigen Rechtsstreite dem Verkäufer den Streit verkündet, so kann er auch nach der Verjährung die Zahlung des Kaufpreises insoweit verweigern, als er auf Grund der Wandelung oder der Minderung dazu berechtigt sein würde. Der Anspruch auf Schadensersatz kann nach der Verjährung nur aufgerechnet werden, wenn der Käufer vor der Verjährung eine der bezeichneten Handlungen vorgenommen hat.
Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so bedarf es der Anzeige oder einer ihr nach Abs. 1 gleichstehenden Handlung nicht.
§ 415. Der Käufer einer nur der Gattung nach bestimmten Sache kann statt der Wandelung oder der Minderung verlangen, daß ihm an Stelle der mangelhaften Sache eine mangelfreie geliefert wird. Auf diesen Anspruch finden die für die Wandelung geltenden Vorschriften der §§.401 bis 403, 405, 406, 410 bis 414 entsprechende Anwendung.
Hat der Sache zu der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den Käufer übergegangen ist, eine zugesicherte Eigenschaft gefehlt oder hat der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen, so kann der Käufer statt der Wandelung, der Minderung oder der Lieferung einer mangelfreien Sache Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.
§.416. Bei dem Verkaufe von Pferden, Eseln, Mauleseln und Maulthieren, von Rindvieh, Schafen und Schweinen finden die Vorschriften der §§.397 bis 403, 405 bis 415 nur insoweit Anwendung, als sich nicht aus den §§.417 bis 428 ein Anderes ergiebt.
§.417. Der Verkäufer hat nur bestimmte Fehler (Hauptmängel) und diese nur dann zu vertreten, wenn sie sich innerhalb bestimmter Fristen (Gewährfristen) zeigen.
Die Hauptmängel und die Gewährfristen werden durch eine mit Zustimmung des Bundesraths zu erlassende Kaiserliche Verordnung bestimmt. Die Bestimmung kann auf demselben Wege ergänzt und abgeändert werden.
§.418. Die Gewährfrist beginnt mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Gefahr auf den Käufer übergeht.
§.419. Zeigt sich ein Hauptmangel innerhalb der Gewährfrist, so wird vermuthet, daß der Mangel schon zu der Zeit vorhanden gewesen sei, zu welcher die Gefahr auf den Käufer übergegangen ist.
§.420. Der Käufer verliert die ihm wegen des Mangels zustehenden Rechte, wenn er nicht spätestens binnen zwei Tagen nach dem Ablaufe der Gewährfrist oder, wenn das Thier vor dem Ablaufe der Frist verendet ist, nach dem Tode des Thieres die Anzeige des Mangels an den Verkäufer abgesendet oder wegen des Mangels Klage gegen den Verkäufer erhoben oder diesem den Streit verkündet oder gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises beantragt hat. Der Rechtsverlust tritt nicht ein, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat.
§.421. Die Gewährfrist kann durch Vertrag verlängert oder abgekürzt werden. Die vereinbarte Frist tritt an die Stelle der gesetzlichen.
§.422. Der Käufer kann nur Wandelung, nicht Minderung verlangen.
Die Wandelung kann auch in den Fällen der §§.302, 303, insbesondere wenn das Thier geschlachtet ist, verlangt werden. Der Käufer hat in einem solchen Falle dem Verkäufer den Werth des Thieres zu vergüten.
Ist eine unwesentliche Verschlechterung des Thieres in Folge eines von dem Käufer zu vertretenden Umstandes vor der Vollziehung der Wandelung eingetreten, so hat der Käufer die Werthminderung zu vergüten.
Nutzungen hat der Käufer nur insoweit zu ersetzen, als er sie gezogen hat.
§.423. Der Verkäufer hat im Falle der Wandelung dem Käufer auch die Kosten der Fütterung und Pflege des Thieres, die Kosten einer thierärztlichen Untersuchung und Behandlung sowie die Kosten einer nothwendig gewordenen Tödtung und Wegschaffung des Thieres zu ersetzen.
§.424. Ist über den Anspruch auf Wandelung ein Rechtsstreit anhängig, so ist auf Antrag der einen oder der anderen Partei die öffentliche Versteigerung des Thieres und die Hinterlegung des Erlöses durch einstweilige Verfügung anzuordnen, sobald die Besichtigung des Thieres nicht mehr erforderlich ist.
§.425. Der Anspruch auf Wandelung sowie der Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Hauptmangels, dessen Nichtvorhandensein der Käufer zugesichert hat, verjährt in sechs Wochen von dem Ende der Gewährfrist an. Im Uebrigen bleiben die Vorschriften des §.413 unberührt.
An die Stelle der in den §§.176, 178, 181 bestimmten Fristen tritt eine Frist von sechs Wochen.
Der Käufer kann auch nach der Verjährung des Anspruchs auf Wandelung die Zahlung des Kaufpreises verweigern; der Anspruch auf Schadensersatz kann auch nach der Verjährung aufgerechnet werden.
§.426. Der Käufer eines nur der Gattung nach bestimmten Thieres kann statt der Wandelung verlangen, daß ihm an Stelle des mangelhaften Thieres ein mangelfreies geliefert wird. Auf diesen Anspruch finden die Vorschriften der §§.423 bis 425 entsprechende Anwendung.
§.427. Hat der Verkäufer die Gewährleistung wegen eines nicht zu den Hauptmängeln gehörenden Fehlers übernommen oder hat er eine Eigenschaft des Thieres zugesichert, so finden die Vorschriften der §§.422 bis 426 und, wenn eine Gewährfrist vereinbart ist, auch die Vorschriften der §§.418 bis 420 entsprechende Anwendung. Die im §.425 bestimmte Verjährung beginnt, wenn eine Gewährfrist nicht vereinbart ist, mit der Ablieferung des Thieres.
§.428. Ein allgemeines Versprechen, durch welches der Verkäufer die Gewährleistung wegen aller Fehler übernommen hat, ist im Zweifel nur auf die Hauptmängel zu beziehen.
§.429. Die Vorschriften über die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung wegen Mängel der Sache finden auf andere Verträge, die auf Veräußerung oder Belastung einer Sache gegen Entgelt gerichtet sind, entsprechende Anwendung.
III. Besondere Arten des Kaufes.
1. Kauf nach Probe. Kauf auf Probe.
§.430. Bei einem Kaufe nach Probe oder nach Muster sind die Eigenschaften der Probe oder des Musters als zugesichert anzusehen.
§.431. Bei einem Kaufe auf Probe oder auf Besicht steht die Billigung des Kaufgegenstandes im Belieben des Käufers. Der Kauf ist im Zweifel unter der aufschiebenden Bedingung der Billigung geschlossen.
Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer die Untersuchung des Gegenstandes zu gestatten.
§.432. Die Billigung eines auf Probe oder auf Besicht gekauften Gegenstandes gilt als verweigert, wenn der Käufer nicht innerhalb der vereinbarten Frist und in Ermangelung einer solchen nicht unverzüglich auf die nach dem Ablauf einer angemessenen Frist an ihn gerichtete Aufforderung dem Verkäufer gegenüber die Billigung erklärt; war die Sache dem Käufer zum Zwecke der Probe oder der Besichtigung übergeben, so gilt sein Schweigen als Billigung.
2. Wiederkauf.
§.433. Ist bei einem Verkaufe das Recht des Wiederkaufs vorbehalten, so kommt der Wiederkauf mit der dem Käufer gegenüber abgegebenen Erklärung des Verkäufers, daß er das Wiederkaufsrecht ausübe, zu Stande. Die Erklärung bedarf, wenn für den Kaufvertrag eine Form vorgeschrieben ist, der Form nicht.
Der Preis, zu welchem verkauft worden ist, gilt im Zweifel auch für den Wiederkauf.
§.434. Der Wiederverkäufer ist verpflichtet, dem Wiederkäufer den Kaufgegenstand nebst Zubehör herauszugeben.
Hat der Wiederverkäufer vor der Ausübung des Wiederkaufsrechts den Untergang oder eine Verschlechterung des Kaufgegenstandes verschuldet oder den Gegenstand wesentlich verändert, so ist er für den daraus entstandenen Schaden verantwortlich. Ist der Gegenstand ohne Verschulden des Wiederverkäufers verschlechtert oder ist er nur unwesentlich verändert, so kann der Wiederverkäufer eine Minderung des Kaufpreises nicht verlangen.
Hat der Wiederverkäufer vor der Ausübung des Wiederkaufsrechts über den Kaufgegenstand verfügt, so ist er verpflichtet, die dadurch begründeten Rechte Dritter zu beseitigen; der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die durch Urtheil oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt.
§.435. Der Wiederverkäufer kann für Verwendungen, die er auf den Kaufgegenstand vor dem Wiederkause gemacht hat, insoweit Ersatz verlangen, als der Werth des Gegenstandes durch die Verwendungen erhöht ist.
Hat der Wiederverkäufer mit der herauszugebenden Sache eine andere Sache verbunden und erhält er nicht mindestens den Werth ersetzt, welchen diese Sache nach der Trennung haben würde, so ist er berechtigt, sie wegzunehmen; im Falle der Wegnahme hat er die herauszugebende Sache auf seine Kosten wieder in den vorigen Stand zu setzen. Ist er nicht mehr im Besitze, so finden die Vorschriften des §.491 Abs. 2 Satz 3 entsprechende Anwendung.
§.436. Ist als Wiederkaufpreis der Schätzungswerth vereinbart, welchen der Kaufgegenstand zur Zeit des Wiederkaufs hat, so ist der Wiederverkäufer für den Untergang oder eine Verschlechternng des Gegenstandes nicht verantwortlich, der Wiederkäufer zum Ersatze von Verwendungen nicht verpflichtet.
§.437. Steht das Wiederkaufsrecht Mehreren gemeinschaftlich zu, so kann es nur im Ganzen ausgeübt werden.
§.438. Ist für die Ausübung des Wiederkaufsrechts eine Frist nicht bestimmt, so erlischt es bei Grundstücken mit dem Ablaufe von dreißig, bei anderen Gegenständen mit dem Ablaufe von drei Jahren nach der Vereinbarung des Vorbehalts.
3. Vorkauf.
§.439. Ist Jemand in Ansehung eines Gegenstandes zum Vorkause berechtigt, so kann er das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Verpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand geschlossen hat.
Mit der dem Verpflichteten gegenüber abgegebenen Erklärung des Berechtigten, daß er das Vorkaufsrecht ausübe, kommt der Kauf zwischen ihnen unter den von dem Verpflichteten mit dem Dritten vereinbarten Bestimmungen zu Stande. Die Erklärung bedarf, wenn für den Kaufvertrag eine Form vorgeschrieben ist, der Form nicht.
§.440. Eine Vereinbarung des Verpflichteten mit dem Dritten, durch welche der Kauf von der Nichtausübung des Vorkaufsrechts abhängig gemacht oder dem Verpflichteten für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts der Rücktritt vorbehalten wird, ist dem Vorkaufsberechtigten gegenüber uns wirksam.
§.441. Hat sich der Dritte in dem Vertrage zu einer Nebenleistung verpflichtet, die der Vorkaufsberechtigte zu bewirken außer Stande ist, so hat der Vorkaufsberechtigte statt der Nebenleistung ihren Werth zu entrichten. Läßt sich die Nebenleistung in Geld nicht schätzen, so ist die Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeschlossen; die Vereinbarung der Nebenleistung kommt jedoch nicht in Betracht, wenn der Vertrag mit dem Dritten auch ohne sie würde geschlossen worden sein.
§.442. Hat der Dritte den Gegenstand, auf den sich das Vorkaufsrecht bezieht, mit anderen Gegenständen zu einem Gesammtpreise gekauft, so hat der Vorkaufsberechtigte einen verhältnismäßigen Theil des Gesammtpreises zu entrichten. Der Verpflichtete kann verlangen, daß der Vorkauf auf alle Sachen erstreckt wird, die nicht ohne Nachtheil für ihn getrennt werden können.
§.443. Ist dem Dritten in dem Vertrage der Kaufpreis gestundet, so kann der Vorkaufsberechtigte die Stundung nur in Anspruch nehmen, wenn er für den gestundeten Betrag Sicherheit leistet.
Ist ein Grundstück Gegenstand des Verkaufs, so bedarf es der Sicherheitsleistung insoweit nicht, als für den gestundeten Kaufpreis die Bestellung einer Hypothek an dem Grundstücke vereinbart oder in Anrechnung auf den Kaufpreis eine Schuld, für die eine Hypothek an dem Grundstücke besteht, übernommen ist.
§.444. Der Verpflichtete hat dem Berechtigten den Inhalt des mit dem Dritten geschlossenen Vertrags unverzüglich mitzutheilen.
Das Vorkaufsrecht erlischt, wenn der Berechtigte es nach dem Empfange der Mittheilung nicht innerhalb der für die Ausübung bestimmten Frist und in Ermangelung einer solchen bei Grundstücken nicht binnen zwei Monaten, bei anderen Gegenständen nicht binnen einer Woche ausübt.
§.445. Das Vorkaufsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Konkursverwalter erfolgt.
§.446. Steht das Vorkaufsrecht Mehreren gemeinschaftlich zu, so kann es nur im Ganzen ausgeübt werden. Ist es für einen der Berechtigten erloschen oder übt einer von ihnen sein Recht nicht aus, so sind die übrigen berechtigt, das Vorkaufsrecht im Ganzen auszuüben.
§.447. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar und geht nicht auf die Erben des Berechtigten über, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist. Ist das Recht auf eine bestimmte Zeit beschränkt, so ist es im Zweifel vererblich.
4. Erbschaftskauf.
§.448. Ein Vertrag, durch den Jemand eine ihm angefallene Erbschaft verkauft (Erbschaftskauf), bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form.
§.449. Durch den Erbschaftskauf werden die Parteien unter einander so verpflichtet, wie wenn der Käufer an Stelle des Verkäufers Erbe geworden wäre.
§.450. Ein Erbtheil, welcher dem Verkäufer nach dem Abschlusse des Kaufes durch Nacherbsolge oder in Folge des Wegfalls eines Miterben anfällt, sowie ein dem Verkäufer zugewendetes Vorausvermächtnits sind nicht als mitverkauft anzusehen.
Die aus dem Wegfall eines Vermächtnisses oder einer Auflage sich ergebenden Vortheile sowie die dem Verkäufer auf Grund der Ausgleichungspflicht eines Miterben zustehenden Ansprüche gebühren dem Käufer.
Familienpapiere und Familienbilder gelten im Zweifel nicht als mitverkauft.
§.451. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer die zur Zeit des Verkaufs vorhandenen Erbschaftsgegenstände mit Einschluß dessen herauszugeben, was er vor dem Verkauf auf Grund eines zur Erbschaft gehörenden Rechtes oder durch Verfügung über Erbschaftsgegenstände oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung solcher Gegenstände erlangt hat.
Hat der Verkäufer vor dem Verkauf Erbschaftsgegenstände verbraucht, unentgeltlich veräußert oder unentgeltlich belastet, so ist er verpflichtet, dem Käufer den Werth der verbrauchten oder veräußerten Gegenstände, im Falle der Belastung die Werthminderung zu ersetzen, es sei denn, daß dem Käufer der Verbrauch oder die unentgeltliche Verfügung bei dem Abschlusse des Kaufes bekannt war. Im Uebrigen kann der Käufer wegen des Unterganges oder einer Verschlechterung von Erbschaftsgegenständen Ersatz nicht verlangen.
§.452. Die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung wegen eines Mangels im Rechte beschränkt sich auf die Haftung dafür, daß ihm das Recht auf die Erbschaft zusteht, daß dieses Recht nicht durch das Recht eines Nacherben oder durch Pflichttheilsansprüche, Ausgleichungsansprüche, Vermächtnisse und Auflagen beschwert und daß das Inventarrecht nicht erloschen oder einem Nachlaßgläubiger gegenüber ausgeschlossen ist.
Fehler einer zur Erbschaft gehörenden Sache sind von dem Verkäufer nicht zu vertreten.
§.453. Die in Folge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse gelten im Verhältnisse zwischen dem Käufer und dem Verkäufer als nicht erloschen. Erforderlichen Falles ist ein solches Rechtsverhältnis wiederherzustellen.
§.454. Der Käufer ist dem Verkäufer gegenüber verpflichtet, die Nachlaßverbindlichkeiten zu erfüllen, es sei denn, daß der Verkäufer nach §.452 für das Nichtbestehen derselben haftet.
Hat der Verkäufer vor dem Verkauf eine Nachlaßverbindlichkeit erfüllt, so kann er von dem Käufer Ersatz verlangen.
§.455. Dem Verkäufer verbleiben die auf die Zeit vor dem Verkaufe fallenden Nutzungen. Er trägt für diese Zeit die Lasten sowie die Zinsen der Nachlaßverbindlichkeiten. Den Käufer treffen jedoch die von der Erbschaft zu entrichtenden Abgaben sowie die außerordentlichen Lasten, welche als auf den Stammwerth der Erbschaftsgegenstände gelegt anzusehen sind.
§.456. Der Käufer trägt von dem Abschlusse des Kaufes an die Gefahr des zufälligen Unterganges und einer zufälligen Verschlechterung der Erbschaftsgegenstände. Von diesem Zeitpunkt an gebühren ihm die Nutzungen und trägt er die Lasten.
§.457. Der Käufer hat dem Verkäufer die vor dem Verkauf auf die Erbschaft gemachten nothwendigen und nützlichen Verwendungen zu ersetzen, soweit sie nicht zur Gewinnung der dem Verkäufer verbleibenden Nutzungen gemacht sind.
§.458. Der Käufer haftet von dem Abschlusse des Kaufes an den Nachlaßgläubigern, unbeschadet der Fortdauer der Haftung des Verkäufers. Dies gilt auch von den Verbindlichkeiten, zu deren Erfüllung der Käufer dem Verkäufer gegenüber nach den §§.454, 455 nicht verpflichtet ist. Die Haftung des Käufers den Gläubigern gegenüber kann durch Vertrag zwischen dem Käufer und dem Verkäufer nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.
§.459. Der Käufer kann das Inventarrecht insoweit geltend machen, als der Verkäufer es zur Zeit des Kaufes gehabt hat; er verliert das Recht nach den für den Verlust des Inventarrechts geltenden Vorschriften. Die Errichtung des Inventars durch den Verkäufer oder den Käufer kommt auch dem anderen Theile zu Statten.
Das Recht, den Nachlaßkonkurs zu beantragen, steht nach dem Abschlusse des Kaufes an Stelle des Verkäufers dem Käufer zu. Der Nachlaßkonkurs kann nur gegen den Käufer beantragt werden. Der Verkäufer ist wegen der ihm nach dem §.454 und dem §.455 Satz 3 zustehenden Ansprüche zu dem Antrage wie ein Nachlaßgläubiger berechtigt. Zur Konkursmasse gehört der Nachlaß und der Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer auf Übertragung des Nachlasses.
Das Aufgebot der Nachlaßgläubiger kann sowohl von dem Verkäufer als von dem Käufer beantragt werden. Der von dem einen Theile gestellte Antrag und das von ihm erwirkte Ausschlußurtheil kommen auch dem anderen Theile zu Statten.
§.460. Der Verkäufer hat den Verkauf der Erbschaft und den Namen des Käufers dem Nachlaßgericht unverzüglich anzuzeigen; im Falle der Unterlassung ist er den Nachlaßgläubigern zum Schadensersatze verpflichtet.
Das Nachlaßgericht hat die Einsicht der Anzeige Jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
§.461. Die Vorschriften über den Erbschaftskauf finden entsprechende Anwendung auf den Kauf einer von dem Verkäufer durch Vertrag erworbenen Erbschaft sowie auf andere Verträge, welche auf die Veräußerung einer dem Veräußerer angefallenen oder anderweit von ihm erworbenen Erbschaft gerichtet sind. Im Falle einer Schenkung trifft jedoch den Schenker die im §.452 bestimmte Verpflichtung zur Gewährleistung wegen eines Mangels im Rechte nur, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat; auch ist der Schenker nicht verpflichtet, für die vor der Schenkung verbrauchten oder unentgeltlich veräußerten Erbschaftsgegenstände oder für eine vor der Schenkung unentgeltlich vorgenommene Belastung dieser Gegenstände Ersatz zu leisten.
Zweiter Titel. Tausch.
§.462. Auf den Tausch finden die Vorschriften über den Kauf entsprechende Anwendung.
Dritter Titel. Schenkung.
§.463. Eine Zuwendung, durch die Jemand aus seinem Vermögen einen Anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Theile darüber einig sind, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.
Ist die Zuwendung ohne den Willen desjenigen erfolgt, welcher beschenkt werden soll, so gilt die Schenkung als von ihm angenommen, wenn er sie nicht innerhalb einer ihm von dem Zuwendenden zur Erklärung über die Annahme bestimmten angemessenen Frist ablehnt. Im Falle der Ablehnung ist er zur Erstattung des ihm Zugewendeten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet.
§.464. Eine Schenkung liegt nicht vor, wenn Jemand zum Vortheil eines Anderen einen Vermögenserwerb unterläßt oder auf ein angefallenes, noch nicht erworbenes Recht verzichtet oder eine Erbschaft oder ein Vermächtnitz ausschlägt.
§.465. Zur Gültigkeit eines Vertrages, durch den eine Leistung schenkweise versprochen wird, ist die Ertheilung des Versprechens in gerichtlicher oder notarieller Form erforderlich. Das Gleiche gilt von der Ertheilung des Versprechens oder der Anerkennungserklärung bei einem schenkweise erfolgten Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnisse der in den §§. 719, 720 bezeichneten Art.
Der Mangel der Form wird durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt.
§.466. Der Schenker ist berechtigt, die Erfüllung eines schenkweise ertheilten Versprechens zu verweigern, soweit er bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen, mit Einschluß der gesetzlichen Unterhaltspflichten, außer Stande ist, das Versprechen ohne Beeinträchtigung seines eigenen standesmäßigen Unterhalts zu erfüllen. Treffen die Ansprüche mehrerer Beschenkten zusammen, so geht der früher entstandene Anspruch vor.
§.467. Hat der Schenker dem Beschenkten eine in wiederkehrenden Leistungen bestehende Unterstützung versprochen, so erlischt die Verbindlichkeit mit dem Tode des Schenkers, sofern sich nicht aus dem Versprechen ein Anderes ergiebt.
§.468. Der Schenker hat nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
§.469. Zur Entrichtung von Verzugszinsen ist der Schenker nicht verpflichtet.
§.470. Hat der Schenker einen Mangel im Rechte arglistig verschwiegen, so ist er verpflichtet, dem Beschenkten den dadurch verursachten Schaden zu ersetzen.
Hatte der Schenker die Leistung eines Gegenstandes versprochen, den er erst erwerben sollte, so kann der Beschenkte wegen eines Mangels im Rechte Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn der Mangel dem Schenker bei dem Erwerbe der Sache bekannt gewesen oder in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Die für die Gewährleistungspflicht des Verkäufers geltenden Vorschriften des §.382 Abs. 2, 3 und der §§.383, 384 finden entsprechende Anwendung.
§.471. Hat der Schenker einen Fehler der verschenkten Sache arglistig verschwiegen, so ist er verpflichtet, dem Beschenkten den dadurch verursachten Schaden zu ersetzen.
Hatte der Schenker die Leistung einer nur der Gattung nach bestimmten Sache versprochen, die er erst erwerben sollte, so kann der Beschenkte wegen eines Fehlers der geleisteten Sache Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn der Fehler dem Schenker bei dem Erwerbe der Sache bekannt gewesen oder in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Statt des Schadensersatzes kann der Beschenkte verlangen, daß ihm an Stelle der fehlerhaften Sache eine fehlerfreie geliefert wird. Auf diese Ansprüche finden die für die Gewährleistung wegen Fehler einer verkauften Sache geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
§.472. Ist eine Schenkung unter einer Auflage gemacht, so kann der Schenker die Vollziehung der Auflage verlangen, wenn er seinerseits geleistet hat.
Liegt die Vollziehung der Auflage im öffentlichen Interesse, so kann nach dem Tode des Schenkers auch die nach den Landesgesetzen zuständige Behörde die Vollziehung verlangen.
§.473. Soweit in Folge eines Mangels im Rechte oder eines Mangels der verschenkten Sache der Werth der Zuwendung die Höhe der zur Vollziehung der Auflage erforderlichen Aufwendungen nicht erreicht, ist der Beschenkte berechtigt, die Vollziehung der Auflage zu verweigern, bis der durch den Mangel verursachte Fehlbetrag ausgeglichen wird. Hat der Beschenkte die Auflage ohne Kenntnitz des Mangels vollzogen, so kann er von dem Schenker Ersatz der durch die Vollziehung verursachten Aufwendungen insoweit verlangen, als sie in Folge des Mangels den Werth der Zuwendung übersteigen.
§.474. Unterbleibt die Vollziehung der Auflage, so kann der Schenker das Geschenk unter den für das Rücktrittsrecht bei gegenseitigen Verträgen bestimmten Voraussetzungen nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung insoweit zurückfordern, als es zur Vollziehung der Auflage hätte verwendet werden müssen. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn ein Dritter berechtigt ist, die Vollziehung der Auflage zu verlangen.
§.475. Eine Schenkung kann widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder nahe Angehörige desselben groben Undankes schuldig gemacht hat.
Dem Erben des Schenkers steht das Recht des Widerrufs nur zu, wenn der Beschenkte vorsätzlich den Schenker getödtet oder durch eine widerrechtliche Handlung am Widerrufe gehindert hat.
§.476. Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird, unterliegen nicht dem Widerrufe.
§.477. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschenkten.
Auf Grund des Widerrufs kann das Geschenk nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückgefordert werden.
§.478. Der Widerruf ist ausgeschlossen, wenn der Schenker dem Beschenkten verziehen hat oder wenn von dem Zeitpunkt an, in welchem der Widerrufsberechtigte von dem Eintritte der Voraussetzungen seines Rechtes Kenntnitz erlangt hat, ein Jahr abgelaufen ist. Nach dem Tode des Beschenkten findet der Widerruf nicht mehr statt.
§.479. Auf das Widerrufsrecht kann erst verzichtet werden, nachdem der Undank dem Widerrufsberechtigten bekannt geworden ist.
Vierter Titel. Miethe. Pacht.
I. Miethe.
§.480. Durch den Miethvertrag wird der Vermiether verpflichtet, dem Miether den Gebrauch der vermietheten Sache während der Miethzeit zu gewähren; der Miether wird verpflichtet, dem Vermiether den vereinbarten Miethzins zu entrichten.
Die Vorschriften über die Miethe von Grundstücken gelten auch für die Miethe von Wohn- und anderen Räumen.
§.481. Der Vermiether hat die vermiethete Sache dem Miether in einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauche geeigneten Zustande zu überlassen und sie während der Miethzeit in diesem Zustande zu erhalten.
§.482. Ist die vermiethete Sache zur Zeit der Ueberlassung an den Miether mit einem Fehler behaftet, der ihre Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauch aufhebt oder mindert, oder entsteht im Laufe der Miethe ein solcher Fehler, so ist der Miether für die Zeit, während welcher die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung des Miethzinses befreit, für die Zeit, während welcher die Tauglichkeit gemindert ist, nur zur Entrichtung eines verhältnismäßigen, nach den §§.408, 409 zu bemessenden Theiles des Miethzinses verpflichtet.
Das Gleiche gilt, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt. Bei der Vermiethung eines Grundstücks steht die Zusicherung einer bestimmten Größe der Zusicherung einer Eigenschaft gleich.
§.483. Ist ein Mangel der im §. 482 bezeichneten Art bei dem Abschlusse des Vertrags vorhanden gewesen oder später in Folge eines von dem Vermiether zu vertretenden Umstandes entstanden oder kommt der Vermiether mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Miether, statt die im §.482 bestimmten Rechte geltend zu machen, Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.
Im Falle des Verzugs des Vermiethers kann der Miether den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlich gewesenen Aufwendungen verlangen.
§.484. Hat der Miether den Mangel der gemietheten Sache bei dem Abschlusse des Vertrags gekannt, so stehen ihm die in den §§.482, 483 bestimmten Rechte nicht zu. Ist dem Miether ein Mangel der im §.482 Abs. 1 bezeichneten Art in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben oder hat er eine mangelhafte Sache angenommen, obschon er den Mangel kannte, so kann er diese Rechte nur unter den Voraussetzungen geltend machen, unter welchen dem Käufer einer mangelhaften Sache nach den §§.398, 401 Gewähr zu leisten ist.
§.485. Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung des Vermiethers, Mängel der vermietheten Sache zu vertreten, erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Vermiether den Mangel arglistig verschwiegen hat.
§.486. Wird durch das Recht eines Dritten dem Miether der vertragsmäßige Gebrauch der gemietheten Sache ganz oder zum Theil entzogen, so finden die Vorschriften der §§.482, 483, des §.484 Satz 1 und des §.485 entsprechende Anwendung.
§.487. Wird dem Miether der vertragsmäßige Gebrauch der gemietheten Sache ganz oder zum Theil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen, so kann der Miether ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist das Miethverhältnis kündigen. Die Kündigung ist erst zulässig, wenn der Vermiether eine ihm von dem Miether bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhülse zu schaffen. Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die Erfüllung des Vertrags in Folge des die Kündigung rechtfertigenden Umstandes für den Miether kein Interesse hat.
Wegen einer unerheblichen Hinderung oder Vorenthaltung des Gebrauchs ist die Kündigung nur zulässig, wenn sie durch ein besonderes Interesse des Miethers gerechtfertigt wird.
Auf das Kündigungsrecht finden die Vorschriften der §§.484 bis 486 sowie die für die Wandelung bei dem Kaufe geltenden Vorschriften der §§.405 bis 407 entsprechende Anwendung. Ist der Miethzins für eine spätere Zeit im Voraus entrichtet, so ist er von dem Vermiether nach Maßgabe des §.298 und des §.279 Satz 2 zurückzuerstatten.
§.488. Ist eine gemiethete Wohnung so beschaffen, daß ihre Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist, so kann der Miether das Miethverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, auch wenn er die gefahrbringende Beschaffenheit bei dem Abschlusse des Vertrags gekannt oder auf die Geltendmachung seiner Rechte wegen derselben verzichtet hat.
§.489. Zeigt sich im Laufe der Miethe ein Mangel der gemietheten Sache oder maßt sich ein Dritter ein Recht an der Sache an, so hat der Miether dem Vermiether unverzüglich Anzeige zu machen.
Unterläßt der Miether die Anzeige, so ist er zum Ersatze des daraus entstandenen Schadens verpflichtet; er ist nicht berechtigt, für die Zeit, für welche der Vermiether in Folge der Unterlassung der Anzeige Abhülse zu schaffen außer Stande war, die im §.482 bestimmten Rechte geltend zu machen oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen.
§.490. Die auf der vermietheten Sache ruhenden Lasten sind von dem Vermiether zu tragen.
§.491. Der Vermiether ist verpflichtet, dem Miether die auf die Sache gemachten nothwendigen Verwendungen zu ersetzen. Der Miether eines Thieres hat jedoch die Fütterungskosten zu tragen.
Die Verpflichtung des Vermiethers zum Ersatze sonstiger Verwendungen bestimmt sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Der Miether ist berechtigt, eine von ihm gemachte Einrichtung wegzunehmen; im Falle der Wegnahme hat er die Sache auf seine Kosten wieder in den vorigen Stand zu setzen. Ist der Miether nicht mehr im Besitze, so ist der Vermiether verpflichtet, die Wegnahme der Einrichtung zu gestatten; er kann die Gestattung verweigern, bis der Miether für den durch die Wegnahme entstehenden Schaden Sicherheit geleistet hat.
§.492. Veränderungen oder Verschlechterungen der gemietheten Sache, welche durch den vertragsmäßigen Gebrauch herbeigeführt werden, sind von dem Miether nicht zu vertreten.
§.493. Der Miether ist nicht berechtigt, den Gebrauch der gemietheten Sache ohne Erlaubniß des Vermiethers einem Dritten zu überlassen, insbesondere die Sache weiter zu vermiethen (Untermiethe). Verweigert der Vermiether die Erlaubniß, ohne daß in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, so kann der Miether das Miethverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen.
Ueberläßt der Miether den Gebrauch einem Dritten, so hat er ein dem Dritten bei dem Gebrauche zur Last fallendes Verschulden zu vertreten, auch wenn der Vermiether die Erlaubniß zur Ueberlassung ertheilt hat.
§.494. Macht der Miether von der gemietheten Sache einen vertragswidrigen Gebrauch, so kann der Vermiether Verurtheilung des Miethers zur Unterlassung verlangen, wenn der Gebrauch ungeachtet einer Abmahnung fortgesetzt wird.
§.495. Der Miethzins ist am Ende der Miethzeit zu entrichten. Ist der Miethzins nach Zeitabschnitten bemessen, so ist er nach dem Ablaufe der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.
Der Miethzins für ein Grundstück ist, sofern er nicht nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, je nach dem Ablauf eines Kalendervierteljahrs am ersten Werktage des folgenden Monats zu entrichten.
§.496. Der Miether wird von der Entrichtung des Miethzinses nicht dadurch befreit, daß er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung des ihm zustehenden Gebrauchsrechts verhindert ist. Der Vermiether muß sich jedoch den Werth der ersparten Aufwendungen sowie derjenigen Vortheile anrechnen lassen, welche er aus einer anderweitigen Verwerthung des Gebrauchs erlangt hat. Für die Zeit, während welcher der Vermiether sich durch Ueberlassung des Gebrauchs an einen Dritten außer Stand gesetzt hat, dem Miether den Gebrauch zu gewähren, ist der Miether zur Entrichtung des Miethzinses nicht verpflichtet.
§.497. Der Vermiether kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist das Miethverhältnis kündigen:
1. wenn der Miether oder derjenige, welchem der Miether den Gebrauch der gemietheten Sache überlassen hat, ungeachtet einer Abmahnung des Vermiethers einen vertragswidrigen Gebrauch der Sache fortsetzt, insbesondere einem Dritten den ihm unbefugt überlassenen Gebrauch beläßt, oder die Sache durch Vernachlässigung der dem Miether obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet;
2. wenn der Miether für zwei auf einander folgende Termine mit der Entrichtung des Miethzinses oder eines Theiles desselben im Verzug ist. Die Kündigung ist ausgeschlossen, wenn der Miether den Vermiether befriedigt, bevor sie erfolgt. Die Kündigung ist unwirksam, wenn der Miether sich von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt. Macht der Vermiether von dem Kündigungsrechte Gebrauch, so hat er den für eine spätere Zeit im Voraus entrichteten Miethzins nach Maßgabe des §.298 zurückzuerstatten.
§.498. Der Miether ist verpflichtet, die gemiethete Sache nach der Beendigung des Miethverhältnisses zurückzugeben.
Dem Miether eines Grundstückes steht wegen seiner Ansprüche gegen den Vermiether ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu.
Hat der Miether den Gebrauch der Sache einem Dritten überlassen, so kann der Vermiether die Sache nach der Beendigung des Miethverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.
§.499. Wird die gemiethete Sache von dem Miether nach der Beendigung des Miethverhältnisses nicht zurückgegeben, so kann der Vermiether für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung den vereinbarten Miethzins verlangen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
§.500. Die Ersatzansprüche des Vermiethers wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der vermietheten Sache sowie die Ansprüche des Miethers auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung der Ersatzansprüche des Vermiethers beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem er die Sache zurückerhält, die Verjährung der Ansprüche des Miethers beginnt mit der Beendigung des Miethverhältnisses.
§.501. Der Vermiether eines Grundstücks hat für seine Forderungen aus dem Miethverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Miethers. Für künftige Entschädigungsforderungen und für den Miethzins für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Miethjahr kann das Pfandrecht nicht geltend gemacht werden. Es erstreckt sich nicht auf die der Pfändung nicht unterworfenen Sachen.
§.502. Das Pfandrecht des Vermiethers erlischt mit der Entfernung der Sachen von dem Grundstück, es sei denn, daß die Entfernung ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermiethers erfolgt. Der Vermiether kann der Entfernung nicht widersprechen, wenn sie im regelmäßigen Betriebe des Geschäfts des Miethers oder den gewöhnlichen Lebensverhältnissen entsprechend erfolgt oder wenn die zurückbleibenden Sachen zur Sicherung des Vermiethers offensichtlich ausreichen.
§.503. Der Vermiether darf die Entfernung der seinem Pfandrecht unterliegenden Sachen, soweit er ihr zu widersprechen berechtigt ist, auch ohne Anrufen des Gerichts hindern und, wenn der Miether auszieht, die Sachen in seinen Besitz nehmen. Sind die Sachen ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermiethers entfernt, so kann er die Herausgabe zum Zwecke der Zurückschaffung in das Grundstück und, wenn der Miether ausgezogen ist, die Ueberlassung des Besitzes verlangen. Macht der Vermiether diesen Anspruch nicht innerhalb eines Monats, nachdem er von der Entfernung der Sachen Kenntnitz erlangt hat, gerichtlich geltend, so erlischt das Pfandrecht.
§.504. Der Miether kann die Geltendmachung des Pfandrechts des Vermiethers durch Sicherheitsleistung abwenden; er kann jede einzelne Sache durch Sicherheitsleistung in der Höhe ihres Werthes von dem Pfandrechte befreien.
§.505. Wird eine dem Pfandrechte des Vermiethers unterliegende Sache für einen anderen Gläubiger gepfändet, so kann diesem gegenüber das Pfandrecht wegen des Miethzinses für eine frühere Zeit als das letzte Jahr vor der Pfändung nicht geltend gemacht werden.
§.506. Das Miethverhältnis endigt mit dem Ablaufe der Zeit, für welche es eingegangen ist.
Ist die Miethzeit nicht bestimmt, so kann sowohl der Miether als der Vermiether das Miethverhältnis kündigen.
Bei Grundstücken ist die Kündigung nur für den Schluß eines Kalendervierteljahrs zulässig; sie hat spätesten am ersten Werktage des Vierteljahrs zu erfolgen. Ist der Miethzins nach Wochen bemessen, so ist die Kündigung nur für den Schluß eines Kalendermonats zulässig; sie hat spätestens am fünfzehnten des Monats zu erfolgen. Ist der Miethzins nach Wochen bemessen, so ist die Kündigung nur für den Schluß einer Kalenderwoche zulässig; sie hat spätestens am ersten Werktage der Woche zu erfolgen.
Bei beweglichen Sachen, hat die Kündigung spätestens am dritten Tage vor dem Tage zu erfolgen, an welchem das Miethverhältnis endigen soll.
Ist der Miethzins für ein Grundstück oder für eine bewegliche Sache nach Tagen bemessen, so ist die Kündigung an jedem Tage für den folgenden Tag zulässig.
Die Vorschriften des Abs. 3 Satz 1 und des Abs. 4 gelten auch für die Fälle, in welchen das Miethverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist vorzeitig gekündigt werden kann.
§.507. Ein Miethvertrag über ein Grundstück bedarf der schriftlichen Form, wenn er für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird. Ist die Form nicht beobachtet, so gilt der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen; die Kündigung ist jedoch nicht für eine frühere Zeit als für den Schluß des ersten Jahres zulässig.
§.508. Ist ein Miethvertrag für eine längere Zeit als dreißig Jahre geschlossen, so kann nach dreißig Jahren jeder Theil das Miethverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung ist unzulässig, wenn der Vertrag für die Lebenszeit des Vermiethers oder des Miethers geschlossen ist.
§.509. Wird nach dem Ablaufe der Miethzeit der Gebrauch der Sache von dem Miether fortgesetzt, so gilt das Miethverhältnis in Ermangelung einer anderen Vereinbarung als auf unbestimmte Zeit verlängert, es sei denn, daß der Vermiether oder der Miether seinen entgegenstehenden Willen binnen einer Frist von zwei Wochen dem anderen Theile gegenüber erklärt. Die Frist beginnt für den Miether mit der Fortsetzung des Gebrauchs, für den Vermiether mit dem Zeitpunkt, in welchem er von der Fortsetzung Kenntnis erhält.
§.510. Im Falle des Todes des Miethers ist sowohl der Erbe als der Vermiether berechtigt, das Miethverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Die Kündigung ist ausgeschlossen, wenn sie nicht für den ersten Termin erfolgt, für den sie zulässig ist.
§.511. Militärpersonen, Beamte, Geistliche und Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten können im Falle der Versetzung nach einem anderen Orte das Miethverhältnis in Ansehung der Räume, welche sie für sich oder ihre Familie an dem bisherigen Garnison- oder Wohnorte gemiethet haben, unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung ist ausgeschlossen, wenn sie nicht für den ersten Termin erfolgt, für den sie zulässig ist.
§.512. Wird das vermiethete Grundstück nach der Ueberlassung an den Miether von dem Vermiether an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber an Stelle des Vermiethers in die während der Dauer seines Eigenthums sich aus dem Miethverhältnis ergebenden Rechte und Verpflichtungen ein.
Erfüllt der Erwerber die Verpflichtungen nicht, so haftet der Vermiether, soweit der Erwerber zum Schadensersatze verpflichtet ist, für den Schadensersatz wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Der Vermiether wird von der Haftung befreit, wenn der Miether, nachdem er von dem Übergange des Eigenthums durch Mittheilung des Vermiethers Kenntnitz erlangt hat, das Miethverhältnis nicht für den ersten Termin kündigt, für den die Kündigung zulässig ist.
§.513. Hat der Miether des veräußerten Grundstücks für die Erfüllung seiner Verpflichtungen dem Vermiether Sicherheit geleistet, so tritt der Erwerber in die dadurch begründeten Rechte ein. Zur Rückgewähr der Sicherheit ist er nur verpflichtet, wenn sie ihm ausgehändigt worden ist oder wenn er dem Vermiether gegenüber die Verpflichtung zur Rückgewähr übernommen hat.
§.514. Verfügungen, welche der Vermiether vor dem Übergange des Eigenthums über den in die Zeit der Berechtigung des Erwerbers fallenden Theil der Miethzinsforderung getroffen hat, sind insoweit wirksam, als sie sich auf den Miethzins für das zur Zeit des Überganges des Eigenthums laufende und das folgende Kalendervierteljahr beziehen. Verfügungen über den Miethzins für eine spätere Zeit muß der Erwerber gegen sich gelten lassen, wenn er sie zur Zeit des Überganges des Eigenthums gekannt hat.
§.515. Ein nach dem Übergange des Eigenthums zwischen dem Miether und dem Vermiether in Ansehung der Miethzinsforderung vorgenommenes Rechtsgeschäft, insbesondere die Entrichtung des Miethzinses, ist dem Erwerber gegenüber wirksam, soweit es sich nicht auf den Miethzins für eine spätere Zeit als das Kalendervierteljahr, in welchem der Miether von dem Übergange des Eigenthums Kenntnitz erlangt hat, und das folgende Vierteljahr bezieht. Die Wirksamkeit ist ausgeschlossen, wenn der Miether bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts von dem Übergange des Eigenthums Kenntnis hatte.
§.516. Soweit die Entrichtung des Miethzinses an den Vermiether nach §.515 Satz 1 dem Erwerber gegenüber wirksam ist, kann der Miether gegen die Miethzinsforderung des Erwerbers eine ihm gegen den Vermiether zustehende Forderung aufrechnen. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn der Miether die Gegenforderung erworben hat, nachdem er von dem Übergange des Eigenthums Kenntnitz erlangt hat, oder wenn die Gegenforderung erst nach der Erlangung der Kenntnitz und später als der Miethzins fällig geworden ist.
§.517. Hat der Vermiether dem Miether angezeigt, daß das Eigenthum an dem vermietheten Grundstück auf einen Dritten übertragen sei, so muß er in Ansehung der Miethzinsforderung die angezeigte Übertragung dem Miether gegenüber gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist.
Die Zurücknahme der Anzeige ist nur wirksam, wenn sie mit Zustimmung desjenigen erfolgt, welcher als neuer Eigenthümer bezeichnet war.
§.518. Wird das vermiethete Grundstück nach der Ueberlassung an den Miether von dem Vermiether mit dem Rechte eines Dritten belastet, so finden die Vorschriften der §.512 bis 517 entsprechende Anwendung, wenn durch die Ausübung des Rechtes dem Miether der vertragsmäßige Gebrauch entzogen wird. Hat die Ausübung des Rechtes nur eine Beschränkung des Miethers in dem vertragsmäßigen Gebrauche zur Folge, so ist der Dritte dem Miether gegenüber verpflichtet, die Ausübung zu unterlassen, soweit sie den vertragsmäßigen Gebrauch beeinträchtigen würde.
§.519. Hat vor der Ueberlassung des vermietheten Grundstücks an den Miether der Vermiether das Grundstück an einen Dritten veräußert oder mit einem Rechte belastet, durch dessen Ausübung dem Miether der vertragsmäßige Gebrauch entzogen oder beschränkt wird, so gilt das Gleiche wie in den Fällen des §.512 Abs. 1 und des §.518, wenn der Erwerber dem Vermiether gegenüber die Erfüllung der sich aus dem Miethverhältnis ergebenden Verpflichtungen übernommen hat.
§.520. Wird das vermiethete Grundstück von dem Erwerber weiter veräußert oder belastet, so finden die Vorschriften des §.512 Abs. 1 und der §§.513 bis 519 entsprechende Anwendung. Erfüllt der neue Erwerber die sich aus dem Miethverhältnis ergebenden Verpflichtungen nicht, so haftet der Vermiether dem Miether in Gemäßheit des §.512 Abs. 2.
II. Pacht.
§.521. Durch den Pachtvertrag wird der Verpächter verpflichtet, dem Pächter den Gebrauch und den Fruchtgenuß des verpachteten Gegenstandes während der Pachtzeit zu gewähren; der Pächter wird verpflichtet, dem Verpächter den vereinbarten Pachtzins zu entrichten.
Auf die Pacht finden, soweit sich nicht aus den §§.522 bis 537 ein Anderes ergiebt, die Vorschriften über die Miethe entsprechende Anwendung.
§.522. Der Pächter eines landwirthschaftlichen Grundstücks hat die gewöhnlichen Ausbesserungen, insbesondere die der Wohn-und Wirthschaftsgebäude, der Wege, Gräben und Einfriedigungen, auf seine Kosten zu bewirken.
§.523. Der Pächter eines landwirthschaftlichen Grundstücks darf Aenderungen in der wirthschaftlichen Bestimmung des Grundstücks nicht ohne Erlaubniß des Verpächters vornehmen, sofern sie auf die Art der Bewirthschaftung über die Pachtzeit hinaus von Einfluß sind.
§.524. Ist bei der Pacht eines landwirthschaftlichen Grundstücks der Pachtzins nach Jahren bemessen, so ist er je nach dem Ablauf eines Pachtjahrs am ersten Werktage des folgenden Jahres zu entrichten.
§.525. Das Pfandrecht des Verpächters eines landwirthschaftlichen Grundstücks kann für den gesammten Pachtzins geltend gemacht werden und unterliegt nicht der Beschränkung des §.505. Es erstreckt sich auch auf die Früchte des Grundstücks sowie auf die nach §.715 Nr. 5 der Civilprozeßordnung der Pfändung nicht unterworfenen Sachen.
§.526. Wird ein Grundstück sammt Inventar verpachtet, so liegt dem Pächter die Unterhaltung und Ausbesserung der einzelnen Inventarstücke ob.
Der Verpächter ist verpflichtet, Inventarstücke, die in Folge eines von dem Pächter nicht zu vertretenden Umstandes in Abgang gekommen sind, zu ergänzen. Der Pächter hat jedoch den gewöhnlichen Abgang der zu dem Inventare gehörenden Thiere aus den Jungen insoweit zu ersetzen, als dies einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entspricht.
§.527. Hat der Pächter eines Grundstücks das Inventar zum Schätzungswerthe mit der Verpflichtung übernommen, es bei der Beendigung der Pacht zum Schätzungswerthe zurückzugewähren, so gelten die Vorschriften der §§.528, 529.
§.528. Der Pächter trägt die Gefahr des zufälligen Unterganges und einer zufälligen Verschlechterung des Inventars. Er kann über einzelne Stücke innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft verfügen.
Der Pächter hat das Inventar nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft in dem Zustande zu erhalten, in welchem es ihm übergeben worden ist. Die von ihm angeschafften Stücke werden mit der Einverleibung in das Inventar Eigenthum des Verpächters.
§.529. Der Pächter hat das bei der Beendigung der Pacht vorhandene Inventar dem Pächter zurückzugewähren.
Der Verpächter kann die Übernahme derjenigen von dem Pächter angeschafften Inventarstücke ablehnen, welche nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft für das Grundstück überflüssig oder zu werthvoll sind; mit der Ablehnung geht das Eigenthum an den abgelehnten Stücken auf den Pächter über.
Uebersteigt der Gesammtschätzungswerth der übernommenen Stücke den der zurückzugewährenden oder übersteigt der Gesammtschätzungswerth der zurückzugewährenden Stücke den der übernommenen, so hat im ersteren Falle der Pächter dem Verpächter, im letzteren Falle der Verpächter dem Pächter den Mehrbetrag zu ersetzen.
§.530. Dem Pächter eines Grundstücks steht für seine auf das mitgepachtete Inventar sich beziehenden Forderungen ein Pfandrecht an den in seinen Besitz gelangten Inventarstücken zu. Auf das Pfandrecht findet die Vorschrift des §.504 Anwendung.
§.531. Der Pächter eines landwirthschaftlichen Grundstücks ist verpflichtet, das Grundstück nach der Beendigung der Pacht in dem Zustande zurückzugewähren, welcher sich bei einer während der Pachtzeit bis zur Rückgewähr sortgesetzten ordnungsmäßigen Bewirthschaftung ergiebt. Dies gilt insbesondere auch für die Bestellung.
§.532. Endigt die Pacht eines landwirthschaftlichen Grundstücks im Laufe eines Pachtjahrs, so hat der Verpächter die Kosten, welche der Pächter auf die noch nicht getrennten, jedoch nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft vor dem Ende des Pachtjahrs zu trennenden Früchte verwendet hat, insoweit zu ersetzen, als sie einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entsprechen und den Werth dieser Früchte nicht übersteigen.
§.533. Der Pächter eines Landguts hat von den bei der Beendigung der Pacht vorhandenen landwirthschaftlichen Erzeugnissen ohne Rücksicht darauf, ob er bei dem Antritte der Pacht solche Sachen übernommen hat, so viel zurückzulassen, als zur Fortführung der Wirthschaft bis zu der Zeit erforderlich ist, zu welcher gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich gewonnen werden, imgleichen den vorhandenen auf dem Gute gewonnenen Dünger.
Soweit der Pächter landwirthschaftliche Erzeugnisse in größerer Menge oder besserer Beschaffenheit zurückzulassen verpflichtet ist, als er bei dem Antritte der Pacht übernommen hat, kann er von dem Verpächter Ersatz des Werthes verlangen. Für Dünger ist Ersatz nicht zu leisten.
§.534. Hat der Pächter eines Landguts das Gut auf Grund einer Schätzung des wirthschaftlichen Zustandes mit der Bestimmung übernommen, daß nach der Beendigung der Pacht die Rückgewähr gleichfalls auf Grund einer solchen Schätzung zu erfolgen hat, so finden in Ansehung der Rückgewähr des Gutes die Vorschriften des §.529 Abs. 2, 3 entsprechende Anwendung.
Das Gleiche gilt, wenn der Pächter Vorräthe auf Grund einer Schätzung mit einer solchen Bestimmung übernommen hat, in Ansehung der Rückgewähr der Vorräthe, die er zurückzulassen verpflichtet ist.
§.535. Ist bei der Pacht eines Grundstücks oder eines Rechtes die Pachtzeit nicht bestimmt, so ist die Kündigung nur für den Schluß eines Pachtjahrs zulässig; sie hat spätestens am ersten Werktage des halben Jahres zu erfolgen, mit dessen Ablaufe die Pacht endigen soll.
Diese Vorschriften gelten bei der Pacht eines Grundstücks oder eines Rechtes auch für die Fälle, in welchen das Pachtverhältniß unter Einhaltung der gesetzlichen Frist vorzeitig gekündigt werden kann.
§.536. Dem Pächter steht das im §.493 Abs. 1 bestimmte Kündigungsrecht nicht zu.
Der Verpächter ist nicht berechtigt, das Pachtverhältniß nach §.510 zu kündigen.
Eine Kündigung des Pachtverhältnisses nach §.511 findet nicht statt.
§.537. Wird der Pachtgegenstand nach der Beendigung der Pacht von dem Pächter nicht zurückgegeben, so kann der Verpächter für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung den vereinbarten Pachtzins nach dem Verhältnisse verlangen, in welchem die Nutzungen, die der Pächter während dieser Zeit gezogen hat oder hätte ziehen können, zu den Nutzungen des ganzen Pachtjahrs stehen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
Fünfter Titel. Leihe.
§.538. Durch den Leihvertrag wird der Verleiher einer Sache verpflichtet, dem Entleiher den Gebrauch derselben unentgeltlich zu gestatten.
§.539. Der Verleiher hat nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
§.540. Hat der Verleiher einen Mangel im Rechte oder einen Mangel der verliehenen Sache arglistig verschwiegen, so ist er verpflichtet, dem Entleiher den dadurch verursachten Schaden zu ersetzen.
§.541. Der Entleiher hat die gewöhnlichen Kosten der Erhaltung der geliehenen Sache, bei der Leihe eines Thieres insbesondere die Fütterungskosten, zu tragen. Andere nothwendige Verwendungen sind dem Entleiher von dem Verleiher zu ersetzen.
Die Verpflichtung des Verleihers zum Ersatze sonstiger Verwendungen bestimmt sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Außerdem steht dem Entleiher das dem Miether im §.491 Abs. 2 eingeräumte Recht der Wegnahme zu.
§.542. Veränderungen oder Verschlechterungen der geliehenen Sache, welche durch den vertragsmäßigen Gebrauch herbeigeführt werden, sind von dem Entleiher nicht zu vertreten.
§.543. Der Entleiher darf von der geliehenen Sache keinen anderen als den vertragsmäßigen Gebrauch machen. Er ist nicht berechtigt, den Gebrauch der Sache ohne Erlaubniß des Verleihers einem Dritten zu überlassen.
§.544. Der Entleiher ist verpflichtet, die geliehene Sache nach dem Ablaufe der für die Leihe bestimmten Zeit zurückzugeben.
Ist eine Zeit nicht bestimmt, so ist die Sache zurückzugeben, nachdem der Entleiher den sich aus dem Zwecke der Leihe ergebenden Gebrauch gemacht hat. Der Verleiher kann die Sache schon vorher zurückfordern, wenn so viel Zeit verstrichen ist, daß der Entleiher den Gebrauch hätte machen können.
Ist die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus dem Zwecke zu entnehmen, so ist der Verleiher berechtigt, die Sache jederzeit zurückzufordern.
Hat der Entleiher den Gebrauch der Sache einem Dritten überlassen, so kann der Verleiher sie nach der Beendigung der Leihe auch von dem Dritten zurückfordern.
§.545. Der Verleiher kann die Leihe kündigen:
1. wenn er in Folge eines unvorhergesehenen Umstandes der verliehenen Sache bedarf;
2. wenn der Entleiher einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, insbesondere den Gebrauch unbefugt einem Dritten überläßt, oder die Sache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet;
3. wenn der Entleiher stirbt.
§.546. Die Ersatzansprüche des Verleihers wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der verliehenen Sache sowie die Ansprüche des Entleihers auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt nach Maßgabe des §.500 Satz 2.
Sechster Titel. Darlehen.
§.547. Wer Geld oder andere vertretbare Sachen als Darlehen empfangen hat, ist verpflichtet, dem Verleiher das Empfangene in Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten.
Wer Geld oder andere vertretbare Sachen aus einem anderen Grunde schuldet, kann mit dem Gläubiger vereinbaren, daß das Geld oder die Sachen als Darlehen geschuldet werden sollen.
§.548. Der Empfänger eines Darlehens ist zur Zahlung von Zinsen, abgesehen von den Fällen der §§.244, 247, nur verpflichtet, wenn Zinsen bedungen sind.
Die bedungenen Zinsen sind, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist, nach dem Ablaufe je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuerstatten ist, bei der Rückerstattung zu entrichten.
§.549. Ein Darlehen ist, wenn für die Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist, erst nach Kündigung zurückzuerstatten. Die Kündigung steht sowohl dem Gläubiger als dem Schuldner zu. Sind Zinsen nicht bedungen, so ist der Schuldner auch ohne Kündigung zur Rückerstattung berechtigt.
Die Kündigungsfrist beträgt bei Darlehen von mehr als dreihundert Mark drei Monate, bei Darlehen von geringerem Betrag einen Monat.
§.550. Wer die Hingabe eines Darlehens versprochen hat, kann im Zweifel das Versprechen widerrufen, wenn in den Vermögensverhältnissen des anderen Theiles eine wesentliche Verschlechterung eintritt, welche den Anspruch auf die Rückerstattung gefährdet.
Siebenter Titel. Dienstvertrag.
§.551. Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher die Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Theil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.
§.552. Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.
Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Tare die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Tare die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
§.553. Nimmt Jemand, der zur Leistung gewisser Dienste öffentlich bestellt ist oder sich öffentlich erboten hat, einen auf solche Dienste gerichteten Antrag nicht an, so ist er verpflichtet, die Ablehnung dem Antragsteller unverzüglich anzuzeigen. Das Gleiche gilt, wenn sich Jemand dem Antragsteller gegenüber zur Leistung gewisser Dienste erboten hat.
§.554. Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten. Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel nicht übertragbar.
§.555. Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablaufe der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.
§.556. Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die in Folge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muß sich jedoch den Werth desjenigen anrechnen lassen, was er in Folge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erworben hat oder hätte erwerben können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte.
§.557. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so wird der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, daß er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert ist; er muß sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.
§.558. Der Dienstberechtigte ist verpflichtet, Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, daß der zur Dienstleistung Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet. Erfüllt er diese Verpflichtung nicht, so hat er, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt, den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die für den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen geltenden Vorschriften der §§.765 bis 769 finden entsprechende Anwendung.
Die Verpflichtung des Dienstberechtigten kann nicht im Voraus durch Vertrag aufgehoben oder beschränkt werden.
§.559. Das Dienstverhältnitz endigt mit dem Ablaufe der Zeit, für welche es eingegangen ist.
Ist das Dienstverhältnitz nicht für bestimmte Zeit eingegangen und ergiebt sich die Dauer auch nicht aus dem Zwecke der Dienste, so kann jeder Theil das Dienstverhältnitz nach Maßgabe der §§.560 bis 562 kündigen.
§.560. Ist die Vergütung nach Tagen bemessen, so ist die Kündigung an jedem Tage für den folgenden Tag zulässig.
Ist die Vergütung nach Wochen bemessen, so ist die Kündigung nur für den Schluß einer Kalenderwoche zulässig; sie hat spätestens am ersten Werktage der Woche zu erfolgen.
Ist die Vergütung nach Monaten bemessen, so ist die Kündigung nur für den Schluß eines Kalendermonats zulässig; sie hat spätestens am fünfzehnten des Monats zu erfolgen.
Ist die Vergütung nach Vierteljahren oder längeren Zeitabschnitten bemessen, so ist die Kündigung nur für den Schluß eines Kalendervierteljahrs und nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen zulässig.
§.561. Das Dienstverhältnitz der mit festen Bezügen zur Leistung von Diensten höherer Art Angestellten, deren Erwerbsthätigkeit durch das Dienstverhältnitz vollständig oder hauptsächlich in Anspruch genommen wird, insbesondere der Lehrer, Erzieher, Privatbeamten, Gesellschafterinnen, kann nur für den Schluß eines Kalendervierteljahrs und nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen gekündigt werden, auch wenn die Vergütung nach kürzeren Zeitabschnitten als Vierteljahren bemessen ist.
§.562. Ist die Vergütung nicht nach Zeitabschnitten bemessen, so kann das Dienstverhältnitz jederzeit gekündigt werden; bei einem die Erwerbsthätigkeit des Verpflichteten vollständig oder hauptsächlich in Anspruch nehmenden Dienstverhältnis ist jedoch eine Kündigungsfrist von zwei Wochen einzuhalten.
§.563. Ist das Dienstverhältnitz für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem zur Dienstleistung Verpflichteten nach dem Ablaufe von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate. Die Kündigung ist nicht zulässig, wenn der Verpflichtete die Dienste durch einen Anderen leisten lassen darf.
§.564. Wird das Dienstverhältnitz nach seiner Beendigung von dem zur Dienstleistung Verpflichteten mit Wissen und ohne Widerspruch des anderen Theiles fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert.
§.565. Das Dienstverhältnitz kann von jedem Theile ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
Hat der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnisse mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen, so ist die Kündigung auch ohne die im Abs. 1 bezeichnete Voraussetzung zulässig.
§.566. Wird nach dem Beginne der Dienstleistung das Dienstverhältnitz auf Grund des §.565 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Theil der Vergütung verlangen. Hat er gekündigt, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Theiles dazu veranlaßt zu sein, oder hat er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Theiles veranlaßt, so steht ihm ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen in Folge der Kündigung für den anderen Theil kein Interesse haben. Ist die Vergütung für eine spätere Zeit im Voraus entrichtet, so hat der Verpflichtete sie nach Maßgabe des §.298 und des §.279 Satz 2 zurückzuerstatten.
Ist die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Theiles veranlaßt, so ist dieser zum Ersatze des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstandenen Schadens verpflichtet.
§.567. Hat der zur Dienstleistung Verpflichtete ein Geschäft für den Dienstberechtigten zu besorgen, so darf er, wenn ihm das Recht zusteht, das Dienstverhältnitz ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, von diesem Rechte nur in der Art Gebrauch machen, daß der Dienstberechtigte für die Besorgung des Geschäfts anderweit Fürsorge treffen kann. Kündigt der Verpflichtete zur Unzeit, so hat er den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt.
Sind Dienste höherer Art zu leisten, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen, so gelten diese Vorschriften auch dann, wenn die Dienstleistung nicht in einer Geschäftsbesorgung besteht.
§.568. Bei der Beendigung eines dauernden Dienstverhältnisses kann der zur Dienstleistung Verpflichtete von dem anderen Theile ein schriftliches Zeugnis über das Dienstverhältnitz und dessen Dauer fordern. Das Zeugnis ist auf Verlangen auf die Leistungen und die Führung im Dienste auszudehnen.
Achter Titel. Werkvertrag.
§.569. Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als ein sonstiger durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.
§.570. Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.
Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Tare die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Tare die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
§.571. Der Unternehmer ist verpflichtet, das Werk so herzustellen, daß es die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Werth oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern.
Ist das Werk nicht von dieser Beschaffenheit, so kann der Besteller die Beseitigung des Mangels verlangen. Der Unternehmer ist berechtigt, die Beseitigung zu verweigern, wenn sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert.
Ist der Unternehmer mit der Beseitigung des Mangels im Verzuge, so kann der Besteller den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlich gewesenen Aufwendungen verlangen.
§.572. Zur Beseitigung eines Mangels der im §.571 bezeichneten Art kann der Besteller dem Unternehmer eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Beseitigung des Mangels nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Zeigt sich schon vor der Ablieferung des Werkes ein Mangel, so kann der Besteller die Frist sofort bestimmen; die Frist muß so bemessen sein, daß sie nicht vor der für die Ablieferung bestimmten Frist abläuft. Wird der Mangel nicht innerhalb der Frist beseitigt, so kann der Besteller Rückgängigmachung des Vertrags (Wandelung) oder Herabsetzung der Vergütung (Minderung) verlangen; der Anspruch auf Beseitigung des Mangels ist ausgeschlossen.
Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die Beseitigung des Mangels unmöglich ist oder von dem Unternehmer verweigert wird oder wenn die sofortige Geltendmachung des Anspruchs auf Wandelung oder auf Minderung durch ein besonderes Interesse des Bestellers gerechtfertigt wird.
Die Wandelung ist ausgeschlossen, wenn der Mangel den Werth oder die Tauglichkeit des Werkes nur unerheblich mindert.
Auf die Wandelung und die Minderung finden die für den Kauf geltenden Vorschriften der §§.402, 403, 405 bis 411 entsprechende Anwendung.
§.573. Beruht der Mangel auf einem von dem Unternehmer zu vertretenden Umstande, so kann der Besteller statt der Wandelung oder der Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.
§.574. Wird das Werk ganz oder zum Theil nicht rechtzeitig hergestellt, so finden die für die Wandelung geltenden Vorschriften des §.572 Abs. 1 bis 3 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß an die Stelle des Anspruchs auf Wandelung das Recht des Bestellers tritt, nach §. 279 vom Vertrage zurückzutreten. Die im Falle des Verzugs des Unternehmers sowie die im Falle des §.278 dem Besteller zustehenden Rechte bleiben unberührt.
§.575. Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung des Unternehmers, einen Mangel des Werkes zu vertreten, beschränkt oder erlassen wird, ist nichtig, wenn der Unternehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat.
§.576. Der Anspruch des Bestellers auf Beseitigung eines Mangels des Werkes sowie die wegen des Mangels dem Besteller zustehenden Ansprüche auf Wandelung, Minderung oder Schadensersatz verjähren, sofern nicht der Unternehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat, in sechs Monaten, bei Arbeiten an einem Grundstücke jedoch in einem Jahre, bei Bauwerken in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit der Abnahme des Werkes.
Die Verjährungsfrist kann durch Vertrag verlängert werden. Die für die Verjährung der Ansprüche des Käufers geltenden Vorschriften des §.413 Abs. 2, 3 und des §.414 finden entsprechende Anwendung. Hat sich der Unternehmer im Einverständnisse mit dem Besteller der Prüfung des Vorhandenseins des Mangels oder der Beseitigung des Mangels unterzogen, so ist die Verjährung so lange gehemmt, bis der Unternehmer das Ergebnis der Prüfung dem Besteller mitgetheilt oder ihm gegenüber den Mangel für beseitigt erklärt oder die Fortsetzung der Beseitigung verweigert hat.
§.577. Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes eine Abnahme ausgeschlossen ist.
Hat er ein mangelhaftes Werk abgenommen, obschon er den Mangel kannte, so stehen ihm die in den §§.571, 572 bestimmten Ansprüche nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehalten hat.
§.578. Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Theilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Theile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Theil bei dessen Abnahme zu entrichten.
§.579. Ist bei dem Beginn oder während der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen. Die Höhe der Entschädigung richtet sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer in Folge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erworben hat oder hätte erwerben können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte.
Der Unternehmer ist berechtigt, dem Besteller zur Nachholung der vorzunehmenden Handlung eine angemessene Frist mit der Erklärung zu bestimmen, daß er den Vertrag kündige, wenn die Handlung nicht innerhalb der Frist vorgenommen werde. Ist die Nachholung nicht innerhalb der Frist erfolgt, so gilt der Vertrag als aufgehoben.
§.580. Der Unternehmer trägt die Gefahr bis zur Abnahme des Werkes. Kommt der Besteller in Verzug der Annahme, so geht die Gefahr auf ihn über. Für den zufälligen Untergang und eine zufällige Verschlechterung des von dem Besteller gelieferten Stoffes ist der Unternehmer nicht verantwortlich.
Wird das Werk auf Verlangen des Bestellers von dem Unternehmer nach einem anderen Orte als dem Erfüllungsorte versendet, so finden die für den Kauf geltenden Vorschriften des §.388 entsprechende Anwendung.
§.581. Ist das Werk vor der Abnahme in Folge eines Mangels des von dem Besteller gelieferten Stoffes oder in Folge einer von dem Besteller für die Ausführung ertheilten Anweisung ohne Mitwirkung eines von dem Unternehmer zu vertretenden Umstandes untergegangen, verschlechtert oder unausführbar geworden, so kann der Unternehmer einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Theil der Vergütung und Ersatz der in der Vergütung nicht mitbegriffenen Auslagen verlangen. Das Gleiche gilt, wenn der Vertrag in Gemäßheit des §.579 Abs. 2 aufgehoben ist.
Die im Falle eines Verschuldens des Bestellers dem Unternehmer zustehenden weitergehenden Ansprüche bleiben unberührt.
§.582. Ist nach der Beschaffenheit des Werkes eine Abnahme nicht möglich, so tritt in den Fällen der §§.576, 578, 580, 581 an die Stelle der Abnahme die Vollendung des Werkes.
§.583. Der Unternehmer hat für seine Forderungen aus dem Vertrag ein Pfandrecht an den von ihm hergestellten oder ausgebesserten beweglichen Sachen des Bestellers, sofern sie bei der Herstellung oder zum Zwecke der Ausbesserung in seinen Besitz gelangt sind.
Der Unternehmer eines Bauwerkes oder eines einzelnen Theiles eines Bauwerkes kann für seine Forderungen aus dem Vertrage die Einräumung einer Sicherungshypothek an dem Baugrundstücke des Bestellers verlangen. Ist das Werk noch nicht vollendet, so kann er die Einräumung der Sicherungshypothek für einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Theil der Vergütung und für die in der Vergütung nicht mitbegriffenen Auslagen verlangen.
§.584. Der Besteller kann vor der Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Im Falle der Kündigung ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung unter Anrechnung desjenigen zu verlangen, was er in Folge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erworben hat oder hätte erwerben können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte.
§.585. Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zu Grunde gelegt, ohne daß der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergiebt sich, daß das Werk nicht ohne eine wesentliche Ueberschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grunde kündigt, dem Unternehmer nur der im §.581 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu. Hat der Unternehmer nicht unverzüglich, nachdem er die zu erwartende Ueberschreitung des Anschlags erkannt hat oder hätte erkennen müssen, von derselben dem Besteller Anzeige gemacht, so ist er zum Ersatze des daraus entstandenen Schadens verpflichtet.
§.586. Hat sich der Unternehmer verpflichtet, das Werk aus einem von ihm zu beschaffenden Stoffe herzustellen, so hat er dem Besteller die vertragsmäßig hergestellte Sache zu übergeben und das Eigenthum an derselben zu verschaffen. Auf einen solchen Vertrag finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung; ist eine nicht vertretbare Sache herzustellen, so treten an die Stelle des §.375, des §.387 Abs. 1 Satz 1 und der §§.388, 397 bis 401, 413, 414 die Vorschriften über den Werkvertrag mit Ausnahme des §.583.
Hat sich der Unternehmer nur zur Beschaffung von Zuthaten oder sonstigen Nebensachen verpflichtet, so finden ausschließlich die Vorschriften über den Werkvertrag Anwendung.
Neunter Titel. Maklervertrag.
§.587. Wer für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß eines Vertrags oder für die Vermittelung eines Vertrags einen Mäklerlohn versprochen hat, ist zur Entrichtung desselben nur verpflichtet, wenn der Vertrag in Folge des Nachweises oder in Folge der Vermittelung des Mäklers zu Stande kommt. Ist der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so kann der Mäklerlohn erst verlangt werden, wenn die Bedingung eingetreten ist.
Aufwendungen sind dem Mäkler nur zu ersetzen, wenn es vereinbart ist. Dies gilt auch dann, wenn ein Vertrag nicht zu Stande kommt.
§.588. Ein Mäklerlohn gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die dem Mäkler übertragene Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.
Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Tare der taxmäßige Lohn, in Ermangelung einer Tare der übliche Lohn als vereinbart anzusehen.
Zehnter Titel. Auslobung.
§.589. Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wenn derselbe nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat.
§.590. Die Auslobung kann so lange widerrufen werden, bis die Handlung vorgenommen worden ist. Der Widerruf ist sofern er nicht durch besondere Mittheilung erfolgt, nur wirksam, wenn er in derselben Weise wie die Auslobung bekannt gemacht ist.
Auf die Widerruslichkeit kann in der Auslobung verzichtet werden; ein Verzicht liegt im Zweifel in der Bestimmung einer Frist für die Vornahme der Handlung.
§.591. Hat von Mehreren jeder die Handlung vorgenommen, für deren Vornahme die Belohnung ausgesetzt ist, so gebührt die Belohnung demjenigen, welcher die Handlung zuerst vorgenommen hat. Ist die Handlung von Mehreren gleichzeitig vorgenommen worden, so gebührt jedem ein gleicher Theil der Belohnung.
Haben Mehrere zu dem Erfolge mitgewirkt, für dessen Herbeiführung die Belohnung ausgesetzt ist, so hat der Auslobende die Belohnung unter Berücksichtigung des Antheils eines Jeden an dem Erfolge nach billigem Ermessen unter sie zu vertheilen. Die Vertheilung ist nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist; sie erfolgt in einem solchen Falle durch Urtheil. Wird die Vertheilung des Auslobenden von einem der Betheiligten nicht als verbindlich anerkannt, so ist der Auslobende berechtigt, die Erfüllung zu verweigern, bis die Betheiligten den Streit über ihre Berechtigung unter sich ausgetragen haben; jeder von ihnen kann verlangen, daß die Belohnung für alle hinterlegt wird.
Läßt sich die Belohnung ihrer Beschaffenheit nach nicht theilen oder soll nach dem Inhalte der Auslobung nur Einer die Belohnung erhalten, so entscheidet das Loos.
§.592. Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung zum Gegenstande hat, ist nur gültig, wenn in der Bekanntmachung eine Frist für die Bewerbung bestimmt ist.
Die Entscheidung darüber, ob eine innerhalb der Frist erfolgte Bewerbung der Auslobung entspricht oder welche von mehreren Bewerbungen den Vorzug verdient, ist durch die in der Auslobung bezeichnete Person, in Ermangelung einer solchen durch den Auslobenden zu treffen. Die Entscheidung ist für die Betheiligten verbindlich.
Bei Bewerbungen von gleicher Würdigkeit finden auf die Zuertheilung des Preises die Vorschriften des §.591 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Anwendung.
Die Übertragung des Eigenthums an dem gelieferten Werke kann der Auslobende nur verlangen, wenn es in der Auslobung bestimmt ist.
Elfter Titel. Auftrag.
§.593. Durch die Annahme eines Auftrags verpflichtet sich der Beauftragte, ein ihm von dem Auftraggeber übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen.
§.594. Nimmt Jemand, der sich öffentlich zur Besorgung gewisser Geschäfte erboten hat, einen auf solche Geschäfte gerichteten Auftrag nicht an, so ist er verpflichtet, die Ablehnung dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen. Das Gleiche gilt, wenn sich Jemand dem Auftraggeber gegenüber zur Besorgung gewisser Geschäfte erboten hat.
§.595. Der Beauftragte darf im Zweifel die Ausführung des Auftrags nicht einem Dritten übertragen. Ist die Übertragung gestattet, so hat er nur ein ihm bei der Übertragung zur Last fallendes Verschulden zu vertreten. Für das Verschulden eines Gehülsen ist er nach §.234 verantwortlich.
§.596. Der Beauftragte ist berechtigt, von den Weisungen des Auftraggebers abzuweichen, wenn er den Umständen nach annehmen darf, daß der Auftraggeber bei Kenntnitz der Sachlage die Abweichung billigen würde. Der Beauftragte hat, soweit es thunlich ist, vor der Abweichung dem Auftraggeber Anzeige zu machen und dessen Entschließung abzuwarten.
§.597. Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu ertheilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.
§.598. Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber Alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhalten und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, mit Einschluß der etwa gezogenen Früchte, herauszugeben.
§.599. Hat der Beauftragte Geld, welches er dem Auftraggeber herauszugeben oder für diesen zu verwenden hat, für sich verwendet, so ist er verpflichtet, es von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen.
§.600. Für die zur Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen hat der Auftraggeber dem Beauftragten auf Verlangen Vorschuß zu leisten.
§.601. Hat der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen gemacht, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte, so ist der Auftraggeber zum Ersatze verpflichtet. Aufgewendetes Geld hat der Auftraggeber von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen.
Ist der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags eine Verbindlichkeit eingegangen, deren Eingehung er den Umständen nach für erforderlich halten durfte, so ist der Auftraggeber verpflichtet, ihn von der Verbindlichkeit zu befreien; der Auftraggeber kann jedoch, wenn die Verbindlichkeit noch nicht fällig ist, dem Beauftragten, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
§.602. Der Auftrag kann von dem Auftraggeber jederzeit widerrufen, von dem Beauftragten jederzeit gekündigt werden.
Der Beauftragte darf nur in der Art kündigen, daß der Auftraggeber für das übertragene Geschäft anderweit Fürsorge treffen kann.
Kündigt der Beauftragte zur Unzeit, so hat er dem Auftraggeber den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Ein solcher Grund berechtigt den Beauftragten zur Kündigung auch dann, wenn er auf das Kündigungsrecht verzichtet hat.
§.603. Der Auftrag erlischt im Zweifel nicht durch den Tod oder den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Auftraggebers.
Erlischt der Auftrag, so hat der Beauftragte bei Gefahr im Verzuge die Besorgung des aufgetragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Erbe oder der gesetzliche Vertreter des Auftraggebers anderweit hat Fürsorge treffen können; der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend.
§.604. Der Auftrag erlischt im Zweifel durch den Tod des Beauftragten. Im Falle des Erlöschens hat der Erbe des Beauftragten den Tod dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen und bei Gefahr im Verzuge die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Auftraggeber anderweit hat Fürsorge treffen können; der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend.
§.605. Ist der Auftrag in anderer Weise als durch Widerruf erloschen, so gilt er zu Gunsten des Beauftragten gleichwohl als fortbestehend, bis der Beauftragte von der das Erlöschen bewirkenden Thatsache Kenntnitz erlangt hat oder diese Thatsache hätte kennen müssen.
§.606. Die Vorschriften der §§.596 bis 601, 603 bis 605 finden entsprechende Anwendung, wenn die Verpflichtung zur Geschäftsbesorgung durch einen Dienst- oder einen Werkvertrag übernommen ist.
§.607. Wer einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt hat, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis oder einer unerlaubten Handlung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatze des aus der Befolgung des Rathes oder der Empfehlung entstandenen Schadens nicht verpflichtet.
Zwölfter Titel. Geschäftsführung ohne Auftrag.
§.608. Wer ein Geschäft für einen Anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder muthmäßlichen Willen es erfordert.
§.609. Steht die Übernahme der Geschäftsführung mit dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch und mußte der Geschäftsführer dies erkennen, so ist er dem Geschäftsherrn zum Ersatze des aus der Geschäftsführung entstandenen Schadens auch dann verpflichtet, wenn ihm ein sonstiges Verschulden nicht zur Last fällt.
§.610. Ein der Geschäftsführung entgegenstehender Wille des Geschäftsherrn kommt nicht in Betracht, wenn ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn nicht rechtzeitig erfüllt werden würde.
§.611. Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
§.612. Der Geschäftsführer hat die Übernahme der Geschäftsführung, sobald es thunlich ist, dem Geschäftsherrn anzuzeigen und, wenn es ohne Gefahr geschehen kann, dessen Entschließung abzuwarten. Im Uebrigen finden auf die Verpflichtungen des Geschäftsführers die für einen Beauftragten geltenden Vorschriften der §§.597 bis 599 entsprechende Anwendung.
§.613. War der Geschäftsführer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist er nur nach den Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen und über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verantwortlich.
§.614. Hat die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder muthmäßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprochen, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen und Befreiung von den eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen. In den Fällen des §.610 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch stand.
§.615. Liegen die Voraussetzungen des §.614 nicht vor, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer dasjenige, was er durch die Geschäftsführung erlangt hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Genehmigt der Geschäftsherr die Geschäftsführung, so steht dem Geschäftsführer der im §.614 bestimmte Anspruch zu.
§.616. Dem Geschäftsführer steht ein Anspruch nicht zu, wenn er nicht die Absicht hatte, von dem Geschäftsherrn Ersatz zu verlangen.
Haben Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen oder diese jenen Unterhalt gewährt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Absicht, von dem Empfänger Ersatz zu verlangen, gefehlt hat.
§.617. Hat sich der Geschäftsführer über die Person des Geschäftsherrn geirrt, so wird der wirkliche Geschäftsherr aus der Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet.
§.618. Die Vorschriften der §§.608 bis 617 finden keine Anwendung, wenn Jemand ein fremdes Geschäft in der Meinung besorgt hat, daß es sein eigenes sei.
Hat Jemand ein fremdes Geschäft mit dem Bewußtsein, nicht dazu berechtigt zu sein, als sein eigenes behandelt, so kann der Geschäftsherr die sich aus den §§.608, 609, 612, 613 ergebenden Ansprüche geltend machen. Macht er sie geltend, so ist er dem Geschäftsführer nach §.615 Satz 1 verpflichtet.
Dreizehnter Titel. Anweisung.
§.619. Hat Jemand eine Urkunde, in welcher er einen Anderen anweist, Geld oder eine bestimmte Menge vertretbarer Sachen oder Werthpapiere an einen Dritten zu leisten, dem Dritten ausgehändigt, so ist dieser ermächtigt, die Leistung bei dem Angewiesenen im eigenen Namen zu erheben; der Angewiesene ist ermächtigt, für Rechnung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten.
§.620. Hat der Angewiesene die Anweisung angenommen, so ist er dem Anweisungsempfänger gegenüber zur Leistung verpflichtet; er kann ihm nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Annahme betreffen oder sich aus dem Inhalte der Anweisung oder dem Inhalte der Annahme ergeben oder dem Angewiesenen unmittelbar gegen den Anweisungsempfänger zustehen.
Die Annahme erfolgt durch einen schriftlichen Vermerk auf der Anweisung. Ist der Vermerk auf die Anweisung vor der Aushändigung an den Anweisungsempfänger gesetzt, so wird die Annahme diesem gegenüber erst mit der Aushändigung wirksam.
Der Anspruch des Anweisungsempfängers gegen den Angewiesenen aus der Annahme verjährt in drei Jahren.
§.621. Der Angewiesene ist nur gegen Aushändigung der Anweisung zur Leistung verpflichtet.
§.622. Hat der Anweisende die Anweisung zu dem Zwecke erheilt, um seinerseits eine Leistung an den Anweisungsempfänger zu bewirken, so ist die Leistung, auch wenn der Angewiesene die Anweisung angenommen hat, erst mit der Leistung des Angewiesenen an den Anweisungsempfänger bewirkt.
§.623. Hat sich der Angewiesene dem Anweisenden gegenüber zur Annahme der Anweisung oder zur Leistung an den Anweisungsempfänger verpflichtet oder hat er die Leistung in Gemäßheit der Anweisung bewirkt, so bestimmt sich das Verhältnitz zwischen ihm und dem Anweisenden im Zweifel nach den Vorschriften über den Auftrag. Im Falle einer Anweisung auf Schuld wird der Angewiesene durch die Leistung in der Höhe derselben von der Schuld befreit.
Zur Annahme der Anweisung oder zur Leistung an den Anweisungsempfänger ist der Angewiesene dem Anweisenden gegenüber nicht schon deshalb verpflichtet, weil er Schuldner des Anweisenden ist.
§.624. Der Anweisungsempfänger ist dem Anweisenden gegenüber im Zweifel wie ein Beauftragter verpflichtet, den Angewiesenen zu der Leistung aufzufordern.
Verweigert der Angewiesene die Leistung oder vor dem Eintritte der Leistungszeit die Annahme der Anweisung, so hat der Anweisungsempfänger dem Anweisenden unverzüglich Anzeige zu machen. Das Gleiche gilt, wenn der Anweisungsempfänger die Anweisung nicht geltend machen kann oder will.
§.625. Solange der Angewiesene weder die Anweisung dem Anweisungsempfänger gegenüber angenommen noch die Leistung bewirkt hat, kann der Anweisende dem Angewiesenen gegenüber die Anweisung widerrufen, auch wenn er dadurch einer ihm gegen den Anweisungsempfänger obliegenden Verpflichtung zuwiderhandelt.
§.626. Die Anweisung erlischt nicht durch den Tod oder den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit eines der Betheiligten.
§.627. Der Anweisungsempfänger kann die Anweisung, auch wenn sie nicht angenommen ist, durch Vertrag mit einem Dritten auf diesen übertragen. Die Übertragungserklärung bedarf der schriftlichen Form. Zur Übertragung ist die Aushändigung der Anweisung an den Dritten erforderlich.
Der Anweisende kann die Übertragung ausschließen. Die Ausschließung ist dem Angewiesenen gegenüber nur wirksam, wenn sie aus der Anweisung zu entnehmen ist oder wenn sie von dem Anweisenden dem Angewiesenen mitgetheilt war, bevor dieser die Anweisung angenommen oder die Leistung bewirkt hat.
Hat der Angewiesene die Anweisung dem Erwerber gegenüber angenommen, so kann er aus einem zwischen ihm und dem Anweisungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis Einwendungen nicht herleiten. Im Uebrigen finden auf die Übertragung der Anweisung die für die Abtretung einer Forderung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
Vierzehnter Titel. Hinterlegungsvertrag.
§.628. Durch den Hinterlegungsvertrag wird der Verwahrer verpflichtet, eine ihm von dem Hinterleger übergebene bewegliche Sache aufzubewahren.
§.629. Für die Aufbewahrung kann eine Vergütung vereinbart werden. Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Aufbewahrung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.
§.630. Ist die Aufbewahrung unentgeltlich übernommen, so hat der Verwahrer nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
§.631. Der Verwahrer darf im Zweifel nicht die hinterlegte Sache bei einem Dritten hinterlegen. Ist die Hinterlegung bei einem Dritten gestattet, so hat der Verwahrer nur ein ihm bei dieser Hinterlegung zur Last fallendes Verschulden zu vertreten.
Für das Verschulden eines Gehülsen ist er nach §.234 verantwortlich.
§.632. Der Verwahrer ist berechtigt, die vereinbarte Art der Aufbewahrung zu ändern, wenn er den Umständen nach annehmen darf, daß der Hinterleger bei Kenntnitz der Sachlage die Aenderung billigen würde. Der Verwahrer hat, soweit es thunlich ist, vor der Aenderung dem Hinterleger Anzeige zu machen und dessen Entschließung abzuwarten.
§.633. Sind von dem Verwahrer zum Zwecke der Aufbewahrung Aufwendungen gemacht oder Verbindlichkeiten eingegangen worden, so finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften des §.601 entsprechende Anwendung.
§.634. Der Hinterleger hat den durch die Beschaffenheit der hinterlegten Sache dem Verwahrer verursachten Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß er die gefahrdrohende Beschaffenheit der Sache bei der Hinterlegung weder kannte noch kennen mußte oder daß er sie dem Verwahrer angezeigt oder dieser sie ohne Anzeige gekannt hat.
§.635. Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache jederzeit zurückfordern, auch wenn für die Aufbewahrung eine Zeit bestimmt ist.
§.636. Der Verwahrer kann, wenn eine Zeit für die Aufbewahrung nicht bestimmt ist, jederzeit die Rücknahme der hinterlegten Sache verlangen. Ist eine Zeit bestimmt, so kann er die vorzeitige Rücknahme nur verlangen, wenn ein wichtiger Grund hierfür vorliegt.
§.637. Die Rückgabe der hinterlegten Sache hat an dem Orte zu erfolgen, wo die Sache aufzubewahren war; der Verwahrer ist nicht verpflichtet, die Sache dem Hinterleger zu bringen.
Mit der Sache sind die etwa gezogenen Früchte zurückzugeben.
§.638. Hat der Verwahrer ohne Erlaubnis des Hinterlegers hinterlegtes Geld für sich verwendet, so ist er verpflichtet, es von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen.
§.639. Der Hinterleger hat die vereinbarte Vergütung bei der Beendigung der Hinterlegung zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablaufe der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.
Endigt die Hinterlegung vor dem Ablaufe der für sie bestimmten Zeit, so kann der Verwahrer einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Theil der Vergütung verlangen, sofern sich nicht aus der Vereinbarung über die Vergütung ein Anderes ergiebt.
§.640. Sind vertretbare Sachen mit der Bestimmung hinterlegt worden, daß nicht dieselben Sachen, sondern Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückgewährt werden sollen, so finden die Vorschriften über das Darlehen Anwendung. Hat bei der Hinterlegung vertretbarer Sachen der Hinterleger dem Verwahrer gestattet, die Sachen zu verbrauchen, so finden die Vorschriften über das Darlehen von dem Zeitpunkt an Anwendung, in welchem der Verwahrer sich die Sachen aneignet. In beiden Fällen richten sich jedoch Zeit und Ort der Rückgabe im Zweifel nach den Vorschriften über den Hinterlegungsvertrag.
Bei der Hinterlegung von Werthpapieren ist eine Vereinbarung der im Abs. 1 bezeichneten Art nur gültig, wenn sie ausdrücklich getroffen wird.
Fünfzehnter Titel. Einbringung von Sachen bei Gastwirthen.
§.641. Ein Gastwirth, der gewerbsmäßig Fremde zur Beherbergung aufnimmt, hat einem im Betriebe dieses Gewerbes aufgenommenen Gaste den Schaden zu ersetzen, welchen derselbe durch den Verlust oder die Beschädigung eingebrachter Sachen erleidet. Die Schadensersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden von dem Gaste, einem Begleiter des Gastes oder einer Person, die er bei sich aufgenommen hat, verursacht worden oder durch die Beschaffenheit der Sachen oder durch höhere Gewalt entstanden ist.
Als eingebracht gelten die Sachen, welche der Gast dem Gastwirth oder Leuten desselben, die zur Entgegennahme der Sachen bestellt oder nach den Umständen als dazu bestellt anzusehen waren, übergeben oder an einen ihm von denselben angewiesenen Ort oder in Ermangelung einer Anweisung an den hierzu bestimmten Ort gebracht hat.
Ein Anschlag, durch welchen der Gastwirth die Haftung ablehnt, ist ohne Wirkung.
§.642. Für Geld, Werthpapiere und Kostbarkeiten haftet der Gastwirth nach §.641 nur bis zu dem Betrage von eintausend Mark, es sei denn, daß er diese Gegenstände in Kenntnitz ihrer Eigenschaft als Werthsachen zur Aufbewahrung übernommen oder die Aufbewahrung abgelehnt hat oder daß der Schaden von ihm oder von seinen Leuten verschuldet worden ist.
§.643. Der dem Gaste auf Grund der §§.641, 642 zustehende Anspruch erlischt, wenn der Gast nicht unverzüglich, nachdem er von dem Verlust oder der Beschädigung Kenntnitz erlangt hat, dem Gastwirth Anzeige macht. Der Anspruch erlischt nicht, wenn die Sachen dem Gastwirthe zur Aufbewahrung übergeben waren oder der Schaden von ihm oder von seinen Leuten verschuldet worden ist.
§.644. Der Gastwirth hat für seine Forderungen für Wohnung und sonstige dem Gaste zur Befriedigung seiner Bedürfnisse gewährte Leistungen, mit Einschluß der Auslagen, ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Gastes. Die für das Pfandrecht des Vermiethers geltenden Vorschriften des §.501 Satz 3 und der §§.502 bis 505 finden entsprechende Anwendung.
Sechzehnter Titel. Gesellschaft.
§.645. Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten.
§.646. Die Gesellschafter haben in Ermangelung einer anderen Vereinbarung gleiche Beiträge zu leisten.
Sind vertretbare Sachen beizutragen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie gemeinschaftliches Eigenthum der Gesellschafter werden sollen. Das Gleiche gilt von nicht vertretbaren Sachen, wenn sie nach einer Schätzung beizutragen sind, die nicht blos für die Gewinnvertheilung bestimmt ist.
Der Beitrag eines Gesellschafters kann auch in der Leistung von Diensten bestehen.
§.647. Zur Erhöhung des vereinbarten Beitrags oder zur Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlage ist ein Gesellschafter nicht verpflichtet.
§.648. Ein Gesellschafter hat bei der Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
§.649. Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern dergestalt gemeinschaftlich zu, daß für jedes Geschäft die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist.
Hat nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.
§.650. Ist in dem Gesellschaftsvertrage die Führung der Geschäfte einem Gesellschafter oder mehreren Gesellschaftern übertragen, so sind die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Ist die Geschäftsführung mehreren Gesellschaftern übertragen, so finden die Vorschriften des §.649 entsprechende Anwendung.
§.651. Steht nach dem Gesellschaftsvertrage die Führung der Geschäfte allen oder mehreren Gesellschaftern in der Art zu, daß jeder allein zu handeln berechtigt ist, so kann jeder von ihnen der Vornahme eines Geschäfts durch den anderen widersprechen. Im Falle des Widerspruchs muß das Geschäft unterbleiben.
§.652. Die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Befugnis zur Geschäftsführung kann ihm durch einstimmigen Beschluß oder, sofern nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen entscheidet, durch Mehrheitsbeschluß der übrigen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.
Der Gesellschafter kann auch seinerseits die Geschäftsführung kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; die für den Auftrag geltenden Vorschriften des §.602 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§.653. Die Rechte und Verpflichtungen der geschäftsführenden Gesellschafter bestimmen sich nach den für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§.595 bis 601, soweit sich nicht aus dem Gesellschaftsverhältniß ein Anderes ergiebt.
§.654. Soweit einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage die Befugnis zur Geschäftsführung zusteht, ist er im Zweifel auch ermächtigt, die anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten.
§.655. Ist im Gesellschaftsvertrag ein Gesellschafter ermächtigt, die anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten, so kann die Vertretungsmacht nur nach Maßgabe des §.652 Abs. 1 und, wenn sie in Verbindung mit der Befugnis zur Geschäftsführung ertheilt war, nur mit dieser entzogen werden.
§.656. Ein Gesellschafter kann, auch wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Geschäftsbücher und Papiere einsehen und sich auf Grund derselben eine Uebersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anfertigen.
Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung steht der Geltendmachung des Rechtes nicht entgegen, wenn Grund zu dem Verdacht unredlicher Geschäftsführung vorliegt.
§.657. Die Ansprüche, welche den Gesellschaftern aus dem Gesellschaftsverhältnisse gegen einander zustehen, sind nicht übertragbar. Ausgenommen sind die einem Gesellschafter aus seiner Geschäftsführung zustehenden Ansprüche, soweit deren Befriedigung vor der Auseinandersetzung verlangt werden kann, sowie die Ansprüche auf einen Gewinnantheil oder auf dasjenige, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt.
§.658. Ein Gesellschafter kann über seinen Antheil an den durch die Beiträge der Gesellschafter und durch den Erwerb aus der Geschäftsführung gemeinschaftlich gewordenen Gegenständen, mit Einschluß der Forderungen, (Gesellschaftsvermögen) nicht verfügen; er ist nicht berechtigt, Theilung zu verlangen. Gegen eine Forderung, welche zum Gesellschaftsvermögen gehört, kann der Schuldner eine ihm gegen einen einzelnen Gesellschafter zustehende Forderung nicht aufrechnen.
Die Zugehörigkeit einer Forderung zum Gesellschaftsvermögen hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntnitz erlangt hat; die Vorschriften der §§.349 bis 351 finden entsprechende Anwendung.
Die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen findet nur auf Grund eines gegen sämmtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt.
§.659. Ein Gesellschafter kann den Rechnungsabschluß und die Vertheilung des Gewinns und Verlustes erst nach der Auflösung der Gesellschaft verlangen.
Ist die Gesellschaft von längerer Dauer, so hat im Zweifel der Rechnungsabschluß und die Gewinnvertheilung am Schlusse jedes Geschäftsjahrs zu erfolgen.
§.660. Sind die Antheile der Gesellschafter am Gewinn und Verluste nicht bestimmt, so hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf die Art und die Größe seines Beitrags einen gleichen Antheil am Gewinn und Verluste.
Ist nur der Antheil am Gewinn oder am Verluste bestimmt, so gilt die Bestimmung im Zweifel für Gewinn und Verlust.
§.661. Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen, so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen. Ist eine Zeitdauer bestimmt, so ist die Kündigung vor dem Abpause der Zeit zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere vorhanden, wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt hat oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich geworden ist. Unter der gleichen Voraussetzung ist, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt ist, die Kündigung ohne Einhaltung der Frist zulässig.
Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen. Kündigt ein Gesellschafter zur Unzeit, so hat er den übrigen Gesellschaftern den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt.
Eine Vereinbarung, durch welche das Kündigungsrecht diesen Vorschriften zuwider beschränkt wird, ist nichtig.
§.662. Ist eine Gesellschaft für die Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen, so kann sie in gleicher Weise gekündigt werden, wie eine für unbestimmte Zeit eingegangene Gesellschaft. Dasselbe gilt, wenn eine Gesellschaft nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit stillschweigend fortgesetzt wird.
§.663. Hat ein Gläubiger eines Gesellschafters die Pfändung und Ueberweisung des Anspruchs auf dasjenige erwirkt, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt, so kann er die Gesellschaft ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, sofern der Schuldtitel nicht blos vorläufig vollstreckbar ist.
§.664. Die Gesellschaft endigt, wenn der vereinbarte Zweck erreicht oder dessen Erreichung unmöglich geworden ist.
§.665. Die Gesellschaft wird durch den Tod eines der Gesellschafter aufgelöst, sofern sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag ein Anderes ergiebt.
Im Falle der Auflösung hat der Erbe des verstorbenen Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern den Tod unverzüglich anzuzeigen und bei Gefahr im Verzuge die seinem Erblasser durch den Gesellschaftsvertrag übertragenen Geschäfte fortzuführen, bis die übrigen Gesellschafter in Gemeinschaft mit ihm anderweit haben Fürsorge treffen können. Die übrigen Gesellschafter sind in gleicher Weise zur einstweiligen Fortführung der ihnen übertragenen Geschäfte verpflichtet. Die Gesellschaft gilt insoweit als fortbestehend.
§.666. Ist die Gesellschaft in anderer Weise als durch Kündigung aufgelöst, so gilt die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Befugnis zur Geschäftsführung zu seinen Gunsten gleichwohl als fortbestehend, bis er von der die Auflösung bewirkenden Thatsache Kenntnitz erlangt hat oder diese Thatsache hätte kennen müssen.
§.667. Nach der Auflösung der Gesellschaft findet in Ansehung des Gesellschaftsvermögens die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern statt.
Für die Beendigung der schwebenden Geschäfte, für die dazu erforderliche Eingehung neuer Geschäfte sowie für die Erhaltung und Verwaltung des Gesellschaftsvermögens gilt die Gesellschaft als fortbestehend, soweit der Zweck der Auseinandersetzung es erfordert. Die einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage zustehende Befugnis zur Geschäftsführung erlischt jedoch, sofern sich nicht aus dem Vertrag ein Anderes ergiebt, mit der Auflösung der Gesellschaft; die Geschäftsführung steht von da an allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu.
Die Auseinandersetzung erfolgt in Ermangelung einer anderen Vereinbarung in Gemäßheit der §§.668 bis 670. Im Uebrigen gelten für die Theilung die Vorschriften über die Gemeinschaft.
§.668. Gegenstände, die ein Gesellschafter der Gesellschaft zum Gebrauch oder zur Benutzung überlassen hat, sind ihm zurückzugeben. Für einen durch Zufall untergegangenen oder verschlechterten Gegenstand kann er Ersatz nicht verlangen.
§.669. Aus dem Gesellschaftsvermögen sind zunächst die gemeinschaftlichen Schulden mit Einschluß derjenigen zu berichtigen, welche den Gläubigern gegenüber unter den Gesellschaftern getheilt sind oder für welche einem Gesellschafter die übrigen Gesellschafter als Schuldner haften.
Aus dem nach der Berichtigung der Schulden übrig bleibenden Gesellschaftsvermögen sind die Einlagen zurückzuerstatten. Für Einlagen, die nicht in Geld bestanden haben, ist der Werth zu ersetzen, den sie zur Zeit der Einbringung gehabt haben. Für Einlagen, die in der Leistung von Diensten oder in der Ueberlassung des Gebrauchs oder der Benutzung eines Gegenstandes bestanden haben, kann Ersatz nicht verlangt werden.
Zur Berichtigung der Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen ist das Gesellschaftsvermögen, soweit erforderlich, in Geld umzusetzen.
§.670. Bleibt nach der Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden und der Rückerstattung der Einlagen ein Ueberschutz, so gebührt dieser den Gesellschaftern nach dem Verhältnitz ihrer Antheile am Gewinne.
Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen nicht aus, so haben die Gesellschafter für den Fehlbetrag nach dem Verhältnis aufzukommen, nach welchem der Verlust von ihnen zu tragen ist. Kann von einem Gesellschafter der ihm obliegende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen Gesellschaftern nach dem gleichen Verhältnisse zu tragen.
§.671. Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß, wenn ein Gesellschafter kündigt oder stirbt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so scheidet bei dem Eintritt eines solchen Ereignisses der Gesellschafter, in dessen Person es eintritt, aus der im Uebrigen fortbestehenden Gesellschaft aus.
§.672. Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß, wenn ein Gesellschafter kündigt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so kann ein Gesellschafter, in dessen Person ein die übrigen Gesellschafter nach §.661 Abs. 1 Satz 2 zur Kündigung berechtigender Umstand eintritt, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Das Ausschließungsrecht steht den übrigen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Die Ausschließung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem auszuschließenden Gesellschafter.
§.673. Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wächst sein Antheil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu. Diese sind verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, welche er der Gesellschaft zum Gebrauch oder zur Benutzung überlassen hat, in Gemäßheit des §.668 zurückzugeben, ihn von den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien und ihm dasjenige in Geld zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten haben würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Sind gemeinschaftliche Schulden noch nicht fällig, so können die übrigen Gesellschafter dem Ausscheidenden, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
Reicht der Werth des Gesellschaftsvermögens zur Deckung der Schulden und der Einlagen nicht aus, so hat der Ausscheidende den übrigen Gesellschaftern für den Fehlbetrag nach dem Verhältnisse seines Antheils am Verlust aufzukommen.
Der Werth des Gesellschaftsvermögens ist, soweit erforderlich, im Wege der Schätzung zu ermitteln.
§.674. Der Ausgeschiedene nimmt an dem Gewinn und dem Verluste Theil, welcher sich aus den zur Zeit seines Ausscheidens schwebenden Geschäften ergiebt. Die übrigen Gesellschafter sind berechtigt, diese Geschäfte so zu beendigen, wie es ihnen am vortheilhaftesten erscheint.
Der Ausgeschiedene kann am Schlusse jedes Geschäftsjahrs Rechenschaft über die inzwischen beendigten Geschäfte, Auszahlung der ihm gebührenden Beträge und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangen.
§.675. Wird eine Gesellschaft zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen, so kann in dem Gesellschaftsvertrage bestimmt werden, daß die Gesellschaft den für die offene Handelsgesellschaft oder den für die Kommanditgesellschaft geltenden Vorschriften unterliegen soll. Die Gesellschaft gelangt in einem solchen Falle mit der Eintragung in das Handelsregister zur Entstehung. Die Anmeldung zum Handelsregister sowie die Eintragung muß die Angabe enthalten, daß der Gesellschaftsvertrag mit der bezeichneten Bestimmung geschlossen ist. Im Uebrigen finden auf die Gesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft oder die für die Kommanditgesellschaft sowie die für Hausleute geltenden Vorschriften Anwendung.
§.676. Auf Vereine die nicht rechtsfähig sind, finden die Vorschriften über die Gesellschaft Anwendung. Aus einem Rechtsgeschäfte, das im Namen eines solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet der Handelnde persönlich; haben Mehrere gehandelt, so haften sie als Gesamtschuldner.
Siebzehnter Titel. Gemeinschaft.
§.677. Steht ein Recht Mehreren gemeinschaftlich zu, so ist Gemeinschaft nach Bruchtheilen anzunehmen, sofern sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergiebt.
Auf eine Gemeinschaft nach Bruchtheilen finden die Vorschriften der §§.678 bis 694 Anwendung.
§.678. Im Zweifel ist anzunehmen, daß den Theilhabern gleiche Antheile zustehen.
§.679. Jedem Theilhaber gebührt ein seinem Antheil entsprechender Bruchtheil der Früchte.
Jeder Theilhaber ist zum Gebrauche des gemeinschaftlichen Gegenstandes insoweit befugt, als dadurch nicht der Mitgebrauch der übrigen Theilhaber beeinträchtigt wird.
§.680. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes steht den Theilhabern gemeinschaftlich zu.
Jeder Theilhaber ist berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstandes nothwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Theilhaber zu treffen; er kann verlangen, daß diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im Voraus ertheilen.
§.681. Durch Stimmenmehrheit kann eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstandes entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschlossen werden. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Antheile zu berechnen.
In Ermangelung einer die Verwaltung und Benutzung regelnden Bestimmung kann jeder Theilhaber eine dem Interesse aller Theilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen.
Eine wesentliche Veränderung des Gegenstandes kann nicht beschlossen oder verlangt werden. Das Recht des einzelnen Theilhabers auf einen seinem Antheil entsprechenden Bruchtheil der Nutzungen kann ohne seine Zustimmung nicht beeinträchtigt werden.
§.682. Haben die Theilhaber die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes durch Vereinbarung geregelt, so wirkt die Vereinbarung auch für und gegen die Sondernachfolger.
§.683. Jeder Theilhaber kann über seinen Antheil verfügen. Ueber den gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen kann von den Theilhabern nur gemeinschaftlich verfügt werden.
§.684. Jeder Theilhaber ist den anderen Theilhabern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstandes sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnisse seines Antheils zu tragen.
§.685. Jeder Theilhaber kann jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen.
Ist das Recht, die Aufhebung zu verlangen, durch Vertrag für immer oder auf Zeit ausgeschlossen, so kann die Aufhebung gleichwohl verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Unter der gleichen Voraussetzung kann, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt ist, die Aufhebung ohne Einhaltung der Frist verlangt werden.
Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung zu verlangen, diesen Vorschriften zuwider beschränkt wird, ist nichtig.
§.686. Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, auf Zeit ausgeschlossen wird, tritt im Zweifel mit dem Tode eines Theilhabers außer Kraft.
§.687. Haben die Theilhaber das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen oder eine Kündigungsfrist bestimmt, so wirkt eine solche Vereinbarung auch für und gegen die Sondernachfolger. Hat ein Gläubiger die Zwangsvollstreckung in den Antheil eines Theilhabers erwirkt, so kann er ohne Rücksicht auf die Vereinbarung die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, sofern der Schuldtitel nicht blos vorläufig vollstreckbar ist.
§.688. Die Aufhebung der Gemeinschaft erfolgt durch Theilung in Natur, wenn der gemeinschaftliche Gegenstand oder, falls mehrere Gegenstände gemeinschaftlich sind, diese sich ohne Verminderung des Werthes in gleichartige, den Antheilen der Theilhaber entsprechende Theile zerlegen lassen. Die Vertheilung gleicher Theile unter die Theilhaber geschieht durch das Loos.
§.689. Ist die Theilung in Natur ausgeschlossen, so erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft durch Verkauf des gemeinschaftlichen Gegenstandes nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung und durch Theilung des Erlöses. Ist die Veräußerung an Dritte unstatthaft, so ist der Gegenstand unter den Theilhabern zu versteigern.
Hat der Versuch, den Gegenstand zu verkaufen, keinen Erfolg gehabt, so kann jeder Theilhaber die Wiederholung verlangen; er hat jedoch die Kosten zu tragen, wenn der wiederholte Versuch mißlingt.
§.690. Der Verkauf einer gemeinschaftlichen Forderung ist nur zulässig, wenn sie noch nicht eingezogen werden kann. Ist die Einziehung möglich, so kann jeder Theilhaber gemeinschaftliche Einziehung verlangen.
§.691. Haften die Theilhaber als Gesamtschuldner für eine Verbindlichkeit, die sie in Gemäßheit des §.684 nach dem Verhältnitz ihrer Antheile zu erfüllen haben oder die sie zum Zwecke der Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit eingegangen sind, so kann jeder Theilhaber bei der Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, daß die Schuld aus dem gemeinschaftlichen Gegenstande berichtigt wird. Der Anspruch kann auch gegen die Sondernachfolger geltend gemacht werden. Soweit zur Berichtigung der Schuld der Verkauf des Gegenstandes erforderlich ist, hat der Verkauf nach §.689 zu erfolgen.
§.692. Hat ein Theilhaber gegen einen anderen Theilhaber eine Forderung, die sich auf die Gemeinschaft gründet, so kann er bei der Aufhebung der Gemeinschaft die Berichtigung seiner Forderung aus dem auf den Schuldner 'fallenden Theile des gemeinschaftlichen Gegenstandes verlangen. Die Vorschriften des §.691 Satz 2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§.693. Ist bei der Aufhebung der Gemeinschaft ein gemeinschaftlicher Gegenstand einem der Theilhaber zugetheilt worden, so hat wegen eines Mangels im Rechte oder wegen eines Mangels der Sache jeder der übrigen Theilhaber zu seinem Antheil in gleicher Weise wie ein Verkäufer Gewähr zu leisten.
§.694. Der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft unterliegt nicht der Verjährung.
Achtzehnter Titel. Vorlegung von Sachen. Rechnungslegung. Auskunstertheilung.
§.695. Wer gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich Gewißheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, kann, wenn die Besichtigung der Sache aus diesem Grunde für ihn von Interesse ist, verlangen, daß der Besitzer ihm die Sache zur Besichtigung vorlegt oder die Besichtigung gestattet.
§.696. Wer ein rechtliches Interesse daran hat, eine in fremdem Besitze befindliche Urkunde einzusehen, kann von dem Besitzer die Gestattung der Einsicht verlangen, wenn die Urkunde in seinem Interesse errichtet oder in der Urkunde ein zwischen ihm und einem Anderen bestehendes Rechtsverhältnis beurkundet ist oder wenn die Urkunde Verhandlungen über ein Rechtsgeschäft enthält, die zwischen ihm und einem Anderen oder zwischen einem von beiden und einem gemeinschaftlichen Vermittler gepflogen worden sind.
§.697. Die Vorlegung hat in den Fällen der §§.695, 696 an dem Orte zu erfolgen, wo sich die vorzulegende Sache befindet. Jeder Theil kann die Vorlegung an einem anderen Orte verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
Die Gefahr und die Kosten hat derjenige zu tragen, welcher die Vorlegung verlangt. Der Besitzer kann die Vorlegung verweigern, bis ihm der andere Theil die Kosten vorgeschossen und wegen der Gefahr Sicherheit geleistet hat.
§.698. Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzutheilen und, soweit Belege ertheilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
Ist anzunehmen, daß die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen den Offenbarungseid dahin zu leisten:
daß er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu im Stande set.
In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Leistung des Offenbarungseids nicht.
§.699. Wer verpflichtet ist, einen Inbegriff von Gegenständen herauszugeben oder über den Bestand eines solchen Inbegriffs Auskunft zu ertheilen, hat dem Berechtigten ein Verzeichnis des Bestandes vorzulegen.
Ist anzunehmen, daß das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt ist, so hat der Verpflichtete auf Verlangen den Offenbarungseid dahin zu leisten:
daß er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben habe, als er dazu im Stande sei. Die Vorschrift des §.698 Abs. 3 findet Anwendung.
§.700. De Offenbarungseid ist, sofern er nicht vor dem Prozeßgerichte zu leisten ist, vor dem Amtsgerichte des Ortes zu leisten, wo die Verpflichtung zur Rechnungslegung oder zur Vorlegung des Verzeichnisses zu erfüllen ist. Hat der Verpflichtete seinen Wohnsitz oder seinen Aufenthalt im Inlande, so kann er den Eid vor dem Amtsgerichte des Wohnsitzes oder des Aufenthaltsorts leisten.
Das Gericht kann eine den Umständen entsprechende Aenderung der Eidesnorm beschließen.
Die Kosten der Abnahme des Eides hat derjenige zu tragen, welcher die Leistung des Eides verlangt hat.
Neunzehnter Titel. Leibrente.
§.701. Hat sich Jemand zur Gewährung einer Leibrente verpflichtet, so ist die Rente im Zweifel für die Lebensdauer des Gläubigers zu entrichten.
Der für die Rente bestimmte Betrag ist im Zweifel der Jahresbetrag der Rente.
§.702. Die Leibrente ist im Voraus zu entrichten.
Eine Geldrente ist für drei Monate vorauszuzahlen; bei einer anderen Rente bestimmt sich der Zeitabschnitt, für welchen sie im Voraus zu entrichten ist, nach der Beschaffenheit und dem Zwecke der Rente.
Hat der Gläubiger den Beginn des Zeitabschnitts erlebt, für welchen die Rente im Voraus zu entrichten ist, so gebührt ihm der volle auf den Zeitabschnitt fallende Betrag.
§.703. Die Vorschriften der §§.701, 702 gelten auch für die Fälle, in welchen die Verpflichtung zur Gewährung einer Leibrente auf Verfügung von Todeswegen oder auf Gesetz beruht.
Zwanzigster Titel. Spiel. Wette.
§.704. Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat.
Das Gleiche gilt von einer Vereinbarung, durch welche der verlierende Theil zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel-oder einer Wettschuld dem gewinnenden Theile gegenüber eine Verbindlichkeit eingegangen ist, insbesondere von einem Schuldanerkenntnisse.
§.705. Ein Lotterie- oder ein Ausspielvertrag ist verbindlich, wenn die Lotterie oder die Ausspielung staatlich genehmigt ist. Anderenfalls finden die Vorschriften des §.704 Anwendung.
Einundzwanzigster Titel. Bürgschaft.
§.706. Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen.
Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit übernommen werden.
§.707. Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Die dem Erben des Hauptschuldners auf Grund des Inventarrechts zustehende Einrede kann von dem Bürgen nicht geltend gemacht werden.
Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, daß der Hauptschuldner auf sie verzichtet.
§.708. Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein nach der Übernahme der Bürgschaft von dem Hauptschuldner vorgenommenes Rechtsgeschäft wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert.
Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung.
§.709. Haben sich Mehrere für dieselbe Verbindlichkeit verbürgt, so haften sie als Gesamtschuldner, auch wenn sie die Bürgschaft nicht gemeinschaftlich übernommen haben.
§.710. Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zu Grunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.
Die gleiche Befugnis hat der Bürge, solange der Gläubiger sich durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann.
§.711. Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dieser nicht eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat (Einrede, der Vorausklage).
Bei einer Geldforderung muß die Zwangsvollstreckung in die beweglichen Sachen des Hauptschuldners an seinem Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen an seinem Aufenthaltsorte versucht worden sein. Hat der Gläubiger ein Pfandrecht an einer beweglichen Sache des Hauptschuldners, so muß er auch aus dieser Sache Befriedigung gesucht haben.
§.712. Die Einrede der Vorausklage ist ausgeschlossen:
1. wenn der Bürge auf die Einrede verzichtet, insbesondere wenn er sich als Selbstschuldner verbürgt hat;
2. wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner in Folge einer nach der Übernahme der Bürgschaft eingetretenen Aenderung des Wohnsitzes oder des Aufenthaltsorts des Hauptschuldners wesentlich erschwert ist;
3. wenn über das Vermögen des Hauptschuldners der Konkurs eröffnet ist;
4. wenn anzunehmen ist, daß die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners nicht zur Befriedigung des Gläubigers führen wird.
In den Fällen der Nr. 3, 4 ist die Einrede insoweit zulässig, als der Gläubiger sich aus einer ihm als Pfand haftenden beweglichen Sache des Hauptschuldners befriedigen kann.
§.713. Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf ihn über. Zum Nachtheile des Gläubigers kann der Übergang nicht geltend gemacht werden. Einwendungen des Hauptschuldners aus einem zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden Rechtsverhältnisse bleiben unberührt.
Mitbürgen haften einander nur nach §.369.
§.714. Hat sich der Bürge im Auftrage des Hauptschuldners verbürgt oder stehen ihm nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag wegen der Übernahme der Bürgschaft die Rechte eines Beauftragten gegen den Hauptschuldner zu, so kann er von diesem Befreiung von der Bürgschaft verlangen:
1. wenn die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners sich wesentlich verschlechtert haben;
2. wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner in Folge einer nach der Übernahme der Bürgschaft eingetretenen Aenderung des Wohnsitzes oder des Aufenthaltsorts des Hauptschuldners wesentlich erschwert ist;
3. wenn der Hauptschuldner mit der Erfüllung seiner Verbindlichkeit im Verzug ist;
4. wenn der Bürge dem Gläubiger gegenüber zur Erfüllung verurtheilt ist.
Ist die Hauptverbindlichkeit noch nicht fällig, so kann der Hauptschuldner dem Bürgen, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
§.715. Giebt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Rechte nach §.713 Ersatz hätte erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.
§.716. Hat sich der Bürge für eine bestehende Verbindlichkeit auf bestimmte Zeit verbürgt, so wird er frei, wenn der Gläubiger nicht unverzüglich nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit die Einziehung der Forderung nach Maßgabe des §.711 betreibt und das Verfahren ohne wesentliche Verzögerung fortsetzt oder wenn der Gläubiger nicht unverzüglich nach der Beendigung des Verfahrens dem Bürgen anzeigt, daß er ihn in Anspruch nehme. Steht dem Bürgen die Einrede der Vorausklage nicht zu, so wird er frei, wenn der Gläubiger ihm diese Anzeige nicht unverzüglich nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit macht.
Ist die Anzeige rechtzeitig erfolgt, so beschränkt sich die Haftung des Bürgen im Falle des Abs. 1 Satz 1 auf den Umfang, welchen die Hauptverbindlichkeit zur Zeit der Beendigung des Verfahrens hat, im Falle des Abs. 1 Satz 2 auf den Umfang, welchen die Hauptverbindlichkeit bei dem Ablaufe der bestimmten Zeit hat.
§.717. Wer einen Anderen beauftragt, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung einem Dritten Kredit zu geben, haftet dem Beauftragten für die aus der Kreditgewährung entstehende Verbindlichkeit des Dritten als Bürge.
Zweiundzwanzigster Titel. Vergleich.
§.718. Ein Vertrag, durch welchen der Streit oder die Ungewißheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalte des Vertrags als feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewißheit bei Kenntnitz der Sachlage nicht entstanden sein würde.
Der Ungewißheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.
Dreiundzwanzigster Titel. Schuldversprechen. Schuldanerkenntnis.
§.719. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch welchen eine Leistung in der Weise versprochen wird, daß das Versprechen die Verpflichtung selbständig begründen soll (Schuldversprechen), ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, schriftliche Ertheilung des Versprechens erforderlich.
§.720. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch welchen das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Ertheilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form.
§.721. Wird ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis auf Grund einer Abrechnung oder im Wege des Vergleichs ertheilt, so ist die Beobachtung der in den §§.719, 720 vorgeschriebenen schriftlichen Form nicht erforderlich.
Vierundzwanzigster Titel. Schuldverschreibung auf den Inhaber.
§.722. Hat Jemand eine Urkunde ausgestellt, in welcher er dem Inhaber derselben eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf den Inhaber), so kann der Inhaber der Urkunde von dem Aussteller die Leistung nach Maßgabe des Versprechens verlangen, es sei denn, daß er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist. Der Aussteller wird jedoch auch durch die Leistung an einen nicht zur Verfügung berechtigten Inhaber befreit.
Die Gültigkeit der Unterzeichnung kann durch eine in die Urkunde aufgenommene Bestimmung von der Beobachtung einer besonderen Form abhängig gemacht werden. Zur Unterzeichnung genügt eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Namensunterschrift.
§.723. Der Aussteller wird aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber auch dann verpflichtet, wenn sie ihm gestohlen oder verloren gegangen oder sonst ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt ist.
Auf die Wirksamkeit einer Schuldverschreibung auf den Inhaber ist es ohne Einfluß, wenn die Urkunde ausgegeben wird, nachdem der Aussteller gestorben oder geschäftsunfähig geworden ist.
§.724. Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in welchen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, dürfen nur mit Genehmigung des Bundesraths in den Verkehr gebracht werden. Die Ertheilung der Genehmigung und die Bestimmungen, unter welchen sie erfolgt ist, sollen durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt gemacht werden.
Eine ohne die Genehmigung des Bundesraths in den Verkehr gelangte Schuldverschreibung ist nichtig; der Aussteller ist dem Inhaber zum Ersatze des durch die Ausgabe verursachten Schadens verpflichtet.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Schuldverschreibungen, die von dem Reiche oder einem Bundesstaat ausgegeben werden.
§.725. Der Aussteller kann dem Inhaber der Schuldverschreibung nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Ausstellung betreffen oder sich aus der Urkunde ergeben oder dem Aussteller unmittelbar gegen den Inhaber zustehen.
§.726. Der Aussteller ist nur gegen Aushändigung der Schuldverschreibung, zur Leistung verpflichtet. Mit der Aushändigung erwirbt er das Eigenthum an der Urkunde, auch wenn der Inhaber zur Verfügung über dieselbe nicht berechtigt ist.
§.727. Ist eine Schuldverschreibung auf den Inhaber in Folge einer Beschädigung oder einer Verunstaltung zum Umlaufe nicht mehr geeignet, so kann der Inhaber, sofern ihr wesentlicher Inhalt und ihre Unterscheidungsmerkmale noch mit Sicherheit erkennbar sind, von dem Aussteller die Ertheilung einer neuen Schuldverschreibung auf den Inhaber gegen Aushändigung der beschädigten oder verunstalteten verlangen. Die Kosten sind von ihm zu tragen und vorzuschießen.
§.728. Abhanden gekommene oder vernichtete Schuldverschreibungen auf den Inhaber unterliegen, sofern nicht in der Urkunde das Gegentheil bestimmt ist, der Kraftloserklärung im Wege des Aufgebotsverfahrens. Ausgenommen sind Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheine sowie die auf Sicht zahlbaren unverzinslichen Schuldverschreibungen.
Ist die Schuldverschreibung für kraftlos erklärt, so kann derjenige, welcher das Ausschlußurtheil erwirkt hat, von dem Aussteller, unbeschadet der Befugnis, den Anspruch aus der Urkunde geltend zu machen, die Ertheilung einer neuen Schuldverschreibung auf den Inhaber an Stelle der für kraftlos erklärten verlangen. Die Kosten sind von ihm zu tragen und vorzuschießen.
§.729. Eine Schuldverschreibung auf den Inhaber muß innerhalb dreißig Jahren nach dem Eintritte der für die Leistung bestimmten Zeit dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt werden, widrigenfalls der Anspruch aus der Urkunde erlischt. Ist die Vorlegung erfolgt, so verjährt der Anspruch in zwei Jahren von dem Ende der Vorlegungsfrist an. Der Vorlegung steht die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs aus der Urkunde gleich.
Bei Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheinen beträgt die Vorlegungsfrist vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schlusse des Jahres, in welchem die für die Leistung bestimmte Zeit eingetreten ist.
Die Dauer und der. Beginn der Vorlegungsfrist können von dem Aussteller in der Urkunde anders bestimmt werden.
§.730. Der Beginn und der Lauf der Vorlegungsfrist sowie der Verjährung werden durch die von dem Ausgebotsgerichte verfügte Zahlungssperre zu Gunsten des Antragstellers gehemmt. Die Hemmung beginnt mit der Stellung des Antrags auf Zahlungssperre; sie endigt mit der Erledigung des Aufgebotsverfahrens und, falls die Zahlungssperre vor der Einleitung des Verfahrens verfügt worden ist, auch dann, wenn die Einleitung nicht binnen sechs Monaten nach der Beseitigung des ihr entgegenstehenden Hindernisses beantragt worden ist.
§.731. Sind für eine Schuldverschreibung auf den Inhaber Zinsscheine ausgegeben, so bleiben die Scheine, sofern nicht in denselben das Gegentheil bestimmt ist, in Kraft, auch wenn die Hauptforderung erloschen oder die Verpflichtung zur Verzinsung aufgehoben oder geändert ist.
Werden solche Zinsscheine bei der Einlösung der Hauptschuldverschreibung nicht zurückgegeben, so ist der Aussteller berechtigt, den Betrag zurückzubehalten, welchen er nach Abs. 1 für die Scheine zu zahlen verpflichtet ist.
§.732. Ist ein Zins-, Renten- oder Gewinnantheilschein abhanden gekommen oder vernichtet und ist der Verlust von dem bisherigen Inhaber dem Aussteller vor dem Ablaufe der Vorlegungsfrist angezeigt worden, so kann der bisherige Inhaber nach dem Ablaufe der Frist die Leistung von dem Aussteller verlangen. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der abhanden gekommene Schein dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt oder der Anspruch aus dem Scheine gerichtlich geltend gemacht worden ist, es sei denn, daß die Vorlegung oder die gerichtliche Geltendmachung nach dem Ablaufe der Frist erfolgt ist. Der Anspruch verjährt in vier Jahren.
In dem Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine kann der im Abs. 1 bestimmte Anspruch ausgeschlossen werden.
§.733. Neue Zins- oder Rentenscheine dürfen an den Inhaber eines zum Empfange derselben ermächtigenden Erneuerungsscheins nicht ausgegeben werden, wenn der Inhaber der Schuldverschreibung, zu welcher der Erneuerungsschein gehört, der Ausgabe widersprochen hat. Die Scheine sind in diesem Falle dem Inhaber der Schuldverschreibung auf deren Vorlegung auszuhändigen.
§.734. Die Umschreibung einer auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibung auf den Namen eines bestimmten Berechtigten kann nur durch den Aussteller erfolgen. Der Aussteller ist zur Umschreibung nicht verpflichtet.
§.735. Werden starten, Marken oder ähnliche Urkunden, in denen ein Gläubiger nicht bezeichnet ist, von dem Aussteller unter Umständen ausgegeben, aus welchen hervorgeht, daß er dem Inhaber zu einer Leistung verpflichtet sein will, so finden die Vorschriften des §.722 Abs. 1 und der §§.723, 725, 726 entsprechende Anwendung.
§.736. Ist eine Urkunde, in welcher der Gläubiger benannt ist, mit der Bestimmung ausgegeben, daß die in der Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden kann, so wird der Schuldner durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit. Der Inhaber ist nicht berechtigt, die Leistung zu verlangen.
Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet. Ist die Urkunde abhanden gekommen oder vernichtet, so unterliegt sie der Kraftloserklärung im Wege des Aufgebotsverfahrens. Die im §.730 für die Verjährung gegebenen Vorschriften finden Anwendung.
fünfundzwanzigster Titel. Ungerechtfertigte Bereicherung.
§.737. Wer durch die Leistung eines Anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht insbesondere auch dann, wenn der rechtliche Grund später weggefallen oder der mit einer Leistung nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist.
Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
§.738. Ist zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit geleistet worden, so findet die Rücksorderung auch dann statt, wenn dem Anspruch eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung desselben dauernd ausgeschlossen wurde.
Ist eine betagte Verbindlichkeit vorzeitig erfüllt worden, so ist die Rückforderung ausgeschlossen; die Erstattung von Zwischenzinsen kann nicht verlangt werden.
§.739. Die Rückforderung des zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleisteten ist ausgeschlossen, wenn der Leistende gewußt hat, daß er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.
§.740. Die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit einer Leistung bezweckten Erfolges ist ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolge von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewußt hat oder wenn der Leistende den Eintritt des Erfolges wider Treu und Glauben verhindert hat.
§.741. War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, daß der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet, es sei denn, daß dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt. Die Rückforderung ist auch in einem Falle dieser Art zulässig, wenn die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.
§.742. Die Verpflichtung zur Herausgabe des ohne rechtlichen Grund Erlangten erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstandes erworben hat.
Ist die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außer Stande, so hat er den Werth zu ersehen.
Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatze des Werthes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
Von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
§.743. Hat der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfange gekannt oder später erfahren, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnitz an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.
Hat der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, so ist er von dem Empfange der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.
§.744. War mit der Leistung ein Erfolg bezweckt, dessen Eintritt nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als ungewiß angesehen wurde, so ist der Empfänger, falls der Erfolg nicht eingetreten ist, zur Herausgabe so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zur Zeit des Empfanges rechtshängig geworden wäre. Das Gleiche gilt, wenn die Leistung aus einem Rechtsgrunde, dessen Wegfall nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde, erfolgt und der Rechtsgrund weggefallen ist.
Zinsen hat der Empfänger erst von der Zeit an zu entrichten, zu welcher er den Nichteintritt des Erfolges oder den Wegfall des Rechtsgrundes erfahren hat; zur Herausgabe von Nutzungen ist er insoweit nicht verpflichtet, als er zu dieser Zeit nicht mehr bereichert ist.
§.745. Ist Jemand ohne rechtlichen Grund eine Verbindlichkeit eingegangen, so kann er die Erfüllung auch nach der Verjährung des Anspruchs auf Befreiung von der Verbindlichkeit verweigern.
Sechsundzwanzigster Titel. Unerlaubte Handlungen.
§.746. Wer vorsätzlich oder fahrlässig ein Recht eines Anderen widerrechtlich verlegt oder wer gegen ein den Schutz eines Anderen bezweckendes Gesetz verstößt, ist dem Anderen zum Ersatze des dadurch verursachten Schadens verpflichtet. Ist nach dem Inhalte des Gesetzes ein Verstoß gegen dasselbe auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Die Schadensersatzpflicht wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die schädigende Handlung im Notstande begangen worden ist.
§.747. Wer widerrechtlich einem Anderen die Freiheit entzieht, hat demselben den dadurch verursachten Schaden auch dann zu ersetzen, wenn ihm nur Fahrlässigkeit zur Last fällt.
§.748. Wer der Wahrheit zuwider eine Thatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines Anderen zu gefährden oder sonstige Nachtheile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, hat demselben den dadurch verursachten Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kannte, aber hätte kennen müssen.
Eine Mittheilung, deren Unwahrheit dem Mittheilenden unbekannt war, verpflichtet diesen nicht zum Schadensersatze, wenn er oder der Empfänger der Mittheilung an ihr ein berechtigtes Interesse hatte.
§.749. Wer durch eine Handlung, die er nicht in Ausübung eines ihm zustehenden Rechtes vornimmt, in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem Anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem Anderen zum Ersatze des Schadens verpflichtet.
§.750. Wer im Zustande der Bewußtlosigkeit oder in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistesthätigkeit einem Anderen Schaden zufügt, ist für den Schaden nicht verantwortlich. Hat sich Jemand durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt, so ist er für einen in demselben widerrechtlich verursachten Schaden in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele, es sei denn, daß er ohne Verschulden in den Zustand gerathen ist.
§.751. Wer das siebente Lebensjahr nicht vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem Anderen zufügt, nicht verantwortlich.
Wer das siebente, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem Anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht nicht gehabt hat. Das Gleiche gilt von einem Taubstummen.
§.752. Wer in einem der in den §§.746 bis 748 bezeichneten Fälle für einen von ihm verursachten Schaden deshalb nicht verantwortlich ist, weil ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit nicht zur Last fällt, hat gleichwohl den Schaden insoweit zu ersetzen, als die Billigkeit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Verhältnissen der Betheiligten, eine Schadloshaltung erfordert und ihm nicht die Mittel entzogen werden, deren er zum standesmäßigen Unterhalte sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf.
Das Gleiche gilt, wenn Jemand in einem der in den §§.746 bis 749 bezeichneten Fälle für einen von ihm verursachten Schaden auf Grund der §§.750, 751 nicht verantwortlich ist und der Ersatz des Schadens nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt werden kann.
§.753. Haben Mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln läßt, wer von mehreren Betheiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat Anstifter und Gehülsen stehen Mitthätern gleich.
§.754. Wer einen Anderen zu einer Verrichtung bestellt hat, ist zum Ersatze des Schadens verpflichtet, welchen der Andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Geräthschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hatte, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte übernommen hat.
§.755. Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustandes der Beaufsichtigung bedarf, ist zum Ersatze des von ihr einem Dritten widerrechtlich zugefügten Schadens verpflichtet, es sei denn, daß er seiner Aufsichtspflicht genügt hat oder der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde.
Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht für den kraft Gesetzes Verpflichteten übernommen hat.
§.756. Wird durch ein Thier ein Mensch getödtet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verlegt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Thier hält, verpflichtet, dem Verletzten den entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Hausthier entstanden ist und derjenige, welcher das Thier hält, bei dessen Beaufsichtigung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
§.757. Wer für denjenigen, welcher ein Thier hält, die Führung der Aufsicht über dasselbe übernommen hat, ist für den durch das Thier einem Dritten zugefügten Schaden verantwortlich, es sei denn, daß er bei der Beaufsichtigung des Thieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
§.758. Wird durch Schwarz-, Roth-, Elch-, Dam- oder Rehwild ein Grundstück beschädigt, an welchem dem Eigenthümer das Jagdrecht nicht zusteht, so ist der Jagdberechtigte verpflichtet, dem Verletzten den Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht erstreckt sich auch auf den Schaden, welchen die Thiere an den getrennten, aber noch nicht eingeernteten Erzeugnissen des Grundstücks anrichten.
Ist dem Eigenthümer die Ausübung des ihm zustehenden Jagdrechts durch das Gesetz entzogen, so hat dem Verletzten derjenige den Schaden zu ersetzen, welcher zur Ausübung des Jagdrechts nach dem Gesetze berechtigt ist. Hat der Eigenthümer eines Grundstücks, auf welchem das Jagdrecht wegen der Lage des Grundstücks nur gemeinschaftlich mit dem Jagdrecht auf einem anderen Grundstück ausgeübt werden darf, das Jagdrecht dem Eigenthümer dieses Grundstück verpachtet, so ist der letztere für den Schaden verantwortlich.
Sind die Eigenthümer der Grundstücke eines Bezirkes zum Zwecke der gemeinschaftlichen Ausübung des Jagdrechts durch das Gesetz zu einem Verbande vereinigt, der nicht als solcher haftet, so sind sie in Ermangelung einer anderen landesgesetzlichen Vorschrift nach dem Verhältnisse der Größe ihrer Grundstücke ersatzpflichtig.
§.759. Wird durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines sonstigen mit einem Grundstücke verbundenen Werkes oder durch die Ablösung von Theilen des Gebäudes oder des Werkes ein Mensch getödtet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Besitzer des Grundstücks, sofern der Einsturz oder die Ablösung die Folge fehlerhafter Einrichtung oder mangelhafter Unterhaltung ist, verpflichtet, dem Verletzten den entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß er zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat.
Ein früherer Besitzer des Grundstücks ist für den Schaden verantwortlich, wenn der Einsturz oder die Ablösung innerhalb eines Jahres nach der Beendigung seines Besitzes eintritt, es sei denn, daß er während seines Besitzes die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder ein späterer Besitzer durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr hätte abwenden können.
Besitzer im Sinne dieser Vorschriften ist der Eigenbesitzer.
§.760. Besitzt Jemand auf einem fremden Grundstück in Ausübung eines Rechtes ein Gebäude oder ein sonstiges Werk, so trifft ihn an Stelle des Besitzers des Grundstücks die im §.759 bestimmte Haftung.
§.761. Wer die Unterhaltung eines Gebäudes oder eines mit einem Grundstücke verbundenen Werkes für den Besitzer übernommen oder das Gebäude oder das Werk vermöge eines ihm zustehenden Nutzungsrechts zu unterhalten hat, ist für den durch den Einsturz oder die Ablösung von Theilen entstandenen Schaden in gleicher Weise verantwortlich wie der Besitzer.
§.762. Ein Beamter, welcher die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, ist verpflichtet, dem Dritten den dadurch verursachten Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er erst dann in Anspruch genommen werden, wenn der Beschädigte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
Verletzt ein Beamter bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache feine Amtspflicht, so ist er für den dadurch verursachten Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung mit einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht ist. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amtes findet diese Vorschrift keine Anwendung.
§.763. Hat ein Beamter vermöge seiner Amtspflicht einen Anderen zur Geschäftsführung für einen Dritten zu bestellen oder eine solche Geschäftsführung zu beaufsichtigen oder bei derselben durch Genehmigung von Rechtsgeschäften mitzuwirken, so erstreckt sich seine Verpflichtung zum Schadensersatze wegen Verletzung der Amtspflicht nicht auf den Schaden, dessen Entstehung nach den Umständen, welche er kannte oder kennen mußte, außerhalb des Bereichs der Wahrscheinlichkeit lag.
§.764. Sind für den durch eine unerlaubte Handlung entstandenen Schaden Mehrere neben einander verantwortlich, so haften sie, vorbehaltlich der Vorschrift des §.758 Abs. 3, als Gesamtschuldner.
Ist neben demjenigen, welcher nach den §§.754, 755 zum Ersatze des von einem Anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der Andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Andere allein, im Falle des §.752 Abs. 2 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet.
Ist neben demjenigen, welcher nach den §§.756 bis 761, 763 zum Ersatze des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Dritte allein verpflichtet.
§.765. Die Verpflichtung zum Schadensersatze wegen einer gegen die Person gerichteten unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die Nachtheile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführt.
§.766. Ist in Folge einer Verlegung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten. Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren hat.
Auf die Rente finden die Vorschriften des §.702 Anwendung. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Ersatzpflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen des Falles.
Statt der Rente kann der Verletzte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
§.767. Im Falle der Tötung hat der Ersatzpflichtige die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, welchem die Verpflichtung oblag, diese Kosten zu tragen.
Stand der Getödtete zur Zeit der Verlegung zu einem Dritten in einem Verhältnisse, vermöge dessen er ihm gegenüber kraft Gesekes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten in Folge der Tödtung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten durch Entrichtung einer Geldrente insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getödtete während der muthmäßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde; die Vorschriften des §.766 Abs. 1 Satz 2, 3 finden entsprechende Anwendung. Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung erzeugt, aber noch nicht geboren war.
§.768. Im Falle der Tödtung, der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung hat der Ersatzpflichtige, wenn der Verletzte kraft Gesekes einem Dritten zur Leistung von Diensten in dessen Hauswesen oder Gewerbe verpflichtet war, dem Dritten für die entgangenen Dienste durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten. Die Vorschriften des §.766 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§.769. Auf die nach den §§.767, 768 einem Dritten zustehenden Ansprüche findet die Vorschrift des §.217 Anwendung.
§.770. Im Falle der Verlegung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung kann der Verlegte auch wegen eines anderen Schadens, als eines Vermögensschadens eine billige Entschädigung in Geld verlangen. Der Anspruch ist nicht übertragbar und geht nicht auf die Erben über, es sei denn, daß er durch Vertrag anerkannt oder daß er rechtshängig geworden ist.
Ein gleicher Anspruch steht einer Frauensperson zu, gegen die durch Vollziehung des Beischlafs eine der in den §§.176, 177, 179, 182 des Strafgesetzbuchs bezeichneten Handlungen begangen worden ist.
§.771. Hat Jemand eine Sache zurückzugeben, die er einem Anderen durch eine unerlaubte Handlung entzogen hat, so ist er auch für den zufälligen Untergang oder eine zufällige Verschlechterung der Sache verantwortlich, es sei denn, daß der Untergang oder die Verschlechterung auch ohne die Entziehung eingetreten sein würde.
§.772. Ist wegen der Entziehung einer Sache der Werth oder wegen der Beschädigung einer Sache die Werthminderung zu ersetzen, so kann der Verlegte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von der Zeit der Entziehung oder der Beschädigung an verlangen. Für die Zeit, für welche der Verletzte Zinsen fordert, ist Ersatz wegen entzogener Nutzungen nicht zu leisten.
§.773. Hat der zur Herausgabe einer entzogenen Sache Verpflichtete Verwendungen auf die Sache gemacht, so stehen ihm dem Verletzten gegenüber die Rechte zu, welche der Besitzer dem Eigenthümer gegenüber wegen Verwendungen hat.
§.774. Hat der wegen der Entziehung oder der Beschädigung einer beweglichen Sache zum Schadensersatze Verpflichtete den Ersatz an denjenigen geleistet, in dessen Besitze die Sache sich zur Zeit der Entziehung oder der Beschädigung befunden hat, so ist er durch die Leistung auch dann befreit, wenn ein Dritter Eigenthümer der Sache war oder ein sonstiges Recht an derselben hatte, es sei denn, daß ihm das Recht des Dritten bekannt oder nur in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt war.
§.775. Der Anspruch auf Ersatz des durch eine unerlaubte Handlung entstandenen Schadens verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnitz erlangt hat, ohne Rücksicht auf diese Kenntnitz in dreißig Jahren von der Begehung der Handlung an.
Hat der Ersatzpflichtige durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach der Vollendung der Verjährung zur Rückerstattung nach den für die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung geltenden Vorschriften verpflichtet.
§.776. Hat Jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten erlangt, so kann der Verletzte die Erfüllung auch nach der Verjährung seines Anspruchs auf Aufhebung der Forderung verweigern.
Drittes Buch. Sachenrecht.
Erster Abschnitt. Besitz.
§.777. Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der thatsächlichen Gewalt über die Sache erworben.
Die Einigung des bisherigen Besitzers und des Erwerbers genügt zum Erwerbe, wenn der Erwerber in der Lage ist, die Gewalt über die Sache auszuüben.
§.778. Uebt Jemand die thatsächliche Gewalt über eine Sache für einen Anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem sonstigen Verhältnitz aus, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des Anderen Folge zu leisten hat, so ist nur dieser Besitzer.
§.779. Der Besitz wird dadurch beendigt, daß der Besitzer die thatsächliche Gewalt über die Sache ausgiebt oder in anderer Weise verliert.
Durch eine ihrer Natur nach nur vorübergehende Behinderung in der Ausübung der Gewalt wird der Besitz nicht beendigt.
§.780. Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitze stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht).
Der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz ist fehlerhaft. Die Fehlerhaftigkeit muß der Nachfolger im Besitze gegen sich selbst gelten lassen, wenn er Erbe des Besitzers ist oder die Fehlerhaftigkeit des Besitzes seines Vorgängers bei dem Erwerbe gekannt hat.
§.781. Der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt erwehren.
Wird eine bewegliche Sache dem Besitzer mittels verbotener Eigenmacht weggenommen, so darf er sie dem auf frischer That betroffenen oder verfolgten Thäter mit Gewalt wiederabnehmen.
Wird dem Besitzer eines Grundstücks der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen, so darf er sofort nach der Entziehung sich des Besitzes durch Entsetzung des Thäters wiederbemächtigen.
Die gleichen Rechte stehen dem Besitzer gegen denjenigen zu, welcher nach §.780 Abs. 2 die Fehlerhaftigkeit des Besitzes gegen sich gelten lassen muß.
§.782. Zur Ausübung der nach §.781 dem Besitzer zustehenden Rechte ist auch derjenige befugt, welcher nach §.778 die thatsächliche Gewalt für den Besitzer ausübt.
§.783. Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer gegenüber fehlerhaft war und die Erlangung desselben in das letzte Jahr vor der Entziehung fiel.
§.784. Wird der Besitzer durch verbotene Eigenmacht im Besitze gestört, so kann er von dem Störer die Beseitigung der Störung verlangen. Sind weitere Störungen zu besorgen, so kann der Besitzer auf Unterlassung klagen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Besitzer dem Störer gegenüber fehlerhaft besitzt und die Erlangung des Besitzes in das letzte Jahr vor der Störung fällt.
§.785. Gegenüber den in den §§.783, 784 bestimmten Ansprüchen kann ein Recht zum Besitz oder zur Vornahme der störenden Handlung nur zur Begründung der Behauptung geltend gemacht werden, daß die Entziehung oder die Störung des Besitzes nicht verbotene Eigenmacht sei.
§.786. Ein nach den §§.783, 784 begründeter Anspruch erlischt, wenn er nicht innerhalb eines Jahres nach der Verübung der verbotenen Eigenmacht im Wege der Klage geltend gemacht wird.
Das Gleiche gilt, wenn nach der Verübung der verbotenen Eigenmacht durch rechtskräftiges Urtheil festgestellt wird, daß dem Thäter ein Recht an der Sache zusteht, vermöge dessen er die Herstellung eines seiner Handlungsweise entsprechenden Besitzstandes verlangen kann.
§.787. Die Vorschriften der §§.780 bis 786 gelten auch zu Gunsten desjenigen, welcher nur einen Theil einer Sache, insbesondere abgesonderte Wohn- oder andere Räume, besitzt.
§.788. Besitzen Mehrere eine Sache gemeinschaftlich, so findet in ihrem Verhältnisse zu einander ein Besitzschutz insoweit nicht statt, als es sich um die Grenzen des den Einzelnen zustehenden Gebrauchs handelt.
§.789. Ist eine Sache aus der Gewalt des Besitzers auf ein im Besitz eines Anderen befindliches Grundstück gelangt, so hat ihm der Besitzer des Grundstückes die Aufsuchung und die Wegschaffung zu gestatten, sofern nicht die Sache inzwischen in Besitz genommen worden ist. Der durch die Aufsuchung und die Wegschaffung entstehende Schaden ist dem Besitzer des Grundstücks zu ersetzen. Ist die Entstehung eines Schadens zu besorgen, so kann die Gestattung verweigert werden, bis für den Ersatz Sicherheit geleistet worden ist.
§.790. Besitzt Jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger, Pächter, Miether, Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnisse, vermöge dessen er einem Anderen gegenüber auf Zeit zum Besitze berechtigt oder verpflichtet ist, so ist auch der Andere Besitzer (mittelbarer Besitz).
Wird gegen den Besitzer verbotene Eigenmacht verübt, so stehen die in den §§.783, 784 bestimmten Ansprüche auch dem mittelbaren Besitzer zu. Im Falle der Entziehung des Besitzes ist, wenn der bisherige Besitzer den Besitz nicht wiederübernehmen will oder kann, der mittelbare Besitzer zu verlangen berechtigt, daß ihm der Besitz eingeräumt wird. Unter der gleichen Voraussetzung kann er im Falle des §.789 verlangen, daß ihm die Aufsuchung und Wegschaffung der Sache gestattet wird.
§.791. Steht der mittelbare Besitzer zu einem Dritten in einem Verhältnisse der im §.790 Abs. 1 bezeichneten Art, so ist auch der Dritte mittelbarer Besitzer.
§.792. Der mittelbare Besitz kann dadurch auf einen Anderen übertragen werden, daß demselben der Anspruch auf Herausgabe der Sache abgetreten wird.
§.793. Wer eine Sache als ihm gehörig besitzt, ist Eigenbesitzer.
Zweiter Abschnitt. Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken.
§.794. Zur Übertragung des Eigenthums an einem Grundstücke, zur Belastung eines Grundstücks mit einem Rechte sowie zur Übertragung oder Belastung eines solchen Rechtes ist, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt, die Einigung des Berechtigten und des anderen Theiles über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich.
Vor der Eintragung sind die Betheiligten an ihre Erklärungen nur gebunden, wenn sie dieselben vor dem Grundbuchamt, vor Gericht oder vor einem Notar abgegeben oder dem Grundbuchamt eingereicht haben oder wenn der Berechtigte dem anderen Theile eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Eintragungsbewilligung ausgehändigt hat.
§.795. Bei der Eintragung eines Rechtes, mit dem ein Grundstück belastet wird, kann, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt, zur näheren Bezeichnung des Inhaltes des Rechtes auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden.
§.796. Zur Aufhebung eines Rechtes an einem Grundstück ist, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt, die Erklärung des Berechtigten, daß er das Recht aufgebe, und die Löschung des Rechtes im Grundbuch erforderlich. Die Erklärung ist dem Grundbuchamt oder demjenigen gegenüber abzugeben, zu dessen Gunsten sie erfolgt.
Vor der Löschung ist der Berechtigte an seine Erklärung nur gebunden, wenn er sie dem Grundbuchamte gegenüber abgegeben oder demjenigen, zu dessen Gunsten sie erfolgt ist, eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Löschungsbewilligung ausgehändigt hat.
§.797. ist ein Recht an einem Grundstücke mit dem Rechte eines Dritten belastet, so ist zur Aufhebung des belasteten Rechtes die Zustimmung des Dritten erforderlich. Steht das aufzuhebende Recht dem jeweiligen Eigenthümer eines anderen Grundstücks zu, so ist, wenn dieses Grundstück mit dem Rechte eines Dritten belastet ist, die Zustimmung des Dritten erforderlich, es sei denn, daß dessen Recht durch die Aufhebung nicht berührt wird. Die Zustimmung kann dem Berechtigten oder dem Grundbuchamte gegenüber erklärt werden; die Erklärung ist unwiderruflich.
§.798. Die Vorschriften der §§.794, 795, 797 finden auch auf Aenderungen des Inhalts eines Rechtes an einem Grundstück Anwendung.
§.799. Eine von dem Berechtigten in Gemäßheit der §§.794, 796, 798 abgegebene Erklärung wird nicht dadurch unwirksam, daß der Berechtigte in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und der Antrag auf Eintragung bei dem Grundbuchamte gestellt worden ist.
§.800. Das Rangverhältnis unter mehreren Rechten, mit denen ein Grundstück belastet ist, bestimmt sich, wenn die Rechte in derselben Abtheilung des Grundbuchs eingetragen sind, nach der Reihenfolge der Eintragungen. Sind die Rechte in verschiedenen Abtheilungen eingetragen, so hat das unter einem früheren Datum eingetragene Recht den Vorrang; Rechte, die unter demselben Datum eingetragen sind, haben gleichen Rang. Ist ein anderes Rangverhältnis eingetragen, so ist dieses maßgebend.
Die Eintragung ist für das Rangverhältnis auch dann maßgebend, wenn die nach §.794 zum Erwerbe des Rechtes erforderliche Einigung erst nach der Eintragung zu Stande gekommen ist.
§.801. Das Rangverhältnis kann nachträglich geändert werden.
Zu der Rangänderung ist die Einigung des zurücktretenden und des vortretenden Berechtigten und die Eintragung der Aenderung in das Grundbuch erforderlich; die Vorschriften des §.794 Abs. 2 und des §.799 finden Anwendung. Soll eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld zurücktreten, so ist außerdem die Zustimmung des Eigenthümers erforderlich. Die Zustimmung kann einem der Betheiligten oder dem Grundbuchamte gegenüber erklärt werden; die Erklärung ist unwiderruflich.
Ist das zurücktretende Recht mit dem Rechte eines Dritten belastet, so finden die Vorschriften des §.797 entsprechende Anwendung.
Der dem vortretenden Rechte eingeräumte Rang geht nicht dadurch verloren, daß das zurücktretende Recht durch Rechtsgeschäft oder durch Urtheil aufgehoben wird.
Rechte, welche den Rang zwischen dem zurücktretenden und dem vortretenden Rechte haben, werden durch die Rangänderung nicht berührt.
§.802. Der Eigenthümer kann sich bei der Belastung des Grundstücks mit einem Rechte die Befugnis vorbehalten, ein anderes, dem Umfange nach bestimmtes Recht mit dem Range vor jenem Rechte eintragen zu lassen.
Der Vorbehalt bedarf der Eintragung in das Grundbuch; die Eintragung muß bei dem Rechte erfolgen, welches zurücktreten soll.
Wird das Grundstück veräußert, so geht die vorbehaltene Befugnis auf den Erwerber über.
Ist das Grundstück vor der Eintragung des Rechtes, welchem der Vorrang beigelegt ist, mit einem Rechte ohne einen entsprechenden Vorbehalt belastet worden, so hat der Vorrang insoweit keine Wirkung, als das mit dem Vorbehalt eingetragene Recht in Folge der inzwischen eingetretenen Belastung eine über den Vorbehalt hinausgehende Beeinträchtigung erleiden würde.
§.803. Zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechtes an einem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Rechte kann eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden. Die Eintragung einer Vormerkung ist auch zur Sicherung eines künftigen oder eines bedingten Anspruchs zulässig.
Eine Verfügung, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Grundstück oder das Recht getroffen wird, ist insoweit unwirksam, als sie den Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde. Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die durch Urtheil oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt.
Der Hang des Rechtes, auf dessen Einräumung der Anspruch gerichtet ist, bestimmt sich nach der Eintragung der Vormerkung.
§.804. Die Eintragung einer Vormerkung erfolgt auf Grund einer einstweiligen Verfügung oder auf Grund der Bewilligung desjenigen, dessen Grundstück oder dessen Recht von der Vormerkung betroffen wird. Zur Erlassung der einstweiligen Verfügung ist nicht erforderlich, daß eine Gefährdung des zu sichernden Anspruchs glaubhaft gemacht wird.
Bei der Eintragung kann zur näheren Bezeichnung des zu sichernden Anspruchs auf die einstweilige Verfügung oder die. Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden.
§.805. Steht demjenigen, dessen Grundstück oder dessen Recht von der Vormerkung betroffen wird, eine Einrede zu, durch welche die Geltendmachung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs dauernd ausgeschlossen wird, so kann er von dem Gläubiger die Beseitigung der Vormerkung verlangen.
§.806. Soweit der Erwerb eines eingetragenen Rechtes oder eines Rechtes an einem solchen Rechte gegenüber demjenigen, zu dessen Gunsten eine Vormerkung besteht, unwirksam ist, kann dieser von dem Erwerber die Zustimmung zu der Eintragung oder der Löschung verlangen, welche zur Verwirklichung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs erforderlich ist.
Das Gleiche gilt, wenn der Anspruch durch ein Veräußerungsverbot gesichert ist.
§.807. Ein Recht an einem fremden Grundstück erlischt nicht dadurch, daß der Eigenthümer des Grundstücks das Recht oder der Berechtigte das Eigenthum an dem Grundstück erwirbt.
§.808. Mehrere Grundstücke können dadurch zu einem Grundstücke vereinigt werden, daß der Eigenthümer sie als ein Grundstück in das Grundbuch eintragen läßt.
Ein Grundstück kann dadurch zum Bestandtheil eines anderen Grundstücks gemacht werden, daß der Eigenthümer es diesem im Grundbuche zuschreiben läßt.
§.809. Ist im Grundbuche für Jemand ein Recht eingetragen, so wird vermuthet, daß ihm das Recht zusteht.
Ist im Grundbuch ein eingetragenes Recht gelöscht, so wird vermuthet, daß das Recht nicht besteht.
§.810. Zu Gunsten desjenigen, welcher ein Recht an einem Grundstück oder ein Recht an einem solchen Rechte durch Rechtsgeschäft oder durch Urtheil erwirbt, gilt der Inhalt des Grundbuchs als richtig, es sei denn, daß ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen ist oder daß die Unrichtigkeit oder eine Thatsache, aus welcher sie sich ergiebt, dem Erwerber bekannt ist. Ein Veräußerungsverbot der in den §§.101, 102 bezeichneten Art ist dem Erwerber gegenüber nur wirksam, wenn es aus dem Grundbuch ersichtlich oder dem Erwerber bekannt ist.
Ist zu dem Erwerbe des Rechtes die Eintragung erforderlich, so ist für die Kenntnitz des Erwerbers die Zeit der Stellung des Antrags auf Eintragung oder, wenn die nach §.794 erforderliche Einigung erst später zu Stande kommt, die Zeit der Einigung maßgebend.
§.811. Die Vorschriften des §.810 finden entsprechende Anwendung, wenn an denjenigen, für welchen ein Recht im Grundbuch eingetragen ist, auf Grund dieses Rechtes eine Leistung bewirkt oder wenn zwischen ihm und einem Anderen in Ansehung dieses Rechtes ein nicht unter die Vorschriften des §.810 fallendes Rechtsgeschäft vorgenommen wird, das eine Verfügung über das Recht enthält.
§.812. Wer in Folge der Vorschriften der §§.810, 811 einen Rechtsverlust erleidet, kann von demjenigen, welcher unberechtigt verfügt oder eine Leistung empfangen hat, die Herausgabe des dadurch Erlangten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der gleiche Anspruch steht ihm gegen denjenigen zu, welcher durch die Verfügung des Nichtberechtigten ein Recht unentgeltlich erlangt hat.
§.813. Steht eine Eintragung oder eine Löschung im Grundbuche mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklange, so kann der durch die Eintragung oder die Löschung in seinem Rechte an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Rechte Beeinträchtigte von demjenigen, zu dessen Gunsten die Eintragung besteht oder die Löschung erfolgt ist, verlangen, daß er die zur Berichtigung des Grundbuchs erforderliche Erklärung abgiebt. Ist zu einer Löschung die Zustimmung des Eigenthümers erforderlich, so hat dieser auf Verlangen die Zustimmung zu ertheilen. Die Kosten der Berichtigung und der dazu erforderlichen Erklärungen hat derjenige zu tragen, welcher die Berichtigung verlangt, sofern sich nicht aus einem zwischen ihm und dem Verpflichteten bestehenden Rechtsverhältnis ein Anderes ergiebt.
Der Berichtigungsanspruch unterliegt nicht der Verjährung.
§.814. Steht eine Eintragung oder eine Löschung im Grundbuche mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklange, so kann ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen werden.
Die Eintragung erfolgt auf Grund einer einstweiligen Verfügung oder auf Grund einer Bewilligung desjenigen, gegen den sich der Berichtigungsanspruch richtet. Zur Erlassung der einstweiligen Verfügung ist nicht erforderlich, daß eine Gefährdung des Rechtes des Widersprechenden glaubhaft gemacht wird.
§.815. Wer als Eigenthümer eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist, ohne daß er das Eigenthum erlangt hat, erwirbt das Eigenthum, wenn die Eintragung dreißig Jahre bestanden und er während dieser Zeit das Grundstück im Eigenbesitze gehabt hat. Die dreißigjährige Frist wird in derselben Weise berechnet wie die Frist für die Ersitzung einer beweglichen Sache. Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange ein Widerspruch gegen die Richtigkeit der Eintragung im Grundbuch eingetragen ist.
Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn für Jemand ein ihm nicht zustehendes anderes Recht im Grundbuch eingetragen ist, das zum Besitze des Grundstücks berechtigt oder dessen Ausübung nach den für den Besitz geltenden Vorschriften geschützt ist. Für den Rang des Rechtes ist die Eintragung maßgebend.
§.816. Ist ein Recht an einem fremden Grundstück im Grundbuche mit Unrecht gelöscht, so erlischt es, wenn der Anspruch des Berechtigten gegen den Eigenthümer verjährt ist. Das Gleiche gilt, wenn ein kraft Gesekes entstandenes Recht an einem fremden Grundstück im Grundbuche nicht eingetragen ist.
§.817. Die Ansprüche aus eingetragenen Rechten unterliegen nicht der Verjährung, es sei denn, daß sie auf Rückstände wiederkehrender Leistungen oder auf Schadensersatz gerichtet sind. Ein Recht, wegen dessen ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen ist, steht einem eingetragenen Rechte gleich.
Dritter Abschnitt. Eigenthum.
Erster Titel. Inhalt des Eigenthums.
§.818. Der Eigenthümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und Andere von jeder Einwirkung ausschließen.
§.819. Das Recht des Eigenthümers eines Grundstücks erstreckt sich auf den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter derselben. Der Eigenthümer muß jedoch Einwirkungen dulden, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, daß er an der Ausschließung kein Interesse hat.
§.820. Der Eigenthümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als er durch sie in der Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt oder die Einwirkung durch eine Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird, die nach den örtlichen Verhältnissen bei Grundstücken dieser Lage gewöhnlich ist. Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.
§.821. Der Eigenthümer eines Grundstücks kann verlangen, daß auf den Nachbargrundstücken nicht Anlagen hergestellt oder gehalten werden, von denen mit Sicherheit vorauszusehen ist, daß ihr Bestand oder ihre Benutzung eine unzulässige Einwirkung auf sein Grundstück zur Folge hat. Genügt eine Anlage den landesgesetzlichen Vorschriften, die einen bestimmten Abstand von der Grenze oder sonstige Schutzmaßregeln vorschreiben, so kann die Beseitigung der Anlage erst verlangt werden, wenn die unzulässige Einwirkung thatsächlich hervortritt.
Bäume und Sträucher gehören nicht zu den Anlagen im Sinne dieser Vorschriften.
§.822. Droht einem Grundstücke die Gefahr, daß es durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines sonstigen Werkes, das mit einem Nachbargrundstücke verbunden ist, oder durch die Ablösung von Theilen des Gebäudes oder des Werkes beschädigt wird, so kann der Eigenthümer von demjenigen, welcher nach dem §.759 Abs. 1 und den §§.760, 761 für den eintretenden Schaden verantwortlich sein würde, verlangen, daß er die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßregeln trifft.
§.823. Ein Grundstück darf nicht in der Weise vertieft werden, daß der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, daß für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist.
§.824. Der Eigenthümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigenthümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.
Dem Eigenthümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.
§.825. Früchte, die von einem Baume oder einem Strauche auf ein Nachbargrundstück hinüberfallen, gelten als Früchte dieses Grundstücks. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn das Nachbargrundstück dem öffentlichen Gebrauche dient.
§.826. Hat der Eigenthümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne daß ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Ueberbau zu dulden, es sei denn, daß er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.
Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.
§.827. Die Rente für den Ueberbau ist dem jeweiligen Eigenthümer des Nachbargrundstücks von dem jeweiligen Eigenthümer des anderen Grundstücks zu entrichten.
Die Rente ist jährlich im Voraus zu entrichten. Sie erlischt mit der Beseitigung des Ueberbaues. Ein Verzicht auf die Rente ist unzulässig.
Die Rente wird nicht in das Grundbuch eingetragen. Sie geht allen Rechten an dem belasteten Grundstück, auch den älteren, vor. Im Uebrigen finden auf die Rente die Vorschriften über die Reallasten Anwendung.
§.828. Der Rentenberechtigte kann jederzeit verlangen, daß der Rentenpflichtige ihm gegen Übertragung des Eigenthums an dem überbauten Theile des Grundstücks den Werth ersetzt, welchen dieser Theil zur Zeit der Grenzüberschreitung gehabt hat. Macht er von dieser Befugnis Gebrauch, so bestimmen sich die Rechte und Verpflichtungen beider Theile nach den Vorschriften über den Kauf.
Für die Zeit bis zur Übertragung des Eigenthums ist die Rente fortzuentrichten.
§.829. Wird durch den Ueberbau ein Erbbaurecht oder eine Dienstbarkeit an dem Nachbargrundstücke beeinträchtigt, so finden zu Gunsten des Berechtigten die Vorschriften der §§.826, 827 entsprechende Anwendung.
§.830. Fehlt einem Grundstücke die zur ordnungsmäßigen Benutzung nothwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigenthümer von den Nachbarn verlangen, daß sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Nothwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichen Falles durch Urtheil bestimmt.
Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Nothweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des §.826 Abs. 2 Satz 2 und der §§.827, 829 finden entsprechende Anwendung.
§.831. Die Verpflichtung zur Duldung des Nothwegs tritt nicht ein, wenn die bisherige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Wege durch eine willkürliche Handlung des Eigenthümers aufgehoben worden ist.
Ist in Folge der Veräußerung eines Theiles des Grundstücks der veräußerte oder der zurückbehaltene Theil von der Verbindung mit dem öffentlichen Wege abgeschnitten, so hat der Eigenthümer desjenigen Theiles, über welchen die Verbindung bisher stattgefunden hat, den Nothweg zu dulden. Der Veräußerung eines Theiles steht die Veräußerung eines von mehreren demselben Eigenthümer gehörenden Grundstücken gleich.
§.832. Der Eigenthümer eines Grundstücks kann von dem Eigenthümer eines Nachbargrundstücks verlangen, daß derselbe zur Errichtung fester Grenzzeichen und, wenn ein Grenzzeichen verrückt oder unkenntlich geworden ist, zur Wiederherstellung mitwirkt.
Die Art der Abmarkung und das Verfahren bestimmen sich nach den Landesgesetzen; enthalten diese keine Vorschriften, so entscheidet die Ortsüblichkeit.
Die Kosten der Abmarkung sind von den Betheiligten zu gleichen Theilen zu tragen, sofern sich nicht aus einem zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnis ein Anderes ergiebt.
§.833. Läßt sich im Falle einer Grenzverwirrung die richtige Grenze nicht ermitteln, so ist für die Abgrenzung der Besitzstand maßgebend. Kann der Besitzstand nicht festgestellt werden, so ist jedem der Grundstücke ein gleich großes Stück der streitigen Fläche zuzutheilen.
Soweit eine diesen Vorschriften entsprechende Bestimmung der Grenze zu einem Ergebnisse führt, das mit den ermittelten Umständen, insbesondere mit der feststehenden Größe der Grundstücke, nicht übereinstimmt, ist die Grenze so zu ziehen, wie es unter Berücksichtigung dieser Umstände der Billigkeit entspricht.
§.834. Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vortheile beider Grundstücke dient, von einander geschieden, so wird vermuthet, daß die Eigenthümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt sind, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, daß die Einrichtung dem einen Nachbar allein gehört.
§.835. Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der im §.834 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergiebt, insoweit benutzen, als nicht der andere in der Mitbenutzung beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Theilen zu tragen. Solange der eine Nachbar an dem Fortbestande der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie ohne seine Zustimmung nicht beseitigt oder geändert werden. Im Uebrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.
§.836. Steht auf der Grenze ein Baum, so gebühren die Früchte und, wenn der Baum gefällt wird, auch der Baum den Nachbarn zu gleichen Theilen.
Jeder der Nachbarn kann die Beseitigung des Baumes verlangen. Die Kosten der Beseitigung fallen den Nachbarn zu gleichen Theilen zur Last. Der Nachbar, welcher die Beseitigung verlangt, hat jedoch die Kosten allein zu tragen, wenn der andere auf sein Recht an dem Baume verzichtet; er erwirbt in diesem Falle mit der Trennung das Alleineigenthum. Der Anspruch auf Beseitigung ist ausgeschlossen, wenn der Baum als Grenzzeichen dient und den Umständen nach nicht durch ein anderes zweckmäßiges Grenzzeichen ersetzt werden kann.
Diese Vorschriften gelten auch für einen auf der Grenze stehenden Strauch.
§.837. Die sich aus den §§.821, 822, 828, 829, dem §.830 Abs. 1, dem §.831 Abs. 2, den §§.832, 833 und dem §.936 Abs. 2 ergebenden Ansprüche unterliegen nicht der Verjährung.
Zweiter Titel. Erwerb und Verlust des Eigenthums an Grundstücken.
§.838. Die zur Übertragung des Eigenthums an einem Grundstücke nach §.794 erforderliche Einigung des Veräußerers und des Erwerbers (Auflassung) muß vor dem Grundbuchamte, vor Gericht oder vor einem Notar erklärt werden.
Eine Auflassung, die unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgt, ist unwirksam.
§.839. Sind der Veräußerer und der Erwerber darüber einig, daß die Veräußerung sich auf das Zubehör des Grundstücks erstrecken soll, so erlangt der Erwerber mit dem Eigenthum an dem Grundstück auch das Eigenthum an den zur Zeit des Erwerbes vorhandenen Zubehörstücken, soweit sie dem Veräußerer gehören. Im Zweifel ist anzunehmen, daß die Veräußerung sich auf das Zubehör erstrecken soll.
Erlangt der Erwerber auf Grund der Veräußerung den Besitz von Zubehörstücken, welche dem Veräußerer nicht gehören oder mit Rechten Dritter belastet sind, so finden die Vorschriften der §§.846 bis 850 Anwendung; für den guten Glauben des Erwerbers ist die Zeit der Erlangung des Besitzes maßgebend.
§.840. Der Eigenthümer eines Grundstücks kann, wenn das Grundstück seit dreißig Jahren im Eigenbesitz eines Anderen ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Rechte ausgeschlossen werden. Die Besitzzeit wird in gleicher Weise berechnet wie die Frist für die Ersitzung einer beweglichen Sache. Ist der Eigenthümer im Grundbuch eingetragen, so ist das Aufgebotsverfahren nur zulässig, wenn er gestorben ist und seit seinem Tode dreißig Jahre verstrichen sind.
Derjenige, welcher das Ausschlußurtheil erwirkt hat, erlangt das Eigenthum dadurch, daß er sich als Eigenthümer in das Grundbuch eintragen läßt.
Ist vor der Erlassung des Ausschlußurtheils ein Dritter als Eigenthümer oder wegen des Eigenthums eines Dritten ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen worden, so wirkt das Urtheil nicht gegen den Dritten.
§.841. Das Eigenthum an einem Grundstücke kann dadurch aufgegeben werden, daß der Eigenthümer den Verzicht vor dem Grundbuchamt erklärt und der Verzicht in das Grundbuch eingetragen wird.
Das Recht zur Aneignung des aufgegebenen Grundstücks steht dem Fiskus des Bundesstaats zu, in dessen Gebiete das Grundstück liegt. Der Fiskus erwirbt das Eigenthum dadurch, daß er sich als Eigenthümer in das Grundbuch eintragen läßt.
Dritter Titel. Erwerb und Verlust des Eigenthums an beweglichen Sachen.
I. Übertragung.
§.842. Zur Übertragung des Eigenthums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, daß der Eigenthümer die Sache dem Erwerber übergiebt und beide darüber einig sind, daß das Eigenthum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitze der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigenthums.
§.843. Ist der Eigenthümer im Besitze der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, daß zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis vereinbart wird, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt.
§.844. Ist ein Dritter im Besitze der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, daß der Eigenthümer dem Erwerber den Anspruch auf Herausgabe der Sache abtritt.
§.845. Soll die Übergabe im Wege der Zwangsvollstreckung erwirkt werden, so gilt sie als erfolgt, wenn der Gerichtsvollzieher die Sache zum Zwecke der Ablieferung an den Erwerber weggenommen hat.
§.846. Durch eine in Gemäßheit der §§.842, 845 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigenthümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, daß er zu der Zeit, zu welcher er nach diesen Vorschriften das Eigenthum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist. In dem Falle des §.842 Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte.
Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder nur in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, daß die Sache nicht dem Veräußerer gehört.
§.847. Gehört eine nach §.843 veräußerte Sache nicht dem Veräußerer, so wird der Erwerber Eigenthümer, wenn ihm die Sache von dem Veräußerer übergeben wird, es sei denn, daß er zu dieser Zeit nicht in gutem Glauben ist.
Gehört eine nach §.844 veräußerte Sache nicht dem Veräußerer, so wird der Erwerber, wenn der Veräußerer mittelbarer Besitzer der Sache ist, mit der Abtretung des Anspruchs, anderenfalls dann Eigenthümer, wenn er den Besitz der Sache von dem Dritten erlangt, es sei denn, daß er zur Zeit der Abtretung oder des Besitzerwerbes nicht in gutem Glauben ist.
§.848. Der Erwerb des Eigenthums auf Grund der §§.846, 847 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigenthümer gestohlen, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen. Das Gleiche gilt, falls der Eigenthümer nur mittelbarer Besitzer ist, dann, wenn die Sache dem Besitzer abhanden gekommen war.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere sowie auf Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung veräußert werden.
§.849. Ist eine veräußerte Sache mit dem Rechte eines Dritten belastet, so erlischt das Recht mit dem Erwerbe des Eigenthums. Erfolgt die Veräußerung nach §.843 oder war die nach §.844 veräußerte Sache nicht im mittelbaren Besitze des Veräußerers, so erlischt das Recht des Dritten erst dann, wenn der Erwerber auf Grund der Veräußerung den Besitz der Sache erlangt.
Das Recht des Dritten erlischt nicht, wenn der Erwerber zu der nach Abs. 1 maßgebenden Zeit in Ansehung des Rechtes nicht in gutem Glauben ist.
Steht im Falle des §.844 das Recht dem dritten Besitzer zu, so erlischt es auch dem gutgläubigen Erwerber gegenüber nicht.
§.850. Wer in Folge der Vorschriften der §§.846 bis 849 durch eine Veräußerung einen Rechtsverlust erleidet, kann von dem Veräußerer die Herausgabe desjenigen, was dieser durch die Veräußerung erlangt hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der gleiche Anspruch steht ihm gegen den Erwerber zu, wenn die Veräußerung unentgeltlich erfolgt ist.
II. Ersitzung.
§.851. Wer eine bewegliche Sache zehn Jahre im Eigenbesitze hat, erwirbt das Eigenthum (Ersitzung). Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerbe des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben war oder wenn er später erfahren hat, daß ihm das Eigenthum nicht zusteht.
§.852. Hat Jemand eine Sache am Anfang und am Ende eines Zeitraums im Eigenbesitze gehabt, so wird vermuthet, daß sein Eigenbesitz auch in der Zwischenzeit bestanden habe.
§.853. Die Ersitzung kann nicht beginnen und, falls sie begonnen hat, nicht fortgesetzt werden, solange die Verjährung des Eigenthumsanspruchs gehemmt ist oder ihrer Vollendung die Vorschriften der §§.171, 172 entgegenstehen.
§.854. Die Ersitzung wird durch den Verlust des Eigenbesitzes unterbrochen.
Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn der Eigenbesitzer den Eigenbesitz ohne seinen Willen verloren und ihn binnen Jahresfrist oder mittels einer innerhalb dieser Frist erhobenen Klage wiedererlangt hat.
§.855. Die Ersitzung wird unterbrochen, wenn der Eigenthumsanspruch gegen den Eigenbesitzer oder im Falle eines mittelbaren Eigenbesitzes gegen den Besitzer gerichtlich geltend gemacht wird, der sein Recht zum Besitze von dem Eigenbesitzer ableitet; die Unterbrechung tritt jedoch nur zu Gunsten desjenigen ein, welcher sie herbeigeführt hat. Die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §. 175 bis 178, 182, 184, 185 finden entsprechende Anwendung.
§.856. Wird die Ersitzung unterbrochen, so kommt die bis zur Unterbrechung verstrichene Zeit nicht in Betracht; eine neue Ersitzung kann erst nach der Beendigung der Unterbrechung beginnen.
§.857. Gelangt die Sache durch Rechtsnachfolge in den Eigenbesitz eines Dritten, so kommt die während des Besitzes des Rechtsvorgängers verstrichene Ersitzungszeit dem Dritten zu Statten.
§.858. Stirbt der Eigenbesitzer vor der Vollendung der Ersitzung, so wird die Zeit zwischen dem Erbfall und der Erlangung des Eigenbesitzes durch den Erben in die Ersitzungszeit eingerechnet. Ergreift ein Anderer als der Erbe den Eigenbesitz einer Erbschaftssache, so wird die Ersitzung unterbrochen; die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn der Erbe den Eigenbesitz binnen Jahresfrist oder mittels einer innerhalb dieser Frist erhobenen Klage erlangt.
Die Ersitzungszeit, welche zu Gunsten eines Erbschaftsbesitzers verstrichen ist, kommt dem Erben zu Statten.
§.859. Der Erbschaftsbesitzer kann eine Sache, die er als Erbschaftssache im Besitze hat, nicht gegen den Erben ersitzen, solange nicht der Erbschaftsanspruch gegen ihn verjährt ist.
§.860. Mit dem Erwerbe des Eigenthums durch Ersitzung erlöschen die an der Sache vor dem Erwerbe des Eigenbesitzes begründeten Rechte Dritter, es sei denn, daß der Eigenbesitzer bei dem Erwerbe des Eigenbesitzes in Ansehung derselben nicht in gutem Glauben war oder das Bestehen der Rechte später erfahren hat. Die Vorschriften der §§.853 bis 858 finden entsprechende. Anwendung.
III. Verbindung. Vermischung. Verarbeitung.
§.861. Wird eine bewegliche Sache mit einem Grundstücke dergestalt verbunden, daß sie wesentlicher Bestandtheil des Grundstücks wird, so erstreckt sich das Eigenthum an dem Grundstück auch auf diese Sache.
§.862. Werden bewegliche Sachen mit einander dergestalt verbunden, daß sie wesentliche Bestandtheile einer einheitlichen Sache bilden, so werden die bisherigen Eigenthümer Miteigenthümer dieser Sache; die Antheile bestimmen sich nach dem Verhältnisse des Werthes, welchen die einzelnen Sachen zur Zeit der Verbindung hatten.
Ist eine der Sachen als die Hauptsache anzusehen, so erwirbt deren Eigenthümer das Alleineigenthum.
§.863. Werden bewegliche Sachen mit einander untrennbar vermischt oder vermengt, so finden die Vorschriften des § 862 entsprechende Anwendung.
Der Untrennbarkeit steht es gleich, wenn die Trennung der vermischten oder vermengten Sachen mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sein würde.
§.864. Erlischt nach den §§.861 bis 863 das Eigenthum an einer Sache, so erlöschen auch die sonstigen an der Sache bestehenden Rechte. Erwirbt der Eigenthümer der belasteten Sache Miteigenthum, so bestehen die Rechte an dem Antheile fort, welcher an die Stelle der Sache tritt. Wird der Eigenthümer der belasteten Sache Alleineigenthümer, so erstrecken sich die Rechte auch auf die hinzutretende Sache.
§.865. Wer durch Verarbeitung oder Umbildung eines oder mehrerer Stoffe eine neue bewegliche Sache herstellt, erwirbt das Eigenthum an der neuen Sache, es sei denn, daß der Werth der Verarbeitung oder der Umbildung erheblich hinter dem Werthe des Stoffes zurücksteht. Als Verarbeitung gilt auch das Schreiben, Zeichnen, Malen, Drucken, Graviren oder eine ähnliche Bearbeitung der Oberfläche.
Mit dem Erwerbe des Eigenthums an der neuen Sache erlöschen die an dem Stoffe bestehenden Rechte.
§.866. Wer in Folge der Vorschriften der §§.861 bis 865 einen Rechtsverlust erleidet, kann von demjenigen, zu dessen Gunsten die Rechtsänderung eingetreten ist, Vergütung in Geld nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Die Wiederherstellung des früheren Zustandes kann nicht verlangt werden.
Die Vorschriften über die Verpflichtung zum Schadensersatze wegen unerlaubter Handlungen bleiben unberührt.
§.867. Das Eigenthum an dem über eine Forderung ausgestellten Schuldscheine steht dem Gläubiger zu. Das Recht eines Dritten an der Forderung erstreckt sich auch auf den Schuldschein.
Das Gleiche gilt für Urkunden über andere Rechte, kraft deren eine Leistung gefordert werden kann, insbesondere für. Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefe.
IV. Erwerb von Erzeugnissen und sonstigen Bestandtheilen einer Sache.
§.868. Erzeugnisse und sonstige Bestandtheile einer Sache gehören auch nach der Trennung dem Eigenthümer der Sache, soweit sich nicht aus den §§.869 bis 872 ein Anderes ergiebt.
§.869. Wer vermöge eines Rechtes an einer fremden Sache befugt ist, sich Erzeugnisse oder sonstige Bestandtheile der Sache anzueignen, erwirbt das Eigenthum an denselben, unbeschadet der Vorschriften der §§.870 bis 872, mit der Trennung.
§.870. Wer eine Sache im Eigenbesitze hat, erwirbt das Eigenthum an den Erzeugnissen und sonstigen zu den Früchten der Sache gehörenden Bestandtheilen, unbeschadet der Vorschriften der §§.871, 872, mit der Trennung. Der Erwerb ist ausgeschlossen, wenn der Eigenbesitzer nicht zum Eigenbesitz oder ein Anderer vermöge eines Rechtes an der Sache zum Fruchtbezuge berechtigt ist und der Eigenbesitzer bei dem Erwerbe des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben war oder vor der Trennung den Rechtsmangel erfahren hat.
Dem Eigenbesitzer steht derjenige gleich, welcher eine Sache zum Zwecke der Ausübung eines Nutzungsrechts an derselben besitzt.
Auf den Eigenbesitz und den ihm gleichgestellten Besitz finden die Vorschriften des §.854 Abs. 2 und des §.858 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
§.871. Hat der Eigenthümer einem Anderen gestattet, sich Erzeugnisse oder sonstige Bestandtheile der Sache anzueignen, so erwirbt dieser das Eigenthum an denselben, wenn ihm der Besitz der Sache überlassen ist, mit der Trennung, anderenfalls mit der Besitzergreifung. Solange sich der Andere in dem ihm überlassenen Besitze der Sache befindet, kann der Eigenthümer die Gestattung nicht widerrufen, wenn er zu derselben verpflichtet ist.
Das Gleiche gilt, wenn die Gestattung nicht von dem Eigenthümer, sondern von einem Anderen ausgeht, welchem Erzeugnisse oder sonstige Bestandtheile einer Sache nach der Trennung gehören.
§.872. Die Vorschriften des §.871 finden auch dann Anwendung, wenn derjenige, welcher die Aneignung einem Anderen gestattet hat, hierzu nicht berechtigt war, es sei denn, daß der Andere, falls ihm der Besitz der Sache überlassen war, bei der Ueberlassung, anderenfalls bei der Ergreifung des Besitzes der Erzeugnisse oder der sonstigen Bestandtheile nicht in gutem Glauben war oder vor der Trennung den Rechtsmangel erfahren hat.
V. Aneignung.
§.873. Wer eine herrenlose bewegliche Sache in Eigenbesitz nimmt, erwirbt das Eigenthum an der Sache. Das Eigenthum wird nicht erworben, wenn die Aneignung gesetzlich verboten ist oder das Aneignungsrecht eines Anderen durch die Besitzergreifung verletzt wird.
§.874. Eine bewegliche Sache wird herrenlos, wenn der Eigenthümer in der Absicht, auf das Eigenthum zu verzichten, den Besitz der Sache ausgiebt.
§.875. Wilde Thiere sind herrenlos, solange sie sich in der Freiheit befinden. Wilde Thiere in Thiergärten und Fische in Teichen oder anderen geschlossenen Privatgewässern sind nicht herrenlos.
Gefangene wilde Thiere werden herrenlos, wenn sie die Freiheit wiedererlangen und der Eigenthümer sie nicht unverzüglich verfolgt oder die Verfolgung ausgiebt.
Gezähmte Thiere werden herrenlos, wenn sie die Gewohnheit ablegen, an den ihnen bestimmten Ort zurückzukehren.
§.876. Ein ausgezogener Bienenschwarm wird herrenlos, wenn der Eigenthümer ihn nicht unverzüglich verfolgt oder die Verfolgung ausgiebt oder ihn dergestalt aus dem Gesichte verliert, daß er nicht mehr weiß, wo sich der Schwarm befindet.
§.877. Der Eigenthümer des Bienenschwarmes kann bei der Verfolgung fremde Grundstücke betreten. Ist der Schwarm in eine fremde nicht besetzte Bienenwohnung eingezogen, so kann der Eigenthümer des Schwarmes zum Zwecke des Einfangens die Wohnung öffnen und die Waben herausnehmen oder herausbrechen. Die Vorschriften des §.789 finden Anwendung.
§.878. Vereinigen sich ausgezogene Bienenschwärme verschiedener Eigenthümer, so werden die Eigenthümer, welche ihre Schwärme verfolgt haben, Miteigenthümer des eingefangenen Gesammtschwarmes; die Antheile bestimmen sich nach der Zahl der verfolgten Schwärme.
§.879. Ist ein Bienenschwarm in eine fremde besetzte Bienenwohnung eingezogen, so erstrecken sich das Eigenthum und die sonstigen Rechte an den Bienen, mit welchen die Wohnung besetzt war, auf den eingezogenen Schwarm. Das Eigenthum und die sonstigen Rechte an dem eingezogenen Schwarme erlöschen.
VI. Fund.
§.880. Wer eine verlorene Sache findet und an sich nimmt, hat dem Verlierer oder dem Eigenthümer oder einem sonstigen Empfangsberechtigten unverzüglich Anzeige zu machen.
Kennt der Finder die Empfangsberechtigten nicht oder ist ihm ihr Aufenthalt unbekannt, so hat er den Fund und die Umstände, welche für die Ermittelung der Empfangsberechtigten erheblich sein können, unverzüglich der Polizeibehörde anzuzeigen. Ist die Sache nicht mehr als drei Mark werth, so bedarf es der Anzeige bei der Polizeibehörde nicht.
§.881. Der Finder ist zur Verwahrung der Sache verpflichtet.
Ist der Verderb der Sache zu besorgen oder ist die Aufbewahrung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, so hat der Finder die Sache öffentlich versteigern zu lassen. Vor der Versteigerung ist der Polizeibehörde Anzeige zu machen. Der Erlös tritt an die Stelle der Sache.
§.882. Der Finder ist berechtigt und auf Anordnung der Polizeibehörde verpflichtet, die Sache oder den Versteigerungserlös an die Polizeibehörde abzuliefern.
§.883. Der Finder hat nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
§.884. Der Finder wird durch die Herausgabe der Sache an den Verlierer auch den sonstigen Empfangsberechtigten gegenüber befreit.
§.885. Macht der Finder zum Zwecke der Verwahrung oder Erhaltung der Sache oder zum Zwecke der Ermittelung eines Empfangsberechtigten Aufwendungen, die er nach den Umständen für erforderlich halten darf, so kann er von dem Empfangsberechtigten Ersatz verlangen.
§.886. Der Finder kann von dem Empfangsberechtigten einen Finderlohn verlangen. Der Finderlohn beträgt von dem Werthe der Sache bis zu dreihundert Mark fünf vom Hundert, von dem Mehrwerth eins vom Hundert, bei Thieren eins vom Hundert. Hat die Sache nur für den Empfangsberechtigten einen Werth, so ist der Finderlohn nach billigem Ermessen zu bestimmen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Finder die Anzeigepflicht verletzt oder den Fund auf Nachfrage verheimlicht hat.
§.887. Auf die in den §§.885, 886 bestimmten Ansprüche finden die für die Ansprüche des Besitzers gegen den Eigenthümer wegen Verwendungen geltenden Vorschriften des §.913 entsprechende Anwendung.
§.888. Mit dem Ablauf eines Jahres nach der Anzeige des Fundes bei der Polizeibehörde erwirbt der Finder das Eigenthum an der Sache, es sei denn, daß vorher ein Empfangsberechtigter dem Finder bekannt geworden ist oder sein Recht bei der Polizeibehörde angemeldet hat. Mit dem Erwerbe des Eigenthums erlöschen die sonstigen Rechte an der Sache.
Ist die Sache nicht mehr als drei Mark werth, so beginnt die einjährige Frist mit dem Funde. Der Finder erwirbt das Eigenthum nicht, wenn er den Fund auf Nachfrage verheimlicht hat. Die Anmeldung eines Rechtes bei der Polizeibehörde steht dem Erwerbe des Eigenthums nicht entgegen.
§.889. Sind innerhalb der einjährigen Frist Empfangsberechtigte dem Finder bekannt geworden oder haben sie bei einer Sache, die mehr als drei Mark werth ist, ihre Rechte bei der Polizeibehörde rechtzeitig angemeldet, so erwirbt der Finder das Eigenthum und erlöschen die sonstigen Rechte an der Sache dann, wenn die Empfangsberechtigten sich auf die Aufforderung des Finders nicht zur Befriedigung der dem Finder nach den §§.885 bis 887 zustehenden Ansprüche bereit erklären. Die Aufforderung hat nach den Vorschriften des §.914 Abs. 1, 3 zu erfolgen.
§.890. Durch die Ablieferung der Sache oder des Versteigerungserlöses an die Polizeibehörde werden die Rechte des Finders nicht berührt. Läßt die Polizeibehörde die Sache versteigern, so tritt der Erlös an die Stelle der Sache. Die Polizeibehörde darf die Sache oder den Erlös nur mit Zustimmung des Finders einem Empfangsberechtigten herausgeben.
§.891. Verzichtet der Finder der Polizeibehörde gegenüber auf das Recht zum Erwerbe des Eigenthums an der Sache, so geht sein Recht auf die Gemeinde des Fundorts über.
Hat der Finder nach der Ablieferung der Sache oder des Versteigerungserlöses an die Polizeibehörde auf Grund der Vorschriften der §§.888, 889 das Eigenthum erworben, so geht dasselbe auf die Gemeinde des Fundorts über, wenn der Finder nicht innerhalb einer ihm von der Polizeibehörde bestimmten Frist die Herausgabe verlangt.
§.892. Wer in Folge der Vorschriften der §§.888, 889, 891 einen Rechtsverlust erleidet, kann in den Fällen der §§.888, 889 von dem Finder, in den Fällen des §.891 von der Gemeinde des Fundorts die Herausgabe des durch die Rechtsänderung Erlangten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der Anspruch erlischt, wenn er nicht binnen drei Jahren nach dem Übergange des Eigenthums auf den Finder oder die Gemeinde gerichtlich geltend gemacht wird.
§.893. Wer eine Sache in den Geschäftsräumen oder den Beförderungsmitteln einer öffentlichen Behörde oder einer dem öffentlichen Verkehre dienenden Verkehrsanstalt findet und an sich nimmt, hat die Sache unverzüglich an die Behörde oder die Verkehrsanstalt oder an einen Angestellten derselben abzuliefern. Die Vorschriften der §§.880 bis 892 finden keine Anwendung.
§.894. Die Behörde oder die Verkehrsanstalt kann die an sie abgelieferte Sache öffentlich versteigern lassen. Die öffentlichen Behörden und die Verkehrsanstalten des Reiches, der Bundesstaaten und der Gemeinden können die Versteigerung durch einen ihrer Beamten vornehmen lassen.
Die Versteigerung ist erst zulässig, wenn der Fund öffentlich bekannt gemacht, die Empfangsberechtigten in der Bekanntmachung zur Anmeldung ihrer Rechte unter Bestimmung einer Frist aufgefordert worden sind und die Frist ohne eine Anmeldung verstrichen ist. Die Bekanntmachung ist nicht erforderlich, wenn der Verderb der Sache zu besorgen oder die Aufbewahrung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. Der Erlös tritt an die Stelle der Sache.
§.895. Hat sich der Empfangsberechtigte nicht binnen drei Jahren nach dem Ablaufe der in der öffentlichen Bekanntmachung bestimmten Frist gemeldet, so fällt der Versteigerungserlös, wenn die Behörde oder die Verkehrsanstalt eine Reichsbehörde oder eine Reichsanstalt ist, an den Reichsfiskus, wenn sie eine Landesbehörde oder eine Landesanstalt ist, an den Fiskus des Bundesstaats, wenn sie eine Gemeindebehörde oder eine Gemeindeanstalt ist, an die Gemeinde, wenn die Verkehrsanstalt von einer Privatperson betrieben wird, an diese.
Ist die Versteigerung ohne die öffentliche Bekanntmachung erfolgt, so beginnt die dreijährige Frist erst, nachdem der Fund öffentlich bekannt gemacht und die Empfangsberechtigten in der Bekanntmachung zur Anmeldung ihrer Rechte aufgefordert worden sind. Das Gleiche gilt, wenn gefundenes Geld abgeliefert worden ist.
Die Kosten werden von dem herauszugebenden Betrag abgezogen.
§.896. Die in den §§.894, 895 vorgeschriebene Bekanntmachung erfolgt, wenn die Behörde oder die Verkehrsanstalt eine Reichsbehörde oder eine Reichsanstalt ist, nach den von dem Bundesrath erlassenen Vorschriften; in den übrigen Fällen sind die von der Zentralbehörde des Bundesstaats erlassenen Vorschriften maßgebend.
§.897. Ist eine öffentliche Behörde im Besitz einer Sache, zu deren Herausgabe sie verpflichtet ist, ohne daß die Verpflichtung auf Vertrag beruht, so finden, wenn der Behörde der Empfangsberechtigte oder dessen Aufenthalt unbekannt ist, die Vorschriften der §§.894 bis 896 entsprechende Anwendung.
§.898. Wird eine Sache, die so lange verborgen gelegen hat, daß der Eigenthümer nicht mehr zu ermitteln ist (Schatz), entdeckt und in Folge der Entdeckung in Besitz genommen, so wird das Eigenthum zur Hälfte von dem Entdecker, zur Hälfte von dem Eigenthümer der Sache erworben, in welcher der Schatz verborgen war.
Vierter Titel. Ansprüche aus dem Eigenthume.
§.899. Der Eigenthümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.
Gegenüber einem mittelbaren Besitzer steht dem Eigenthümer ein Anspruch auf Ueberlassung des mittelbaren Besitzes nicht zu.
§.900. Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigenthümer gegenüber zum Belize berechtigt ist. Ist der mittelbare Besitzer dem Eigenthümer gegenüber zur Ueberlassung des Besitzes an den Besitzer nicht befugt, so kann der Eigenthümer von dem Besitzer die Herausgabe der Sache an den mittelbaren Besitzer oder, wenn dieser den Besitz nicht wiederübernehmen will oder kann, an sich selbst verlangen.
Der Besitzer einer Sache, die nach §.844 durch Abtretung des Anspruchs auf Herausgabe veräußert worden ist, kann dem neuen Eigenthümer die Einwendungen entgegensetzen, welche ihm gegen den abgetretenen Anspruch zustehen.
§.901. Der Besitzer hat dem Eigenthümer die Nutzungen herauszugeben, welche er nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit gezogen hat. Die auf die Gewinnung der Nutzungen verwendeten Kosten sind von dem Eigenthümer insoweit zu ersetzen, als sie einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entsprechen und den Werth der Nutzungen nicht übersteigen.
Hat der Besitzer nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit Nutzungen nicht gezogen, die er nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft hätte ziehen können, so ist er dem Eigenthümer zum Ersatze verpflichtet, soweit ihm ein Verschulden zur Last fällt.
§.902. Hat ein Besitzer, der die Sache als ihm gehörige oder zum Zwecke der Ausübung eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Nutzungsrechts an der Sache besitzt, den Besitz unentgeltlich erlangt, so ist er dem Eigenthümer zur Herausgabe der vor dem Eintritte der Rechtshängigkeit gezogenen Nutzungen nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet.
§.903. Der Besitzer ist von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an dem Eigenthümer für den Schaden verantwortlich, welcher dadurch entsteht, daß die Sache in Folge seines Verschuldens verschlechtert wird, untergeht oder aus einem sonstigen Grunde von ihm nicht herausgegeben werden kann.
§.904. War der Besitzer bei dem Erwerbe des Besitzes nicht in gutem Glauben, so haftet er dem Eigenthümer von der Zeit des Erwerbes an nach den §§.901, 903. Erfährt der Besitzer später, daß er zum Besitze nicht berechtigt ist, so haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntnis an. Eine weitergehende Haftung wegen Verzugs bleibt unberührt.
§.905. Leitet der Besitzer das Recht zum Besitze von einem mittelbaren Besitzer ab, so finden die Vorschriften des §.904 in Ansehung der Nutzungen nur Anwendung, wenn der mittelbare Besitzer bei dem Erwerbe des Besitzes nicht in gutem Glauben war oder später den Mangel des Rechtes zum Besitz erfahren hat.
War der Besitzer bei dem Erwerbe des Besitzes in gutem Glauben, so hat er gleichwohl von dem Erwerb an den im §.903 bezeichneten Schaden dem Eigenthümer gegenüber insoweit zu vertreten, als er dem mittelbaren Besitzer verantwortlich ist.
§.906. Hat sich der Besitzer durch verbotene Eigenmacht oder durch eine strafbare Handlung den Besitz verschafft, so haftet er dem Eigenthümer nach den Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen.
§.907. Liegen die in den §§.901 bis 906 bezeichneten Voraussetzungen nicht vor, so ist der Besitzer weder zur Herausgabe von Nutzungen noch zum Schadensersatze verpflichtet.
Für die Zeit, für welche dem Besitzer die Nutzungen verbleiben, finden auf ihn die Vorschriften des §.77m Anwendung.
§.908. Der Besitzer kann für die auf die Sache gemachten nothwendigen Aufwendungen von dem Eigenthümer Ersatz verlangen. Die gewöhnlichen Erhaltungskosten sind ihm jedoch für die Zeit, für welche ihm die Nutzungen verbleiben, nicht zu ersetzen.
Für andere Verwendungen kann der Besitzer Ersatz nur insoweit verlangen, als sie vor dem Eintritte der Rechtshängigkeit gemacht worden sind und der Werth der Sache durch sie noch zu der Zeit erhöht ist, zu welcher der Eigenthümer die Sache wiedererlangt. Haftet der Besitzer nach §.904, so steht ihm dieser Anspruch nicht zu.
§.909. Zu den nothwendigen Verwendungen im Sinne des 8. 908 gehören auch die Aufwendungen, die der Besitzer zur Bestreitung von Lasten der Sache gemacht hat. Für die Zeit, für welche dem Besitzer die Nutzungen verbleiben, sind ihm nur die Aufwendungen für solche außerordentliche Lasten zu ersetzen, die als auf den Stammwerth der Sache gelegt anzusehen sind.
§.910. Hat der Besitzer mit der Sache eine andere Sache als wesentlichen Bestandtheil verbunden, so kann er sie abtrennen und sich aneignen. Die für das Wegnahmerecht des Miethers geltenden Vorschriften des §.491 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung.
Das Recht zur Abtrennung ist ausgeschlossen, wenn der Besitzer nach §.908 Abs. 1 Satz 2 für die Verwendung Ersatz nicht verlangen kann oder die Abtrennung für ihn keinen Nutzen hat oder ihm mindestens der Werth ersetzt wird, welchen der Bestandtheil nach der Abtrennung für ihn haben würde.
§.911. Ist ein landwirthschaftliches Grundstück herauszugeben, so hat der Eigenthümer die Kosten, welche der Besitzer auf die noch nicht getrennten, jedoch nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft vor dem Ende des Wirtschaftsjahrs zu trennenden Früchte verwendet hat, insoweit zu ersetzen, als sie einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entsprechen und den Werth dieser Früchte nicht übersteigen.
§.912. Der Besitzer kann für die Verwendungen eines Vorbesitzers, dessen Rechtsnachfolger er geworden ist, in dem selben Umfang Ersatz verlangen, in welchem ihn der Vorbesitzer fordern könnte, wenn er die Sache herauszugeben hätte.
Die Verpflichtung des Eigenthümers zum Ersatze von Verwendungen erstreckt sich auch auf die Verwendungen, welche gemacht worden sind, bevor er das Eigenthum erworben hat.
§.913. Der Besitzer kann den Anspruch auf Ersatz von Verwendungen nur geltend machen, wenn der Eigenthümer die Sache wiedererlangt oder die Verwendungen genehmigt. Solange der Eigenthümer die Verwendungen nicht genehmigt hat, kann er sich von dem Anspruche dadurch befreien, daß er die wiedererlangte Sache zurückgibt. Die Genehmigung gilt als ertheilt, wenn der Eigenthümer die ihm von dem Besitzer unter Vorbehalt des Anspruchs angebotene Sache angenommen hat.
Hat der Besitzer die Sache dem Eigenthümer herausgegeben, so erlischt der Anspruch, wenn er nicht vor dem Ablauf eines Monats, bei einem Grundstücke vor dem Ablaufe von sechs Monaten nach der Herausgabe gerichtlich geltend gemacht wird, es sei denn, daß der Eigenthümer die Verwendungen genehmigt hat.
Zur Herausgabe der Sache ist der Besitzer nur gegen Befriedigung des Anspruchs verpflichtet; das Zurückbehaltungsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Besitzer die Sache durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat.
§.914. Der Besitzer kann den Eigenthümer unter Angabe der Höhe des als Ersatz verlangten Betrags auffordern, sich innerhalb einer von ihm bestimmten angemessenen Frist darüber zu erklären, ob er die Verwendungen genehmige.
Erfolgt die Genehmigung nicht vor dem Ablaufe der Frist, so ist der Besitzer berechtigt, Befriedigung aus der Sache nach den Vorschriften über den Pfandverkauf, bei einem Grundstücke nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen zu suchen.
Bestreitet der Eigenthümer den Anspruch vor dem Ablaufe der Frist, so kann sich der Besitzer aus der Sache erst dann befriedigen, wenn er nach rechtskräftiger Feststellung des Betrags der Verwendungen den Eigenthümer unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung aufgefordert hat und die Genehmigung nicht innerhalb der Frist erfolgt ist.
§.915. Auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Eigenthümer und dem mittelbaren Besitzer finden die Vorschriften der §§. 901 bis 914 entsprechende Anwendung.
§.916. Wird das Eigenthum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigenthümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigenthümer auf Unterlassung klagen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigenthümer zur Duldung verpflichtet war.
§.917. Befindet sich eine Sache auf einem Grundstücke, das ein Anderer als der Eigenthümer der Sache besitzt, so steht diesem gegen den Besitzer des Grundstücks der im §.789 bestimmte Anspruch zu.
§.918. Zu Gunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermuthet, daß er Eigenthümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, daß es sich um Geld oder um Inhaberpapiere handelt.
Zu Gunsten eines früheren Besitzers wird vermuthet, daß er während der Dauer seines Besitzes Eigenthümer der Sache gewesen sei.
Im Falles eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermuthung für den mittelbaren Besitzer.
§.919. Wer eine bewegliche Sache im Besitze gehabt hat, kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen, wenn dieser bei dem Erwerbe des Besitzes nicht in gutem Glauben war.
Ist die Sache dem früheren Besitzer gestohlen, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen, so kann er die Herausgabe auch von einem gutgläubigen Besitzer verlangen, es sei denn, daß dieser Eigenthümer der Sache ist oder die Sache ihm vor der Bestzeit des früheren Besitzers abhanden gekommen war. Auf Geld und Inhaberpapiere findet diese Vorschrift keine Anwendung.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der frühere Besitzer bei dem Erwerbe des Besitzes nicht in gutem Glauben war oder wenn er den Besitz aufgegeben hat. Im Uebrigen finden die Vorschriften der §§.900 bis 915 entsprechende Anwendung.
Fünfter Titel. Miteigenthum.
§.920. Steht das Eigenthum an einer Sache Mehreren nach Bruchtheilen zu, so gelten die Vorschriften der §§.921 bis 923.
§.921. Die gemeinschaftliche Sache kann auch zu Gunsten eines Miteigenthümers belastet werden.
Die Belastung eines gemeinschaftlichen Grundstücks zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines anderen Grundstücks sowie die Belastung eines anderen Grundstücks zu Gunsten der jeweiligen Eigenthümer des gemeinschaftlichen Grundstücks wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß das andere Grundstück einem Miteigenthümer des gemeinschaftlichen Grundstücks gehört.
§.922. Haben die Miteigenthümer eines Grundstücks die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung geregelt oder haben sie das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen oder eine Kündigungsfrist bestimmt, so wirkt die Vereinbarung gegen den Sondernachfolger eines Miteigenthümers nur, wenn sie als Belastung des Antheils im Grundbuch eingetragen ist.
Die in den §§.691, 692 bestimmten Ansprüche können gegen den Sondernachfolger eines Miteigenthümers nur geltend gemacht werden, wenn sie im Grundbuch eingetragen sind.
§.923. Jeder Miteigenthümer kann die Ansprüche aus dem Eigenthume Dritten gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den Anspruch auf Herausgabe jedoch nur in Gemäßheit des §.374.
Vierter Abschnitt. Erbbaurecht.
§.924. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß demjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, das veräußerliche und vererbliche Recht zusteht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben (Erbbaurecht).
Das Erbbaurecht kann auf die Benutzung eines für das Bauwerk nicht erforderlichen Theiles des Grundstücks erstreckt werden, wenn sie für die Benutzung des Bauwerkes Vortheil bietet.
Die Beschränkung des Erbbaurechts auf einen Theil eines Gebäudes, insbesondere ein Stockwerk, ist unzulässig.
§.925. Die zur Bestellung des Erbbaurechts nach §.794 erforderliche Einigung des Eigenthümers und des Erwerbers muß vor dem Grundbuchamte, vor Gericht oder vor einem Notar erklärt werden.
§.926. Die zur Aufhebung des Erbbaurechts nach §.796 erforderliche Erklärung des Berechtigten muß vor dem Grundbuchamt abgegeben werden.
§.927. Das Erbbaurecht erlischt nicht dadurch, daß das Bauwerk untergeht.
§.928. Die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften gelten auch für das Erbbaurecht.
Die für den Erwerb des Eigenthums und die Ansprüche aus dem Eigenthume geltenden Vorschriften finden auf das Erbbaurecht entsprechende Anwendung.
Fünfter Abschnitt. Dienstbarkeiten.
Erster Titel. Grunddienstbarkeiten.
§.929. Ein Grundstück kann zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, daß dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf oder daß auf dem Grundstücke gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen oder daß die Ausübung eines sich aus dem Eigenthum an dem belasteten Grundstücke dem anderen Grundstück gegenüber ergebenden Rechtes ausgeschlossen ist (Grunddienstbarkeit).
§.930. Eine Grunddienstbarkeit kann nur in einer solchen Belastung bestehen, welche für die Benutzung des Grundstücks des Berechtigten Vortheil bietet. Ueber das sich hieraus ergebende Maß hinaus kann der Inhalt der Dienstbarkeit nicht erstreckt werden.
§.931. Bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit hat der Berechtigte das Interesse des Eigenthümers des belasteten Grundstücks tunlichst zu schonen. Anlagen, die von dem Berechtigten auf dem belasteten Grundstücke zur Ausübung der Dienstbarkeit gehalten werden, sind von ihm in ordnungsmäßigem Zustande zu erhalten, soweit das Interesse des Eigenthümers es erfordert.
§.932. Gehört zur Ausübung einer Grunddienstbarkeit eine Anlage auf dem belasteten Grundstücke, so kann bestimmt werden, daß der Eigenthümer dieses Grundstücks die Anlage zu unterhalten hat, soweit das Interesse des Berechtigten es erfordert. Steht dem Eigenthümer das Recht zur Mitbenutzung einer solchen Anlage zu, so kann bestimmt werden, daß der Berechtigte die Anlage zu unterhalten hat, soweit es für das Benutzungsrecht des Eigenthümers erforderlich ist.
Wird eine solche Unterhaltungspflicht bestimmt, so finden auf sie die Vorschriften über die Reallasten entsprechende Anwendung.
§.933. Besteht die Grunddienstbarkeit in dem Rechte, auf einer baulichen Anlage des belasteten Grundstücks eine bauliche Anlage zu halten, so hat, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, der Eigenthümer des belasteten Grundstücks seine Anlage zu unterhalten, soweit das Interesse des Berechtigten es erfordert. Die Vorschrift des §.932 Abs. 2 gilt auch für diese Unterhaltungspflicht.
§.934. Beschränkt sich die jeweilige Ausübung einer Grunddienstbarkeit auf einen Theil des belasteten Grundstücks, so kann der Eigenthümer, wenn die Ausübung an der bisherigen Stelle für ihn besonders beschwerlich ist, die Verlegung der Ausübung auf eine andere, für den Berechtigten ebenso geeignete Stelle verlangen; die Kosten der Verlegung sind von ihm zu tragen und vorzuschießen. Dies gilt auch dann, wenn der Theil des Grundstücks, auf welchen sich die Ausübung beschränkt, durch Rechtsgeschäft bestimmt ist.
Das Recht auf die Verlegung kann nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden.
§.935. Trifft eine Grunddienstbarkeit mit einer anderen Grunddienstbarkeit oder einem sonstigen Nutzungsrecht an dem Grundstücke dergestalt zusammen, daß die Rechte neben einander nicht oder nicht vollständig ausgeübt werden können, und haben die Rechte gleichen Rang, so kann jeder Berechtigte eine den Interessen aller Berechtigten nach billigem Ermessen entsprechende Regelung der Ausübung verlangen.
§.936. Wird das Grundstück des Berechtigten getheilt, so besteht die Grunddienstbarkeit für die einzelnen Theile fort; die Ausübung ist jedoch im Zweifel nur in der Weise zulässig, daß sie für den Eigenthümer des belasteten Grundstücks nicht beschwerlicher wird. Gereicht die Dienstbarkeit nur einem der Theile zum Vortheile, so erlischt sie für die übrigen Theile.
§.937. Wird das belastete Grundstück getheilt, so werden, wenn die Ausübung der Grunddienstbarkeit auf einen bestimmten Theil des belasteten Grundstücks beschränkt ist, die Theile, welche außerhalb des Bereichs der Ausübung liegen, von der Dienstbarkeit frei.
§.938. Wird eine Grunddienstbarkeit beeinträchtigt, so stehen dem Berechtigten die im §.916 bestimmten Rechte zu.
§.939. Wird der Besitzer eines Grundstücks in der Ausübung einer für den Eigenthümer desselben im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit gestört, so finden die für den Besitzschuß geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit die Dienstbarkeit innerhalb eines Jahres vor der Störung, sei es auch nur einmal, ausgeübt worden ist.
Zweiter Titel. Nießbrauch.
I. Nießbrauch an Sachen.
§.940. Eine Sache kann in der Weise belastet werden, daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache zu ziehen (Nießbrauch).
Der Nießbrauch kann durch den Ausschluß einzelner Nutzungen beschränkt werden.
§.941. Mit dem Nießbrauch an einem Grundstück erlangt der Nießbraucher den Nießbrauch an dem Zubehöre nach den für den Erwerb des Eigenthums geltenden Vorschriften des §.839.
§.942. Zur Bestellung des Nießbrauchs an einer beweglichen Sache ist erforderlich, daß der Eigenthümer die Sache dem Erwerber übergiebt und beide darüber einig sind, daß diesem der Nießbrauch zustehen soll. Die Vorschriften des §.842 Satz 2 und der §§.843 bis 850 finden entsprechende Anwendung; in den Fällen des §.849 tritt nur die Wirkung ein, daß der Nießbrauch dem Rechte des Dritten vorgeht.
§.943. Der Nießbrauch an einer beweglichen Sache kann durch Ersitzung erworben werden. Die für den Erwerb des Eigenthums durch Ersitzung geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung.
§.944. Der Nießbraucher kann den Zustand der Sache auf seine Kosten durch Sachverständige feststellen lassen. Das gleiche Recht steht dem Eigenthümer zu.
§.945. Bei dem Nießbrauch an einem Inbegriffe von Sachen sind der Nießbraucher und der Eigenthümer einander verpflichtet, zur Aufnahme eines Verzeichnisses der Sachen mitzuwirken. Das Verzeichnis ist mit der Angabe des Tages der Aufnahme zu versehen und von beiden Theilen zu unterzeichnen; jeder Theil kann verlangen, daß die Unterzeichnung öffentlich beglaubigt wird. Jeder Theil kann auch verlangen, daß das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten aufgenommen wird. Die Kosten sind von demjenigen zu tragen und vorzuschießen, welcher die Aufnahme oder die Beglaubigung verlangt.
§.946. Der Nießbraucher ist zum Besitze der Sache berechtigt.
Er hat bei der Ausübung des Nutzungsrechts die bisherige wirthschaftliche Bestimmung der Sache aufrechtzuerhalten und nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft zu verfahren.
§.947. Der Nießbraucher ist nicht berechtigt, die Sache umzugestalten oder wesentlich zu verändern.
Der Nießbraucher eines Grundstücks darf neue Anlagen zur Gewinnung von Steinen, Kies, Sand, Lehm, Thon, Mergel, Torf und sonstigen Bodenbestandtheilen errichten, sofern nicht die wirthschaftliche Bestimmung des Grundstücks dadurch wesentlich verändert wird.
§.948. Ist ein Wald Gegenstand des Nießbrauchs, so kann sowohl der Eigenthümer als der Nießbraucher verlangen, daß das Maß der Nutzung und die Art der wirthschaftlichen Behandlung durch einen Wirtschaftsplan festgestellt wird. Tritt eine erhebliche Aenderung der Umstände ein, so kann jeder Theil eine entsprechende Aenderung des Wirtschaftsplans verlangen. Die Kosten sind von jedem Theile zur Hälfte zu tragen.
§.949. Der Nießbraucher erwirbt das Eigenthum auch an solchen Früchten, die er den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft zuwider oder die er deshalb im Übermaße gezogen hat, weil dies in Folge eines besonderen Ereignisses nothwendig geworden ist. Er ist jedoch, unbeschadet seiner Verantwortlichkeit für ein Verschulden, verpflichtet, den Werth, welchen diese Früchte zur Zeit der Trennung hatten, dem Eigenthümer bei der Beendigung des Nießbrauchs zu ersetzen und für die Erfüllung dieser Verpflichtung Sicherheit zu leisten. Sowohl der Eigenthümer als der Nießbraucher kann verlangen, daß der zu ersetzende Betrag zur Wiederherstellung der Sache insoweit verwendet wird, als es einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entspricht.
Ist die Verwendung zur Wiederherstellung der Sache nicht verlangt worden, so fällt die Ersatzpflicht weg, soweit durch den ordnungswidrigen oder den übermäßigen Fruchtbezug die dem Nießbraucher gebührenden Nutzungen beeinträchtigt worden sind.
§.950. Das Recht des Nießbraucher erstreckt sich nicht auf den Antheil des Eigenthümers an einem Schatze, der in der Sache gefunden wird.
§.951. Der Nießbraucher hat für die Erhaltung der Sache in ihrem wirthschaftlichen Bestande zu sorgen. Ausbesserungen und Erneuerungen liegen ihm nur insoweit ob, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören.
§.952. Wird eine außergewöhnliche Ausbesserung oder Erneuerung der Sache erforderlich oder wird die Sache zerstört oder beschädigt oder maßt sich ein Dritter ein Recht an der Sache an, so hat der Nießbraucher dem Eigenthümer unverzüglich Anzeige zu machen.
§.953. Nimmt der Nießbraucher eines Grundstücks eine erforderlich gewordene außergewöhnliche Ausbesserung oder Erneuerung selbst vor, so darf er zu derselben innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft auch Bestandtheile des Grundstücks verwenden, die nicht zu den ihm gebührenden Früchten gehören.
§.954. Nimmt der Nießbraucher eine erforderlich gewordene Ausbesserung oder Erneuerung der Sache nicht selbst vor, so hat er dem Eigenthümer die Vornahme zu gestatten. Von dem Nießbraucher eines Grundstücks kann der Eigenthümer verlangen, daß ihm zu der Ausbesserung oder Erneuerung die Verwendung der im §.953 bezeichneten Bodenbestandteile gestattet wird.
§.955. Der Nießbraucher hat die Sache für die Dauer des Nießbrauchs gegen Brandschaden und sonstige Unfälle auf seine Kosten unter Versicherung zu bringen, wenn die Versicherung einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entspricht. Die Versicherung ist so zu nehmen, daß der Anspruch aus derselben nicht ohne den Eigenthümer geltend gemacht werden kann.
Ist die Sache bereits versichert, so fallen die für die Versicherung zu leistenden Zahlungen dem Nießbraucher für die Dauer des Nießbrauchs zur Last, soweit er zur Versficherung verpflichtet gewesen sein würde.
§.956. Tritt ein die Zahlungspflicht des Versicherers begründender Unfall ein, so steht dem Nießbraucher der Nießbrauch an dem Anspruch auf die Versicherungssumme nach den Vorschriften zu, welche für den Nießbrauch an einer auf Zinsen ausstehenden Forderung gelten.
Sowohl der Eigenthümer als der Nießbraucher kann verlangen, daß die Versicherungssumme zur Wiederherstellung der Sache oder zur Beschaffung eines Ersatzes insoweit verwendet wird, als es einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entspricht. Der Eigenthümer kann die Verwendung selbst besorgen oder dem Nießbraucher überlassen.
§.957. Der Nießbraucher ist dem Eigenthümer gegenüber verpflichtet, für die Dauer des Nießbrauchs die auf der Sache ruhenden öffentlichen Lasten mit Ausschluß der außerordentlichen Lasten, welche als auf den Stammwerth der Sache gelegt anzusehen sind, sowie diejenigen privatrechtlichen Lasten zu tragen, welche schon zur Zeit der Bestellung des Nießbrauchs auf der Sache hafteten, insbesondere die Zinsen der Hypothekenforderungen und Grundschulden.
§.958. Ist ein Grundstück sammt Inventar Gegenstand des Nießbrauchs, so kann der Nießbraucher über einzelne Stücke des Inventars innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft verfügen. Er hat für den gewöhnlichen Abgang sowie für die nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft ausscheidenden Stücke Ersatz zu beschaffen; die von ihm angeschafften Stücke werden mit der Einverleibung in das Inventar Eigenthum desjenigen, welchem das Inventar gehört.
Hat der Nießbraucher das Inventar zum Schätzungswerthe mit der Verpflichtung übernommen, es bei der Beendigung des Nießbrauchs zum Schätzungswerthe zurückzugewähren, so finden die Vorschriften der §§.528, 529 entsprechende Anwendung.
§.959. Macht der Nießbraucher Verwendungen auf die Sache; so bestimmt sich die Ersatzpflicht des Eigenthümers nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Die Verzinsung des aufgewendeten Geldes kann der Nießbraucher für die Dauer des Nießbrauchs nicht verlangen. Das Recht zur Wegnahme einer Einrichtung steht dem Nießbraucher in dem gleichen Umfange zu wie nach § 491 Abs. 2 einem Miether.
§.960. Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache, welche durch die ordnungsmäßige Ausübung des Nießbrauchs herbeigeführt werden, sind von dem Nießbraucher nicht zu vertreten.
§.961. Wird durch das Verhalten des Nießbrauchers die Besorgnitz einer Verletzung der Rechte des Eigenthümers begründet, so kann der Eigenthümer Sicherheitsleistung verlangen. Auf Antrag des Eigenthümers hat das Gericht für die Sicherheitsleistung eine Frist zu bestimmen.
Leistet der Nießbraucher die Sicherheit nicht innerhalb der bestimmten Frist, so kann der Eigenthümer statt der Sicherheitsleistung verlangen, daß die Ausübung des Nießbrauchs für Rechnung des Nießbrauchers einem von dem Gerichte zu bestellenden Verwalter übertragen wird. Der Verwalter steht unter der Aufsicht des Gerichts wie ein für die Zwangsverwaltung eines Grundstücks bestellter Verwalter. Verwalter kann auch der Eigenthümer sein.
Die Verwaltung ist aufzuheben, wenn die Sicherheit nachträglich geleistet wird.
§.962. Macht der Nießbraucher einen Gebrauch von der Sache, zu dem er nicht befugt ist, so kann der Eigenthümer auf Unterlassung klagen, wenn der Gebrauch ungeachtet einer Abmahnung fortgesetzt wird.
§.963. Verletzt der Nießbraucher die Rechte des Eigenthümers in erheblichem Maße und setzt er das verlegende Verhalten ungeachtet einer Abmahnung des Eigenthümers fort, so kann der Eigenthümer die Anordnung einer Verwaltung nach §.961 Abs. 2 verlangen.
§.964. Der Nießbraucher ist verpflichtet, die Sache nach der Beendigung des Nießbrauchs dem Eigenthümer zurückzugeben.
Bei dem Nießbrauch an einem landwirthschaftlichen Grundstücke finden die Vorschriften der §§.531, 532, bei dem Nießbrauch an einem Landgute finden die Vorschriften des §.533 entsprechende Anwendung.
§.965. Ist ein Grundstück von dem Nießbraucher über die Dauer des Nießbrauchs hinaus vermiethet oder verpachtet worden, so finden nach der Beendigung des Nießbrauchs die für den Fall der Veräußerung geltenden Vorschriften der §§.512, 513, des §.514 Satz 1 und der §§.515 bis 517, 520 entsprechende Anwendung.
Der Eigenthümer ist berechtigt, das Mieth- oder Pachtverhältnitz unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Der Miether oder Pächter kann den Eigenthümer unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber auffordern, ob er von dem Kündigungsrechte Gebrauch machen wolle. Die Kündigung ist ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb der Frist erfolgt. Ist der Nießbrauch in Folge Verzichts des Nießbrauchers erloschen, so kann der Eigenthümer erst von dem Zeitpunkt an kündigen, in welchem der Nießbrauch ohne den Verzicht erloschen sein würde.
§.966. Die Ersatzansprüche des Eigenthümers wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache sowie die Ansprüche des Nießbrauchers auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt nach Maßgabe des §.500 Satz 2.
§.967. Im Verhältnisse zwischen dem Nießbraucher und dem Eigenthümer gilt zu Gunsten des Nießbrauchers der Besteller als der Eigenthümer, es sei denn, daß der Nießbraucher weiß, daß der Besteller nicht der Eigenthümer ist.
§.968. Der Nießbrauch ist nicht übertragbar. Die Ausübung des Nießbrauchs kann einem Anderen überlassen werden.
§.969. Trifft ein Nießbrauch mit einem anderen Nießbrauch oder mit einem sonstigen Nutzungsrecht an der Sache dergestalt zusammen, daß die Rechte neben einander nicht oder nicht vollständig ausgeübt werden können, und haben die Rechte gleichen Rang, so findet die Vorschrift des §.935 Anwendung.
§.970. Der Nießbrauch erlischt mit dem Tode des Nießbrauchers. Steht der Nießbrauch einer juristischen Person zu, so erlischt er mit dieser.
§.971. Wird der Nießbrauch an einem Grundstücke durch Rechtsgeschäft aufgehoben, so erstreckt sich die Aufhebung im Zweifel auch auf den Nießbrauch an dem Zubehöre.
§.972. Der Nießbrauch an einer beweglichen Sache erlischt, wenn er mit dem Eigenthum in derselben Person zusammentrifft.
§.973. Zur Aufhebung des Nießbrauchs an einer beweglichen Sache durch Rechtsgeschäft genügt die Erklärung des Nießbrauchers gegenüber dem Eigenthümer oder dem Besteller, daß er den Nießbrauch aufgebe.
§.974. Wird das Recht des Nießbrauchers beeinträchtigt, so finden auf die Ansprüche des Nießbrauchers die für die Ansprüche aus dem Eigenthume geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
§.975. Besteht ein Nießbrauch an dem Antheil eines Miteigenthümers, so übt der Nießbraucher die sich aus der Gemeinschaft der Miteigenthümer in Ansehung der Verwaltung der Sache und der Art der Benutzung ergebenden Rechte aus. Die Aufhebung der Gemeinschaft kann nur von beiden gemeinschaftlich verlangt werden. Wird die Gemeinschaft aufgehoben, so gebührt dem Nießbraucher der Nießbrauch an den Gegenständen, welche an die Stelle des Antheils treten.
§.976. Sind verbrauchbare Sachen Gegenstand des Nießbrauchs, so wird der Nießbraucher Eigenthümer der Sachen; nach der Beendigung des Nießbrauchs hat er dem Besteller den Werth zu ersetzen, welchen die Sachen zur Zeit der Bestellung hatten. Sowohl der Besteller als der Nießbraucher kann den Werth auf seine Kosten durch Sachverständige feststellen lassen.
Der Besteller kann Sicherheitsleistung verlangen, wenn der Anspruch auf Ersatz des Werthes gefährdet ist.
II. Nießbrauch an Rechten.
§.977. Gegenstand des Nießbrauchs kann auch ein Recht sein.
Auf den Nießbrauch an Rechten finden die Vorschriften über den Nießbrauch an Sachen entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§.978 bis 993 ein Anderes ergiebt.
§.978. Die Bestellung des Nießbrauchs an einem Rechte erfolgt nach den für die Übertragung des Rechtes geltenden Vorschriften.
An einem Rechte, das nicht übertragbar ist, kann ein Nießbrauch nicht bestellt werden.
§.979. Ist ein Recht, kraft dessen eine Leistung gefordert werden kann, Gegenstand des Nießbrauchs, so finden auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Nießbraucher und dem Verpflichteten die Vorschriften entsprechende Anwendung, welche im Falle der Übertragung des Rechtes für das Rechtsverhältnis zwischen dem Erwerber und dem Verpflichteten gelten.
§.980. Ein dem Nießbrauch unterliegendes Recht kann durch Rechtsgeschäft nur mit Zustimmung des Nießbrauchers aufgehoben werden. Die Zustimmung ist, soweit nicht die Vorschrift des §.797 Satz 3 Anwendung findet, dem Berechtigten gegenüber zu erklären, die Erklärung ist unwiderruflich.
Das Gleiche gilt im Falle einer Aenderung des Rechtes, sofern sie den Nießbrauch beeinträchtigt.
§.981. Auf die Beendigung des Nießbrauches an einem Rechte finden die Vorschriften der §§.972, 973 auch dann entsprechende Anwendung, wenn das dem Nießbrauch unterliegende Recht nicht ein Recht an einer beweglichen Sache ist.
§.982. Dem Nießbraucher einer Leibrente, eines Auszugs oder eines ähnlichen Rechtes gebühren die einzelnen Leistungen, welche auf Grund des Rechtes gefordert werden können.
§.983. Der Nießbraucher einer Forderung ist zur Einziehung der Forderung und, wenn die Fälligkeit von einer Kündigung des Gläubigers abhängt, zur Kündigung berechtigt. Er hat für die ordnungsmäßige Einziehung zu sorgen. Zu sonstigen Verfügungen über die Forderung ist er nicht berechtigt.
§.984. Mit der Leistung des Schuldners an den Nießbraucher erwirbt der Gläubiger den geleisteten Gegenstand und der Nießbraucher den Nießbrauch an demselben.
Werden verbrauchbare Sachen geleistet, so erwirbt der Nießbraucher das Eigenthum; die Vorschriften des §.976 finden entsprechende Anwendung.
§.985. Ist eine auf Zinsen ausstehende Forderung Gegenstand des Nießbrauchs, so gelten die Vorschriften der §§.986 bis 988.
§.986. Der Schuldner kann das Kapital nur an den Nießbraucher und den Gläubiger gemeinschaftlich zahlen. Jeder von beiden kann verlangen, daß an sie gemeinschaftlich gezahlt wird; jeder kann statt der Zahlung die Hinterlegung für beide fordern.
Der Nießbraucher und der Gläubiger können nur gemeinschaftlich kündigen. Die Kündigung des Schuldners ist nur wirksam, wenn sie dem Nießbraucher und dem Gläubiger erklärt wird.
§.987. Ist die Forderung fällig, so sind der Nießbraucher und der Gläubiger einander verpflichtet, zur Einziehung mitzuwirken. Hängt die Fälligkeit von einer Kündigung ab, so kann jeder Theil die Mitwirkung des anderen zur Kündigung verlangen, wenn die Einziehung der Forderung wegen Gefährdung ihrer Sicherheit nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Vermögensverwaltung geboten ist.
§.988. Der Nießbraucher und der Gläubiger sind einander verpflichtet, dazu mitzuwirken, daß das eingezogene Kapital nach den für die Anlegung von Mündelgeldern geltenden Vorschriften verzinslich angelegt und gleichzeitig dem Nießbraucher der Nießbrauch bestellt wird. Die Art der Anlegung bestimmt der Nießbraucher.
§.989. Die Vorschriften über den Nießbrauch an einer Forderung gelten auch für den Nießbrauch an einer Grundschuld und an einer Rentenschuld.
§.990. Ist eine Schuldverschreibung auf den Inhaber oder eine Aktie auf den Inhaber Gegenstand des Nießbrauchs, so steht der Besitz des Papiers und des zu demselben gehörenden Erneuerungsscheins dem Nießbraucher und dem Eigenthümer gemeinschaftlich zu. Der Besitz der zu dem Papiere gehörenden Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine steht dem Nießbraucher zu.
Zur Bestellung des Nießbrauchs genügt an Stelle der Übergabe des Papiers die Einräumung des Mitbesitzes.
§.991. Kommt zwischen dem Nießbraucher und dem Eigenthümer des Papiers eine Einigung über die Art der Aufbewahrung nicht zu Stande, so ist das Papier nebst dem Erneuerungsscheine bei einer Hinterlegungsstelle oder, wenn der Nießbraucher es verlangt, bei der Reichsbank dergestalt zu hinterlegen, daß der Anspruch auf Herausgabe von dem Nießbraucher und dem Eigenthümer nur gemeinschaftlich geltend gemacht werden kann.
§.992. Der Nießbraucher und der Eigenthümer des Papiers sind einander verpflichtet, zur Einziehung des fälligen Kapitals, zur Beschaffung neuer Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine sowie zu sonstigen durch eine ordnungsmäßige Vermögensverwaltung gebotenen Maßnahmen mitzuwirken.
Im Falle der Einlösung des Papiers finden die Vorsschriften des §.988 Anwendung. Eine bei der Einlösung gezahlte Prämie gilt als Theil des Kapitals.
§.993. Ist die Schuldverschreibung oder die Aktie als verbrauchbare Sache Gegenstand des Nießbrauchs, so bewendet es bei den Vorschriften des §.976.
III. Nießbrauch an einen Vermögen.
§.994. Der Nießbrauch an dem Vermögen einer Person kann nur in der Weise bestellt werden, daß der Nießbraucher den Nießbrauch an den einzelnen zu dem Vermögen gehörenden Gegenständen erlangt. Soweit der Nießbrauch bestellt ist, gelten die Vorschriften der §§.995 bis 997.
§.995. Die Gläubiger des Bestellers können, soweit ihre Forderungen vor der Bestellung entstanden sind, ohne Rücksicht auf den Nießbrauch Befriedigung aus den dem Nießbrauch unterliegenden Gegenständen verlangen. Hat der Nießbraucher das Eigenthum an verbrauchbaren Sachen erlangt, so tritt an die Stelle der Sachen der Anspruch des Bestellers auf Ersatz des Werthes; der Nießbraucher ist den Gläubigern gegenüber zum sofortigen Ersatz verpflichtet.
§.996. Der Besteller kann, wenn eine Forderung der im §.995 bezeichneten Art fällig ist, von dem Nießbraucher Rückgabe der zur Befriedigung des Gläubigers erforderlichen Gegenstände verlangen. Die Auswahl steht ihm zu; er kann jedoch nur die vorzugsweise geeigneten Gegenstände auswählen. Soweit die zurückgegebenen Gegenstände ausreichen, ist der Besteller dem Nießbraucher zur Befriedigung des Gläubigers verpflichtet.
Der Nießbraucher kann die Verbindlichkeit durch Leistung des geschuldeten Gegenstandes erfüllen. Befindet sich der geschuldete Gegenstand nicht in dem Vermögen, welches dem Nießbrauch unterliegt, so ist der Nießbraucher berechtigt, zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers einen zu dem Vermögen gehörenden Gegenstand zu veräußern, wenn die Befriedigung durch den Besteller nicht ohne Gefahr abgewartet werden kann. Er hat einen vorzugsweise geeigneten Gegenstand auszuwählen. Soweit er zum Ersatze des Werthes verbrauchbarer Sachen verpflichtet ist, darf er eine Veräußerung nicht vornehmen.
§.997. Die Gläubiger des Bestellers können ihre Ansprüche auf Zinsen von Forderungen, die schon zur Zeit der Bestellung des Nießbrauchs verzinslich waren, sowie auf andere wiederkehrende Leistungen, die bei ordnungsmäßiger Verwaltung aus den Einkünften bestritten werden, für die Zeit des Nießbrauchs auch gegen den Nießbraucher geltend machen. Die Haftung des Nießbrauchers kann nicht durch Vereinbarung zwischen ihm und dem Besteller ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Der Nießbraucher ist dem Besteller zur Befriedigung der Gläubiger wegen dieser Ansprüche verpflichtet. Die Rückgabe von Gegenständen zum Zwecke der Befriedigung kann der Besteller nur verlangen, wenn der Nießbraucher mit der Erfüllung dieser Verbindlichkeiten in Verzug kommt.
§.998. Die Vorschriften der §§.994 bis 997 finden auf den Nießbrauch an einer Erbschaft entsprechende Anwendung.
Dritter Titel. Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten.
§.999. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen oder eine sonstige als Inhalt einer Grunddienstbarkeit zulässige Befugnis auszuüben (beschränkte persönliche Dienstbarkeit).
Die Vorschriften der §§.931 bis 935, 937 bis 939, 970 finden entsprechende Anwendung.
§.1000. Der Umfang einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit bestimmt sich im Zweifel nach dem persönlichen Bedürfnisse des Berechtigten.
§.1001. Eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit ist nicht übertragbar. Die Ueberlassung der Ausübung an einen Anderen ist unzulässig, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist.
§.1002. Als beschränkte persönliche Dienstbarkeit kann auch das Recht bestellt werden, ein Gebäude oder einen Theil eines Gebäudes unter Ausschluß des Eigenthümers als Wohnung zu benutzen. Auf dieses Recht finden die für den Nießbrauch geltenden Vorschriften der §§.941, 944, 946, des §.947 Abs. 1, der §§.951, 952, des §.954 Satz 1 und der §§.959, 960, 966, 971 entsprechende Anwendung.
Der Berechtigte ist befugt, seine Familie sowie die zur standesgemäßen Bedienung und zur Pflege erforderlichen Personen in die Wohnung aufzunehmen.
Ist das Recht auf einen Theil des Gebäudes beschränkt, so kann der Berechtigte die zum gemeinschaftlichen Gebrauche der Bewohner bestimmten Anlagen und Einrichtungen mitbenutzen.
Sechster Abschnitt. Vorkaufsrecht.
§.1003. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, dem Eigenthümer gegenüber zum Vorkaufe berechtigt ist.
Das Vorkaufsrecht kann auch zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines anderen Grundstücks bestellt werden.
§.1004. Ein Bruchtheil eines Grundstücks kann mit dem Vorkaufsrechte nur belastet werden, wenn er in dem Antheil eines Miteigenthümers besteht.
§.1005. Das Vorkaufsrecht kann auf das Zubehör erstreckt werden, welches mit dem Grundstücke verkauft wird. Im Zweifel ist anzunehmen, daß es sich auf dieses Zubehör erstrecken soll.
§.1006. Das Vorkaufsrecht beschränkt sich auf den Fall des Verkaufs durch den Eigenthümer, welchem das Grundstück zur Zeit der Bestellung gehört, oder durch dessen Erben; es kann jedoch auch für mehrere oder für alle Verkaufsfälle bestellt werden.
§.1007. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten bestimmt sich nach den Vorschriften der §§.439 bis 447. Das Vorkaufsrecht kann auch dann ausgeübt werden, wenn das Grundstück von dem Konkursverwalter aus freier Hand verkauft wird.
Dritten gegenüber hat das Vorkaufsrecht die Wirkung einer Vormerkung zur Sicherung des durch die Ausübung des Rechtes entstehenden Anspruchs auf Übertragung des Eigenthums.
§.1008. Ist das Grundstück in das Eigenthum eines Dritten gelangt, so kann dieser in gleicher Weise wie der Verpflichtete dem Berechtigten den Inhalt des Kaufvertrags mit der im §.444 bestimmten Wirkung mittheilen.
Der Verpflichtete hat den neuen Eigenthümer zu benachrichtigen, sobald die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt oder ausgeschlossen ist.
§.1009. Ist der neue Eigenthümer der Käufer oder ein Rechtsnachfolger des Käufers, so kann er die Zustimmung zur Eintragung des Berechtigten als Eigenthümer und die Herausgabe des Grundstücks verweigern, bis ihm der zwischen dem Verpflichteten und dem Käufer vereinbarte Kaufpreis, soweit er berichtigt ist, erstattet wird. Hat der Berechtigte die Eintragung als Eigenthümer erlangt, so kann der bisherige Eigenthümer von ihm die Erstattung des berichtigten Kaufpreises gegen Herausgabe des Grundstücks fordern.
§.1010. Soweit der Berechtigte nach §.1009 dem Käufer oder dessen Rechtsnachfolger den Kaufpreis zu erstatten hat, wird er von der Verpflichtung zur Zahlung des aus dem Vorkaufe geschuldeten Kaufpreises frei.
§.1011. Hat der Käufer oder sein Rechtsnachfolger in Folge der Geltendmachung des Vorkaufsrechts das Eigenthum verloren, so wird der Käufer, soweit der von ihm geschuldete Kaufpreis noch nicht berichtigt ist, von seiner Verpflichtung frei; den berichtigten Kaufpreis kann er nicht zurückfordern.
§.1012. Ein zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines Grundstücks bestehendes Vorkaufsrecht kann nicht von dem Eigenthum an diesem Grundstücke getrennt werden.
Ein zu Gunsten einer bestimmten Person bestehendes Vorkaufsrecht kann nicht mit dem Eigenthum an einem Grundstücke verbunden werden.
§.1013. Ist der Berechtigte unbekannt, so kann er im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Rechte ausgeschlossen werden, wenn die im §.1077 für die Ausschließung eines Hypothekengläubigers bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils erlischt das Vorkaufsrecht.
Auf ein Vorkaufsrecht, das zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines Grundstücks besteht, finden diese Vorschriften keine Anwendung.
Siebenter Abschnitt. Reallasten.
§.1014. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstücke zu entrichten sind (Reallast).
Die Reallast kann auch zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines anderen Grundstücks bestellt werden.
§.1015. Ein Bruchtheil eines Grundstücks kann mit einer Reallast nur belastet werden, wenn er in dem Antheil eines Miteigenthümers besteht.
§.1016. Auf die einzelnen Leistungen finden die für Hypothekenzinsen geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
§.1017. Der Eigenthümer haftet für die während der Dauer seines Eigenthums fällig werdenden Leistungen, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist, auch persönlich.
Wird das Grundstück getheilt, so haften die Eigenthümer der einzelnen Theile als Gesamtschuldner.
§.1018. Eine zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines Grundstücks bestehende Reallast kann nicht von dem Eigenthum an diesem Grundstücke getrennt werden.
§.1019. Wird das Grundstück des Berechtigten getheilt, so besteht die Reallast für die einzelnen Theile fort. Ist die Leistung theilbar, so bestimmen sich die Antheile der Eigenthümer nach dem Verhältnisse der Größe der Theile; ist sie nicht theilbar, so finden die Vorschriften des §.374 Anwendung. Die Ausübung des Rechtes ist im Zweifel nur in der Weise zulässig, daß sie für den Eigenthümer des belasteten Grundstücks nicht beschwerlicher wird.
Der Berechtigte kann bestimmen, daß das Recht nur mit einem der Theile verbunden sein soll. Zu der Bestimmung ist die Erklärung des Berechtigten gegenüber dem Grundbuchamt und die Eintragung in das Grundbuch erforderlich; die Vorschriften der §.797, 799 finden entsprechende Anwendung. Veräußert der Berechtigte einen Theil des Grundstücks, ohne eine solche Bestimmung zu treffen, so bleibt das Recht mit dem Theile verbunden, welchen er behält.
Gereicht die Reallast nur einem der Theile zum Vortheile, so bleibt sie mit diesem Theile allein verbunden.
§.1020. Eine zu Gunsten einer bestimmten Person bestehende Reallast kann nicht mit dem Eigenthum an einem Grundstücke verbunden werden.
Die Veräußerung und die Belastung des Rechtes ist ausgeschlossen, wenn der Anspruch auf die einzelne Leistung nicht übertragbar ist.
§.1021. Ist der Berechtigte unbekannt, so finden auf die Ausschließung desselben mit seinem Rechte die Vorschriften des §.1013 entsprechende Anwendung.
Achter Abschnitt. Hypothek. Grundschuld. Rentenschuld.
Erster Titel. Hypothek.
§.1022. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme zur Befriedigung wegen einer ihm zustehenden Forderung aus dem Grundstücke zu zahlen ist (Hypothek).
Die Hypothek kann auch für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt werden.
§.1023. Ein Bruchtheil eines Grundstücks kann mit einer Hypothek nur belastet werden, wenn er in dem Antheil eines Miteigenthümers besteht.
§.1024. Bei der Eintragung der Hypothek sind der Gläubiger, der Geldbetrag der Forderung und, wenn die Forderung verzinslich ist, der Zinssaß, wenn andere Nebenleistungen zu entrichten sind, ihr Geldbetrag im Grundbuch anzugeben; im Uebrigen kann zur Bezeichnung der Forderung auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden.
Bei der Eintragung der Hypothek für ein Darlehen einer Kreditanstalt, deren Satzungen von der zuständigen Behörde öffentlich bekannt gemacht worden sind, genügt zur Bezeichnung der außer den Zinsen satzungsgemäß zu entrichtenden Nebenleistungen die Bezugnahme auf die Satzungen.
§.1025. Weber die Hypothek wird ein Hypothekenbrief ertheilt.
Die Ertheilung des Briefes kann ausgeschlossen werden. Die Ausschließung kann auch nachträglich erfolgen. Zu der Ausschließung ist die Einigung des Gläubigers und des Eigenthümers sowie die Eintragung in das Grundbuch erforderlich; die Vorschriften des §.794 Abs. 2 und der §§.797, 799 finden entsprechende Anwendung.
Die Ausschließung der Ertheilung des Briefes kann aufgehoben werden; die Aufhebung erfolgt in gleicher Weise wie die Ausschließung.
§.1026. Der Gläubiger erwirbt, sofern nicht die Ertheilung des Hypothekenbriefes ausgeschlossen ist, die Hypothek erst, wenn ihm der Brief von dem Eigenthümer des Grundstücks übergeben wird. Auf die Übergabe finden die Vorschriften des §.842 Satz 2 und der §§.843 bis 845 Anwendung.
Die Übergabe des Briefes kann durch die Vereinbarung ersetzt werden, daß der Gläubiger berechtigt sein soll, sich den Brief von dem Grundbuchamt aushändigen zu lassen.
Ist der Gläubiger im Besitze des Briefes, so wird vermuthet, daß die Übergabe erfolgt sei.
§.1027. Kraft der Hypothek haftet das Grundstück auch für die gesetzlichen Zinsen der Forderung sowie für die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung.
§.1028. Ist die Forderung unverzinslich oder ist der Zinssatz niedriger als fünf vom Hundert, so kann die Hypothek ohne Zustimmung der im Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten dahin erweitert werden, daß das Grundstück für Zinsen bis zu fünf vom Hundert haftet.
Zu einer Aenderung der Zahlungszeit und des Zahlungsorts ist die Zustimmung dieser Berechtigten gleichfalls nicht erforderlich.
§.1029. Die Hypothek erstreckt sich auf die von dem Grundstücke getrennten Erzeugnisse und sonstigen Bestandtheile, soweit sie nicht mit der Trennung nach den §§.869 bis 872 in das Eigenthum eines Anderen als des Eigenthümers oder des Eigenbesitzers des Grundstücks gelangt sind, sowie auf das Zubehör des Grundstücks mit Ausnahme der Zubehörstücke, welche nicht in das Eigenthum des Eigenthümers des Grundstücks gelangt sind.
§.1030. Werden Erzeugnisse von dem Grundstück entfernt, bevor sie zu Gunsten des Gläubigers in Beschlag genommen worden sind, so erlischt ihre Haftung, es sei denn, daß die Entfernung nur zu einem vorübergehenden Zwecke erfolgt. Sonstige Bestandtheile des Grundstücks und Zubehörstücke werden von der Haftung frei, wenn sie vor der Beschlagnahme veräußert oder belastet und in Folge dessen von dem Grundstück entfernt werden.
Wird eine der im Abs. 1 bezeichneten Sachen vor der Entfernung veräußert oder belastet, so kann sich der Erwerber dem Gläubiger gegenüber nicht darauf berufen, daß er in Ansehung der Hypothek in gutem Glauben gewesen sei. Entfernt der Erwerber die Sache von dem Grundstücke, so ist eine vor der Entfernung erfolgte Beschlagnahme ihm gegenüber nur wirksam, wenn er bei der Entfernung in Ansehung der Beschlagnahme nicht in gutem Glauben ist.
§.1031. Ist das Grundstück vermiethet oder verpachtet, so erstreckt sich die Hypothek auf die Mieth- oder Pachtzinsforderung.
Soweit die Forderung fällig ist, wird sie von der Haftung frei, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres nach dem Eintritte der Fälligkeit zu Gunsten des Hypothekengläubigers in Beschlag genommen wird. Ist der Miethoder Pachtzins im Voraus zu entrichten, so erstreckt sich die Befreiung nicht auf den Mieth- oder Pachtzins für eine spätere Zeit als das zur Zeit der Beschlagnahme laufende und das folgende Kalendervierteljahr.
§.1032. Wird der Mieth- oder Pachtzins eingezogen, bevor er zu Gunsten des Hypothekengläubigers in Beschlag genommen worden ist, oder wird vor der Beschlagnahme sonst über ihn verfügt, so ist die Verfügung dem Hypothekengläubiger gegenüber wirksam. Besteht die Verfügung in der Übertragung der Forderung auf einen Dritten, so erlischt die Haftung der Forderung; erlangt ein Dritter ein Recht an der Forderung, so geht es der Hypothek im Range vor.
Die Verfügung ist dem Hypothekengläubiger gegenüber unwirksam, soweit sie sich auf den Mieth- oder Pachtzins für eine spätere Zeit als das zur Zeit der Beschlagnahme laufende und das folgende Kalendervierteljahr bezieht.
Der Übertragung der Forderung auf einen Dritten steht es gleich, wenn das Grundstück ohne die Forderung veräußert wird.
§.1033. Soweit die Einziehung des Mieth- oder Pachtzinses dem Hypothekengläubiger gegenüber unwirksam ist, kann der Miether oder der Pächter nicht eine ihm gegen den Vermiether oder den Verpächter zustehende Forderung gegen den Hypothekengläubiger aufrechnen.
§.1034. Ist mit dem Eigenthum an dem Grundstück ein Recht auf wiederkehrende Leistungen verbunden, so erstreckt sich die Hypothek auf die Ansprüche auf diese Leistungen. Die Vorschriften des §.1031 Ab. 2 Satz 1, des §.1032 Abs. 1, 3 und des §.1033 finden entsprechende Anwendung. Eine vor der Beschlagnahme erfolgte Verfügung über den Anspruch auf eine Leistung, die erst drei Monate nach der Beschlagnahme fällig wird, ist dem Hypothekengläubiger gegenüber unwirksam.
§.1035. Hat der Eigenthümer oder der Eigenbesitzer des Grundstücks Gegenstände, welche der Hypothek unterliegen, unter Versicherung gebracht, so erstreckt sich die Hypothek auf die Forderung aus der Versicherung. Das Gleiche gilt, wenn die Versicherung von einem Nießbraucher nach §.955 Abs. 1 genommen worden ist.
Die Haftung der Forderung aus der Versicherung erlischt, wenn der versicherte Gegenstand wiederhergestellt oder Ersatz für ihn beschafft ist.
§.1036. Ist ein Gebäude versichert, so kann der Versicherer die Versicherungssumme mit Wirkung gegen den Hypothekengläubiger an den Versicherten zahlen, wenn er oder der Versicherte den die Zahlungspflicht begründenden Unfall dem Hypothekengläubiger angezeigt und dieser nicht innerhalb eines Monats nach dem Empfange der Anzeige dem Versicherer gegenüber der Zahlung widersprochen hat. Im Uebrigen finden die für eine verpfändete Forderung geltenden Vorschriften Anwendung; der Versicherer kann sich jedoch nicht darauf berufen, daß er eine aus dem Grundbuch ersichtliche Hypothek nicht gekannt habe.
§.1037. Ist ein anderer Gegenstand als ein Gebäude versichert, so bestimmt sich die Haftung der Forderung aus der Versicherung nach den Vorschriften des §.1031 Abs. 2 Satz 1 und des §.1032 Abs. 1, 3.
§.1038. Ist der Versicherer nach den Versicherungsbestimmungen nur verpflichtet, die Versicherungssumme zur Wiederherstellung des versicherten Gegenstandes zu zahlen, so ist eine diesen Bestimmungen entsprechende Zahlung an den Versicherten dem Hypothekengläubiger gegenüber wirksam.
§.1039. Wird ein Grundstück einem anderen Grundstück im Grundbuche zugeschrieben, so erstrecken sich die an diesem Grundstücke bestehenden Hypotheken auf das zugeschriebene Grundstück.
§.1040. Besteht für die Forderung eine Hypothek an mehreren Grundstücken (Gesammthypothek), so haftet jedes Grundstück für die ganze Forderung. Der Gläubiger kann die Befriedigung nach seinem Belieben aus jedem der Grundstücke ganz oder zu einem Theile suchen.
Der Gläubiger ist berechtigt, den Betrag der Forderung auf die einzelnen Grundstücke dergestalt zu vertheilen, daß jedes Grundstück nur für den zugetheilten Betrag haftet. Auf die Vertheilung finden die Vorschriften der §§.796, 797, 799 entsprechende Anwendung.
§.1041. Ist in Folge einer Verschlechterung des Grundstücks die Sicherheit der Hypothek gefährdet, so kann der Gläubiger dem Eigenthümer eine angemessene Frist zur Beseitigung der Gefährdung bestimmen. Wird die Gefährdung nicht innerhalb der Frist durch Verbesserung des Grundstücks oder durch anderweitige Hypothekenbestellung beseitigt, so ist der Gläubiger berechtigt, sofort Befriedigung aus dem Grundstücke zu suchen; ist die Forderung unverzinslich und noch nicht fällig, so gebührt dem Gläubiger nur die Summe, welche mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Zahlung bis zur Fälligkeit dem Betrage der Forderung gleichkommt.
§.1042. Wird von dem Eigenthümer oder einem Dritten auf das Grundstück in solcher Weise eingewirkt, daß eine die Sicherheit der Hypothek gefährdende Verschlechterung des Grundstücks zu besorgen ist, so kann der Gläubiger auf Unterlassung klagen.
Geht die Einwirkung von dem Eigenthümer aus, so hat das Gericht auf Antrag des Gläubigers die zur Abwendung der Gefährdung erforderlichen Maßregeln anzuordnen. Das Gleiche gilt, wenn die Verschlechterung deshalb zu besorgen ist, weil der Eigenthümer die erforderlichen Vorkehrungen gegen Einwirkungen Dritter oder gegen sonstige Beschädigungen unterläßt.
§.1043. Einer Verschlechterung des Grundstücks im Sinne der §§.1041, 1042 steht es gleich, wenn Zubehörstücke, auf die sich die Hypothek erstreckt, verschlechtert oder von dem Grundstück entfernt werden.
§.1044. Eine Vereinbarung, durch die sich des Eigenthümer dem Gläubiger verpflichtet, das Grundstück nicht zu veräußern oder nicht weiter zu belasten, ist nichtig.
§.1045. Der Eigenthümer kann gegen die Hypothek die dem persönlichen Schuldner gegen die Forderung sowie die nach §.710 einem Bürgen zustehenden Einreden geltend machen; die dem Erben des persönlichen Schuldners auf Grund des Inventarrechts zustehende Einrede kann gegen die Hypothek nicht geltend gemacht werden.
Ist der Eigenthümer nicht der persönliche Schuldner, so verliert er eine Einrede nicht dadurch, daß dieser auf sie verzichtet.
§.1046. Die Vorschriften der §§.809 bis 814 gelten für die Hypothek auch in Ansehung der Forderung und der dem Eigenthümer nach §.1045 zustehenden Einreden.
§.1047. Ist bei der Bestellung einer Hypothek für ein Darlehen die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen worden, so genügt zur Eintragung eines Widerspruchs, der sich darauf stützt, daß das Darlehen nicht gegeben sei, der von dem Eigenthümer an das Grundbuchamt gerichtete Antrag, sofern er vor dem Ablauf eines Monats nach der Eintragung der Hypothek gestellt wird. Wird der Widerspruch innerhalb des Monats eingetragen, so hat die Eintragung die gleiche Wirkung, wie wenn der Widerspruch zugleich mit der Hypothek eingetragen worden wäre.
§.1048. Soweit die Unrichtigkeit des Grundbuchs oder eine die Unrichtigkeit gebende Thatsache aus dem Hypothekenbriefe oder einem Vermerk auf dem Briefe hervorgeht, ist die Berufung auf die Vorschriften der §§.810 bis 812 ausgeschlossen. Ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs, der aus dem Briefe oder einem Vermerk auf dem Briefe hervorgeht, steht einem im Grundbuch eingetragenen Widerspruche gleich.
§.1049. Hängt die Fälligkeit der Forderung von einer Kündigung ab, so ist die Kündigung für die Hypothek nur wirksam, wenn sie von dem Gläubiger dem Eigenthümer oder von dem Eigenthümer dem Gläubiger erklärt wird. Zu Gunsten des Gläubigers gilt derjenige, welcher im Grundbuch als Eigenthümer eingetragen ist, als Eigenthümer.
§.1050. Der Eigenthümer ist berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen, wenn die Forderung ihm gegenüber fällig geworden oder wenn der persönliche Schuldner zur Leistung berechtigt ist.
Die Befriedigung kann auch durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung erfolgen.
§.1051. Ist der Eigenthümer nicht der persönliche Schuldner, so geht, soweit er den Gläubiger befriedigt, die Forderung auf ihn über. Die für einen Bürgen geltenden Vorschriften des §.713 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.
Besteht für die Forderung eine Gesammthypothek, so gelten für diese die Vorschriften des §.1080.
§.1052. Der Eigenthümer kann gegen Befriedigung des Gläubigers die Aushändigung des Hypothekenbriefs und der sonstigen Urkunden verlangen, welche zur Berichtigung des Grundbuchs oder zur Löschung der Hypothek erforderlich sind.
Befriedigt der Eigenthümer den Gläubiger nur theilweise, so kann er die Aushändigung des Briefes nicht verlangen. Der Gläubiger ist verpflichtet, die theilweise Befriedigung auf dem Briefe zu vermerken und den Brief zum Zwecke der Berichtigung des Grundbuchs oder der Löschung dem Grundbuchamt oder zum Zwecke der Herstellung eines Theilhypothekenbriefs für den Eigenthümer der zuständigen Behörde oder einem zuständigen Notare vorzulegen.
§.1053. Liegen dem Eigenthümer gegenüber die Voraussetzungen vor, unter welchen ein Schuldner in Verzug kommt, so gebühren dem Gläubiger Verzugszinsen aus dem Grundstücke.
§.1054. Die Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundstück und den Gegenständen, auf die sich die Hypothek erstreckt, erfolgt im Wege der Zwangsvollstreckung.
§.1055. Bei der Verfolgung des Rechtes aus der Hypothek gilt zu Gunsten des Gläubigers derjenige, welcher im Grundbuch als Eigenthümer eingetragen ist, als Eigenthümer. Das Recht des nicht eingetragenen Eigenthümers, die ihm gegen die Hypothek zustehenden Einwendungen geltend zu machen, bleibt unberührt.
§.1056. Der Eigenthümer kann, solange nicht die Forderung ihm gegenüber fällig geworden ist, dem Gläubiger nicht das Recht einräumen, zum Zwecke der Befriedigung die Übertragung des Eigenthums an dem Grundstücke zu verlangen oder die Veräußerung des Grundstücks auf andere Weise als im Wege der Zwangsvollstreckung zu bewirken.
§.1057. Verlangt der Gläubiger Befriedigung aus dem Grundstücke, so kann jeder, der im Falle der Zwangsversteigerung Gefahr läuft, ein Recht an dem Grundstück oder den Besitz des Grundstücke zu verlieren, den Gläubiger befriedigen. Die Vorschriften des §.1050 Abs. 2 und der §§.1051, 1052 finden entsprechende Anwendung.
§.1058. Wird die Forderung getheilt, so ist zur Aenderung des Rangverhältnisses der Theilhypotheken unter einander die Zustimmung des Eigenthümers nicht erforderlich.
§.1059. Im Falle einer Theilung der Forderung kann, sofern nicht die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist, für jeden Theil ein Hypothekenbrief hergestellt werden; die Zustimmung des Eigenthümers des Grundstücks ist nicht erforderlich. Der Theilhypothekenbrief tritt für den Theil, auf den er sich bezieht, an die Stelle des bisherigen Briefes.
§.1060. Mit der Übertragung der Forderung geht die Hypothek auf den neuen Gläubiger über.
Die Forderung kann nicht ohne die Hypothek, die Hypothek kann nicht ohne die Forderung übertragen werden.
§.1061. Zur Abtretung der Forderung ist Ertheilung der Abtretungserklärung in schriftlicher Form und Übergabe des Hypothekenbriefs erforderlich; die Vorschriften des §.1026 finden Anwendung. Der bisherige Gläubiger hat auf Verlangen des neuen Gläubigers die Abtretungserklärung auf seine Kosten öffentlich beglaubigen zu lassen.
Die schriftliche Form der Abtretungserklärung kann dadurch ersetzt werden, daß die Abtretung in das Grundbuch eingetragen wird.
Ist die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen, so finden auf die Abtretung der Forderung die Vorschriften der §§.794, 799 entsprechende Anwendung.
§.1062. Ergiebt sich das Gläubigerrecht des Besitzers des Hypothekenbriefs aus einer zusammenhängenden, auf einen eingetragenen Gläubiger zurückführenden Leihe von öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen, so finden die Vorschriften der §§.809 bis 814 in gleicher Weise Anwendung, wie wenn der Besitzer des Briefes als Gläubiger im Grundbuch eingetragen wäre. Einer öffentlich beglaubigten Abtretungserklärung steht ein gerichtlicher Ueberweisungsbeschluß und das öffentlich beglaubigte Anerkenntnis einer kraft Gesetzes erfolgten Übertragung der Forderung gleich.
§.1063. Die für die Übertragung der Forderung geltenden Vorsschriften der §§.349 bis 351 finden auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Eigenthümer und dem neuen Gläubiger in Ansehung der Hypothek keine Anwendung. Der neue Gläubiger muß jedoch eine dem bisherigen Gläubiger gegenüber erfolgte Kündigung des Eigenthümers gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß die Übertragung zur Zeit der Kündigung dem Eigenthümer bekannt oder im Grundbuch eingetragen war.
§.1064. Eine Einrede, welche dem Eigenthümer auf Grund eines zwischen ihm und dem bisherigen Gläubiger bestehenden Rechtsverhältnisses gegen die Hypothek zusteht, kann auch dem neuen Gläubiger entgegengesetzt werden. Dies gilt jedoch nur unbeschadet der Vorschriften der §§.810, 812 bis 814.
§.1065. Der Geltendmachung der Hypothek kann, sofern nicht die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist, widersprochen werden, wenn der Gläubiger nicht den Brief vorlegt; ist der Gläubiger nicht im Grundbuch eingetragen, so sind auch die im §.1062 bezeichneten Urkunden vorzulegen.
Eine dem Eigenthümer gegenüber erfolgte Kündigung oder Mahnung ist unwirksam, wenn der Gläubiger die nach Abs. 1 erforderlichen Urkunden nicht vorlegt und der Eigenthümer die Kündigung oder die Mahnung aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist.
§.1066. Ist der Eigenthümer der persönliche Schuldner, so finden die Vorschriften des §.1065 auch auf die Geltendmachung der Forderung Anwendung.
§.1067. Ist der Hypothekenbrief abhanden gekommen oder vernichtet, so kann er im Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden.
An Stelle des für kraftlos erklärten Briefes ist dem Gläubiger auf Antrag ein anderer Brief zu ertheilen.
§.1068. Soweit die Forderung auf Zinsen oder andere Nebenleistungen gerichtet ist, finden im Falle der Übertragung auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Eigenthümer und dem neuen Gläubiger die Vorschriften der §§. 349 bis 351 Anwendung. Für Zinsen und andere Nebenleistungen, die später als in dem Kalendervierteljahr, in welchem der Eigenthümer von der Übertragung Kenntnitz erlangt, oder dem folgenden Vierteljahr fällig werden, gilt dies jedoch nur unbeschadet der Vorschriften des §.810.
§.1069. Soweit die Forderung auf Rückstände von Zinsen oder anderen Nebenleistungen oder auf die Erstattung von Kosten gerichtet ist, bestimmt sich die Übertragung nach den für die Übertragung von Forderungen geltenden allgemeinen Vorschriften.
Die Vorschriften der §§.810, 1065, 1066 finden auf eine Forderung der im Abs. 1 bezeichneten Art keine Anwendung.
§.1070. Ist die Forderung, für welche die Hypothek bestellt ist, nicht zur Entstehung gelangt, so steht die Hypothek dem Eigenthümer zu. Erlischt die Forderung, so erwirbt der Eigenthümer die Hypothek.
Eine Hypothek, für welche die Ertheilung des Hypothekenbriefs nicht ausgeschlossen ist, steht bis zur Übergabe des Briefes an den Gläubiger dem Eigenthümer zu.
§.1071. Befriedigt der persönliche Schuldner den Gläubiger, so geht die Hypothek insoweit auf ihn über, als er von dem Eigenthümer oder einem Rechtsvorgänger desselben Ersatz verlangen kann. Ist dem Schuldner nur theilweise Ersatz zu leisten, so kann der Eigenthümer die Hypothek, soweit sie auf ihn übergegangen ist, nicht zum Nachtheile der Hypothek des Schuldners geltend machen.
Der Befriedigung des Gläubigers steht es gleich, wenn sich Forderung und Schuld in einer Person vereinigen.
§.1072. Verzichtet der Gläubiger auf die Hypothek oder hebt er sie nach §.1090 auf oder räumt er einem anderen Rechte den Vorrang ein, so wird der persönliche Schuldner insoweit frei, als er ohne diese Verfügung nach §.1071 aus der Hypothek hätte Ersatz erlangen können.
§.1073. Ist der persönliche Schuldner, falls er den Gläubiger befriedigt, von dem Eigenthümer Ersatz zu verlangen berechtigt, so kann er, wenn der Gläubiger die Zwangsversteigerung des Grundstücks betreibt, ohne ihn unverzüglich zu benachrichtigen, die Befriedigung des Gläubigers wegen eines Ausfalls bei der Zwangsversteigerung insoweit verweigern, als er in Folge der Unterlassung der Benachrichtigung einen Schaden erleidet. Die Benachrichtigung ist nicht erforderlich, wenn sie unthunlich ist.
§.1074. Erwirbt der persönliche Schuldner, falls er den Gläubiger befriedigt, die Hypothek oder hat er im Falle der Befriedigung ein sonstiges rechtliches Interesse an der Berichtigung des Grundbuchs, so stehen ihm die im §.1052 bestimmten Rechte zu.
§.1075. Verzichtet der Gläubiger auf die Hypothek, so erwirbt sie der Eigenthümer.
Zu dem Verzicht ist die Erklärung des Gläubigers gegenüber dem Grundbuchamt oder dem Eigenthümer und die Eintragung in das Grundbuch erforderlich. Die Vorschriften des §.796 Abs. 2 und der §§.797, 799 finden entsprechende Anwendung.
Verzichtet der Gläubiger für einen Theil der Forderung auf die Hypothek, so stehen dem Eigenthümer die im §.1052 Ab. 2 bestimmten Rechte zu.
§.1076. Steht dem Eigenthümer eine Einrede zu, durch welche die Geltendmachung der Hypothek dauernd ausgeschlossen wird, so kann er verlangen, daß der Gläubiger auf die Hypothek verzichtet.
§.1077. Ist der Gläubiger unbekannt, so kann er im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Rechte ausgeschlossen werden, wenn seit der letzten sich auf die Hypothek beziehenden Eintragung in das Grundbuch dreißig Jahre verstrichen sind und das Recht des Gläubigers nicht innerhalb dieser Frist von dem Eigenthümer in einer nach §.174 zur Unterbrechung der Verjährung geeigneten Weise anerkannt worden ist. Besteht für die Forderung eine nach dem Kalender bestimmte Zahlungszeit, so beginnt die Frist nicht vor dem Ablaufe des Zahlungstages.
Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils erwirbt der Eigenthümer die Hypothek. Der dem Gläubiger ertheilte Hypothekenbrief wird kraftlos.
§.1078. Der unbekannte Gläubiger kann im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Rechte auch dann ausgeschlossen werden, wenn der Eigenthümer zur Befriedigung des Gläubigers oder zur Kündigung berechtigt ist und den Betrag der Forderung für den Gläubiger unter Verzicht auf das Recht der Zurücknahme hinterlegt hat. Die Hinterlegung von Zinsen ist nur erforderlich, wenn der Zinssaß im Grundbuch eingetragen ist; Zinsen für eine frühere Zeit als das vierte Kalenderjahr vor der Erlassung des Ausschlußurtheils sind nicht zu hinterlegen.
Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils gilt der Gläubiger als befriedigt, sofern nicht nach den Vorschriften über die Hinterlegung die Befriedigung schon vorher eingetreten ist. Der dem Gläubiger ertheilte Hypothekenbrief wird kraftlos.
Meldet sich der Gläubiger nicht innerhalb dreißig Jahren nach der Erlassung des Ausschlußurtheils bei der Hinterlegungsstelle, so erlischt sein Recht auf den hinterlegten Betrag und ist der Hinterleger zur Zurücknahme berechtigt.
§.1079. Eine Gesammthypothek steht in den Fällen des §.1070 den Eigenthümern der belasteten Grundstücke gemeinschaftlich zu.
Jeder Eigenthümer kann, sofern nicht ein Anderes vereinbart ist, verlangen, daß die Hypothek an seinem Grundstück auf den Theilbetrag, welcher dem Verhältnisse des Werthes seines Grundstücks zu dem Werthe der sämmtlichen Grundstücke entspricht, nach §.1040 Abs. 2 beschränkt und in dieser Beschränkung ihm zugetheilt wird. Der Werth wird unter Abzug der Belastungen berechnet, welche der Gesammthypothek im Range vorgehen.
§.1080. Befriedigt der Eigenthümer eines der mit einer Gesammthypothek belasteten Grundstücke den Gläubiger, so erwirbt er die Hypothek an seinem Grundstücke; die Hypothek an den übrigen Grundstücken erlischt. Der Befriedigung des Gläubigers durch den Eigenthümer steht es gleich, wenn das Gläubigerrecht auf den Eigenthümer übertragen wird oder wenn sich Forderung und Schuld in der Person des Eigenthümers vereinigen.
Kann der Eigenthümer, welcher den Gläubiger befriedigt, von einem der anderen Eigenthümer oder einem Rechtsvorgänger desselben Ersatz verlangen, so geht in Höhe des Ersatzanspruchs auch die Hypothek an dem Grundstücke des anderen Eigenthümers auf ihn über; sie bleibt mit der Hypothek an seinem eigenen Grundstücke Gesammthypothek.
§.1081. Befriedigt im Falle einer Gesammthypothek der persönliche Schuldner den Gläubiger oder vereinigen sich Forderung und Schuld in einer Person, so geht, wenn der Schuldner nur von dem Eigenthümer eines der Grundstücke oder von einem Rechtsvorgänger des Eigenthümers Ersatz verlangen kann, die Hypothek an diesem Grundstück auf ihn über; die Hypothek an den übrigen Grundstücken erlischt.
Ist dem Schuldner nur theilweise Ersatz zu leisten und geht deshalb die Hypothek nur zu einem Theilbetrag auf ihn über, so hat sich der Eigenthümer diesen Betrag auf den ihm nach §.1079 gebührenden Theil des übrigbleibenden Betrags der Gesammthypothek anrechnen zu lassen.
§.1082. Verzichtet der Gläubiger auf die Gesammthypothek, so fällt sie den Eigenthümern der belasteten Grundstücke gemeinschaftlich zu; die Vorschriften des §.1079 Abs. 2 finden Anwendung. Verzichtet der Gläubiger auf die Hypothek an einem der Grundstücke, so erlischt die Hypothek an diesem.
Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger nach §.1077 mit seinem Rechte ausgeschlossen wird.
§.1083. Liegen die Voraussetzungen der §§.1070, 1071, 1075, 1079 bis 1082 nur in Ansehung eines Theilbetrags der Hypothek vor, so kann die auf Grund dieser Vorschriften dem Eigenthümer oder einem der Eigenthümer oder dem persönlichen Schuldner zufallende Hypothek nicht zum Nachtheile der dem Gläubiger verbleibenden Hypothek geltend gemacht werden.
§.1084. Vereinigt sich die Hypothek mit dem Eigenthum in einer Person, ohne daß dieser auch die Forderung zusteht, so verwandelt sich die Hypothek in eine Grundschuld. In Ansehung der Verzinslichkeit, des Zinssatzes, der Zahlungszeit, der Kündigung und des Zahlungsorts bleiben die für die Forderung getroffenen Bestimmungen maßgebend.
Steht dem Eigenthümer auch die Forderung zu, so bestimmen sich, solange die Vereinigung besteht, seine Rechte aus der Hypothek nach den für eine Grundschuld des Eigenthümers geltenden Vorschriften.
§.1085. Die Hypothek für Rückstände von Zinsen und anderen Nebenleistungen sowie für Kosten, die dem Gläubiger zu erstatten sind, erlischt, wenn sie sich mit dem Eigenthum in einer Person vereinigt. Das Erlöschen tritt nicht ein, solange die auf eine solche Leistung gerichtete Forderung mit dem Rechte eines Dritten belastet ist.
Zum Verzicht auf die Hypothek für Leistungen der im Abs. 1 bezeichneten Art genügt die Erklärung des Gläubigers gegenüber dem Eigenthümer. Solange einem Dritten ein Recht an der auf eine solche Leistung gerichteten Forderung zusteht, ist die Zustimmung des Dritten erforderlich. Die Zustimmung ist dem Gläubiger gegenüber zu erklären; die Erklärung ist unwiderruflich.
§.1086. Hat sich der Eigenthümer für den Fall, daß die Hypothek sich mit dem Eigenthum in einer Person vereinigt, einem Anderen verpflichtet, die Hypothek löschen zu lassen, so kann zur Sicherung des Anspruchs auf Löschung eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden.
§.1087. An die Stelle der Forderung, für welche die Hypothek besteht, kann eine andere Forderung gesetzt werden. Zu der Aenderung ist die Einigung des Gläubigers und des Eigenthümers sowie die Eintragung in das Grundbuch erforderlich; die Vorschriften des §.794 Abs. 2 und der §§.797, 799 finden entsprechende Anwendung.
Steht die Forderung, welche an die Stelle der bisherigen Forderung treten soll, nicht dem bisherigen Hypothekengläubiger zu, so ist dessen Zustimmung erforderlich; die Zustimmung kann dem Grundbuchamt oder demjenigen gegenüber erklärt werden, zu dessen Gunsten sie erfolgt. Die Vorschriften des §.796 Abs. 2 und des §.797 finden entsprechende Anwendung.
§.1088. Wird der Gläubiger aus dem Grundstücke befriedigt, so erlischt die Hypothek.
Erfolgt die Befriedigung des Gläubigers aus einem der mit einer Gesammthypothek belasteten Grundstücke, so werden auch die übrigen Grundstücke frei.
Der Befriedigung aus dem Grundstücke steht die Befriedigung aus den Gegenständen gleich, auf die sich die Hypothek erstreckt.
§.1089. Soweit im Falle einer Gesammthypothek der Eigenthümer des Grundstücks, aus welchem der Gläubiger befriedigt wird, von dem Eigenthümer eines der anderen Grundstücke oder einem Rechtsvorgänger desselben Ersatz verlangen kann, geht die Hypothek an diesem Grundstück auf ihn über. Die Hypothek kann jedoch, wenn der Gläubiger nur theilweise befriedigt ist, nicht zum Nachtheile der dem Gläubiger verbleibenden Hypothek und, wenn das Grundstück mit einem im Range gleich- oder nachstehenden Rechte belastet ist, nicht zum Nachtheile dieses Rechtes geltend gemacht werden.
§.1090. Zur Aufhebung der Hypothek durch Rechtsgeschäft ist die Zustimmung des Eigenthümers erforderlich. Die Zustimmung kann dem Gläubiger oder dem Grundbuchamte gegenüber erklärt werden; die Erklärung ist unwiderruflich.
§.1091. Ist die Hypothek erloschen, so kann der Eigenthümer des Grundstücks von dem Besitzer des Hypothekenbriefs verlangen, daß der Brief zum Zwecke der Berichtigung des Grundbuchs dem Grundbuchamte vorgelegt wird.
§.1092. Eine Hypothek kann in der Weise bestellt werden, daß das Recht des Gläubigers aus der Hypothek sich nur nach der Forderung bestimmt und der Gläubiger sich zum Beweise der Forderung nicht auf die Eintragung berufen kann (Sicherungshypothek).
Die Hypothek ist im Grundbuch als Sicherungshypothek zu bezeichnen.
§.1093. Bei der Sicherungshypothek ist die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen.
Die Vorschriften der §§.1046, 1047, 1049, des §.1061 Abs. 3 und des §.1063 finden keine Anwendung.
§.1094. Im Falle der Übertragung der Forderung kann der Übergang der Sicherungshypothek ausgeschlossen werden. Die Ausschließung hat die Wirkung eines Verzichts auf die Hypothek.
§.1095. Eine Sicherungshypothek kann in eine gewöhnliche Hypothek, eine gewöhnliche Hypothek kann in eine Sicherungshypothek umgewandelt werden. Die Zustimmung der im Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten ist nicht erforderlich.
§.1096. Eine Hypothek kann in der Weise bestellt werden, daß nur der Höchstbetrag, bis zu welchem das Grundstück haften soll, bestimmt, im Uebrigen die Feststellung der Forderung vorbehalten wird. Der Höchstbetrag muß in das Grundbuch eingetragen werden.
Ist die Forderung verzinslich, so werden die Zinsen in den Höchstbetrag eingerechnet.
Die Hypothek gilt als Sicherungshypothek, auch wenn sie im Grundbuche nicht als solche bezeichnet ist.
§.1097. Eine Hypothek für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber, aus einem Wechsel oder einem anderen Papiere, das durch Indossament übertragen werden kann, gilt als Sicherungshypothek, auch wenn sie im Grundbuche nicht als solche bezeichnet ist.
§.1098. Zur Bestellung einer Hypothek für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber genügt die Erklärung des Eigenthümers gegenüber dem Grundbuchamte, daß er die Hypothek bestelle, und die Eintragung in das Grundbuch; die Vorschrift des §.799 findet Anwendung.
Die Ausschließung des Gläubigers mit seinem Rechte nach §.1077 ist nur zulässig, wenn die im §.729 bezeichnete Vorlegungsfrist verstrichen ist. Ist innerhalb der Frist die Schuldverschreibung vorgelegt oder der Anspruch aus der Urkunde gerichtlich geltend gemacht worden, so muß die Verjährung eingetreten sein.
§.1099. Bei einer Hypothek der im §.1097 bezeichneten Art kann für den jeweiligen Gläubiger ein Vertreter mit der Befugnis bestellt werden, mit Wirkung gegen jeden späteren Gläubiger bestimmte Verfügungen über die Hypothek zu treffen und den Gläubiger bei der Geltendmachung der Hypothek zu vertreten. Zur Bestellung des Vertreters ist die Eintragung in das Grundbuch erforderlich.
Ist der Eigenthümer berechtigt, von dem Gläubiger eine Verfügung zu verlangen, zu welcher der Vertreter befugt ist, so kann er die Vornahme der Verfügung von dem Vertreter verlangen.
Zweiter Titel. Grundschuld. Rentenschuld.
I. Grundschuld.
§.1100. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstücke zu zahlen ist (Grundschuld).
Die Belastung kann auch in der Weise erfolgen, daß Zinsen von der Geldsumme sowie andere Nebenleistungen aus dem Grundstücke zu entrichten sind.
§.1101. Auf die Grundschuld finden die Vorschriften über die Hypothek entsprechende Anwendung, soweit sich nicht daraus ein Anderes ergiebt, daß die Grundschuld nicht eine Forderung voraussetzt.
Für Zinsen der Grundschuld gelten die Vorschriften über Hypothekenzinsen.
§.1102. Das Kapital der Grundschuld wird erst nach Kündigung fällig. Die Kündigung steht sowohl dem Eigenthümer als dem Gläubiger zu. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate. Abweichende Bestimmungen sind zulässig.
§.1103. Die Zahlung des Kapitals, der Zinsen und anderen Nebenleistungen hat, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist, an dem Orte zu erfolgen, an welchem das Grundbuchamt seinen Sitz hat.
§.1104. Eine Grundschuld kann in der Weise bestellt werden, daß der Grundschuldbrief auf den Inhaber ausgestellt wird. Auf einen solchen Brief finden die Vorschriften über Schuldverschreibungen auf den Inhaber entsprechende Anwendung.
§.1105. Eine Grundschuld kann auch für den Eigenthümer bestellt werden.
Zu der Bestellung ist die Erklärung des Eigenthümers gegenüber dem Grundbuchamte, daß die Grundschuld für ihn in das Grundbuch eingetragen werden soll, und die Eintragung erforderlich; die Vorschrift des §.799 findet Anwendung.
§.1106. Ist der Eigenthümer der Gläubiger, so kann er die Zwangsvollstreckung zum Zwecke seiner Befriedigung nicht betreiben.
Zinsen gebühren dem Eigenthümer nur, wenn das Grundstück auf Antrag eines Anderen zum Zwecke der Zwangsverwaltung in Beschlag genommen ist, und nur für die Dauer der Zwangsverwaltung.
§.1107. Eine Hypothek kann in eine Grundschuld, eine Grundschuld kann in eine Hypothek umgewandelt werden. Die Zustimmung der im Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten ist nicht erforderlich.
II. Rentenschuld.
§.1108. Eine Grundschuld kann in der Weise bestellt werden, daß in regelmäßig wiederkehrenden Terminen eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstücke zu zahlen ist (Rentenschuld).
Bei der Bestellung der Rentenschuld ist der Betrag zu bestimmen, durch dessen Zahlung die Rentenschuld abgelöst werden kann. Die Ablösungssumme ist im Grundbuch anzugeben.
§.1109. Auf die einzelnen Leistungen finden die für Hypothekenzinsen, auf die Ablösungssumme finden die für ein Grundschuldkapital geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
Die Zahlung der Ablösungssumme an den Gläubiger hat die gleiche Wirkung wie die Zahlung des Kapitals einer Grundschuld.
§.1110. Das Recht zur Ablösung steht dem Eigenthümer zu.
Dem Gläubiger kann das Recht, die Ablösung zu verlangen, nicht eingeräumt werden. Im Falle des §.1041 Satz 2 ist der Gläubiger berechtigt, die Zahlung der Ablösungssumme aus dem Grundstücke zu verlangen.
§.1111. Der Eigenthümer kann das Ablösungsrecht erst nach Kündigung ausüben. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate, wenn nicht ein anderes bestimmt ist.
Eine Beschränkung des Kündigungsrechts ist nur soweit zulässig, daß der Eigenthümer nach dreißig Jahren unter Einhaltung der sechsmonatigen Frist kündigen kann.
Hat der Eigenthümer gekündigt, so kann der Gläubiger nach dem Ablaufe der Kündigungsfrist die Zahlung der Ablösungssumme aus dem Grundstücke verlangen.
§.1112. Eine Rentenschuld kann in eine gewöhnliche Grundschuld, eine gewöhnliche Grundschuld kann in eine Rentenschuld umgewandelt werden. Die Zustimmung der im Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten ist nicht erforderlich.
Neunter Abschnitt. Pfandrecht an beweglichen Sachen und an Rechten.
Erster Titel. Pfandrecht an beweglichen Sachen.
§.1113. Eine bewegliche Sache kann zur Sicherung einer Forderung in der Weise belastet werden, daß der Gläubiger berechtigt ist, Befriedigung aus der Sache zu suchen (Pfandrecht). Das Pfandrecht kann auch für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt werden.
§.1114. Zur Bestellung des Pfandrechts ist erforderlich, daß der Eigenthümer die Sache dem Gläubiger übergiebt und beide darüber einig sind, daß dem Gläubiger das Pfandrecht zustehen soll. Die Vorschriften des §.842 Satz 2 und des §.845 finden entsprechende Anwendung.
Die Übergabe einer im mittelbaren Besitze des Eigenthümers befindlichen Sache kann dadurch ersetzt werden, daß der Eigenthümer den mittelbaren Besitz dem Pfandgläubiger überträgt und die Verpfändung dem Besitzer anzeigt.
§.1115. Die Entstehung des Pfandrechts wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die dem Pfandgläubiger übergebene Sache sich unter Mitverschluß des Eigenthümers befindet oder daß, wenn die Sache im Besitz eines Dritten ist, der mittelbare Besitz dem Pfandgläubiger und dem Eigenthümer gemeinschaftlich zusteht. Das Pfandrecht entsteht nicht, wenn die Sache im Besitze des Eigenthümers bleibt.
§.1116. Gehört die Sache nicht dem Verpfänder, so finden auf die Verpfändung die für den Erwerb des Eigenthums geltenden Vorschriften des §.846, des §.847 Abs. 2 und der §§.848, 850 entsprechende Anwendung.
§.1117. Ist die Sache mit dem Rechte eines Dritten belastet, so geht das Pfandrecht dem Rechte vor, es sei denn, daß der Pfandgläubiger zur Zeit des Erwerbes des Pfandrechts in Ansehung des Rechtes nicht in gutem Glauben ist. Die Vorschriften des §.846 Abs. 1 Satz 2, des §.848, des §.849 Abs. 3 und des §.850 finden entsprechende Anwendung.
§.1118. Für den Rang des Pfandrechts ist die Zeit der Bestellung auch dann maßgebend, wenn es für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt ist.
§.1119. Der Verpfänder kann dem Pfandgläubiger gegenüber die dem persönlichen Schuldner gegen die Forderung sowie die nach §.710 einem Bürgen zustehenden Einreden geltend machen; die dem Erben des persönlichen Schuldners auf Grund des Inventarrechts zustehende Einrede kann nicht geltend gemacht werden.
Ist der Verpfänder nicht der persönliche Schuldner, so verliert er eine Einrede nicht dadurch, daß dieser auf sie verzichtet.
§.1120. Das Pfand haftet für die Forderung in dessen jeweiligem Bestand, insbesondere auch für Zinsen und Vertragsstrafen. Ist der persönliche Schuldner nicht Eigenthümer des Pfandes, so wird durch ein nach der Verpfändung von dem Schuldner vorgenommenes Rechtsgeschäft die Haftung nicht erweitert.
Das Pfand haftet für die Ansprüche des Pfandgläubigers auf Ersatz von Verwendungen, für die dem Pfandgläubiger zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung sowie für die Kosten des Pfandverkaufs.
§.1121. Das Pfandrecht erstreckt sich auch auf die Erzeugnisse, welche von dem Pfande getrennt werden.
§.1122. Das Pfandrecht kann in der Weise bestellt werden, daß der Pfandgläubiger berechtigt ist, die Nutzungen des Pfandes zu ziehen.
Ist eine von Natur fruchttragende Sache dem Pfandgläubiger zum Alleinbesitz übergeben, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Pfandgläubiger zum Fruchtbezuge berechtigt sein soll.
§.1123. Steht dem Pfandgläubiger das Recht zu, die Nutzungen zu ziehen, so ist er verpflichtet, für die Gewinnung der Nutzungen zu sorgen und Rechenschaft abzulegen.
Der Reinertrag der Nutzungen wird auf die Forderung und, wenn Kosten und Zinsen zu entrichten sind, zunächst auf diese angerechnet. Abweichende Bestimmungen sind zulässig.
§.1124. Der Pfandgläubiger ist zur Verwahrung des Pfandes verpflichtet.
§.1125. Macht der Pfandgläubiger Verwendungen auf das Pfand, so bestimmt sich die Ersatzpflicht des Verpfänders nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Das Recht zur Wegnahme einer Einrichtung steht dem Pfandgläubiger in dem gleichen Umfange zu wie nach §.491 Abs. 2 einem Miether.
§.1126. Verletzt der Pfandgläubiger die Rechte des Verpfänders in erheblichem Maße und setzt er das verletzende Verhalten ungeachtet einer Abmahnung des Verpfänders fort, so kann der Verpfänder verlangen, daß das Pfand auf Kosten des Pfandgläubigers hinterlegt oder, wenn es sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abgeliefert wird.
Statt der Hinterlegung oder der Ablieferung der Sache an einen Verwahrer kann der Verpfänder die Rückgabe des Pfandes gegen Befriedigung des Gläubigers verlangen. Ist die Forderung unverzinslich und noch nicht fällig, so gebührt dem Pfandgläubiger nur die Summe, welche mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Zahlung bis zur Fälligkeit dem Betrage der Forderung gleichkommt.
§.1127. Ist der Verderb des Pfandes oder eine wesentliche Minderung des Werthes zu besorgen, so kann der Verpfänder die Rückgabe des Pfandes gegen anderweitige Sicherheitsleistung verlangen; die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.
Von dem drohenden Verderbe hat der Pfandgläubiger dem Verpfänder unverzüglich Anzeige zu machen, es sei denn, daß die Anzeige unthunlich ist.
§.1128. Wird durch den drohenden Verderb des Pfandes oder durch eine zu besorgende wesentliche Minderung des Werthes die Sicherheit des Pfandgläubigers gefährdet, so kann dieser das Pfand öffentlich versteigern lassen.
Die Versteigerung ist erst zulässig, nachdem sie dem Verpfänder angedroht worden ist; die Androhung kann unterbleiben, wenn das Pfand dem Verderb ausgesetzt und mit dem Ausschube der Versteigerung Gefahr verbunden ist. Im Falle der Werthminderung ist außer der Androhung erforderlich, daß der Pfandgläubiger dem Verpfänder zur Leistung anderweitiger Sicherheit eine angemessene Frist bestimmt hat und diese verstrichen ist. Von der Versteigerung hat der Pfandgläubiger den Verpfänder unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatze verpflichtet. Die Androhung, die Fristbestimmung und die Benachrichtigung sind nicht erforderlich, wenn sie unthunlich sind.
Der Erlös tritt an die Stelle des Pfandes. Auf Verlangen des Verpfänders ist der Erlös zu hinterlegen.
§.1129. Besteht das Pfandrecht an mehreren Sachen, so haftet jede für die ganze Forderung.
§.1130. Der Pfandgläubiger ist verpflichtet, das Pfand nach dem Erlöschen des Pfandrechts dem Verpfänder zurückzugeben.
Der Verpfänder kann die Rückgabe des Pfandes gegen Befriedigung des Pfandgläubigers verlangen, sobald der Schuldner zur Leistung berechtigt ist.
§.1131. Die Befriedigung des Pfandgläubigers durch den Verpfänder kann auch durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung erfolgen.
§.1132. Ist der Verpfänder nicht der persönliche Schuldner, so geht, soweit er den Pfandgläubiger befriedigt, die Forderung auf ihn über. Die für einen Bürgen geltenden Vorschriften des §.713 finden entsprechende Anwendung.
§.1133. Die Ersatzansprüche des Verpfänders wegen Veränderungen oder Verschlechterungen des Pfandes sowie die Ansprüche des Pfandgläubigers auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt nach Maßgabe des §.500 Satz 2.
§.1134. Wird das Recht des Pfandgläubigers beeinträchtigt, so finden auf die Ansprüche des Pfandgläubigers die für die Ansprüche aus dem Eigenthume geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
§.1135. Die Befriedigung des Pfandgläubigers aus dem Pfande erfolgt durch Verkauf.
Der Pfandgläubiger ist zum Verkaufe berechtigt, sobald die Forderung ganz oder zum Theile fällig ist. Besteht der geschuldete Gegenstand nicht in Geld, so ist der Verkauf erst zulässig, wenn die Forderung in eine Geldforderung übergegangen ist.
§.1136. Eine vor dem Eintritte der Verkaufsberechtigung getroffene Vereinbarung, nach welcher dem Pfandgläubiger, wenn er nicht oder nicht rechtzeitig befriedigt wird, das Eigenthum an der Sache zufallen oder übertragen werden soll, ist nichtig.
§.1137. Unter mehreren Pfändern kann der Pfandgläubiger, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist, diejenigen auswählen, welche verkauft werden sollen. Er kann nur so viele Pfänder zum Verkaufe bringen, als zu seiner Befriedigung erforderlich sind.
§.1138. Ist der Pfandgläubiger nicht im Alleinbesitze des Pfandes, so kann er, wenn die Verkaufsberechtigung eingetreten ist, die Herausgabe des Pfandes zum Zwecke des Verkaufs fordern. Auf Verlangen des Verpfänders hat an Stelle der Herausgabe die Ablieferung an einen gemeinschaftlichen Verwahrer zu erfolgen; der Verwahrer hat sich bei der Ablieferung zu verpflichten, das Pfand zum Verkaufe bereitzustellen.
§.1139. Der Pfandgläubiger ist nicht verpflichtet, einem ihm im Range nachstehenden Pfandgläubiger das Pfand zum Zwecke des Verkaufs herauszugeben. Ist er nicht im Besitze des Pfandes, so kann er, sofern er nicht selbst den Verkauf betreibt, dem Verkaufe durch einen nachstehenden Pfandgläubiger nicht widersprechen.
§.1140. Der Verkauf des Pfandes ist nach den Vorschriften der §§.1141 bis 1147 zu bewirken.
Hat der Pfandgläubiger für sein Recht zum Verkauf einen vollstreckbaren Titel gegen den Eigenthümer erlangt, so kann er den Verkauf auch nach den für den Verkauf einer gepfändeten Sache geltenden Vorschrift bewirken lassen.
§.1141. Der Pfandgläubiger hat dem Eigenthümer den Verkauf vorher anzudrohen und dabei den Geldbetrag zu bezeichnen, wegen dessen der Verkauf stattfinden soll. Die Androhung kann wirksam erst nach dem Eintritte der Verkaufsberechtigung erfolgen; sie ist nicht erforderlich, wenn sie unthunlich ist.
Der Verkauf darf nicht vor dem Ablauf eines Monats nach der Androhung erfolgen. Ist die Androhung unthunlich, so wird der Monat von dem Eintritt der Verkaufsberechtigung an berechnet.
§.1142. Der Verkauf des Pfandes ist im Wege öffentlicher Versteigerung zu bewirken.
Hat das Pfand einen Börsen- oder Marktpreis, so kann es auch aus freier Hand durch einen Handelsmakler oder durch eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person zum laufenden Preise verkauft werden.
§.1143. Die Versteigerung hat an dem Orte zu erfolgen, an welchem das Pfand aufbewahrt wird. Ist von einer Versteigerung an dem Aufbewahrungsorte ein angemessener Erfolg nicht zu erwarten, so ist das Pfand an einem geeigneten anderen Orte zu versteigern.
§.1144. Zeit und Ort der Versteigerung sind unter allgemeiner Bezeichnung des Pfandes öffentlich bekannt zu machen. Der Eigenthümer und Dritte, denen Rechte an dem Pfande zustehen, sind besonders zu benachrichtigen; die Benachrichtigung ist nicht erforderlich, wenn sie unthunlich ist.
§.1145. Der Pfandgläubiger und der Eigenthümer können bei der Versteigerung mitbieten.
Das Gebot des Eigenthümers kann zurückgewiesen werden, wenn der Betrag nicht baar erlegt wird. Das Gleiche gilt, wenn das Pfand für eine fremde Schuld haftet, von dem Gebote des Schuldners.
§.1146. Das Pfand darf nur mit der Bestimmung verkauft werden, daß der Käufer den Kaufpreis sofort baar zu entrichten hat und seiner Rechte verlustig sein soll, wenn dies nicht geschieht.
Erhält der Pfandgläubiger den Zuschlag, so ist der Kaufpreis als von ihm erlegt anzusehen. Das Gleiche gilt, wenn der Verkauf ohne die im Abs. 1 vorgeschriebene Bestimmung erfolgt oder von dem Vorbehalte der Rechtsverwirkung nicht vor dem Schlusse des Versteigerungstermins Gebrauch gemacht wird; die Rechte des Pfandgläubigers gegen den Ersteher bleiben unberührt.
§.1147. Gold- und Silbersachen dürfen nicht unter dem Goldoder Silberwerthe zugeschlagen werden.
Wird ein genügendes Gebot nicht abgegeben, so kann der Verkauf durch eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person aus freier Hand zu einem den Gold- oder Silberwerth erreichenden Preise erfolgen.
§.1148. Der Pfandgläubiger hat den Eigenthümer von dem Verkaufe des Pfandes und dem Ergebnis unverzüglich zu benachrichtigen, es sei denn, daß dies unthunlich ist.
§.1149. Durch die rechtmäßige Veräußerung des Pfandes erlangt der Erwerber die gleichen Rechte, wie wenn er die Sache von dem Eigenthümer erworben hätte. Dies gilt auch dann, wenn dem Pfandgläubiger der Zuschlag ertheilt wird.
Pfandrechte an der Sache erlöschen, auch wenn sie dem Erwerber bekannt waren. Das Gleiche gilt von einem Nießbrauch, es sei denn, daß er allen Pfandrechten im Range vorgeht.
§.1150. Die Veräußerung des Pfandes ist nicht rechtmäßig, wenn gegen die Vorschriften des §.1135 Abs. 2, des §.1137 Satz 2, des §.1142, des §.1144 Satz 1 oder des §.1147 verstoßen wird.
Verletzt der Pfandgläubiger eine andere für den Verkauf geltende Vorschrift, so ist er zum Schadensersatze verpflichtet, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt.
§.1151. Ist eine Sache als Pfand veräußert worden, ohne daß dem Veräußerer ein Pfandrecht zustand oder die Veräußerung des Pfandes eine rechtmäßige war, so finden die Vorschriften der §§.846, 849, 850 entsprechende Anwendung, wenn die Veräußerung nach §.1140 Abs. 2 erfolgt ist oder die Vorschriften des §.1142 oder des §.1147 Abs. 2 beobachtet worden sind.
§.1152. Der Eigenthümer und der Pfandgläubiger können eine von den Vorschriften der §.1141 bis 1147 abweichende Art des Pfandverkaufs vereinbaren. Steht einem Dritten an dem Pfande ein Recht zu, das durch die Veräußerung erlischt, so ist die Zustimmung des Dritten erforderlich.
Auf die Beobachtung der Vorschriften des §.1142, des §.1144 Satz 1 und des. 1147 kann vor dem Eintritte der Verkaufsberechtigung nicht verzichtet werden.
§.1153. Entspricht eine von den Vorschriften der §§.1142 bis 1147 abweichende Art des Pfandverkaufs nach billigem Ermessen den Interessen der Betheiligten, so kann jeder von ihnen verlangen, daß der Verkauf in dieser Art erfolgt.
Kommt eine Einigung nicht zu Stande, so entscheidet das Gericht.
§.1154. Soweit der Erlös aus dem Pfande dem Brandgläubiger zu seiner Befriedigung gebührt, gilt die Forderung als von dem Eigenthümer berichtigt. Im Uebrigen tritt der Erlös an die Stelle des Pfandes.
§.1155. Bei dem Verkauf des Pfandes gilt zu Gunsten des Pfandgläubigers der Verpfänder als Eigenthümer, es sei denn, daß der Pfandgläubiger weiß, daß der Verpfänder nicht Eigenthümer ist.
§.1156. Wer durch die Veräußerung des Pfandes ein Recht an dem Pfande verlieren würde, kann den Pfandgläubiger befriedigen, sobald der Schuldner zur Leistung berechtigt ist. Die Vorschriften der §§.1131, 1132 finden entsprechende Anwendung.
§.1157. Mit der Übertragung der Forderung geht das Pfand recht auf den neuen Gläubiger über. Das Pfandrecht kann nicht ohne die Forderung übertragen werden.
Wird bei der Übertragung der Forderung der Übergang des Pfandrechts ausgeschlossen, so erlischt das Pfandrecht.
§.1158. Der neue Pfandgläubiger kann von dem bisherigen Pfandgläubiger die Herausgabe des Pfandes verlangen.
Mit der Erlangung des Besitzes tritt der neue Pfandgläubiger an Stelle des bisherigen Pfandgläubigers in die mit dem Pfandrechte verbundenen Verpflichtungen gegen den Verpfänder ein. Erfüllt er die Verpflichtungen nicht, so haftet für den von ihm zu ersetzenden Schaden der bisherige Pfandgläubiger wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Die Haftung des bisherigen Pfandgläubigers tritt nicht ein, wenn die Forderung kraft Gesetzes auf den neuen Pfandgläubiger übergegangen oder ihm auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung abgetreten worden ist.
§.1159. Das Pfandrecht erlischt mit der Forderung, für welche es besteht.
§.1160. Das Pfandrecht erlischt, wenn der Pfandgläubiger das Pfand dem Verpfänder oder dem Eigenthümer zurückgiebt. Der Vorbehalt der Fortdauer des Pfandrechts ist unwirksam.
Ist das Pfand im Besitze des Verpfänders oder des Eigenthümers, so wird vermuthet, daß das Pfand ihm von dem Pfandgläubiger zurückgegeben worden sei. Diese Vermuthung gilt auch dann, wenn sich das Pfand im Besitz eines Dritten befindet, der den Besitz nach der Entstehung des Pfandrechts von dem Verpfänder oder dem Eigenthümer erlangt hat.
§.1161. Steht dem Pfandrecht eine Einrede entgegen, durch welche die Geltendmachung desselben dauernd ausgeschlossen wird, so kann der Verpfänder die Rückgabe des Pfandes verlangen. Das gleiche Recht hat der Eigenthümer.
§.1162. Zur Aufhebung des Pfandrechts durch Rechtsgeschäft genügt die Erklärung des Pfandgläubigers gegenüber dem Verpfänder oder dem Eigenthümer, daß er das Pfandrecht aufgebe.
Ist das Pfandrecht mit dem Rechte eines Dritten belastet, so ist die Zustimmung des Dritten erforderlich. Die Zustimmung ist dem Pfandgläubiger gegenüber zu erklären; die Erklärung ist unwiderruflich.
§.1163. Das Pfandrecht erlischt, wenn es mit dem Eigenthum in derselben Person zusammentrifft. Das Erlöschen tritt nicht ein, solange die Forderung, für welche das Pfandrecht besteht, mit dem Rechte eines Dritten belastet ist.
Das Pfandrecht gilt als nicht erloschen, soweit der Eigenthümer ein rechtliches Interesse an dem Fortbestehen des Pfandrechts hat.
§.1164. Die Vorschriften über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht finden auf ein kraft Gesetzes entstandenes Pfandrecht entsprechende Anwendung.
§.1165. Besteht ein Pfandrecht an dem Antheil eines Miteigenthümers, so übt der Pfandgläubiger die sich aus der Gemeinschaft der Miteigenthümer in Ansehung der Verwaltung der Sache und der Art der Benutzung ergebenden Rechte aus.
Die Aufhebung der Gemeinschaft kann vor dem Eintritte der Verkaufsberechtigung des Pfandgläubigers nur von dem Miteigenthümer und dem Pfandgläubiger gemeinschaftlich verlangt werden. Nach dem Eintritte der Verkaufsberechtigung kann der Pfandgläubiger die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, ohne daß es der Zustimmung des Miteigenthümers bedarf; er ist nicht an eine Vereinbarung gebunden, durch welche die Miteigenthümer das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen oder eine Kündigungsfrist bestimmt haben.
Wird die Gemeinschaft aufgehoben, so gebührt dem Pfandgläubiger das Pfandrecht an den Gegenständen, welche an die Stelle des Antheils treten.
Das Recht des Pfandgläubigers zum Verkaufe des Antheils bleibt unberührt.
§.1166. Für das Pfandrecht an einem im Schiffsregister eingetragenen Schiffe gelten die besonderen Vorschriften der §§.1167 bis 1178.
§.1167. Zur Bestellung des Pfandrechts ist die Einigung des Eigenthümers des Schiffes und des Gläubigers darüber, daß dem Gläubiger das Pfandrecht zustehen soll, und die Eintragung des Pfandrechts in das Schiffsregister erforderlich. Die Vorschriften des §.794 Abs. 2 und des §.799 finden entsprechende Anwendung.
Die Eintragung muß die Bezeichnung des Gläubigers, des Geldbetrags der Forderung und, wenn die Forderung verzinslich ist, des Zinssatzes enthalten.
§.1168. Das Rangverhältnis der an dem Schiffe bestellten Pfandrechte bestimmt sich nach den Vorschriften der §§.800 bis 802 und des §.1058.
§.1169. Solange das Pfandrecht im Schiffsregister eingetragen ist, behält es im Falle der Veräußerung oder Belastung des Schiffes seine Kraft, auch wenn der Erwerber in gutem Glauben ist.
Ist das Pfandrecht mit Unrecht gelöscht, so gelten im Falle der Veräußerung des Schiffes die Vorschriften des §.849 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 auch dann, wenn der Erwerber das Eigenthum ohne Übergabe erlangt; die Vorschrift des §.849 Abs. 3 findet keine Anwendung. Wird ein Pfandrecht, welches dem mit Unrecht gelöschten Pfandrecht im Range nachsteht, auf einen Dritten übertragen, so findet die Vorschrift des §.1117 Anwendung.
§.1170. Steht der Inhalt des Schiffsregisters in Ansehung eines Pfandrechts mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklange, so kann die Berichtigung des Registers nach den für die Berichtigung des Grundbuchs geltenden Vorschriften des §.813 verlangt werden.
Ist ein Pfandrecht mit Unrecht gelöscht, so kann ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Schiffsregisters nach §.814 Abs. 2 eingetragen werden. Solange der Widerspruch eingetragen ist, gilt im Falle der Veräußerung oder Belastung des Schiffes dem Erwerber gegenüber das Gleiche, wie wenn das Pfandrecht eingetragen wäre.
§.1171. Die Haftung des Schiffes beschränkt sich auf den eingetragenen Betrag der Forderung und die Zinsen nach Maßgabe des eingetragenen Zinssatzes. Die Haftung für gesetzliche Zinsen und für Kosten bestimmt sich nach der für die Hypothek geltenden Vorschrift des §.1027.
Ist die Forderung unverzinslich oder ist der Zinssatz niedriger als fünf vom Hundert, so kann das Pfandrecht ohne Zustimmung der im Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten dahin erweitert werden, daß das Schiff für Zinsen bis zu fünf vom Hundert haftet.
§.1172. Das Pfandrecht erstreckt sich auf das Zubehör des Schiffes mit Ausnahme der Zubehörstücke, die nicht in das Eigenthum des Eigenthümers des Schiffes gelangt sind.
Auf die Haftung der Zubehörstücke finden die für die Hypothek geltenden Vorschriften des §.1030 entsprechende Anwendung.
§.1173. Die Vorschriften der §§.1114 bis 1164 finden insoweit keine Anwendung, als sich daraus, daß der Pfandgläubiger den Besitz des Schiffes nicht erlangt, Abweichungen ergeben. In dem Falle des §.1161 tritt an die Stelle des Anspruchs auf Rückgabe des Pfandes das Recht, die Aufhebung des Pfandrechts zu verlangen.
§.1174. Der Verpfänder kann gegen Befriedigung des Pfandgläubigers die Aushändigung der zur Löschung des Pfandrechts erforderlichen Urkunden verlangen. Das gleiche Recht steht dem persönlichen Schuldner zu, wenn er ein rechtliches Interesse an der Berichtigung des Schiffsregisters hat.
§.1175. Der Pfandgläubiger kann seine Befriedigung aus dem Schiffe und dem Zubehöre nur auf Grund eines vollstreckbaren Titels nach den für die Zwangsvollstreckung geltenden Vorschriften suchen.
§.1176. Ist der Gläubiger unbekannt, so kann er im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Pfandrecht ausgeschlossen werden, wenn die im §.1077 oder die im §.1078 für die Ausschließung eines Hypothekengläubigers bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils erlischt das Pfandrecht.
§.1177. Das Pfandrecht kann in der Weise bestellt werden, daß nur der Höchstbetrag, bis zu welchem das Schiff haften soll, bestimmt, im Uebrigen die Feststellung der Forderung vorbehalten wird. Der Höchstbetrag muß in das Schiffsregister eingetragen werden.
Ist die Forderung verzinslich, so werden die Zinsen in den Höchstbetrag eingerechnet.
§.1178. Auf das Pfandrecht für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber, aus einem Wechsel oder einem anderen Papiere, das durch Indossament übertragen werden kann, finden die Vorschriften des §.1099, auf das Pfandrecht für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber finden auch die Vorschriften des §.1098 entsprechende Anwendung.
§.1179. Die Vorschriften der §§.1167 bis 1178 gelten auch für das Pfandrecht an einer Schiffspart.
Zweiter Titel. Pfandrecht an Rechten.
§.1180. Gegenstand des Pfandrechts kann auch ein Recht sein.
Auf das Pfandrecht an Rechten finden die Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§.1181 bis 1202 ein Anderes ergiebt. Die Anwendung der Vorschriften des §.1117 und des §.1122 Abs. 2 ist ausgeschlossen.
§.1181. Die Bestellung des Pfandrechts an einem Rechte erfolgt nach den für die Übertragung des Rechtes geltenden Vorschriften. Ist zur Übertragung des Rechtes die Übergabe einer Sache erforderlich, so finden die Vorschriften der §§.1114, 1115 Anwendung.
Soweit ein Recht nicht übertragbar ist, kann ein Pfandrecht an dem Rechte nicht bestellt werden.
§.1182. Ist ein Recht, kraft dessen eine Leistung gefordert werden kann, Gegenstand des Pfandrechts, so finden auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Pfandgläubiger und dem Verpflichteten die Vorschriften entsprechende Anwendung, welche im Falle der Übertragung des Rechtes für das Rechtsverhältnis zwischen dem Erwerber und dem Verpflichteten gelten.
§.1183. Ein verpfändetes Recht kann durch Rechtsgeschäft nur mit Zustimmung des Pfandgläubigers aufgehoben werden. Die Zustimmung ist, soweit nicht die Vorschrift des §.797 Satz 3 Anwendung findet, dem Berechtigten gegenüber zu erklären; die Erklärung ist unwiderruflich.
Das Gleiche gilt im Falle einer Aenderung des Rechtes, sofern sie das Pfandrecht beeinträchtigt.
§.1184. Der Pfandgläubiger kann seine Befriedigung aus dem Rechte nur auf Grund eines vollstreckbaren Titels nach den für die Zwangsvollstreckung geltenden Vorschriften suchen, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist. Die Vorschriften des §.1136 und des §.1152 Abs. 2 bleiben unberührt.
§.1185. Ist ein Recht, zu dessen Verpfändung die Übergabe einer Sache erforderlich ist, Gegenstand des Pfandrechts, so finden auf das Erlöschen des Pfandrechts durch die Rückgabe der Sache die Vorschriften des §.1160 entsprechende Anwendung.
§.1186. Für das Pfandrecht an einer Forderung gelten die besonderen Vorschriften der §§. 1187 bis 1197.
§.1187. Die Verpfändung einer Forderung, zu deren Übertragung der Abtretungsvertrag genügt, ist nur wirksam, wenn der Gläubiger sie dem Schuldner angezeigt hat.
§.1188. Der Schuldner kann nur an den Pfandgläubiger und den Gläubiger gemeinschaftlich leisten. Jeder von beiden kann verlangen, daß an sie gemeinschaftlich geleistet wird; jeder kann statt der Leistung verlangen, daß die geschuldete Sache für beide hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abgeliefert wird.
§.1189. Sind die Voraussetzungen des §.1135 Abs. 2 eingetreten, so ist der Pfandgläubiger zur Einziehung der Forderung berechtigt und kann der Schuldner nur an ihn leisten. Die Einziehung einer Geldforderung steht dem Pfandgläubiger nur insoweit zu, als sie zu seiner Befriedigung erforderlich ist. Soweit er zur Einziehung berechtigt ist, kann er auch verlangen, daß ihm die Geldforderung an Zahlungsstatt abgetreten wird.
Zu sonstigen Verfügungen über die Forderung ist der Pfandgläubiger nicht berechtigt; das Recht, die Befriedigung aus der Forderung nach §.1184 zu suchen, bleibt unberührt.
§.1190. Hängt die Fälligkeit der verpfändeten Forderung von einer Kündigung ab, so bedarf der Gläubiger zur Kündigung der Zustimmung des Pfandgläubigers nur, wenn dieser berechtigt ist, die Nutzungen zu ziehen.
Die Kündigung des Schuldners ist nur wirksam, wenn sie dem Pfandgläubiger und dem Gläubiger erklärt wird.
Sind die Voraussetzungen des §.1135 Abs. 2 eingetreten, so ist auch der Pfandgläubiger zur Kündigung berechtigt; für die Kündigung des Schuldners genügt die Erklärung gegenüber dem Pfandgläubiger.
§.1191. Die Vorschriften der §§.1188 bis 1190 finden keine Anwendung, soweit der Pfandgläubiger und der Gläubiger ein Anderes vereinbart haben.
§.1192. Hat die Leistung an den Pfandgläubiger und den Gläubiger gemeinschaftlich zu erfolgen, so sind beide einander verpflichtet, zur Einziehung mitzuwirken, wenn die Forderung fällig ist.
Soweit der Pfandgläubiger berechtigt ist, die Forderung ohne Mitwirkung des Gläubigers einzuziehen, hat er für die ordnungsmäßige Einziehung zu sorgen. Von der Einziehung hat er den Gläubiger unverzüglich zu benachrichtigen, es sei denn, daß dies unthunlich ist.
§.1193. Hängt die Fälligkeit der verpfändeten Forderung von einer Kündigung ab, so kann der Pfandgläubiger, sofern ihm das Kündigungsrecht nicht zusteht, von dem Gläubiger die Kündigung verlangen, wenn die Einziehung der Forderung wegen Gefährdung ihrer Sicherheit nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Vermögensverwaltung geboten ist. Unter der gleichen Voraussetzung kann der Gläubiger von dem Pfandgläubiger die Zustimmung zur Kündigung verlangen, sofern die Zustimmung erforderlich ist.
§.1194. Mit der in Gemäßheit der §§.1188, 1189 erfolgten Leistung des Schuldners erwirbt der Gläubiger den geleisteten Gegenstand und der Pfandgläubiger ein Pfandrecht an demselben. Besteht die Leistung in der Übertragung des Eigenthums an einem Grundstücke, so erwirbt der Pfandgläubiger eine Sicherungshypothek.
§.1195. Ist eine Geldforderung in Gemäßheit des §.1188 eingezogen worden, so sind der Pfandgläubiger und der Gläubiger einander verpflichtet, dazu mitzuwirken, daß der eingezogene Betrag, soweit es ohne Beeinträchtigung des Interesses des Pfandgläubigers thunlich ist, nach den für die Anlegung von Mündelgeldern geltenden Vorschriften verzinslich angelegt und gleichzeitig dem Pfandgläubiger das Pfandrecht bestellt wird. Die Art der Anlegung bestimmt der Gläubiger.
Ist die Einziehung in Gemäßheit des §.1189 erfolgt, so gilt die Forderung des Pfandgläubigers, soweit ihm der eingezogene Betrag zu seiner Befriedigung gebührt, als von dem Gläubiger berichtigt.
§.1196. Das Pfandrecht an einer Forderung erstreckt sich auch auf die Zinsen derselben. Die Vorschriften des §.1031 Abs. 2 und der §§.1032, 1033 finden entsprechende Anwendung; an die Stelle der Beschlagnahme tritt die Anzeige des Pfandgläubigers an den Schuldner, daß er von dem Einziehungsrechte Gebrauch mache.
§.1197. Bestehen mehrere Pfandrechte an einer Forderung, so ist zur Einziehung nur derjenige Pfandgläubiger berechtigt, dessen Pfandrecht den übrigen Pfandrechten vorgeht.
§.1198. Die Vorschriften über das Pfandrecht an einer Forderung gelten auch für das Pfandrecht an einer Grundschuld und an einer Rentenschuld.
§.1199. Zur Verpfändung eines Wechsels oder eines anderen Papiers, das durch Indossament übertragen werden kann, genügt die Einigung des Gläubigers und des Pfandgläubigers und die Übergabe des indossirten Papiers.
§.1200. Für das Pfandrecht an einem Inhaberpapiere gelten die Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen.
§.1201. Ist ein Wechsel, ein anderes Papier, das durch Indossament übertragen werden kann, oder ein Inhaberpapier Gegenstand des Pfandrechts, so ist, auch wenn die Voraussetzungen des §.1135 Abs. 2 noch nicht eingetreten sind, der Pfandgläubiger zur Kündigung und zur Einziehung berechtigt und kann der Schuldner nur an ihn leisten.
§.1202. Das Pfandrecht an einem Werthpapiere erstreckt sich auf die zu dem Papiere gehörenden Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine nur dann, wenn sie dem Pfandgläubiger übergeben sind. Der Verpfänder kann, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, die Herausgabe der Scheine verlangen, soweit sie vor dem Eintritte der Voraussetzungen des §.1135 Abs. 2 fällig geworden sind.
Viertes Buch. Familienrecht.
Erster Abschnitt. Ehe.
Erster Titel. Verlőbniß.
§.1203. Aus dem Verlöbnisse kann nicht auf Eingehung der Ehe geklagt werden.
Das Versprechen einer Strafe für den Fall, daß die Eingehung der Ehe unterbleibt, ist nichtig.
§.1204. Tritt ein Verlobter von dem Verlöbnisse zurück, so hat er dem anderen Verlobten und dessen Eltern den Schaden zu ersetzen, welcher dadurch entstanden ist, daß sie in Erwartung der Eheschließung Aufwendungen gemacht haben oder Verbindlichkeiten eingegangen sind. Hat der andere Verlobte in Erwartung der Eheschließung sonstige vermögensrechtliche Verfügungen getroffen, so erstreckt sich die Ersatzpflicht auch auf den hierdurch entstandenen Schaden. Der Schaden ist nur insoweit zu ersetzen, als die Aufwendungen, Verbindlichkeiten und sonstigen Verfügungen den Umständen nach angemessen waren.
Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn ein wichtiger Grund für den Rücktritt vorliegt.
§.1205. Giebt ein Verlobter durch sein Verschulden dem anderen Verlobten gerechtfertigten Grund zum Rücktritte, so ist er, wenn der Rücktritt erfolgt, nach Maßgabe des §.1204 Abs. 1 zum Schadensersatze verpflichtet.
§.1206. Hat eine unbescholtene Verlobte ihrem Verlobten die Beiwohnung gestattet, so kann sie, wenn die Voraussetzungen des §.1204 oder des §.1205 vorliegen, unbeschadet der dort bestimmten Ersatzansprüche, eine billige Entschädigung in Geld verlangen, auch wenn sie einen Vermögensschaden nicht erleidet.
Der Anspruch ist nicht übertragbar und geht nicht auf die Erben über, es sei denn, daß er durch Vertrag anerkannt oder daß er rechtshängig geworden ist.
§.1207. Unterbleibt die Eheschließung, so kann jeder Verlobte von dem anderen dasjenige, was er ihm geschenkt oder zum Zeichen des Verlöbnisses gegeben hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückfordern. Im Zweifel ist anzunehmen, daß die Rückforderung ausgeschlossen sein soll, wenn das Verlöbnitz durch den Tod eines der Verlobten aufgelöst wird.
§.1208. Die in den §§.1204 bis 1207 bestimmten Ansprüche verjähren in einem Jahre von der Auflösung des Verlöbnisses an.
Zweiter Titel. Eingehung der Ehe.
§.1209. Ein Mann darf nicht vor erlangter Volljährigkeit, eine Frau darf nicht vor vollendetem sechzehnten Lebensjahr eine Ehe eingehen.
Einer Frau kann Befreiung von dieser Vorschrift bewilligt werden.
§.1210. Wer in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, bedarf zur Eingehung einer Ehe der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.
Steht die gesetzliche Vertretung einem Vormunde zu, so kann die von ihm verweigerte Einwilligung auf Antrag des Mündels durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden. Das Vormundschaftsgericht hat die Einwilligung zu ersetzen, wenn die Eingehung der Ehe im Interesse des Mündels liegt.
§.1211. Ein eheliches Kind bedarf bis zum vollendeten fünfundzwanzigsten Lebensjahre zur Eingehung einer Ehe der Einwilligung des Vaters, ein uneheliches Kind bedarf bis zum gleichen Lebensalter der Einwilligung der Mutter. An die Stelle des Vaters tritt die Mutter, wenn der Vater gestorben ist oder wenn ihm die sich aus der Vaterschaft ergebenden Rechte nach den §§.1589, 1592 nicht zustehen. Ein durch Ehelichkeitserklärung legitimiertes Kind bedarf der Einwilligung der Mutter auch dann nicht, wenn der Vater gestorben ist.
Dem Tode des Vaters oder der Mutter steht es gleich, wenn sie zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande sind oder wenn ihr Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§.1212. An Stelle der leiblichen Eltern eines an Kindesstatt angenommenen Kindes steht den Eltern, welche das Kind angenommen haben, das Recht zu, die Einwilligung zur Eingehung der Ehe zu ertheilen. Die leiblichen Eltern erlangen das Recht auch dann nicht wieder, wenn das durch die Annahme an Kindesstatt begründete Rechtsverhältnis aufgehoben wird.
§.1213. Die elterliche Einwilligung kann nicht durch einen Vertreter ertheilt werden. Sind die Eltern in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist die Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich.
§.1214. Wird die elterliche Einwilligung einem volljährigen Kinde verweigert, so kann sie auf dessen Antrag durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden. Das Vormundschaftsgericht hat die Einwilligung zu ersetzen, wenn sie ohne wichtigen Grund verweigert worden ist.
§.1215. Niemand darf eine Ehe eingehen, bevor seine frühere Ehe aufgelöst, für nichtig oder für ungültig erklärt worden ist. Wollen Ehegatten die Eheschließung wiederholen, so ist die vorgängige Nichtigkeits- oder Ungültigkeitserklärung nicht erforderlich.
Wird das Urtheil, durch welches einer der Ehegatten für todt erklärt worden ist, im Wege der Klage angefochten, so darf der andere Ehegatte nicht vor der Erledigung des Rechtsstreits eine neue Ehe eingehen, es sei denn, daß die Anfechtung erst zehn Jahre nach der Verkündung des Urtheils erfolgt.
§.1216. Eine Ehe darf nicht geschlossen werden zwischen Verwandten in gerader Linie, zwischen vollbürtigen oder halbbürtigen Geschwistern sowie zwischen Verschwägerten in gerader Linie.
Eine Ehe darf nicht geschlossen werden zwischen Personen, von denen die eine mit Eltern, Voreltern oder Abkömmlingen der anderen Geschlechtsgemeinschaft gepflogen hat.
Verwandtschaft im Sinne dieser Vorschriften besteht auch zwischen einem unehelichen Kinde und dessen Abkömmlingen einerseits und dem Vater und dessen Verwandten andererseits.
§.1217. Wer einen Anderen an Kindesstatt angenommen hat, darf mit ihm oder dessen Abkömmlingen eine Ehe nicht eingehen, solange das durch die Annahme an Kindesstatt begründete Rechtsverhältnis besteht.
§.1218. Eine Ehe darf nicht geschlossen werden zwischen einem wegen Ehebruchs geschiedenen Ehegatten und demjenigen, mit welchem der geschiedene Ehegatte den Ehebruch begangen hat, sofern dieser Ehebruch in dem Scheidungsurtheil als Grund der Scheidung festgestellt ist. Befreiung von dieser Vorschrift kann bewilligt werden.
§.1219. Eine Frau darf erst zehn Monate nach der Auflösung, Nichtigkeits- oder Ungültigkeitserklärung ihrer früheren Ehe eine neue Ehe eingehen.
Befreiung von dieser Vorschrift kann bewilligt werden.
§.1220. Wer ein eheliches Kind hat, das minderjährig ist oder unter seiner Vormundschaft steht, darf eine Ehe erst eingehen, nachdem ihm das Vormundschaftsgericht ein Zeugnis darüber ertheilt hat, daß die im §.1560 bezeichneten Verpflichtungen von ihm erfüllt worden sind oder ihm nicht obliegen.
Ist im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft ein antheilsberechtigter Abkömmling des überlebenden Ehegatten minderjährig oder bevormundet," so darf der Ehegatte eine Ehe erst eingehen, nachdem ihm das Vormundschaftsgericht ein Zeugnis darüber ertheilt hat, daß die im §. 1404 Abs. 2 bezeichneten Verpflichtungen von ihm erfüllt worden sind oder ihm nicht obliegen.
§.1221. Militärpersonen und solche Landesbeamte, für die nach den Landesgesetzen zur Eingehung einer Ehe eine besondere Erlaubniß erforderlich ist, dürfen nicht ohne diese Erlaubniß eine Ehe eingehen.
Ausländer, für die nach den Landesgesetzen zur Eingehung einer Ehe eine Erlaubniß oder ein Zeugnis erforderlich ist, dürfen nicht ohne diese Erlaubniß oder ohne dieses Zeugnis eine Ehe eingehen.
§.1222. Die Ehe kann nur vor einem Standesbeamten geschlossen werden.
Als Standesbeamter gilt auch derjenige, welcher, ohne Standesbeamter zu sein, das Amt eines Standesbeamten öffentlich ausübt, es sei denn, daß die Verlobten den Mangel der amtlichen Befugnis bei der Eheschließung gekannt haben.
§.1223. Die Ehe soll vor dem zuständigen Standesbeamten geschlossen werden.
Zuständig ist der Standesbeamte, in dessen Bezirk einer der Verlobten seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Hat keiner der Verlobten seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und ist auch nur einer von ihnen ein Deutscher, so wird der zuständige Standesbeamte von der obersten Aufsichtsbehörde des Bundesstaats, welchem der Deutsche angehört, und, wenn dieser keinem Bundesstaat angehört, von dem Reichskanzler bestimmt.
Unter mehreren zuständigen Standesbeamten haben die Verlobten die Wahl.
§.1224. Auf Grund einer schriftlichen Ermächtigung des zuständigen Standesbeamten darf die Ehe auch vor dem Standesbeamten eines anderen Bezirkes geschlossen werden.
§.1225. Der Eheschließung soll ein Aufgebot vorhergehen. Das Aufgebot verliert seine Kraft, wenn die Ehe nicht binnen sechs Monaten nach der Vollziehung des Aufgebots geschlossen wird.
Das Aufgebot kann unterbleiben, wenn die lebensgefährliche Erkrankung eines der Verlobten den Aufschub der Eheschließung nicht gestattet.
Befreiung von dem Aufgebote kann bewilligt werden.
§.1226. Die Ehe wird dadurch geschlossen, daß die Verlobten vor einem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe mit einander eingehen zu wollen, und daß hierauf der Standesbeamte die Ehe für geschlossen erklärt.
Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.
§.1227. Der Standesbeamte soll bei der Eheschließung in Gegenwart von zwei Zeugen an die Verlobten einzeln und nach einander die Frage richten, ob sie die Ehe mit einander eingehen wollen, und, nachdem die Verlobten die Frage bejaht haben, aussprechen, daß er kraft Gesetzes sie für rechtmäßig verbundene Eheleute erkläre.
Als Zeugen sollen Personen, denen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind, während der Zeit, für welche die Aberkennung erfolgt ist, sowie Minderjährige nicht zugezogen werden. Personen, die mit einem der Verlobten, mit dem Standesbeamten oder mit einander verwandt oder verschwägert sind, dürfen als Zeugen zugezogen werden.
§.1228. Die Befugnis zur Bewilligung einer nach den §§.1209, 1218, 1219, 1225 zulässigen Befreiung steht dem Staate zu. Ueber die Ausübung dieser Befugnis haben die Landesregierungen zu bestimmen.
Dritter Titel. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Che.
§.1229. Eine Ehe ist nur in den Fällen der §§.1230 bis 1234 nichtig.
§.1230. Eine Ehe ist nichtig, wenn die im §.1226 vorgeschriebene Form nicht beobachtet worden ist.
Ist die Ehe in das Heirathsregister eingetragen worden und haben die Ehegatten nach der Eheschließung zehn Jahre als Ehegatten mit einander gelebt, so ist die Ehe als von Anfang an gültig anzusehen.
§.1231. Eine Ehe ist nichtig, wenn einer der Ehegatten zur Zeit der Eheschließung geschäftsunfähig war oder sich im Zustande der Bewußtlosigkeit befand.
Die Ehe ist als von Anfang an gültig anzusehen, wenn der Ehegatte sie nach dem Wegfalle der Geschäftsunfähigkeit oder der Bewußtlosigkeit bestätigt, bevor sie aufgelöst oder für nichtig erklärt worden ist. Einer Form bedarf die Bestätigung nicht.
§.1232. Eine Ehe ist nichtig, wenn einer der Ehegatten zur Zeit der Eheschließung mit einem Dritten in einer gültigen Ehe lebte.
§.1233. Eine Ehe ist nichtig, wenn sie zwischen Verwandten oder Verschwägerten dem Verbote des §.1216 Abs. 1 zuwider geschlossen worden ist.
§.1234. Eine Ehe ist nichtig, wenn sie wegen Ehebruchs nach §.1218 verboten war.
Wird nachträglich Befreiung von der Vorschrift des §.1218 bewilligt, so ist die Ehe als von Anfang an gültig anzusehen.
§.1235. Die Nichtigkeit einer nach den §§.1231 bis 1234 nichtigen Ehe kann, solange nicht die Ehe aufgelöst ist, nur im Wege der Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden. Das Gleiche gilt von einer nach §.1230 nichtigen Ehe, wenn sie in das Heirathsregister eingetragen worden ist.
§.1236. Einem Dritten gegenüber können aus der Nichtigkeit der Ehe Einwendungen gegen ein zwischen ihm und einem Ehegatten vorgenommenes Rechtsgeschäft oder gegen ein zwischen ihnen ergangenes rechtskräftiges Urtheil nur hergeleitet werden, wenn zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts oder zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit die Ehe für nichtig erklärt oder die Nichtigkeit dem Dritten bekannt war.
Die Nichtigkeit kann unbeschränkt geltend gemacht werden, wenn sie auf einem Formmangel beruht und die Ehe nicht in das Heirathsregister eingetragen worden ist.
§.1237. War dem einen Ehegatten die Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung bekannt, so hat der andere Ehegatte, sofern nicht auch ihm die Nichtigkeit bekannt war, nach der Auflösung oder der Nichtigkeitserklärung der Ehe die Wahl, ob es in vermögensrechtlicher Beziehung zwischen ihnen bei den Folgen der Nichtigkeit verbleiben oder ob das Verhältnitz, insbesondere auch in Ansehung der Unterhaltspflicht, so behandelt werden soll, wie wenn die Ehe zur Zeit der Auflösung oder der Nichtigkeitserklärung geschieden und der Ehegatte, welchem die Nichtigkeit bekannt war, für schuldig erklärt worden wäre.
Die Wahl erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Theile; die Erklärung ist unwiderruflich. Dem wahlberechtigten Ehegatten kann von dem anderen eine angemessene Frist zur Erklärung bestimmt werden; erfolgt die Erklärung nicht innerhalb der Frist, so verbleibt es bei den Folgen der Nichtigkeit.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn die Nichtigkeit auf einem Formmangel beruht und die Ehe nicht in das Heirathsregister eingetragen worden ist.
§.1238. Eine Ehe kann nur in den Fällen der §§.1239 bis 1243 und des §.1483 angefochten werden.
§.1239. Eine Ehe kann von dem Ehegatten angefochten werden, welcher zur Zeit der Eheschließung oder im Falle des §.1231 zur Zeit der Bestätigung in der Geschäftsfähigkeit beschränkt war, wenn die Eheschließung oder die Bestätigung ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erfolgt ist.
§.1240. Eine Ehe kann von dem Ehegatten angefochten werden, welcher bei der Eheschließung nicht gewußt hat, daß es sich um eine Eheschließung handle, oder dies zwar gewußt hat, aber eine Erklärung, die Ehe eingehen zu wollen, nicht hat abgeben wollen.
§.1241. Eine Ehe kann von dem Ehegatten angefochten werden, welcher sich bei der Eheschließung in der Person des anderen Ehegatten oder über solche persönliche Eigenschaften oder solche persönliche Verhältnisse des anderen Ehegatten geirrt hat, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Zweckes der Ehe von der Eheschließung abgehalten haben würden.
§.1242. Eine Ehe kann von dem Ehegatten angefochten werden, welcher zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die geeignet waren, ihn bei verständiger Ueberlegung von der Eingehung der Ehe abzuhalten. Ist die Täuschung nicht von dem anderen Ehegatten verübt, so ist die Ehe nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung bei der Eheschließung gekannt hat.
§.1243. Eine Ehe kann von dem Ehegatten angefochten werden, welcher zur Eingehung der Ehe durch Drohung widerrechtlich bestimmt worden ist.
§.1244. Die Anfechtung der Ehe ist in den Fällen des §.1239 ausgeschlossen, wenn der gesetzliche Vertreter die Ehe genehmigt oder der Ehegatte, nachdem er unbeschränkt geschäftsfähig geworden ist, die Ehe bestätigt hat. Steht die gesetzliche Vertretung einem Vormunde zu, so kann die von ihm verweigerte Genehmigung auf Antrag des Ehegatten durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden; das Vormundschaftsgericht hat die Genehmigung zu ersetzen, wenn die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse des Ehegatten liegt.
In den Fällen der §§.1240 bis 1243 ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn der anrechnungsberechtigte Ehegatte nach der Entdeckung des Irrtums oder der Täuschung oder nach dem Aufhören der Zwangslage die Ehe bestätigt hat.
§.1245. Die Anfechtung ist nach der Auflösung der Ehe ausgeschlossen, es sei denn, daß die Auflösung durch den Tod des zur Anfechtung nicht berechtigten Ehegatten herbeigeführt worden ist.
§.1246. Die Anfechtung der Ehe kann nicht durch einen Vertreter erfolgen. Ist der anrechnungsberechtigte Ehegatte in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Für einen geschäftsunfähigen Ehegatten kann sein gesetzlicher Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts die Ehe anfechten. In den Fällen des §.1239 kann, 10lange der anrechnungsberechtigte Ehegatte in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, nur sein gesetzlicher Vertreter die Ehe anfechten.
Die Vorschriften des Abs. 1 gelten auch für die Bestätigung einer anfechtbaren Ehe.
§.1247. Die Anfechtung muß binnen sechs Monaten erfolgen.
Die Frist beginnt in den Fällen des §.1239 mit dem Zeitpunkt, in welchem die Eingehung oder die Bestätigung der Ehe dem gesetzlichen Vertreter bekannt geworden ist oder der Ehegatte die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit erlangt hat, in den Fällen der §§.1240 bis 1243 mit dem Zeitpunkt, in welchem der Irrtum oder die Täuschung entdeckt worden ist oder die Zwangslage aufgehört hat.
Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§.169, 171 entsprechende Anwendung.
§.1248. Hat der gesetzliche Vertreter eines geschäftsunfähigen Ehegatten die Ehe nicht rechtzeitig angefochten, so kann nach dem Wegfalle der Geschäftsunfähigkeit der Ehegatte selbst die Ehe in gleicher Weise anfechten, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre.
§.1249. Die Anfechtung erfolgt, solange die Ehe nicht aufgelöst ist, durch Erhebung der Anfechtungsklage.
Die Zurücknahme der Klage bewirkt, daß die Anfechtung als nicht erfolgt anzusehen ist. Das Gleiche gilt, wenn die angefochtene Ehe, bevor sie aufgelöst oder für ungültig erklärt worden ist, nach Maßgabe des §.1244 genehmigt oder bestätigt wird.
§.1250. Ist die Ehe durch den Tod des zur Anfechtung nicht berechtigten Ehegatten aufgelöst worden, so erfolgt die Anfechtung durch eine dem Nachlaßgerichte gegenüber in öffentlich beglaubigter Form abzugebende Erklärung. Das Nachlaßgericht soll die Erklärung sowohl denjenigen mittheilen, welche im Falle der Gültigkeit der Ehe, als auch denjenigen, welche im Falle der Ungültigkeit der Ehe die Erben des verstorbenen Ehegatten sind.
§.1251. Wird eine anfechtbare Ehe angefochten, so ist sie als von Anfang an nichtig anzusehen.
Die Nichtigkeit einer anfechtbaren und im Wege der Anfechtungsklage angefochtenen Ehe kann, solange nicht die Ehe aufgelöst ist, nicht anderweit geltend gemacht werden.
§.1252. Die Vorschriften der §§.1236, 1237 finden auf eine anfechtbare Ehe, die angefochten ist, entsprechende Anwendung. Das im §.1237 bestimmte Recht steht im Falle der Anfechtung wegen Drohung dem anrechnungsberechtigten Ehegatten, im Falle der Anfechtung wegen Irrtums dem zur Anfechtung nicht berechtigten Ehegatten zu, es sei denn, daß dieser den Irrtum bei der Eingehung der Ehe kannte oder kennen mußte.
Vierter Titel. Wirkungen der Ehe im Allgemeinen.
§.1253. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet.
Soweit sich das Verlangen eines Ehegatten nach der Herstellung der Gemeinschaft als Mißbrauch seines Rechtes darstellt, ist der andere Ehegatte nicht verpflichtet, dem Verlangen Folge zu leisten.
§.1254. Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung.
Die Frau ist nicht verpflichtet, der Entscheidung des Mannes Folge zu leisten, wenn sich die Entscheidung als Mißbrauch seines Rechtes darstellt.
§.1255. Die Frau erhält den Familiennamen des Mannes.
§.1256. Die Frau ist, unbeschadet der Vorschriften des §.1254, berechtigt und verpflichtet, dem gemeinschaftlichen Hauswesen vorzustehen.
Zu Arbeiten im Hauswesen und im Geschäfte des Mannes ist die Frau verpflichtet, soweit eine solche Thätigkeit nach den Verhältnissen der Ehegatten üblich ist.
§.1257. Die Frau ist berechtigt, innerhalb ihres häuslichen Wirkungskreises die Geschäfte des Mannes für ihn zu besorgen und ihn zu vertreten. Rechtsgeschäfte, die sie innerhalb dieses Wirkungskreises vornimmt, gelten als im Namen des Mannes vorgenommen, wenn sich nicht aus den Umständen ein Anderes ergiebt.
Der Mann kann das Recht der Frau beschränken oder ausschließen. Stellt sich die Beschränkung oder die Ausschließung als Mißbrauch des Rechtes des Mannes dar, so kann sie auf Antrag der Frau durch das Vormundschaftsgericht aufgehoben werden. Dritten gegenüber ist die Beschränkung oder die Ausschließung nur nach Maßgabe des §.1334 wirksam.
§.1258. Hat sich die Frau einem Dritten gegenüber zu einer von ihr in Person zu bewirkenden Leistung verpflichtet, so kann der Mann das Rechtsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, es sei denn, daß der Mann der Verpflichtung zugestimmt oder das Vormundschaftsgericht auf Antrag der Frau die Zustimmung des Mannes ersetzt hat.
Das Vormundschaftsgericht kann die Zustimmung ersetzen, wenn der Mann durch Krankheit oder durch Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert ist oder die Verweigerung der Zustimmung sich als Mißbrauch seines Rechtes darstellt.
Die Zustimmung sowie die Kündigung kann nicht durch einen Vertreter erfolgen; ist der Mann in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Das Kündigungsrecht des Mannes ist ausgeschlossen, solange die häusliche Gemeinschaft aufgehoben ist.
§.1259. Die Ehegatten haben bei der Erfüllung der sich aus dem ehelichen Verhältnisse für sie ergebenden Verpflichtungen einander nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen.
§.1260. Der Mann hat der Frau nach Maßgabe seiner Lebensstellung, seines Vermögens und seiner Erwerbsfähigkeit Unterhalt zu gewähren.
Die Frau hat dem Manne, wenn er außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten, den seiner Lebensstellung entsprechenden Unterhalt nach Maßgabe ihres Vermögens und ihrer Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Der Unterhalt ist in der durch die eheliche Lebensgemeinschaft gebotenen Weise zu gewähren. Die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltenden Vorschriften der §§.1500, 1508 bis 1510 finden entsprechende Anwendung.
§.1261. Leben die Ehegatten getrennt, so ist, solange einer von ihnen die Herstellung des ehelichen Lebens verweigern darf und verweigert, der Unterhalt durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Auch sind der Frau von dem Manne die zur Führung eines abgesonderten Haushalts erforderlichen Sachen aus dem gemeinschaftlichen Haushalte zum Gebrauche herauszugeben, es sei denn, daß die Sachen für den Mann unentbehrlich sind oder daß solche Sachen sich in dem der Verfügung der Frau unterliegenden Vermögen befinden.
Die Unterhaltspflicht des Mannes fällt weg oder beschränkt sich auf die Zahlung eines Beitrags, wenn der Wegfall oder die Beschränkung mit Rücksicht auf die Bedürfnisse, die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Ehegatten der Billigkeit entspricht.
§.1262. Es wird vermuthet, daß die im Besitz eines der Ehegatten oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem Manne gehören. Dies gilt insbesondere auch für Inhaberpapiere und für Orderpapiere, die mit Blankoindossament versehen sind.
Die Vermuthung gilt nicht für die ausschließlich zum persönlichen Gebrauche der Frau bestimmten Sachen, insbesondere nicht für Kleider und Schmucksachen.
Fünfter Titel. Cheliches Güterrecht.
I. Gesetzliches Güterrecht.
1. Eingebrachtes Gut. Vorbehaltsgut.
§.1263. Das Vermögen der Frau wird durch die Eheschließung der Verwaltung und Nutznießung des Mannes unterworfen (eingebrachtes Gut).
Zum eingebrachten Gute gehört auch das Vermögen, welches die Frau während der Ehe erwirbt.
§.1264. Die Verwaltung und Nutznießung des Mannes tritt nicht ein, wenn er die Ehe mit einer minderjährigen oder sonst in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Frau ohne Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters schließt.
§.1265. Der Verwaltung und Nutznießung des Mannes ist nicht unterworfen das Vorbehaltsgut der Frau.
§.1266. Vorbehaltsgut ist, was die Frau durch ihre Arbeit oder durch den selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts erwirbt.
§.1267. Vorbehaltsgut ist, was durch Ehevertrag für Vorbehaltsgut erklärt ist.
§.1268. Vorbehaltsgut ist, was die Frau durch Erbfolge, durch Vermächtnitz oder als Pflichttheil erwirbt (Erwerb von Todeswegen) oder was ihr unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch Verfügung von Todeswegen, der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß der Erwerb Vorbehaltsgut sein soll.
§.1269. Vorbehaltsgut ist, was die Frau auf Grund eines zu ihrem Vorbehaltsgute gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Vorbehaltsgute gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das Vorbehaltsgut bezieht.
§.1270. Auf das Vorbehaltsgut finden die bei der Gütertrennung für das Vermögen der Frau geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung; die Frau hat jedoch einen Beitrag zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes nur insoweit zu leisten, als der Mann nicht schon durch die Nutzungen des eingebrachten Gutes einen angemessenen Beitrag erhält.
§.1271. Jeder Ehegatte kann verlangen, daß der Bestand des eingebrachten Gutes durch Aufnahme eines Verzeichnisses unter Mitwirkung des anderen Ehegatten festgestellt wird. Auf die Aufnahme des Verzeichnisses finden die für den Nießbrauch geltenden Vorschriften des §.945 Anwendung.
Jeder Ehegatte kann den Zustand der zum eingebrachten Gute gehörenden Sachen auf seine Kosten durch Sachverständige feststellen lassen.
2. Verwaltung und Nutznießung.
§.1272. Der Mann ist zum Besitze der zum eingebrachten Gute gehörenden Sachen berechtigt.
§.1273. Der Mann hat das eingebrachte Gut ordnungsmäßig zu verwalten. Ueber den Stand der Verwaltung hat er der Frau auf Verlangen Auskunft zu ertheilen.
§.1274. Das Verwaltungsrecht des Mannes umfaßt nicht die Befugnis, die Frau durch Rechtsgeschäfte zu verpflichten oder über eingebrachtes Gut ohne ihre Zustimmung zu verfügen.
§.1275. Ohne Zustimmung der Frau kann der Mann
1. über Geld und andere verbrauchbare Sachen verfügen;
2. Forderungen, die nicht auf Zinsen ausstehen, einziehen;
3. Forderungen gegen solche Forderungen an die Frau, deren Berichtigung aus dem eingebrachten Gute verlangt werden kann, aufrechnen;
4. Verbindlichkeiten der Frau zur Leistung eines zum eingebrachten Gute gehörenden Gegenstandes durch Leistung desselben erfüllen.
§.1276. Der Mann darf Verfügungen, zu denen er nach §.1275 ohne Zustimmung der Frau berechtigt ist, nur zum Zwecke ordnungsmäßiger Verwaltung des eingebrachten Gutes vornehmen.
Das zum eingebrachten Gute gehörende Geld hat der Mann nach den für die Anlegung von Mündelgeldern geltenden Vorschriften für die Frau verzinslich anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben bereit zu halten ist, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind und der Frau zur Last fallen.
Andere verbrauchbare Sachen darf der Mann auch für sich veräußern oder verbrauchen. Macht er von dieser Befugnis Gebrauch, so hat er den Werth der Sachen nach der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung zu ersetzen; der Ersatz ist schon vorher zu leisten, wenn die ordnungsmäßige Verwaltung des eingebrachten Gutes es erfordert.
§.1277. Gehört zum eingebrachten Gute ein Grundstück sammt Inventar, so bestimmen sich die Rechte und die Pflichten des Mannes in Ansehung des Inventars nach den für den Nießbrauch geltenden Vorschriften des §. 958 Abs. 1.
§.1278. Ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung des eingebrachten Gutes ein Rechtsgeschäft erforderlich, zu welchem der Mann der Zustimmung der Frau bedarf, so kann die Zustimmung auf Antrag des Mannes durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn sie von der Frau ohne ausreichenden Grund verweigert wird.
Das Gleiche gilt, wenn die Frau durch Krankheit oder durch Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Ausschube Gefahr verbunden ist.
§.1279. Erwirbt der Mann mit Mitteln des eingebrachten Gutes bewegliche Sachen, so geht mit dem Erwerbe das Eigenthum auf die Frau über, es sei denn, daß der Mann nicht für Rechnung des eingebrachten Gutes erwerben wollte. Dies gilt insbesondere auch von Inhaberpapieren und von Orderpapieren, die mit Blankoindossament versehen sind.
Die Vorschriften des Abs. 1 finden entsprechende Anwendung, wenn der Mann mit Mitteln des eingebrachten Gutes ein Recht an Sachen der bezeichneten Art oder ein anderes Recht erwirbt, zu dessen Uebertragung der Abtretungsvertrag genügt.
§.1280. Haushaltsgegenstände, die der Mann an Stelle der von der Frau eingebrachten, nicht mehr vorhandenen Stücke anschafft, werden eingebrachtes Gut.
§.1281. Der Mann kann ein zum eingebrachten Gute gehörendes Recht im eigenen Namen gerichtlich geltend machen. Ist er befugt, über das Recht ohne Zustimmung der Frau zu verfügen, so wirkt das Urtheil auch für und gegen die Frau. Gutes in derselben Weise und in demselben Umfange wie ein Nießbraucher.
§.1282. Der Mann erwirbt die Nutzungen des eingebrachten Gutes in derselben Weise und in demselben Umfange wie ein Nießbraucher.
Die ausschließlich zum persönlichen Gebrauche der Frau bestimmten Sachen, insbesondere Kleider und Schmucksachen, unterliegen nicht der Nutznießung des Mannes.
§.1283. Der Mann hat, außer den Kosten, welche durch die Gewinnung der Nutzungen entstehen, die Kosten der Erhaltung der zum eingebrachten Gute gehörenden Gegenstände nach den für den Nießbrauch geltenden Vorschriften zu tragen.
§.1284. Der Mann ist der Frau gegenüber verpflichtet, für die Dauer der Verwaltung und Nutznießung zu tragen:
1. die der Frau obliegenden öffentlichen Lasten mit Ausschluß der auf dem Vorbehaltsgute ruhenden Lasten und der außerordentlichen Lasten, welche als auf den Stammwerth des eingebrachten Gutes gelegt anzusehen sind;
2. die privatrechtlichen Lasten, welche auf den zum eingebrachten Gute gehörenden Gegenständen ruhen;
3. die Beiträge, welche für die Versicherung der zum eingebrachten Gute gehörenden Gegenstände zu leisten sind.
§.1285. Der Mann ist der Frau gegenüber verpflichtet, für die Dauer der Verwaltung und Nutznießung die Zinsen derjenigen Verbindlichkeiten der Frau zu tragen, deren Berichtigung aus dem eingebrachten Gute verlangt werden kann, es sei denn, daß die Verbindlichkeiten im Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem Vorbehaltsgute zur Last fallen.
Das Gleiche gilt von wiederkehrenden Leistungen anderer Art, einschließlich der von der Frau auf Grund ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht geschuldeten Leistungen, sofern sie bei ordnungsmäßiger Verwaltung aus den Einkünften des Vermögens bestritten werden und im Verhältnisse der Ehegatten zu einander nicht dem Vorbehaltsgute zur Last fallen.
§.1286. Der Mann ist der Frau gegenüber verpflichtet, zu tragen:
1. die Kosten eines Rechtsstreits, in welchem er ein zum eingebrachten Gute gehörendes Recht geltend macht, sowie die Kosten eines von der Frau geführten Rechtsstreits, sofern sie nicht dem Vor behaltsgute zur Last fallen;
2. die Kosten eines gegen die Frau gerichteten Strafverfahrens, sofern die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten oder mit Zustimmung des Mannes erfolgt ist, vorbehaltlich der Ersatzpflicht der Frau im Falle ihrer Verurtheilung.
§.1287. Soweit der Mann nach den §§.1284 bis 1286 der Frau gegenüber deren Verbindlichkeiten zu tragen hat, haftet er den Gläubigern neben der Frau als Gesamtschuldner.
§.1288. Der Mann hat den ehelichen Aufwand zu tragen.
Die Frau kann verlangen, daß der Mann den Reinertrag des eingebrachten Gutes, soweit dieser zur Bestreitung des eigenen und des der Frau und den gemeinschaftlichen Kindern zu gewährenden Unterhalts erforderlich ist, zu diesem Zwecke ohne Rücksicht auf seine anderweitigen Verbindlichkeiten verwendet.
§.1289. Macht der Mann zum Zwecke der Verwaltung des eingebrachten Gutes Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist die Frau zum Ersatze verpflichtet. Geht der Mann zu diesem Zwecke eine Verbindlichkeit ein, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist die Frau verpflichtet, ihn von der Verbindlichkeit zu befreien; sie kann jedoch, wenn die Verbindlichkeit noch nicht fällig ist, dem Manne, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung, soweit der Mann gegenüber der Frau verpflichtet ist, die Aufwendungen und die Verbindlichkeiten selbst zu tragen.
§.1290. Wird durch das Verhalten des Mannes die Besorgnitz begründet, daß die Rechte der Frau in einer das eingebrachte Gut erheblich gefährdenden Weise verlegt werden, so kann die Frau von dem Manne Sicherheitsleistung verlangen.
Das Gleiche gilt, wenn die der Frau aus der Verwaltung und Nutznießung des Mannes zustehenden Ansprüche auf Ersatz des Werthes verbrauchbarer Sachen erheblich gefährdet sind.
§.1291. Liegen die Voraussetzungen vor, unter welchen der Mann zur Sicherheitsleistung verpflichtet ist, so kann die Frau auch verlangen, daß der Mann die zum eingebrachten Gute gehörenden Inhaberpapiere nebst den Erneuerungsscheinen bei einer Hinterlegungsstelle oder bei der Reichsbank dergestalt hinterlegt, daß der Anspruch auf Herausgabe von den Ehegatten nur gemeinschaftlich geltend gemacht werden kann. Die Hinterlegung von Inhaberpapieren, die zu den verbrauchbaren Sachen gehören, sowie von Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheinen kann nicht verlangt werden. Den Inhaberpapieren stehen Orderpapiere gleich, die mit Blankoindossament versehen sind.
§.1292. Der Mann kann die Inhaberpapiere, statt sie nach §.1291 zu hinterlegen, auf den Namen der Frau umschreiben oder in Buchschulden des Reichs oder eines Bundesstaats umwandeln lassen.
§.1293. Die Frau kann Ansprüche, die ihr auf Grund der Verwaltung und Nutznießung gegen den Mann zustehen, erst nach der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung gerichtlich geltend machen, es sei denn, daß es sich um den im §.1288 Abs. 2 bestimmten Anspruch handelt oder daß die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen die Frau nach §.1290 Sicherheitsleistung verlangen kann.
Die Gläubiger der Frau unterliegen dieser Beschränkung nicht.
§.1294. Die Frau bedarf zur Verfügung über eingebrachtes Gut der Einwillung des Mannes.
§.1295. Hat die Frau durch Vertrag ohne Einwilligung des Mannes über eingebrachtes Gut verfügt, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Mannes ab. Ist die Genehmigung verweigert worden, so wird der Vertrag nicht dadurch wirksam, daß die Verwaltung und Nutznießung aufhört.
Die Genehmigung sowie deren Verweigerung kann nur dem anderen Theile gegenüber erklärt werden. Der Verweigerung steht es gleich, wenn der Mann nicht binnen zwei Wochen nach dem Empfang einer Aufforderung des anderen Theiles die Genehmigung erklärt.
§.1296. Solange der Mann den ohne seine Einwilligung geschlossenen Vertrag nicht genehmigt hat, kann der andere Theil zurücktreten.
Hat der andere Theil gewußt, daß die Frau Ehefrau ist, so kann er nur zurücktreten, wenn die Frau der Wahrheit zuwider die Einwilligung des Mannes behauptet hat; er kann auch in diesem Falle nicht zurücktreten, wenn ihm das Fehlen der Einwilligung bei dem Abschlusse des Vertrags bekannt war.
§.1297. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, durch welches die Frau ohne Einwilligung des Mannes über eingebrachtes Gut verfügt, ist unwirksam. Nimmt die Frau mit dieser Einwilligung ein solches Rechtsgeschäft einem Anderen gegenüber vor, so ist dasselbe unwirksam, wenn die Einwilligung nicht in schriftlicher Form vorgelegt und das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde von dem Anderen unverzüglich zurückgewiesen wird. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Mann den Anderen von der Einwilligung in Kenntnitz gesetzt hatte.
§.1298. Die Frau bedarf nicht der Einwilligung des Mannes zu Rechtsgeschäften, durch die sie sich zu einer Leistung verpflichtet.
Hat der Mann einem solchen Rechtsgeschäfte zugestimmt, so ist es in Ansehung des eingebrachtes Gutes ihm gegenüber wirksam. Hat er nicht zugestimmt, so tritt die Wirksamkeit nur insoweit ein, als das eingebrachte Gut durch das Rechtsgeschäft bereichert ist.
§.1299. Führt die Frau einen Rechtsstreit ohne Zustimmung des Mannes, so ist das Urtheil dem Manne gegenüber in Ansehung des eingebrachten Gutes unwirksam.
Ein zum eingebrachten Gute gehörendes Recht kann die Frau im Wege der Klage nur mit Zustimmung des Mannes geltend machen.
§.1300. Die Zustimmung des Mannes ist in den Fällen der §§.1294 bis 1299 nicht erforderlich, wenn der Mann durch Krankheit oder durch Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist.
§.1301. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das sich auf das eingebrachte Gut bezieht, ist dem Manne gegenüber vorzunehmen.
Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das sich auf eine Verbindlichkeit der Frau bezieht, ist der Frau gegenüber vorzunehmen; es muß jedoch auch dem Manne gegenüber vorgenommen werden, wenn es in Ansehung des eingebrachten Gutes gegen ihn wirksam sein soll.
§.1302. Die Beschränkungen, welchen die Frau nach den §.1294 bis 1301 unterliegt, muß ein Dritter, unbeschadet des nach §.1296 ihm zustehenden Rücktrittsrechts, auch dann gegen sich gelten lassen, wenn er nicht gewußt hat, daß die Frau eine Ehefrau ist.
§.1303. Ist zur ordnungsmäßigen Besorgung der persönlichen Angelegenheiten der Frau ein Rechtsgeschäft erforderlich, zu welchem die Frau der Zustimmung des Mannes bedarf, so kann die Zustimmung auf Antrag der Frau durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn sie von dem Manne ohne ausreichenden Grund verweigert wird.
§.1304. Hat der Mann die Einwilligung zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts der Frau ertheilt, so ist seine Einwilligung zu solchen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten nicht erforderlich, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Einseitige Rechtsgeschäfte, die sich auf das Erwerbsgeschäft beziehen, sind der Frau gegenüber vorzunehmen.
Der Einwilligung des Mannes in den Geschäftsbetrieb steht es gleich, wenn die Frau mit Wissen und ohne Einspruch des Mannes das Erwerbsgeschäft betreibt.
Dritten gegenüber ist ein Einspruch und die Rücknahme der ertheilten Einwilligung nur nach Maßgabe des §.1334 wirksam.
§.1305. Die Frau bedarf nicht der Einwilligung des Mannes
1. zur Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses und zum Verzicht auf den Pflichttheil;
2. zur Ablehnung eines Vertragsantrags oder einer Schenkung;
3. zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts gegenüber dem Manne.
§.1306. Die Frau bedarf nicht der Einwilligung des Mannes
1. zur Fortsetzung eines zur Zeit der Eheschließung an hängigen Rechtsstreits;
2. zur gerichtlichen Geltendmachung eines zum eingebrachten Gute gehörenden Rechtes gegen den Mann;
3. zur gerichtlichen Geltendmachung eines zum eingebrachten Gute gehörenden Rechtes gegen einen Dritten, wenn der Mann ohne die erforderliche Zustimmung der Frau über das Recht verfügt hat;
4. zur gerichtlichen Geltendmachung eines Widerspruchsrechts gegenüber einer Zwangsvollstreckung.
§.1307. Das Recht, welches dem Manne kraft seiner Verwaltung und Nutznießung am eingebrachten Gute zusteht, ist nicht veräußerlich.
§.1308. Steht der Mann unter Vormundschaft, so hat ihn der Vormund in den Rechten und Pflichten zu vertreten, welche sich aus der Verwaltung und Nutznießung des eingebrachten Gutes für ihn ergeben. Dies gilt auch dann, wenn die Frau Vormund ist.
3. Schuldenhaftung.
§.1309. Die Gläubiger des Mannes können nicht Befriedigung aus dem eingebrachten Gute verlangen.
§.1310. Die Gläubiger der Frau können ohne Rücksicht auf die Verwaltung und Nutznießung des Mannes Befriedigung aus dem eingebrachten Gute verlangen, soweit sich nicht aus den §§.1311 bis 1313 ein Anderes ergiebt.
Hat der Mann verbrauchbare Sachen nach §.1276 Abs. 3 veräußert oder verbraucht, so tritt an die Stelle der Sachen der Anspruch der Frau auf Ersatz des Werthes. Der Mann ist den Gläubigern gegenüber zum sofortigen Ersatze verpflichtet.
§.1311. Das eingebrachte Gut haftet nicht für Verbindlichkeiten der Frau, die nach der Eheschließung aus Rechtegeschäften oder gerichtlichen Entscheidungen entstanden sind, wenn das Rechtsgeschäft oder die Entscheidung nach den §§.1294 bis 1302 dem Manne gegenüber in Ansehung des eingebrachten Gutes unwirksam ist.
Für die Kosten eines Rechtsstreits der Frau haftet das eingebrachte Gut auch dann, wenn das Urtheil dem Manne gegenüber in Ansehung des eingebrachten Gutes unwirksam ist.
§.1312. Das eingebrachte Gut haftet nicht für Verbindlichkeiten der Frau, die in Folge des Erwerbes einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses entstanden sind, wenn die Frau die Erbschaft oder das Vermächtnitz nach der Eheschließung als Vorbehaltsgut erworben hat.
§.1313. Das eingebrachte Gut haftet nicht für Verbindlichkeiten der Frau, die nach der Eheschließung in Folge eines zu dem Vorbehaltsgute gehörenden Rechtes oder des Besitzes einer dazu gehörenden Sache entstanden sind, es sei denn, daß das Recht oder die Sache zu einem Erwerbsgeschäfte gehört, das von der Frau mit Einwilligung des Mannes selbständig betrieben wird.
§.1314. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen dem Vorbehaltsgute zur Last:
1. die Verbindlichkeiten der Frau aus einer während der Ehe von ihr begangenen unerlaubten Handlung oder aus einem wegen einer solchen Handlung gegen sie gerichteten Strafverfahren;
2. die Verbindlichkeiten der Frau aus einem auf das Vorbehaltsgut sich beziehenden Rechtsverhältnis, auch wenn sie vor der Eheschließung oder vor der Zeit entstanden sind, zu welcher das Gut Vorbehaltsgut geworden ist;
3. die Verbindlichkeiten der Frau aus einer gerichtlichen Entscheidung über eine der unter Nr. 1, 2 bezeichneten Verbindlichkeiten, einschließlich der Verbindlichkeit zur Tagung der Kosten.
§.1315. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fällt die Verbindlichkeit der Frau zur Tragung der Kosten eines Rechtsstreits zwischen ihr und dem Manne dem Vorbehaltsgute zur Last .
Das Gleiche gilt von der Verbindlichkeit der Frau zur Tragung der Kosten eines Rechtsstreits zwischen ihr und einem Dritten, es sei denn, daß das Urtheil dem Manne gegenüber in Ansehung des eingebrachten Gutes wirksam ist. Betrifft jedoch der Rechtsstreit eine persönliche Angelegenheit der Frau oder eine nicht unter die Vorschriften des §.1314 Nr. 1, 2 fallende Verbindlichkeit, für welche das eingebrachte Gut haftet, so findet diese Vorschrift keine Anwendung, wenn die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten war.
§.1316. Wird eine Verbindlichkeit, die nach den §§.1314, 1315 dem Vorbehaltsgute zur Last fällt, aus dem eingebrachten Gute berichtigt, so hat die Frau aus dem Vorbehaltsgute, soweit dieses reicht, zu dem eingebrachten Gute Ersatz zu leisten.
Wird eine Verbindlichkeit der Frau, die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem Vorbehaltsgute nicht zur Last fällt, aus dem Vorbehaltsgute berichtigt, so hat der Mann aus dem eingebrachten Gute, soweit dieses reicht, zu dem Vorbehaltsgut Ersatz zu leisten.
4. Beendigung der Verwaltung und Nutznießung.
§.1317. Die Frau kann auf Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung klagen:
1. wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen die Frau nach §.1290 Sicherheitsleistung verlangen kann;
2. wenn der Mann seine Verpflichtung, der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen den Unterhalt zu gewähren, verletzt hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist. Eine Verlegung der Unterhaltspflicht liegt schon dann vor, wenn der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen nicht mindestens der Unterhalt gewährt wird, welcher ihnen bei ordnungsmäßiger Verwaltung und Nutznießung des eingebrachten Gutes zukommen würde;
3. wenn ein Abwesenheitspfleger für den Mann bestellt ist und eine baldige Aufhebung der Pflegschaft nicht in Aussicht steht;
4. wenn der Mann entmündigt ist oder wenn er nach §.1772 einen Vormund oder nach §.1787 zur Besorgung seiner gesammten Vermögensangelegenheiten einen Pfleger erhalten hat. Die Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein.
§.1318. Die Verwaltung und Nutznießung endigt mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch welchen der Konkurs über das Vermögen des Mannes eröffnet wird.
§.1319. Die Verwaltung und Nutznießung endigt, wenn der Mann für todt erklärt wird, mit dem Zeitpunkte, welcher als Zeitpunkt des Todes gilt.
§.1320. Nach der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung hat der Mann das eingebrachte Gut der Frau herauszugeben und ihr über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen. Auf die Herausgabe eines landwirthschaftlichen Grundstücks findet die Vorschrift des §.532, auf die Herausgabe eines Landguts finden die Vorschriften der §§.532, 533 entsprechende Anwendung.
§.1321. Wird die Verwaltung und Nutznießung auf Grund des §.1317 durch Urtheil aufgehoben, so ist der Mann zur Herausgabe des eingebrachten Gutes so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe mit der Erhebung der Klage auf Aufhebung der Verwaltung und Nutzung rechtshängig geworden wäre.
§.1322. Hat der Mann ein zum eingebrachten Gute gehörendes Grundstück vermiethet oder verpachtet, so finden, wenn das Mieth- oder Pachtverhältnitz bei der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung noch besteht, die Vorschriften des §.965 entsprechende Anwendung.
§.1323. Der Mann ist auch nach der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung zur Fortführung der Verwaltung berechtigt, bis er von der die Beendigung bewirkenden Thatsache Kenntnitz erlangt hat oder diese Thatsache hätte kennen müssen. Ein Dritter kann sich auf diese Berechtigung nicht berufen, wenn er bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts die Beendigung der Verwaltung und Nutznießung gekannt hat oder hätte kennen müssen.
Endigt die Verwaltung und Nutznießung in Folge des Todes der Frau, so hat der Mann diejenigen zur Verwaltung gehörenden Geschäfte, mit deren Aufschube Gefahr verbunden sein würde, zu besorgen, bis die Erben anderweit Fürsorge treffen können.
§.1324. Wird die Entmündigung, Bevormundung oder Pflegschaft, wegen deren die Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung erfolgt ist, wiederaufgehoben oder wird der die Entmündigung aussprechende Beschluß mit Erfolg angefochten, so kann der Mann auf Wiederherstellung seiner Rechte klagen. Das Gleiche gilt, wenn der für todt erklärte Mann noch lebt. Im Falle der Wiederherstellung wird Vorbehaltsgut, was ohne die Aufhebung der Rechte des Mannes Vorbehaltsgut geblieben oder geworden sein würde.
Die Wiederherstellung der Rechte des Mannes tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein. Die Vorschrift des §.1321 findet entsprechende Anwendung.
5. Gütertrennung.
§.1325. Tritt nach §.1264 die Verwaltung und Nutznießung des Mannes nicht ein oder endigt sie auf Grund der §§.1317 bis 1319, so tritt Gütertrennung ein.
Für die Gütertrennung gelten die Vorschriften der §§.1326 bis 1330.
§.1326. Die Frau hat aus den Einkünften ihres Vermögens sowie aus dem Ertrag ihrer Arbeit oder eines von ihr selbständig betriebenen Erwerbsgeschäfts dem Manne einen angemessenen Beitrag zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes zu leisten. Für die Vergangenheit kann der Mann die Leistung nur insoweit verlangen, als die Frau ungeachtet seiner Aufforderung mit der Leistung im Rückstande geblieben ist. Der Anspruch des Mannes ist nicht übertragbar.
§.1327. Ist eine erhebliche Gefährdung des der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen von dem Manne zu gewährenden Unterhalts für die Zukunft zu besorgen, so kann die Frau den von ihr zu leistenden Beitrag zur eigenen Verwendung insoweit zurückbehalten, als zur Bestreitung des Unterhalts erforderlich ist.
Das Gleiche gilt, wenn der Mann entmündigt ist oder wenn er nach §.1772 einen Vormund, nach §.1787 zur Besorgung seiner gesammten Vermögensangelegenheiten einen Pfleger oder nach §.1788 einen Abwesenheitspfleger erhalten hat.
§.1328. Hat die Frau zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes aus ihrem Vermögen etwas verwendet oder dem Manne überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Absicht, Ersatz zu verlangen, gefehlt hat.
§.1329. Hat die Frau ihr Vermögen ganz oder theilweise der Verwaltung des Mannes überlassen, so kann, wenn sie nicht ein Anderes bestimmt hat, der Mann die während seiner Verwaltung bezogenen Einkünfte nach freiem Ermessen verwenden, soweit sie nicht zur Bestreitung der Kosten der ordnungsmäßigen Verwaltung und zur Erfüllung solcher Verpflichtungen der Frau erforderlich sind, die bei ordnungsmäßiger Verwaltung aus den Einkünften des Vermögens bestritten werden.
§.1330. Die Gütertrennung ist Dritten gegenüber nur nach Maßgabe des §.1334 wirksam. Das Gleiche gilt im Falle des §. 1324 von der Wiederherstellung der Verwaltung und Nutznießung, wenn die Aufhebung im Güterrechtsregister eingetragen war.
II. Vertragsmäßiges Güterrecht.
1. Allgemeine Vorschriften.
§.1331. Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag regeln, insbesondere auch nach der Eingehung der Ehe den Güterstand durch Vertrag aufheben oder ändern (Ehevertrag).
§.1332. Der Güterstand kann nicht durch Verweisung auf ein nicht mehr geltendes oder auf ein ausländisches Gesetz bestimmt werden.
Hat der Mann zur Zeit der Eingehung der Ehe oder, falls der Vertrag nach der Eingehung der Ehe geschlossen wird, zur Zeit des Vertragsabschlusses seinen Wohnsitz im Auslande, so ist die Verweisung auf ein an diesem Wohnsitze geltendes Güterrecht zulässig.
§.1333. Der Ehevertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form.
§.1334. Wird durch Ehevertrag die Verwaltung und Nutznießung des Mannes ausgeschlossen oder geändert, so können einem Dritten gegenüber aus der Ausschließung oder der Aenderung Einwendungen gegen ein zwischen dem Dritten und einem Ehegatten vorgenommenes Rechtsgeschäft oder gegen ein zwischen ihnen ergangenes rechtskräftiges Urtheil nur hergeleitet werden, wenn zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts oder zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit die Ausschließung oder die Aenderung im Güterrechtsregister eingetragen oder dem Dritten bekannt war.
Das Gleiche gilt, wenn eine im Güterrechtsregister eingetragene Regelung des güterrechtlichen Verhältnisses durch Ehevertrag aufgehoben oder geändert wird.
§.1335. Wird durch Ehevertrag die Verwaltung und Nutznießung des Mannes ausgeschlossen oder die allgemeine Gütergemeinschaft, die Errungenschaftsgemeinschaft oder die Fahrnitzgemeinschaft aufgelöst, so tritt Gütertrennung ein, sofern sich nicht aus dem Vertrag ein Anderes ergiebt.
2. Allgemeine Gütergemeinschaft.
§.1336. Ein Ehevertrag, durch welchen die allgemeine Gütergemeinschaft vereinbart wird, kann nicht durch den gesetzlichen Vertreter eines Minderjährigen, sondern nur von dem Minderjährigen unter Zustimmung seines Vertreters geschlossen werden. Das Gleiche gilt für einen Volljährigen, der in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist.
Steht die gesetzliche Vertretung einem Vormunde zu, so ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich.
§.1337. Das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau werden durch die allgemeine Gütergemeinschaft gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesamtgut). Zu dem Gesammtgute gehört auch das Vermögen, welches der Mann oder die Frau während der Gütergemeinschaft erwirbt.
Die einzelnen Vermögensgegenstände werden gemeinschaftlich, ohne daß es einer Uebertragung bedarf. Dies gilt auch von solchen Gegenständen, zu deren Uebertragung die Eintragung in das Grundbuch erforderlich ist; jeder Ehegatte kann die Berichtigung des Grundbuchs verlangen.
§.1338. Ein Ehegatte kann nicht über seinen Antheil an dem Gesammtgut und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen verfügen; er ist nicht berechtigt, Theilung zu verlangen.
Gegen eine zu dem Gesammtgute gehörende Forderung kann der Schuldner nur eine solche Forderung aufrechnen, deren Berichtigung aus dem Gesammtgute verlangt werden kann.
§.1339. Von dem Gesammtgut ausgeschlossen sind die zu dem Vermögen des Mannes oder der Frau gehörenden Gegenstände, welche nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können. Auf solche Gegenstände finden die bei der Errungenschaftsgemeinschaft für das eingebrachte Gut geltenden Vorschriften, mit Ausnahme des §.1419, entsprechende Anwendung.
§.1340. Von dem Gesammtgut ausgeschlossen ist das Vorbehaltsgut.
Vorbehaltsgut ist, was durch Ehevertrag für Vorbehaltsgut eines der Ehegatten erklärt ist oder was von einem der Ehegatten nach Maßgabe der §§.1268, 1269 erworben wird.
§.1341. Auf das Vorbehaltsgut der Frau finden die bei der Gütertrennung für das Vermögen der Frau geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung; die Frau hat jedoch dem Manne zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes einen Beitrag nur insoweit zu leisten, als die in das Gesammtgut fallenden Einkünfte zur Bestreitung des Aufwandes nicht ausreichen.
§.1342. Das Gesammtgut unterliegt der Verwaltung des Mannes. Der Mann ist insbesondere zum Besitze der zu dem Gesammtgute gehörenden Sachen berechtigt und befugt, über das Gesammtgut zu verfügen sowie Rechtsstreitigkeiten, die sich auf das Gesammtgut beziehen, im eigenen Namen zu führen.
Die Frau wird durch die Verwaltungshandlungen des Mannes weder Dritten noch dem Manne gegenüber persönlich verpflichtet.
§.1343. Der Mann bedarf der Einwilligung der Frau zur Verfügung über das Gesammtgut als Ganzes, zur Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung sowie zu einer Verfügung über Gesammtgut, durch die eine ohne Zustimmung der Frau eingegangene Verpflichtung dieser Art erfüllt werden soll.
§.1344. Der Mann bedarf der Einwilligung der Frau zur Verfügung über ein zu dem Gesammtgute gehörendes Grundstück sowie zur Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung.
§.1345. Der Mann bedarf der Einwilligung der Frau zu einer Schenkung aus dem Gesammtgute, zu einem Schenkungsversprechen sowie zu einer Verfügung über Gesammtgut, durch die ein ohne Zustimmung der Frau ertheiltes Schenkungsversprechen erfüllt werden soll.
Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
§.1346. Ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesammtguts ein Rechtsgeschäft der in den §§.1343, 1344 bezeichneten Art erforderlich, so kann die Zustimmung der Frau, wenn sie von ihr ohne ausreichenden Grund verweigert wird, auf Antrag des Mannes durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden.
Das Gleiche gilt, wenn die Frau durch Krankheit oder durch Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist.
§.1347. Hat der Mann ohne Einwilligung der Frau ein Rechtsgeschäft der in den §§.1343 bis 1345 bezeichneten Art vorgenommen, so finden die für eine Verfügung der Frau über eingebrachtes Gut geltenden Vorschriften der §§.1295 bis 1297 entsprechende Anwendung. Die Verweigerung der Genehmigung durch die Frau ist jedoch dem anderen Theile gegenüber nur wirksam, wenn sie ihm durch den Mann mitgetheilt wird; einer solchen Mittheilung steht es gleich, wenn dem anderen Theile nicht binnen zwei Wochen, nachdem er den Mann zur Beschaffung der Genehmigung aufgefordert hat, die Genehmigung erklärt oder eine sie ersetzende Entscheidung des Vormundschaftsgerichts von dem Manne mitgetheilt worden ist.
§.1348. Der Mann ist der Frau für die Verwaltung des Gesammtguts nicht verantwortlich. Er hat jedoch für eine Verminderung des Gesammtguts, die er in der Absicht, die Frau zu benachtheiligen, oder durch ein ohne die erforderliche Zustimmung der Frau vorgenommenes Rechtsgeschäft herbeigeführt hat, zu dem Gesammtgut Ersatz zu leisten.
§.1349. Hat der Mann ohne die erforderliche Zustimmung der Frau über ein zu dem Gesammtgute gehörendes Recht verfügt, so kann die Frau das Recht ohne Mitwirkung des Mannes gegen Dritte gerichtlich geltend machen.
§.1350. Zur Annahme oder Ausschlagung einer der Frau angefallenen Erbschaft oder eines ihr angefallenen Vermächtnisses ist nur die Frau berechtigt; die Einwilligung des Mannes ist nicht erforderlich. Das Gleiche gilt von dem Verzicht auf den Pflichttheil sowie von der Ablehnung eines der Frau gemachten Vertragsantrags oder einer ihr gemachten Schenkung.
§.1351. Wird von der Frau ein Erwerbsgeschäft selbständig betrieben, so finden die Vorschriften des §.1304 entsprechende Anwendung.
§.1352. Zur Fortsetzung eines bei dem Eintritte der Gütergemeinschaft anhängigen Rechtsstreits bedarf die Frau nicht der Einwilligung des Mannes.
§.1353. Ist der Mann durch Krankheit oder durch Abwesenheit verhindert, ein auf das Gesammtgut sich beziehendes Rechtsgeschäft vorzunehmen oder einen auf das Gesammtgut sich beziehenden Rechtsstreit zu führen, so kann die Frau im eigenen Namen oder im Namen des Mannes das Rechtsgeschäft vornehmen oder den Rechtsstreit führen, wenn mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist.
§.1354. Ist zur ordnungsmäßigen Besorgung der persönlichen Angelegenheiten der Frau ein Rechtsgeschäft erforderlich, welches die Frau mit Wirkung für das Gesammtgut nicht ohne Zustimmung des Mannes vorzunehmen berechtigt ist, so kann die Zustimmung auf Antrag der Frau durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn sie von dem Manne ohne ausreichenden Grund verweigert wird.
§.1355. Steht der Mann unter Vormundschaft, so hat ihn der Vormund in den Rechten und Pflichten zu vertreten, welche sich aus der Verwaltung des Gesammtguts für ihn ergeben. Dies gilt auch dann, wenn die Frau Vormund ist.
§.1356. Die Gläubiger des Mannes können in allen Fällen, die Gläubiger der Frau, soweit sich nicht aus den §§.1357 bis 1359 ein Anderes ergiebt, Befriedigung aus dem Gesammtgute verlangen (Gesammtgutsverbindlichkeiten).
Für Verbindlichkeiten der Frau, die Gesammtgutsverbindlichkeiten sind, haftet der Mann auch persönlich. Die Haftung erlischt mit der Auflösung der Gütergemeinschaft, wenn die Verbindlichkeiten im Verhältnisse der Ehegatten zu einander nicht dem Gesammtgute zur Last fallen.
§.1357. Das Gesammtgut haftet für Verbindlichkeiten der Frau, die nach dem Eintritte der Gütergemeinschaft aus Rechtsgeschäften oder gerichtlichen Entscheidungen entstanden sind, nur, wenn die Vornahme des Rechtsgeschäfts oder die Führung des Rechtsstreits mit Zustimmung des Mannes erfolgt oder ohne seine Zustimmung ihm gegenüber wirksam ist oder soweit das Gesammtgut bereichert ist.
Für die Kosten eines Rechtsstreits der Frau haftet das Gesammtgut auch dann, wenn das Urtheil dem Manne gegenüber unwirksam ist.
§.1358. Das Gesammtgut haftet nicht für Verbindlichkeiten der Frau, die in Folge des Erwerbes einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses entstanden sind, wenn die Frau die Erbschaft oder das Vermächtnitz nach dem Eintritte der Gütergemeinschaft als Vorbehaltsgut erworben hat.
§.1359. Das Gesammtgut haftet nicht für Verbindlichkeiten der Frau, die nach dem Eintritte der Gütergemeinschaft in Folge eines zu dem Vorbehaltsgute gehörenden Rechtes oder des Besitzes einer dazu gehörenden Sache entstanden sind, es sei denn, daß das Recht oder die Sache zu einem Erwerbsgeschäfte gehört, das von der Frau mit Einwilligung des Mannes selbständig betrieben wird.
§.1360. Der eheliche Aufwand fällt dem Gesammtgute zur Last.
§.1361. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen folgende Gesammtgutsverbindlichkeiten dem Ehegatten zur Last, in dessen Person sie entstanden sind:
1. die Verbindlichkeiten aus einer von ihm nach dem Eintritte der Gütergemeinschaft begangenen unerlaubten Handlung oder aus einem wegen einer solchen Handlung gegen ihn gerichteten Strafverfahren;
2. die Verbindlichkeiten aus einem auf sein Vorbehaltsgut sich beziehenden Rechtsverhältnis, auch wenn sie vor dem Eintritte der Gütergemeinschaft oder vor der Zeit entstanden sind, zu welcher das Gut Vorbehaltsgut geworden ist;
3. die Verbindlichkeiten aus einer gerichtlichen Entscheidung über eine der unter Nr. 1, 2 bezeichneten Verbindlichkeiten, einschließlich der Verbindlichkeit zur Tragung der Kosten.
§.1362. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fällt die Verbindlichkeit der Frau zur Tragung der Kosten eines Rechtsstreits zwischen ihr und dem Manne der Frau zur Last.
Das Gleiche gilt von der Verbindlichkeit der Frau zur Tragung der Kosten eines Rechtsstreits zwischen ihr und einem Dritten, es sei denn, daß das Urtheil dem Manne gegenüber wirksam ist. Betrifft jedoch der Rechtsstreit eine persönliche Angelegenheit der Frau oder eine nicht unter die Vorschriften des §.1361 Nr. 1, 2 fallende Gesammtgutsverbindlichkeit der Frau, so findet diese Vorschrift keine Anwendung, wenn die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten war.
§.1363. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fällt eine Ausstattung, die der Mann einem nicht gemeinschaftlichen Kinde aus dem Gesammtgute versprochen oder gewährt hat, dem Vater oder der Mutter des Kindes zur Last, der Mutter jedoch nur insoweit, als sie zugestimmt hat oder die Ausstattung nicht das dem Gesammtgut entsprechende Maß übersteigt.
Hat der Mann einem gemeinschaftlichen Kinde eine Ausstattung aus dem Gesammtgute versprochen oder gewährt, so fällt die Ausstattung dem Manne insoweit zur Last, als sie das dem Gesammtgute entsprechende Maß übersteigt.
§.1364. Verwendet der Mann Gesammtgut in sein Vorbehaltsgut, so hat er den Werth des Verwendeten zu dem Gesammtgute zu ersetzen.
Verwendet der Mann Vorbehaltsgut in das Gesammtgut, so kann er Ersatz aus dem Gesammtgute verlangen.
§.1365. Was ein Ehegatte zu dem Gesammtgut oder was die Frau zu dem Vorbehaltsgute des Mannes schuldet, ist erst nach der Auflösung der Gütergemeinschaft zu leisten; soweit jedoch zur Berichtigung einer Schuld der Frau deren Vorbehaltsgut ausreicht, hat sie die Schuld schon vorher zu berichtigen.
Was der Mann aus dem Gesammtgute zu fordern hat, kann er gleichfalls erst nach der Auflösung der Gütergemeinschaft fordern.
§.1366. Die Frau kann auf Auflösung der Gütergemeinschaft klagen:
1. wenn der Mann ein Rechtsgeschäft der in den §§. 1343 bis 1345 bezeichneten Art ohne Zustimmung der Frau vorgenommen hat und eine erhebliche Gefährdung der Frau zu besorgen ist;
2. wenn der Mann das Gesammtgut in der Absicht, die Frau zu benachtheiligen, vermindert hat;
3. wenn der Mann seine Verpflichtung, der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen den Unterhalt zu gewähren, verletzt hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist;
4. wenn der Mann wegen Verschwendung entmündigt ist oder wenn er das Gesammtgut durch Verschwendung erheblich gefährdet;
5. wenn das Gesammtgut in Folge von Verbindlichkeiten, die in der Person des Mannes entstanden sind, in solchem Maße überschuldet ist, daß ein späterer Erwerb der Frau erheblich gefährdet wird.
§.1367. Der Mann kann auf Auflösung der Gütergemeinschaft klagen, wenn das Gesammtgut in Folge von Verbindlichekeiten der Frau, die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander nicht dem Gesammtgute zur Last fallen, in solchem Maße überschuldet ist, daß ein späterer Erwerb des Mannes erheblich gefährdet wird.
§.1368. Die Auflösung der Gütergemeinschaft tritt in den Fällen der §§.1366, 1367 mit der Rechtskraft des Urtheils ein. Für die Zukunft gilt Gütertrennung.
Dritten gegenüber ist die Auflösung der Gütergemeinschaft nur nach Maßgabe des §.1334 wirksam.
§.1369. Nach der Beendigung der Gütergemeinschaft findet in Ansehung des Gesammtguts die Auseinandersetzung statt. Die Auseinandersetzung erfolgt in Ermangelung einer anderen Vereinbarung nach den §§.1373 bis 1379.
§.1370. Bis zur Auseinandersetzung kann keiner der Ehegatten über seinen Antheil an dem Gesammtgut und an den dazu gehörenden einzelnen Gegenständen verfügen oder Theilung einzelner Gegenstände verlangen.
Gegen eine zu dem Gesammtgute gehörende Forderung kann der Schuldner nur eine solche Forderung aufrechnen, deren Berichtigung aus dem Gesammtgute verlangt werden kann.
§.1371. Die Verwaltung des Gesammtguts steht bis zur Auseinandersetzung beiden Ehegatten gemeinschaftlich zu. Jeder Ehegatte ist dem anderen verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind; die zur Erhaltung nothwendigen Maßregeln kann jeder Ehegatte ohne Mitwirkung des anderen treffen.
§.1372. Was vor der Auseinandersetzung auf Grund eines zu dem Gesammtgute gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Gesammtgute gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf das Gesammtgut bezieht, wird Gesammtgut.
§.1373. Aus dem Gesammtgute sind zunächst die Gesammtgutsverbindlichkeiten zu berichtigen. Fällt eine Gesammtgutsverbindlichkeit im Verhältnisse der Ehegatten zu einander einem der Ehegatten allein zur Last, so kann dieser die Berichtigung aus dem Gesammtgute nicht verlangen.
Zur Berichtigung der Gesammtgutsverbindlichkeiten ist das Gesammtgut, soweit erforderlich, in Geld umzusetzen.
§.1374. Der nach der Berichtigung der Gesammtgutsverbindlichkeiten verbleibende Ueberschutz gebührt den Ehegatten zu gleichen Theilen.
Was einer der Ehegatten zu dem Gesammtgute zu ersetzen verpflichtet ist, muß er sich auf seinen Theil anrechnen lassen. Soweit die Ersatzleistung nicht durch Anrechnung erfolgt, bleibt er dem anderen Ehegatten verpflichtet.
§.1375. Die Theilung des Ueberschusses erfolgt nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.
Jeder Ehegatte kann gegen Ersatz des Werthes die ausschließlich zu seinem persönlichen Gebrauche bestimmten Sachen, insbesondere Kleider und Schmucksachen, sowie diejenigen Gegenstände übernehmen, welche er in die Gütergemeinschaft eingebracht oder während derselben durch Erbfolge, durch Vermächtnitz oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erworben hat.
§.1376. Sind die Ehegatten geschieden und ist nur einer von ihnen für schuldig erklärt, so kann der andere verlangen, daß ihm als Voraus der Betrag zugetheilt wird, um welchen der Werth des von ihm in die Gütergemeinschaft Eingebrachten den Werth des von dem schuldigen Ehegatten Eingebrachten übersteigt. Dies gilt jedoch nur, wenn der Werth des Gesammtguts den Werth des von den beiden Ehegatten Eingebrachten erreicht. Ist der Werth des Gesammtguts geringer, so kann der nicht für schuldig erklärte Ehegatte Theilung in der Art verlangen, daß jedem Ehegatten der Werth des von ihm Eingebrachten nach Abzug der Hälfte des Fehlbetrags zurückerstattet wird.
Als eingebracht ist anzusehen, was eingebrachtes Gut gewesen sein würde, wenn Errungenschaftsgemeinschaft bestanden hätte. Der Werth des Eingebrachten bestimmt sich nach der Zeit der Einbringung.
Die Rechte eines nicht für schuldig erklärten Ehegatten hat auch der Ehegatte, dessen Ehe wegen seiner Geisteskrankheit geschieden worden ist.
§.1377. Wird die Gütergemeinschaft auf Grund des §.1366 oder des §.1367 durch Urtheil aufgelöst, so kann der Ehegatte, welcher das Urtheil erwirkt hat, verlangen, daß die Auseinandersetzung so erfolgt, wie wenn der Anspruch auf Auseinandersetzung mit der Erhebung der Klage auf Auflösung der Gütergemeinschaft rechtshängig geworden wäre.
§.1378. Für eine Gesammtgutsverbindlichkeit, die nicht vor der Theilung des Gesammtguts berichtigt wird, haftet dem Gläubiger auch der Ehegatte persönlich, für welchen zur Zeit der Theilung eine solche Haftung nicht bestanden hat. Seine Haftung beschränkt sich jedoch auf die ihm zugetheilten Gegenstände.
§.1379. Ist die Berichtigung einer Gesammtgutsverbindlichkeit unterblieben, die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem Gesammtgut oder dem Manne zur Last fällt, so hat der Mann dafür einzustehen, daß die Frau von dem Gläubiger nicht in Anspruch genommen wird. Die gleiche Verpflichtung hat die Frau dem Manne gegenüber, wenn die Berichtigung einer Gesammtgutsverbindlichkeit unterblieben ist, die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander der Frau zur Last fällt.
§.1380. Wird die Ehe durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst und ist ein gemeinschaftlicher Abkömmling nicht vorhanden, so gehört der Antheil des verstorbenen Ehegatten am Gesammtgute zum Nachlasse. Die Beerbung des Ehegatten erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften.
§.1381. Sind bei dem Tode eines Ehegatten gemeinschaftliche Abkömmlinge vorhanden, die zur gesetzlichen Erbfolge berufen sind, so wird zwischen ihnen und dem überlebenden Ehegatten die Gütergemeinschaft fortgesetzt. Der Antheil des verstorbenen Ehegatten am Gesammtgute gehört in diesem Falle nicht zum Nachlasse; im Uebrigen erfolgt die Beerbung des Ehegatten nach den allgemeinen Vorschriften.
Sind neben den gemeinschaftlichen Abkömmlingen sonstige Abkömmlinge vorhanden, so bestimmen sich ihr Erbrecht und ihr Erbtheil, auch im Verhältnisse zu den gemeinschaftlichen Abkömmlingen, in gleicher Weise, wie wenn fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht eingetreten wäre.
§.1382. Der überlebende Ehegatte kann die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ablehnen. Auf die Ablehnung finden die für die Ausschlagung einer Erbschaft geltenden Vorschriften des §.2028 Abs. 2, 3 und der §§.2029 bis 2033, 2035, 2036, 2039, 2041, 2043 (Entw. I) entsprechende Anwendung.
Lehnt der Ehegatte die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ab, so gilt das Gleiche wie im Falle des §.1380.
§.1383. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß die Ehe durch seinen Tod aufgelöst wird, die Fortsetzung der Gütergemeinschaft durch Verfügung von Todeswegen ausschließen, wenn er berechtigt sein würde, dem anderen Ehegatten den Pflichttheil zu entziehen oder auf Auflösung der Gütergemeinschaft zu klagen. Auf die Ausschließung finden die Vorschriften über die Entziehung des Pflichtheils entsprechende Anwendung.
Schließt ein Ehegatte die Fortsetzung der Gütergemeinschaft aus, so gilt das Gleiche wie im Falle des §.1380.
§.1384. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß die Ehe durch seinen Tod aufgelöst wird, einen gemeinschaftlichen Abkömmling von der fortgesetzten Gütergemeinschaft durch Verfügung von Todeswegen ausschließen.
Der ausgeschlossene Abkömmling kann, unbeschadet seines Erbrechts, aus dem Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft die Zahlung des Betrags verlangen, welcher ihm von dem Gesammtgute der ehelichen Gütergemeinschaft als Pflichttheil gebühren würde, wenn die fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht eingetreten wäre. Die für den Pflichttheilsansprüche geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung.
§.1385. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß mit seinem Tode die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt, den einem antheilsberechtigten Abkömmlinge nach der Auflösung der fortgesetzten Gütergemeinschaft gebührenden Antheil am Gesammtgute durch Verfügung von Todeswegen bis auf die Hälfte herabsetzen. Er kann einem antheilsberechtigten Abkömmlinge durch Verfügung von Todeswegen auch das Recht einräumen, bei der Auseinandersetzung das Gesammtgut oder einzelne dazu gehörende Gegenstände gegen Ersatz des Werthes zu übernehmen.
§.1386. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß mit seinem Tode die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt, einem antheilsberechtigten Abkömmlinge den diesem nach der Auflösung der fortgesetzten Gütergemeinschaft gebührenden Antheil am Gesammtgute durch Verfügung von Todeswegen entziehen, wenn er berechtigt sein würde, dem Abkömmlinge den Pflichttheil zu entziehen.
Der Ehegatte kann auch, wenn er nach §.2002 (Entw. I) berechtigt sein würde, den Abkömmling in Ansehung des Erbtheils zu beschränken, eine entsprechende Beschränkung des Abkömmlings in Ansehung des Antheils am Gesammtgut anordnen.
Die Vorschriften der §§.2006 bis 2008 (Entw. I) finden auf die Entziehung und Beschränkung entsprechende Anwendung.
§.1387. Ein Ehegatte kann den Betrag, welchen er nach §.1385 Satz 1 oder nach §.1386 Abs. 1 einem Abkömmling entzogen hat, auch einem Dritten durch Verfügung von Todeswegen zuwenden.
§.1388. Zur Wirksamkeit der in den §. 1384 bis 1387 bezeichneten Verfügungen eines Ehegatten ist die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich. Die Zustimmung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form; sie ist unwiderruflich.
§.1389. Die Vorschriften über den außerordentlichen Pflichttheil finden zu Gunsten eines antheilsberechtigten Abkömmlings entsprechende Anwendung; die Auflösung der fortgesetzten Gütergemeinschaft gilt als Erbfall, der dem Abkömmlinge zur Zeit der Auflösung gebührende Antheil am Gesammtgut als der gesetzliche Erbtheil und die Hälfte des Werthes dieses Antheils als Pflichttheil.
§.1390. Liegen die Voraussetzungen vor, unter welchen ein gemeinschaftlicher Abkömmling erbunwürdig ist, so ist er auch der ihm am Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft zustehenden Rechte unwürdig. Die Vorschriften über die Erbunwürdigkeit finden entsprechende Anwendung.
§.1391. Zur Wirksamkeit eines Vertrags, durch den ein gemeinschaftlicher Abkömmling einem der Ehegatten gegenüber für den Fall, daß die Ehe durch dessen Tod aufgelöst wird, auf seine Rechte am Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft verzichtet, ist die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich. Die Zustimmung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form; sie ist unwiderruflich. Die für den Erbverzicht geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung.
§.1392. Ist ein gemeinschaftlicher Abkömmling von der fortgesetzten Gütergemeinschaft ausgeschlossen oder ist er der ihm am Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft zustehenden Rechte für unwürdig erklärt oder hat er nach §.1391 auf seine Rechte verzichtet, so gilt er in Ansehung der fortgesetzten Gütergemeinschaft als vor dem Erbfalle gestorben.
§.1393. Das Gesammtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft besteht aus dem ehelichen Gesammtgute, soweit dieses nicht nach §.1381 Abs. 2 oder nach §.1384 an einen nicht antheilsberechtigten Abkömmling fällt, und aus dem Vermögen, welches der überlebende Ehegatte aus dem Nachlasse des verstorbenen Ehegatten oder nach dem Eintritte der fortgesetzten Gütergemeinschaft erwirbt.
Das Vermögen, welches ein gemeinschaftlicher Abkömmling zur Zeit des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft hat oder später erwirbt, gehört nicht zu dem Gesammtgute.
Auf das Gesammtgut finden die für die eheliche Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften des §.1337 Abs. 2 und des §.1338 entsprechende Anwendung.
§.1394. Vorbehaltsgut des überlebenden Ehegatten ist, was er bisher als Vorbehaltsgut gehabt hat oder was er nach Maßgabe der §§.1268, 1269 erwirbt.
Gehören zu dem Vermögen des überlebenden Ehegatten Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können, so finden auf sie die bei der Errungenschaftsgemeinschaft für das eingebrachte Gut des Mannes geltenden Vorschriften, mit Ausnahme des §.1419, entsprechende Anwendung.
§.1395. Stirbt ein antheilsberechtigter Abkömmling, so gehört sein Antheil am Gesammtgute nicht zu seinem Nachlasse. Hinterläßt er Abkömmlinge, die antheilsberechtigt sein würden, wenn der verstorbene Ehegatte gleichzeitig mit ihm gestorben wäre, so treten sie an feine Stelle. Hinterläßt er solche Abkömmlinge nicht, so wächst sein Antheil den übrigen antheilsberechtigten Abkömmlingen des verstorbenen Ehegatten und, wenn solche nicht vorhanden sind, dem überlebenden Ehegatten an.
§.1396. Ein antheilsberechtigter Abkömmling kann auf seinen Antheil am Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft verzichten. Der Verzicht ist dem für den Nachlaß des verstorbenen Ehegatten zuständigen Gerichte gegenüber in öffentlich beglaubigter Form zu erklären. Das Nachlaßgericht soll die Erklärung dem überlebenden Ehegatten und den übrigen antheilsberechtigten Abkömmlingen mittheilen.
Der Verzicht kann auch durch Vertrag mit dem überlebenden Ehegatten und den übrigen antheilsberechtigten Abkömmlingen erfolgen. Der Vertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form.
Der Verzicht hat die gleichen Wirkungen, wie wenn der Verzichtende zur Zeit des Verzichts ohne Hinterlassung von Abkömmlingen gestorben wäre.
§.1397. Ist dem antheilsberechtigten Abkömmlinge für den Verzicht eine Abfindung gewährt worden, so können der überlebende Ehegatte und die übrigen antheilsberechtigten Abkömmlinge vereinbaren, in welcher Weise die Abfindung bei der Auseinandersetzung berücksichtigt werden soll. Die Vereinbarung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form; sie ist auch denjenigen Abkömmlingen gegenüber wirksam, welche erst später in die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintreten.
Ist eine Vereinbarung nicht getroffen worden, so wird die Abfindung bei der Auseinandersetzung in das Gesammtgut eingerechnet und auf die den Abkömmlingen gebührende Hälfte angerechnet.
§.1398. Die Rechte und Verbindlichkeiten des überlebenden Ehegatten sowie der antheilsberechtigten Abkömmlinge in Ansehung des Gesammtguts der fortgesetzten Gütergemeinschaft bestimmen sich nach den für die eheliche Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften der §§.1342 bis 1349, 1355, 1364; der überlebende Ehegatte hat die rechtliche Stellung des Mannes, die antheilsberechtigten Abkömmlinge haben die rechtliche Stellung der Frau.
Was der überlebende Ehegatte zu dem Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft schuldet oder aus dem Gesammtgute zu fordern hat, ist erst nach der Auflösung der fortgesetzten Gütergemeinschaft zu leisten.
§.1399. Gesammtgutsverbindlichkeiten der fortgesetzten Gütergemeinschaft sind alle Verbindlichkeiten des überlebenden Ehegatten sowie solche Verbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten, die Gesammtgutsverbindlichkeiten der ehelichen Gütergemeinschaft waren.
§.1400. Für die Gesammtgutsverbindlichkeiten der fortgesetzten Gütergemeinschaft haftet der überlebende Ehegatte persönlich. Er kann jedoch diese Haftung, soweit sie ihn nur in Folge des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft trifft, nach den für das Inventarrecht des Erben geltenden Vorschriften auf den Bestand des Gesammtguts zur Zeit des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft beschränken.
Eine persönliche Haftung der antheilsberechtigten Abkömmlinge für die Verbindlichkeiten des verstorbenen oder des überlebenden Ehegatten wird durch die fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht begründet.
§.1401. Im Verhältnisse des überlebenden Ehegatten zu den antheilsberechtigten Abkömmlingen fallen dem überlebenden Ehegatten zur Last:
1. die ihm bei dem Eintritte der fortgesetzten Gütergemeinschaft obliegenden Gesammtgutsverbindlichkeiten, für welche das eheliche Gesammtgut nicht haftete oder welche im Verhältnisse der Ehegatten zu einander ihm zur Last fielen;
2. die nach dem Eintritte der fortgesetzten Gütergemeinschaft entstandenen Gesammtgutsverbindlichkeiten, welche, wenn sie während der ehelichen Gütergemeinschaft in seiner Person entstanden wären, im Verhältnisse der Ehegatten zu einander ihm zur Last gefallen sein würden;
3. eine Ausstattung, die er einem antheilsberechtigten Abkömmling über das dem Gesammtgut entsprechende Maß hinaus oder die er einem nicht antheilsberechtigten Abkömmlinge versprochen oder gewährt hat.
§.1402. Die antheilsberechtigten Abkömmlinge müssen sich Verbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten, die diesem im Verhältnisse der Ehegatten zu einander zur Last fielen, bei der Auseinandersetzung auf ihren Antheil insoweit anrechnen lassen, als nicht der überlebende Ehegatte von den Erben des verstorbenen Ehegatten Deckung hat erlangen können.
In gleicher Weise haben sich die antheilsberechtigten Abkömmlinge anrechnen zu lassen, was der verstorbene Ehegatte zu dem Gesammtgute zu ersetzen hatte.
§.1403. Der überlebende Ehegatte kann die fortgesetzte Gütergemeinschaft jederzeit durch seine einseitige Erklärung auflösen. Die Erklärung ist dem für den Nachlaß des verstorbenen Ehegatten zuständigen Gerichte gegenüber in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Das Nachlaßgericht soll die Erklärung den antheilsberechtigten Abkömmlingen und, wenn der überlebende Ehegatte gesetzlicher Vertreter eines Abkömmlings ist, dem Vormundschaftsgerichte mittheilen.
Die Auflösung kann auch durch Vertrag zwischen dem überlebenden Ehegatten und den antheilsberechtigten Abkömmlingen erfolgen.
§.1404. Die fortgesetzte Gütergemeinschaft wird durch den Tod sowie durch die Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten aufgelöst.
Will der überlebende Ehegatte zu einer neuen Ehe schreiten, so hat er, wenn ein antheilsberechtigter Abkömmling minderjährig ist oder bevormundet wird, seine Absicht dem Vormundschaftsgericht anzuzeigen, ein Verzeichnis des Gesammtguts einzureichen und unter Auflösung der Gütergemeinschaft die Auseinandersetzung herbeizuführen. Das Vormundschaftsgericht kann gestatten, daß die Auflösung der Gütergemeinschaft bis zur Eheschließung unterbleibt und daß die Auseinandersetzung erst später erfolgt.
§.1405. Die Auflösung der fortgesetzten Gütergemeinschaft tritt, wenn der überlebende Ehegatte für todt erklärt wird, mit dem Zeitpunkt ein, welcher als Zeitpunkt des Todes gilt.
§.1406. Ein antheilsberechtigter Abkömmling kann gegen den überlebenden Ehegatten auf Auflösung der fortgesetzten Gütergemeinschaft klagen:
1. wenn der überlebende Ehegatte ein Rechtsgeschäft der in den §§.1343 bis 1345 bezeichneten Art ohne Zustimmung des Abkömmlings vorgenommen hat und eine erhebliche Gefährdung desselben zu besorgen ist;
2. wenn der überlebende Ehegatte das Gesammtgut in der Absicht, den Abkömmling zu benachtheiligen, vermindert hat;
3. wenn der überlebende Ehegatte seine Verpflichtung, dem Abkömmlinge den Unterhalt zu gewähren, verlegt hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist;
4. wenn der überlebende Ehegatte wegen Verschwendung entmündigt ist oder wenn er das Gesammtgut durch Verschwendung erheblich gefährdet;
5. wenn der überlebende Ehegatte die elterliche Gewalt über den Abkömmling verwirkt hat oder, sofern sie ihm zugestanden hätte, verwirkt haben würde.
§.1407. Die Auflösung der fortgesetzten Gütergemeinschaft tritt in den Fällen des §.1406 mit der Rechtskraft des Urtheils ein. Sie tritt für alle Abkömmlinge ein, auch wenn das Urtheil nur auf die Klage eines Abkömmlings ergangen ist.
§.1408. Nach der Auflösung der fortgesetzten Gütergemeinschaft findet in Ansehung des Gesammtguts die Auseinandersetzung statt. Die Auseinandersetzung erfolgt in Ermangelung einer anderen Vereinbarung nach den §§.1409, 1410.
Bis zur Auseinandersetzung bestimmt sich das Rechtsverhältnis der Theilhaber am Gesammtgute nach den §§.1370 bis 1372.
§.1409. Auf die Auseinandersetzung finden die Vorschriften der §§.1373, 1374, des §.1375 Satz 1 und der §§.1377 bis 1379 mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle des Mannes der überlebende Ehegatte, an die Stelle der Frau die antheilsberechtigten Abkömmlinge treten. Die im §.1374 Abs. 2 Sat 2 bezeichnete Verpflichtung besteht nur für den überlebenden Ehegatten, nicht für die Abkömmlinge.
§.1410. Der überlebende Ehegatte ist berechtigt, das Gesammtgut oder einzelne dazu gehörende Gegenstände gegen Ersatz des Werthes zu übernehmen. Das Recht geht nicht auf die Erben über.
Wird die fortgesetzte Gütergemeinschaft auf Grund des §.1406 durch Urtheil aufgelöst, so steht dem überlebenden Ehegatten das im Abs. 1 bestimmte Recht nicht zu. Die antheilsberechtigten Abkömmlinge können in diesem Falle diejenigen Gegenstände gegen Ersatz des Werthes übernehmen, welche der verstorbene Ehegatte nach §.1375 zu übernehmen berechtigt gewesen wäre. Das Recht kann von ihnen nur gemeinschaftlich ausgeübt werden.
§.1411. Mehrere antheilsberechtigte Abkömmlinge theilen die ihnen zufallende Hälfte des Gesammtguts nach dem Verhältnisse der Antheile, zu welchen sie als gesetzliche Erben des verstorbenen Ehegatten berufen sein würden, wenn dieser erst zur Zeit der Auflösung der fortgesetzten Gütergemeinschaft gestorben wäre.
Das Vorempsangene kommt nach den für die Ausgleichung unter Abkömmlingen geltenden Vorschriften insoweit zur Ausgleichung, als eine solche nicht bereits bei der Theilung des Nachlasses des verstorbenen Ehegatten erfolgt ist.
§.1412. Soweit die antheilsberechtigten antheilsberechtigten Abkömmlinge nach §.1378 den Gesamtgutsgläubigern haften, sind sie im Verhältnisse zu einander nach der Größe ihres Antheils am Gesammtgute verpflichtet. Die Verpflichtung beschränkt sich auf die ihnen zugetheilten Gegenstände.
§.1413. Die Ehegatten können die fortgesetzte Gütergemeinschaft durch Ehevertrag ausschließen; sie sind jedoch nicht berechtigt, durch Ehevertrag oder durch Verfügung von Todeswegen sonstige Anordnungen zu treffen, die mit den Vorschriften der §§.1381 bis 1412 im Widerspruche stehen.
3. Errungenschaftsgemeinschaft.
§.1414. Was der Mann oder die Frau während der Errungenschaftsgemeinschaft erwirbt, wird gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesammtgut).
Auf das Gesammtgut finden die für die allgemeine Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften des §.1337 Abs. 2 und der §§.1338, 1342 bis 1351, 1353, 1355 Anwendung.
§.1415. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten, ist, was ihm bei dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft gehört.
§.1416. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten sind solche Gegenstände, welche nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können, sowie solche Rechte, welche mit seinem Tode erlöschen oder deren Erwerb durch den Tod eines der Ehegatten bedingt ist.
§.1417. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist, was durch Ehevertrag für eingebrachtes Gut erklärt ist.
§.1418. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist, was er von Todeswegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt. Ausgenommen ist ein Erwerb, der den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist.
§.1419. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist, was er auf Grund eines zu seinem eingebrachten Gute gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zum eingebrachten Gute gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das eingebrachte Gut bezieht. Ausgenommen ist der Erwerb aus dem Betrieb eines Erwerbsgeschäfts.
§.1420. Das eingebrachte Gut wird für Rechnung des Gesammtguts in der Weise verwaltet, daß die Nutzungen, welche nach den für den Güterstand der Verwaltung und Nutznießung geltenden Vorschriften dem Manne zufallen, zu dem Gesammtgute gehören.
Auf das eingebrachte Gut der Frau finden im Uebrigen die Vorschriften der §§.1272 bis 1282, 1289 bis 1316 entsprechende Anwendung.
§.1421. Vorbehaltsgut der Frau ist, was durch Ehevertrag für Vorbehaltsgut erklärt ist oder was von der Frau nach Maßgabe der §§.1268, 1269 erworben wird.
Vorbehaltsgut des Mannes ist ausgeschlossen.
Für das Vorbehaltsgut der Frau gilt das Gleiche wie für das Vorbehaltsgut bei der allgemeinen Gütergemeinschaft.
§.1422. Es wird vermuthet, daß das vorhandene Vermögen Gesammtgut sei.
§.1423. Jeder Ehegatte kann verlangen, daß der Bestand seines eigenen und des dem anderen Ehegatten gehörenden eingebrachten Gutes durch Aufnahme eines Verzeichnisses unter Mitwirkung des anderen Ehegatten festgestellt wird. Auf die Aufnahme des Verzeichnisses finden die für den Nießbrauch geltenden Vorschriften des §.945 Anwendung.
Jeder Ehegatte kann den Zustand der zum eingebrachten Gute gehörenden Sachen auf seine Kosten durch Sachverständige feststellen lassen.
§.1424. Der eheliche Aufwand fällt dem Gesammtgute zur Last.
Das Gesammtgut trägt auch die Lasten des eingebrachten Gutes beider Ehegatten; der Umfang der Lasten bestimmt sich nach den bei dem Güterstande der Verwaltung und Nutznießung für das eingebrachte Gut der Frau geltenden Vorschriften der §§.1283 bis 1286.
§.1425. Das Gesammtgut haftet für alle Verbindlichkeiten des Mannes, für die Verbindlichkeiten der Frau nur in den Fällen der §§.1426 bis 1429 (Gesammtgutsverbindlichkeiten).
Für Verbindlichkeiten der Frau, die Gesammtgutsverbindlichkeiten sind, haftet der Mann auch persönlich. Die Haftung erlischt, mit der Auflösung der Errungenschaftsgemeinschaft, wenn die Verbindlichkeiten im Verhältnisse der Ehegatten zu einander nicht dem Gesammtgute zur Last fallen.
§.1426. Das Gesammtgut haftet für Verbindlichkeiten der Frau, die zu den im §.1424 Abs. 2 bezeichneten Lasten des eingebrachten Gutes gehören.
§.1427. Das Gesammtgut haftet für Verbindlichkeiten der Frau, die nach dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft aus Rechtsgeschäften oder aus gerichtlichen Entscheidungen entstanden sind:
1. wenn die Vornahme des Rechtsgeschäfts oder die Führung des Rechtsstreits mit Zustimmung des Mannes erfolgt oder ohne seine Zustimmung ihm gegenüber wirksam ist oder soweit das Gesammtgut bereichert ist;
2. wenn ein von der Frau mit Einwilligung des Mannes selbständig betriebenes Erwerbsgeschäft die Vornahme des Rechtsgeschäfts oder die Führung des Rechtsstreits mit sich bringt.
§.1428. Das Gesammtgut haftet für Verbindlichkeiten der Frau, die nach dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft in Folge eines ihr zustehenden Rechtes oder des Besitzes einer ihr gehörenden Sache entstanden sind, wenn das Recht oder die Sache zu einem Erwerbsgeschäfte gehört, das von der Frau mit Einwilligung des Mannes selbständig betrieben wird.
§.1429. Das Gesammtgut haftet für Verbindlichkeiten der Frau, die ihr auf Grund der gesetzlichen Unterhaltspflicht ihren Verwandten gegenüber obliegen.
§.1430. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen folgende Gesammtgutsverbindlichkeiten dem Ehegatten zur Last, in dessen Person sie entstanden sind:
1. die Verbindlichkeiten aus einem auf sein eingebrachtes Gut oder sein Vorbehaltsgut sich beziehenden Rechtsverhältnis, auch wenn sie vor dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft oder vor der Zeit entstanden sind, zu welcher das Gut eingebrachtes Gut oder Vorbehaltsgut geworden ist;
2. die Verbindlichkeiten aus einer gerichtlichen Entscheidung über eine der unter Nr. 1 bezeichneten Verbindlichkeiten, einschließlich der Verbindlichkeit zur Tragung der Kosten.
§.1431. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen dem Manne zur Last:
1. die vor dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft entstandenen Verbindlichkeiten des Mannes;
2. die Verbindlichkeiten des Mannes, welche der Frau gegenüber aus der Verwaltung ihres eingebrachten Gutes entstanden sind, soweit nicht das Gesammtgut zur Zeit der Auflösung der Errungenschaftsgemeinschaft bereichert ist;
3. die Verbindlichkeiten des Mannes aus einer von ihm nach dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft begangenen unerlaubten Handlung oder aus einem wegen einer solchen Handlung gegen ihn gerichteten Strafverfahren;
4. die Verbindlichkeiten des Mannes aus einer gerichtlichen Entscheidung über eine der unter Nr. 1 bis 3 bezeichneten Verbindlichkeiten, einschließlich der Verbindlichkeit zur Tragung der Kosten.
§.1432. Die Vorschriften des §.1430 und des §.1431 Nr. 1,4 finden insoweit keine Anwendung, als die Verbindlichkeiten nach §.1424 Abs. 2 von dem Gesammtgute zu tragen sind.
Das Gleiche gilt von den Vorschriften des §.1430 insoweit, als die Verbindlichkeiten durch ein für Rechnung des Gesammtguts betriebenes Erwerbsgeschäft oder in Folge eines zu einem solchen Erwerbsgeschäfte gehörenden Rechtes oder des Besitzes einer dazu gehörenden Sache entstanden sind.
§.1433. Hat der Mann einem Kinde eine Ausstattung versprochen oder gewährt, so finden die Vorschriften des §.1363 Anwendung.
§.1434. Soweit das eingebrachte Gut eines Ehegatten auf Kosten des Gesammtguts oder das Gesammtgut auf Kosten des eingebrachten Gutes eines Ehegatten zur Zeit der Auflösung der Errungenschaftsgemeinschaft bereichert ist, muß aus dem bereicherten Gute zu dem anderen Gute Ersatz geleistet werden. Weitergehende, auf besonderen Gründen beruhende Ansprüche bleiben unberührt.
§.1435. Sind verbrauchbare Sachen, die zum eingebrachten Gute eines Ehegatten gehört haben, nicht mehr vorhanden, so wird zu Gunsten des Ehegatten vermuthet, daß die Sachen in das Gesammtgut verwendet worden seien und dieses um den Werth der Sachen bereichert sei.
§.1436. Was ein Ehegatte zu dem Gesammtgut oder was die Frau zu dem eingebrachten Gute des Mannes schuldet, ist erst nach der Auflösung der Errungenschaftsgemeinschaft zu leisten; soweit jedoch zur Berichtigung einer Schuld der Frau deren eingebrachtes Gut oder Vorbehaltsgut ausreicht, hat sie die Schuld schon vorher zu berichtigen.
Was der Mann aus dem Gesammtgute zu fordern hat, kann er gleichfalls erst nach der Auflösung der Errungenschaftsgemeinschaft fordern.
§.1437. Die Auflösung der Errungenschaftsgemeinschaft tritt mit der Rechtskraft des Beschlusses ein, durch welchen der Konkurs über das Vermögen des Mannes eröffnet wird.
§.1438. Die Auflösung der Errungenschaftsgemeinschaft tritt, wenn ein Ehegatte für todt erklärt wird, mit dem Zeitpunkt ein, welcher als Zeitpunkt des Todes gilt.
§.1439. Die Frau kann unter den Voraussetzungen des §.1317 Nr. 1, 3, 4 und des §.1366, der Mann kann unter den Voraussetzungen des §.1367 auf Auflösung der Errungenschaftsgemeinschaft klagen.
Die Auflösung tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein.
§.1440. Wird die Errungenschaftsgemeinschaft nach den §§.1437 bis 1439 aufgelöst, so gilt für die Zukunft Gütertrennung.
Dritten gegenüber ist die Auflösung der Gemeinschaft nur nach Maßgabe des §.1334 wirksam.
§.1441. Nach der Auflösung der Errungenschaftsgemeinschaft findet in Ansehung des Gesammtguts die Auseinandersetzung statt. Die Auseinandersetzung erfolgt in Ermangelung einer anderen Vereinbarung nach den für die allgemeine Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften der §§.1373 bis 1375, 1377 bis 1379. Bis zur Auseinandersetzung bestimmt sich das Rechtsverhältnis der Ehegatten nach den §§.1370 bis 1372.
Auf das eingebrachte Gut der Frau finden die für den Güterstand der Verwaltung und Nutznießung geltenden Vorschriften der §§.1320 bis 1323 Anwendung.
§.1442. Ist die Errungenschaftsgemeinschaft durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Mannes aufgelöst worden, so kann die Frau auf Wiederherstellung der Gemeinschaft klagen. Das gleiche Recht steht, wenn die Gemeinschaft durch Todeserklärung aufgelöst worden ist, dem für todt erklärten Ehegatten zu, falls er noch lebt.
Ist die Gemeinschaft auf Grund des §.1317 Nr. 3, 4 aufgelöst worden, so kann der Mann unter den Voraussetzungen des §.1324 Abs. 1 auf Wiederherstellung der Gemeinschaft klagen.
§.1443. Die Wiederherstellung der Errungenschaftsgemeinschaft tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein. Die Vorschrift des §.1321 findet entsprechende Anwendung. Dritten gegenüber ist die Wiederherstellung nur nach Maßgabe des §.1334 wirksam.
Im Falle der Wiederherstellung wird Vorbehaltsgut der Frau, was ohne die Auflösung der Gemeinschaft Vorbehaltsgut geblieben oder geworden sein würde.
4. Fahrnitzgemeinschaft.
§.1444. Auf die Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft (Fahrnitzgemeinschaft) finden die für die allgemeine Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften Anwendung, soweit sich nicht aus den §§.1445 bis 1452 ein Anderes ergiebt.
§.1445. Von dem Gesammtgut ausgeschlossen ist das eingebrachte Gut eines Ehegatten.
Auf das eingebrachte Gut finden die bei der Errungenschaftsgemeinschaft für das eingebrachte Gut geltenden Vorschriften Anwendung.
§.1446. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist das unbewegliche Vermögen, welches er bei dem Eintritte der Fahrnitzgemeinschaft hat oder während der Gemeinschaft durch Erbfolge, durch Vermächtnitz oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt.
Zum unbeweglichen Vermögen im Sinne dieser Vorschrift gehören die Grundstücke nebst Zubehör, die Rechte an Grundstücken, mit Ausnahme der Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden, sowie Forderungen, welche auf die Uebertragung des Eigenthums an Grundstücken oder auf die Begründung oder Uebertragung eines der bezeichneten Rechte oder auf die Befreiung eines Grundstücks von einem solchen Rechte gerichtet sind.
§.1447. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten sind solche Gegenstände, welche nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können.
§.1448. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist:
1. was durch Ehevertrag für eingebrachtes Gut erklärt ist;
2. was er nach Maßgabe des §.1268 erwirbt, sofern die Bestimmung dahin getroffen ist, daß der Erwerb eingebrachtes Gut sein soll.
§.1449. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist, was er in der im §.1419 bezeichneten Weise erwirbt. Ausgenommen ist, was an Stelle solcher Gegenstände erworben wird, die nur deshalb eingebrachtes Gut sind, weil sie nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können.
§.1450. Vorbehaltsgut des Mannes ist ausgeschlossen.
§.1451. Erwirbt ein Ehegatte während der Fahrnitzgemeinschaft durch Erbfolge, durch Vermächtnis oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung Gegenstände, die theils Gesammtgut, theils eingebrachtes Gut werden, so fallen die in Folge des Erwerbes entstandenen Verbindlichkeiten im Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem Gesammtgut und dem Ehegatten, welcher den Erwerb macht, verhältnitzmätzig zur Last.
§.1452. Fortgesetzte Gütergemeinschaft tritt bei der Fahrnitzgemeinschaft nur ein, wenn sie durch Ehevertrag vereinbart ist.
III. Güterrechtsregister.
§.1453. Die an eine Eintragung in das Güterrechtsregister vom Gesetze geknüpften Wirkungen treten nur ein, wenn die Eintragung in das Register des Bezirkes erfolgt ist, in welchem der Mann seinen Wohnsitz hat.
Verlegt der Mann nach der Eintragung seinen Wohnsitz in einen anderen Bezirk, so muß die Eintragung im Register dieses Bezirkes wiederholt werden. Ist die Wiederholung nicht binnen sechs Wochen nach der Begründung des neuen Wohnsitzes beantragt worden, so verliert die frühere Eintragung ihre Kraft. Die frühere Eintragung gilt als von Neuem erfolgt, wenn der Mann den Wohnsitz in den früheren Bezirk zurückverlegt.
§.1454. Das Güterrechtsregister wird von den Amtsgerichten geführt. Durch Anordnung der Landesjustizverwaltung kann die Führung des Registers für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht übertragen werden.
§.1455. Eine Eintragung in das Güterrechtsregister soll nur auf Antrag und nur insoweit erfolgen, als sie beantragt ist. Der Antrag ist in öffentlich beglaubigter Form zu stellen.
§.1456. Die Eintragung erfolgt in den Fällen des §.1257 Abs. 2 und des §.1304 Abs. 3 auf Antrag des Mannes.
In den anderen Fällen ist der Antrag beider Ehegatten erforderlich; jeder Ehegatte ist dem anderen zur Mitwirkung verpflichtet. Es genügt jedoch der Antrag eines der Ehegatten
1. zur Eintragung eines Ehevertrags oder einer auf gerichtlicher Entscheidung beruhenden Aenderung der vermögensrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten, wenn mit dem Antrage der Ehevertrag oder die mit dem Zeugnisse der Rechtskraft versehene gerichtliche Entscheidung vorgelegt wird;
2. zur Wiederholung einer Eintragung im Güterrechtsregister eines anderen Bezirkes, wenn mit dem Antrag eine nach der Aufhebung des bisherigen Wohnsitzes ertheilte, öffentlich beglaubigte Abschrift der früheren Eintragung vorgelegt wird.
§.1457. Das Amtsgericht soll jede Eintragung durch Einrückung in das für seine Bekanntmachungen bestimmte Blatt veröffentlichen. Ist eine Aenderung des Güterstandes eingetreten, so hat sich die Bekanntmachung auf die Bezeichnung des Güterstandes und, wenn dieser abweichend vom Gesetze geregelt ist, auf eine allgemeine Bezeichnung der Abweichung zu beschränken.
§.1458. Das Register ist öffentlich. Die Einsicht des Registers ist während der gewöhnlichen Dienststunden Jedem gestattet. Von den Eintragungen kann gegen Verlegung der Kosten eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.
Sechster Titel. Scheidung der Che.
§.1459. Eine Ehe kann nur durch gerichtliches Urtheil geschieden werden. Die Scheidung ist nur aus den in den §§.1460 bis 1464 bestimmten Gründen zulässig.
§.1460. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte sich des Ehebruchs oder einer nach den §§.171, 175 des Strafgesetzbuchs strafbaren Handlung schuldig gemacht hat.
Das Recht des Ehegatten auf Scheidung ist ausgeschlossen, wenn er dem Ehebruch oder der strafbaren Handlung zugestimmt oder sich der Theilnahme schuldig gemacht hat.
§.1461. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte ihm nach dem Leben getrachtet hat.
§.1462. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte ihn böslich verlassen hat.
Bösliche Verlassung liegt nur vor:
1. wenn ein Ehegatte, nachdem er zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft rechtskräftig verurtheilt worden ist, ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehegatten in böslicher Absicht dem Urtheile keine Folge geleistet hat;
2. wenn ein Ehegatte sich ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehegatten in böslicher Absicht von der häuslichen Gemeinschaft fern gehalten hat und die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung seit Jahresfrist gegen ihn bestanden haben. Die Scheidung ist im Falle der Nr. 2 unzulässig, wenn die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung am Schlusse der mündlichen Verhandlung, auf welche das Urtheil ergeht, nicht mehr bestehen.
§.1463. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte durch schwere Verlegung der durch die Ehe begründeten Pflichten oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet hat, daß dem Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zugemuthet werden kann. Als schwere Verletzung der Pflichten gilt insbesondere grobe Mißhandlung.
§.1464. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte" in Geisteskrankheit verfallen ist, die Krankheit während der Ehe mindestens drei Jahre gedauert und einen solchen Grad erreicht hat, daß die geistige Gemeinschaft zwischen den Ehegatten aufgehoben, auch jede Aussicht auf Wiederherstellung derselben ausgeschlossen ist.
§.1465. Das Recht auf Scheidung erlischt in den Fällen der §§.1460 bis 1463 durch Verzeihung.
§.1466. Die Scheidungsklage muß in den Fällen der §§.1460 bis 1463 binnen sechs Monaten von dem Zeitpunkt an erhoben werden, in welchem der Ehegatte von dem Scheidungsgrunde Kenntnitz erlangt hat. Die Klage ist ausgeschlossen, wenn seit dem Eintritte des Scheidungsgrundes zehn Jahre verstrichen sind.
Die sechsmonatige Frist läuft nicht, solange die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist. Wird jedoch der zur Klage berechtigte Ehegatte von dem anderen Ehegatten aufgefordert, entweder die häusliche Gemeinschaft herzustellen oder die Scheidungsklage zu erheben, so läuft die Frist von dem Empfange der Aufforderung an.
Der Erhebung der Klage steht die Ladung zum Sühnetermine gleich. Die Ladung verliert ihre Wirkung, wenn der zur Klage berechtigte Ehegatte im Sühnetermine nicht erscheint oder wenn er nicht binnen drei Monaten nach der Beendigung des Sühneversahrens die Klage erhebt.
Auf den Lauf der Fristen finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§.169, 171 entsprechende Anwendung.
§.1467. Ein Scheidungsgrund kann, auch wenn die für seine Geltendmachung im §.1466 bestimmte Frist verstrichen ist, im Laufe des Rechtsstreits geltend gemacht werden, sofern die Frist zur Zeit der Erhebung der Klage noch nicht verstrichen war.
§.1468. Thatsachen, auf die eine Scheidungsklage nicht mehr gegründet werden kann, dürfen zur Unterstützung einer auf andere Thatsachen gegründeten Scheidungsklage geltend gemacht werden.
§.1469. Wird die Ehe aus einem der in den §§.1460 bis 1463 bestimmten Gründe geschieden, so ist in dem Urtheil auszusprechen, daß der Beklagte die Schuld an der Scheidung trägt.
Ist von dem Beklagten Widerklage erhoben und wird auch diese für begründet erkannt, so sind beide Ehegatten für schuldig zu erklären.
Ohne Erhebung einer Widerklage ist auf Antrag des Beklagten im Falle der Scheidung auch der Kläger für schuldig zu erklären, wenn Thatsachen vorliegen, die den Beklagten berechtigen würden, auf Scheidung zu klagen, oder wenn das Recht des Beklagten auf Scheidung zwar durch Verzeihung oder durch Zeitablauf ausgeschlossen ist, aber zur Zeit des Eintritts des von dem Kläger geltend gemachten Scheidungsgrundes noch bestanden hat.
§.1470. Die Auflösung der Ehe tritt mit der Rechtskraft des Scheidungsurtheils ein.
§.1471. Ist ein Ehegatte allein für schuldig erklärt, so kann der andere Ehegatte Schenkungen, die er ihm während des Brautstandes oder während der Ehe gemacht hat, widerrufen. Die Vorschriften des §.477 finden Anwendung.
Der Widerruf ist ausgeschlossen, wenn seit der Rechtskraft des Scheidungsurtheils ein Jahr verstrichen oder wenn der Schenker oder der Beschenkte gestorben ist.
§.1472. Der allein für schuldig erklärte Mann hat der geschiedenen Frau den standesmäßigen Unterhalt insoweit zu gewähren, als sie ihn nicht aus den Einkünften ihres Vermögens und, sofern bei Ehefrauen ihres Standes Erwerb durch eigene Arbeit üblich ist, aus dem Ertrag ihrer Arbeit bestreiten kann.
Die allein für schuldig erklärte Frau hat dem geschiedenen Manne den standesmäßigen Unterhalt insoweit zu gewähren, als er außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten.
§.1473. Ist der allein für schuldig erklärte Ehegatte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande, ohne Gefährdung seines eigenen standesmäßigen Unterhalts dem anderen Ehegatten den Unterhalt zu gewähren, so ist er berechtigt, von den zu seinem Unterhalte verfügbaren Einkünften zwei Drittheile oder, wenn diese zu seinem nothdürstigen Unterhalte nicht ausreichen, so viel zurückzubehalten, als zu dessen Bestreitung erforderlich ist.
Der Mann ist der Frau gegenüber unter den Voraussetzungen des Abs. 1 von der Unterhaltungspflicht ganz befreit, wenn die Frau den Unterhalt aus dem Stamme ihres Vermögens bestreiten kann.
§.1474. Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente nach Maßgabe des §.702 zu gewähren. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Unterhaltspflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen des Falles.
Statt der Rente kann der Berechtigte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
Im Uebrigen finden die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltenden Vorschriften der §§.1502, 1505, des §.1506 Abs. 1, des . 1508 und für den Fall des Todes des Berechtigten die Vorschriften des §.1510 entsprechende Anwendung.
§.1475. Die Unterhaltspflicht erlischt mit der Wiederverheirathung des Berechtigten.
Im Falle der Wiederverheirathung des Verpflichteten finden die Vorschriften des §.1499 entsprechende Anwendung.
§.1476. Die Unterhaltspflicht erlischt nicht mit dem Tode des Verpflichteten.
Die Unterhaltspflicht der Erben unterliegt nicht den Beschränkungen des §.1473. Der Berechtigte muß sich jedoch die Herabsetzung der Rente bis auf die Hälfte der Einkünfte gefallen lassen, welche der Verpflichtete zur Zeit des Todes aus seinem Vermögen bezogen hat.
§.1477. Ist die Ehe wegen Geisteskrankheit eines Ehegatten geschieden, so hat ihm der andere Ehegatte den Unterhalt in gleicher Weise zu gewähren wie ein allein für schuldig erklärter Ehegatte.
§.1478. Die geschiedene Frau behält den Familiennamen des Mannes.
Ist die Frau allein für schuldig erklärt, so verliert sie den Familiennamen des Mannes und erhält ihren Familiennamen wieder, wenn der Mann ihr die Fortführung seines Namens untersagt und der zuständigen Behörde hiervon Anzeige macht.
Ist die Frau nicht oder nicht allein für schuldig erklärt, so kann sie ihren Familiennamen oder, sofern sie vor der Eingehung der geschiedenen Ehe verheirathet war, den zur Zeit der Eingehung dieser Ehe geführten Namen wieder annehmen. Die Annahme erfolgt durch Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben.
§.1479. Solange die geschiedenen Ehegatten leben, steht die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen Kinder, wenn nur einer der Ehegatten für schuldig erklärt ist, dem anderen Ehegatten zu.
Sind beide Ehegatten für schuldig erklärt, so steht die Sorge für die Söhne unter sechs Jahren und für die Töchter der Mutter, für die Söhne über sechs Jahre dem Vater zu. Das Vormundschaftsgericht kann eine abweichende Anordnung treffen, wenn eine solche aus besonderen Gründen im Interesse der Kinder geboten ist; die Anordnung kann aufgehoben werden, wenn das Interesse der Kinder die Aufrechterhaltung nicht mehr erfordert.
Die Sorge für die Person im Sinne des Abs. 1 umfaßt nicht die Vertretung der Kinder.
Im Uebrigen werden die sich aus der elterlichen Gewalt ergebenden Rechte und Pflichten durch die Scheidung nicht berührt.
§.1480. Der Ehegatte, welchem nach §.1479 die Sorge für die Person eines Kindes nicht zusteht, behält die Befugnis, mit dem Kinde persönlich zu verkehren. Das Vormundschaftsgericht kann den Verkehr näher regeln.
§.1481. Die Frau hat aus den Einkünften ihres Vermögens sowie aus dem Ertrag ihrer Arbeit oder eines von ihr selbständig betriebenen Erwerbsgeschäfts dem Manne einen angemessenen Beitrag zur Bestreitung des von ihm einem gemeinschaftlichen Kinde zu gewährenden Unterhalts zu leisten, soweit nicht die Kosten des Unterhalts durch die ihm am Vermögen des Kindes zustehende Nutznießung gedeckt werden. Der Anspruch des Mannes ist nicht übertragbar.
Steht der Frau die Sorge für die Person des Kindes zu und ist eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts des Kindes für die Zukunft zu besorgen, so kann die Frau den Beitrag zur eigenen Verwendung insoweit zurückbehalten, als zur Bestreitung des Unterhalts erforderlich ist.
Siebenter Titel. Auflösung der Che im Falle der Todeserklärung.
§.1482. Ist einer der Ehegatten für todt erklärt, aber noch am Leben, so wird die Ehe dadurch aufgelöst, daß der andere Ehegatte sich wieder verheirathet. Die Ehe bleibt auch dann aufgelöst, wenn die Todeserklärung in Folge einer Anfechtungsklage aufgehoben wird oder wenn die neue Ehe nach den §§.1239 bis 1243 anfechtbar ist und angefochten wird.
Die Auflösung tritt nicht ein, wenn beide Ehegatten bei der Eheschließung gewußt haben, daß der für todt erklärte Ehegatte die Todeserklärung überlebt hat, oder wenn die neue Ehe aus einem anderen Grunde nichtig ist.
§.1483. Jeder Ehegatte der neuen Ehe kann, wenn der für todt erklärte Ehegatte noch lebt, die neue Ehe anfechten, es sei denn, daß er bei der Eheschließung von dessen Leben Kenntnitz hatte. Die Anfechtung muß binnen sechs Monaten von dem Zeitpunkt an erfolgen, in welchem der anfechtende Ehegatte erfahren hat, daß der für todt erklärte Ehegatte noch lebt.
Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn die neue Ehe durch den Tod eines der Ehegatten aufgelöst worden ist.
§.1484. Macht der Ehegatte der früheren Ehe von dem ihm nach §.1483 zustehenden Anfechtungsrechte Gebrauch, so hat er dem anderen Ehegatten Unterhalt nach Maßgabe der §. 1472 bis 1476 zu gewähren, sofern nicht der andere Ehegatte bei der Eheschließung wußte, daß der für todt erklärte Ehegatte die Todeserklärung überlebt hat.
§.1485. Ist die Ehe nach §.1482 aufgelöst, so bestimmt sich die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen Kinder nach den Vorschriften, welche gelten, wenn die Ehe geschieden ist und beide Ehegatten für schuldig erklärt sind. Auf die Unterhaltspflicht finden die Vorschriften des §.1481 Anwendung.
Zweiter Abschnitt. Verwandtschaft.
Erster Titel. Eheliche Abstammung.
§.1486. Ein Kind, das nach der Schließung der Ehe geboren wird, ist ehelich, wenn die Frau es vor oder während der Ehe empfangen und der Mann innerhalb der Empfängniszeit der Frau beigewohnt hat. Das Kind ist nicht ehelich, wenn es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Frau das Kind von dem Manne empfangen hat.
Es wird vermuthet, daß der Mann innerhalb der Empfängniszeit der Frau beigewohnt habe. Soweit die Empfängniszeit in die Zeit vor der Ehe fällt, gilt die Vermuthung nur, wenn der Mann gestorben ist, ohne die Ehelichkeit angefochten zu haben.
§.1487. Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem einhunderteinundachtzigsten bis zu dem dreihundertundzweiten Tage vor dem Tage der Geburt des Kindes mit Einschluß sowohl des einhunderteinundachtzigsten als des dreihundertundzweiten Tages.
Steht fest, daß ein Kind innerhalb eines Zeitraums empfangen worden ist, der weiter als dreihundertundzwei Tage vor der Geburt zurückliegt, so gilt zu Gunsten der Ehelichkeit des Kindes dieser Zeitraum als Empfängniszeit.
§.1488. Die Unehelichkeit eines während der Ehe oder innerhalb dreihundertundzwei Tagen nach der Auflösung der Ehe geborenen Kindes kann nur geltend gemacht werden, wenn der Mann die Ehelichkeit angefochten hat oder, ohne das Anfechtungsrecht verloren zu haben, gestorben ist.
§.1489. Die Anfechtung der Ehelichkeit ist ausgeschlossen, wenn der Mann das Kind nach der Geburt als das seinige anerkennt. Die Anerkennung kann auch in einer Verfügung von Todeswegen erklärt werden.
Die Anerkennung kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen.
§.1490. Die Anfechtung der Ehelichkeit muß innerhalb eines Jahres nach Erlangung der Kenntnitz von der Geburt des Kindes erfolgen.
Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§.169, 171 entsprechende Anwendung.
§.1491. Die Anfechtung der Ehelichkeit kann nicht durch einen Vertreter erfolgen. Ist der Mann in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Für einen geschäftsunfähigen Mann kann sein gesetzlicher Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts die Ehelichkeit anfechten. Hat der gesetzliche Vertreter die Ehelichkeit nicht rechtzeitig angefochten, so kann nach dem Wegfalle der Geschäftsunfähigkeit der Mann selbst die Ehelichkeit in gleicher Weise anfechten, wie wenn er" ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre.
Die Vorschriften des Abs. 1 gelten auch für die Anerkennung der Ehelichkeit.
§.1492. Die Anfechtung der Ehelichkeit erfolgt bei Lebzeiten des Kindes durch Erhebung der Anfechtungsklage. Die Klage ist gegen das Kind zu richten.
Vor der Erledigung des Rechtsstreits kann die Unehelichkeit nicht anderweit geltend gemacht werden.
Die Zurücknahme der Klage bewirkt, daß die Anfechtung als nicht erfolgt anzusehen ist. Das Gleiche gilt, wenn der Mann vor der Erledigung des Rechtsstreits das Kind als das seinige anerkennt.
§.1493. Nach dem Tode des Kindes erfolgt die Anfechtung der Ehelichkeit durch eine dem Nachlaßgerichte gegenüber in öffentlich beglaubigter Form abzugebende Erklärung. Das Nachlaßgericht soll die Erklärung sowohl denjenigen mittheilen, welche im Falle der Ehelichkeit, als auch denjenigen, welche im Falle der Unehelichkeit die Erben des Kindes sind.
§.1494. Ist die Anerkennung der Ehelichkeit anfechtbar, so finden die Vorschriften der §§.1491 bis 1493 und, wenn die Anfechtbarkeit in arglistiger Täuschung oder in Drohung ihren Grund hat, neben den Vorschriften des §.169 Abs. 2 und des §.171 auch die Vorschrift des §.169 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
§.1495. Wird von einer Frau, die sich nach der Auflösung ihrer Ehe wieder verheirathet hat, ein Kind geboren, das nach den §§.1486 bis 1494 ein eheliches Kind sowohl des ersten als des zweiten Mannes sein würde, so gilt das Kind, wenn es innerhalb zweihundertundsiebzig Tagen nach der Auflösung der früheren Ehe geboren wird, als Kind des ersten Mannes, wenn es später geboren wird, als Kind des zweiten Mannes.
Zweiter Titel. Unterhaltspflicht.
§.1496. Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.
§.1497. Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten.
Ein minderjähriges unverheirathetes Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung von Unterhalt insoweit verlangen, als die Einkünfte des Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit zum Unterhalte nicht ausreichen.
§.1498. Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines eigenen standesmäßigen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.
Eltern sind, auch wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen, ihren minderjährigen unverheiratheten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalte gleichmäßig zu verwenden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kinde, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.
§.1499. Soweit die Unterhaltspflicht einer Frau ihren Verwandten gegenüber davon abhängt, daß sie zur Gewährung des Unterhalts im Stande ist, kommt die dem Manne am eingebrachten Gute zustehende Verwaltung und Nutznießung nicht in Betracht.
Besteht allgemeine Gütergemeinschaft, Errungenschafts oder Fahrnitzgemeinschaft, so bestimmt sich die Unterhaltspflicht des Mannes oder der Frau Verwandten gegenüber so, wie wenn das Gesammtgut dem unterhaltspflichtigen Ehegatten gehörte. Bei der Bemessung des von einem Ehegatten aus dem Gesammtgute zu gewährenden Unterhalts. sind die unterhaltsberechtigten Verwandten des anderen Ehegatten in gleicher Weise zu berücksichtigen, wie wenn sie in demselben Verwandtschaftsverhältnisse zu dem unterhaltspflichtigen Ehegatten ständen.
§.1500. Soweit die Unterhaltspflicht eines minderjährigen Kindes seinen Verwandten gegenüber davon abhängt, daß es zur Gewährung des Unterhalts im Stande ist, kommt die elterliche Nutznießung am Vermögen des Kindes nicht in Betracht.
§.1501. Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig. Die Unterhaltspflicht der Abkömmlinge bestimmt sich nach der gesetzlichen Erbfolgeordnung und nach dem Verhältnisse der Erbtheile.
Unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren, mehrere gleich nahe zu gleichen Theilen. Der Vater haftet jedoch vor der Mutter; steht die elterliche Nutznießung der Mutter zu, so haftet die Mutter vor dem Vater.
§.1502. Soweit ein Verwandter auf Grund des §.1498 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren.
Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der gegen einen solchen Verwandten begründete Unterhaltsanspruch geht, soweit ein anderer Verwandter den Unterhalt gewährt hat, auf diesen über; zum Nachtheile des Unterhaltsberechtigten kann der Übergang nicht geltend gemacht werden.
§.1503. Der Ehegatte des Bedürftigen haftet vor dessen Verwandten. Das Gleiche gilt von einem geschiedenen unterhaltspflichtigen Ehegatten sowie von einem Ehegatten, der nach §.1484 unterhaltspflichtig ist.
Soweit jedoch der Ehegatte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines eigenen standesmäßigen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren, haften die Verwandten vor dem Ehegatten. Die Vorschriften des §.1502 Abs.2 finden entsprechende Anwendung.
§.1504. Kann ein Unterhaltspflichtiger die Ansprüche mehrerer Bedürftiger nicht sämtlich befriedigen, so gehen unter den Bedürftigen seine Abkömmlinge den Verwandten der, aufsteigenden Linie, unter den Abkömmlingen diejenigen, welche als seine gesetzlichen Erben berufen sein würden, den übrigen Abkömmlingen, unter den Verwandten der aufsteigenden Linie die näheren den entfernteren vor.
Der Unterhaltsanspruch des Ehegatten steht dem Unterhaltsanspruch eines minderjährigen unverheiratheten Kindes gleich; er geht dem Unterhaltsanspruch eines anderen Kindes und eines anderen Verwandten vor. Das Gleiche gilt von dem Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten sowie eines Ehegatten, der nach §.1484 unterhaltsberechtigt ist.
§.1505. Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (standesmäßiger Unterhalt).
Der Unterhalt umfaßt den gesammten Lebensbedarf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung und der Vorbildung zu einem Berufe.
§.1506. Wer durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden ist, kann nur den nothdürstigen Unterhalt verlangen.
Der gleichen Beschränkung unterliegt der Unterhaltsanspruch, wenn sich der Bedürftige einer Verfehlung schuldig gemacht hat, die den Unterhaltspflichtigen berechtigen würde, ihm den Pflichttheil zu entziehen, sowie der Unterhaltsanspruch der Großeltern und der weiteren Voreltern, wenn diesen gegenüber die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen Kinder berechtigt sind, ihren Eltern den Pflichttheil zu entziehen. Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.
§.1507. Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Der Verpflichtete kann verlangen, daß ihm die Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es rechtfertigen.
Haben Eltern einem unverheiratheten Kinde Unterhalt zu gewähren, so können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll. Aus besonderen Gründen kann das Vormundschaftsgericht auf Antrag des Kindes die Bestimmung der Eltern ändern.
Im Uebrigen finden die Vorschriften des §.702 Anwendung.
§.1508. Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Entschädigung wegen Nichterfüllung nur von der Zeit an fordern, zu welcher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist.
§.1509. Für die Zukunft kann auf den Unterhalt nicht verzichtet werden.
Durch eine Vorausleistung wird der Verpflichtete bei erneuter Bedürftigkeit des Berechtigten nur insoweit befreit, als er die Leistung für den im §.702 Abs.2 bestimmten Zeitabschnitt oder, wenn er selbst den Zeitabschnitt zu bestimmen hatte, für einen den Umständen nach angemessenen Zeitabschnitt bewirkt hat.
§.1510. Der Unterhaltsanspruch erlischt mit dem Tode des Berechtigten oder des Verpflichteten, soweit er nicht auf Erfüllung oder Entschädigung wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit oder auf solche im Voraus zu bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes des Berechtigten oder des Verpflichteten fällig waren.
Im Falle des Todes des Berechtigten sind die Kosten der Beerdigung von dem Verpflichteten zu tragen, soweit ihre Bezahlung von dem Erben nicht zu erlangen ist.
Dritter Titel. Rechtsverhältnis zwischen Eltern und ehelichen Kindern.
I. Allgemeine Vorschriften.
§.1511. Das Kind erhält den Familiennamen des Vaters.
§.1512. Das Kind ist, solange es dem elterlichen Hausstand angehört und von den Eltern erzogen oder unterhalten wird, verpflichtet, in einer seinen Kräften und seiner Lebensstellung entsprechenden Weise den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäfte Dienste zu leisten.
§.1513. Hat ein dem elterlichen Hausstand angehörendes, volljähriges Kind zur Bestreitung der Kosten des Haushalts aus seinem Vermögen etwas verwendet oder den Eltern überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Absicht, Ersatz zu verlangen, gefehlt hat.
§.1514. Hat ein dem elterlichen Hausstand angehörendes, volljähriges Kind sein Vermögen ganz oder theilweise der Verwaltung des Vaters überlassen, so kann, wenn das Kind nicht ein Anderes bestimmt hat, der Vater die während seiner Verwaltung bezogenen Einkünfte nach freiem Ermessen verwenden, soweit sie nicht zur Bestreitung der Kosten der ordnungsmäßigen Verwaltung und zur Erfüllung solcher Verpflichtungen des Kindes erforderlich sind, die bei ordnungsmäßiger Verwaltung aus den Einkünften des Vermögens bestritten werden.
Das gleiche Recht steht der Mutter zu, wenn das Kind ihr die Verwaltung seines Vermögens überlassen hat.
§.1515. Der Vater ist verpflichtet, einer Tochter, die sich verheirathet, zur Einrichtung des Haushalts eine angemessene Aussteuer zu gewähren, soweit er bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen ohne Gefährdung seines eigenen standesmäßigen Unterhalts dazu im Stande ist und die Tochter ein zur Beschaffung der Aussteuer ausreichendes Vermögen nicht besitzt. Die gleiche Verpflichtung hat die Mutter, wenn der Vater zur Gewährung der Aussteuer außer Stande oder wenn er verstorben ist.
Die Vorschriften des §.1499 und des §.1502 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung.
§.1516. Der Vater und die Mutter können die Aussteuer verweigern, wenn sich die Tochter ohne die erforderliche elterliche Einwilligung verheirathet hat.
Das Gleiche gilt, wenn sich die Tochter einer Verfehlung schuldig gemacht hat, welche den Verpflichteten berechtigen würde, ihr den Pflichttheil zu entziehen.
§.1517. Die Tochter kann eine Aussteuer nicht verlangen, wenn sie bei einer früheren Eheschließung von dem Vater oder der Mutter eine Aussteuer erhalten hat.
§.1518. Der Anspruch auf die Aussteuer ist nicht übertragbar; er verjährt in einem Jahre von der Eheschließung an.
§.1519. Was einem Kinde mit Rücksicht auf seine Verheirathung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirthschaft oder der Lebensstellung (Ausstattung) von dem Vater oder der Mutter versprochen oder gegeben wird, gilt auch insoweit, als eine Verpflichtung nicht besteht, nicht als Schenkung, es sei denn, daß die Ausstattung das den Umständen, insbesondere den Vermögensverhältnissen des Vaters oder der Mutter, entsprechende Maß übersteigt.
Die Gewährleistungspflicht des Ausstattenden bestimmt sich, auch soweit die Ausstattung nicht als Schenkung gilt, nach den für die Gewährleistungspflicht des Schenkers geltenden Vorschriften.
§.1520. Hat der Vater einem Kinde, dessen Vermögen seiner elterlichen oder vormundschaftlichen Verwaltung unterliegt, eine Ausstattung gewährt, so wird vermuthet, daß er sie aus diesem Vermögen gewährt habe. Diese Vorschrift findet auf die Mutter entsprechende Anwendung.
II. Elterliche Gewalt.
§.1521. Das Kind steht, solange es minderjährig ist, unter elterlicher Gewalt.
1. Elterliche Gewalt des Vaters.
§.1522. Der Vater hat kraft der elterlichen Gewalt das Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Kindes zu sorgen.
§.1523. Das Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Kindes zu sorgen, erstreckt sich nicht auf Angelegenheiten des Kindes, für die ein Pfleger bestellt ist.
§.1524. Steht die Sorge für die Person oder für das Vermögen des Kindes einem Pfleger zu, so entscheidet bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem Vater und dem Pfleger über die Vornahme einer sowohl die Person als das Vermögen des Kindes betreffenden Handlung das Vormundschaftsgericht.
§.1525. Die Sorge für die Person und das Vermögen umfaßt die Vertretung des Kindes.
Die Vertretung steht dem Vater insoweit nicht zu, als nach §.1675 ein Vormund von der Vertretung des Mündels ausgeschlossen ist. Das Vormundschaftsgericht kann dem Vater nach §.1676 die Vertretung entziehen.
§.1526. Die Sorge für die Person des Kindes umfaßt das Recht und die Pflicht, das Kind zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen.
Der Vater kann kraft des Erziehungsrechts angemessene Zuchtmittel gegen das Kind anwenden. Auf seinen Antrag hat das Vormundschaftsgericht ihn durch Anwendung geeigneter Zuchtmittel zu unterstützen.
§.1527. Die Sorge für die Person des Kindes umfaßt das Recht, die Herausgabe des Kindes von Jedem zu verlangen, der es dem Vater widerrechtlich vorenthält.
§.1528. Steht eine verheirathete Tochter unter elterlicher Gewalt, so beschränkt sich die Sorge für ihre Person auf die Vertretung in den die Person betreffenden Angelegenheiten.
§.1529. Neben dem Vater hat während bestehender Ehe die Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen; zur Vertretung des Kindes ist sie jedoch nicht berechtigt. Bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen den Eltern geht die Meinung des Vaters vor.
§.1530. Das Recht und die Pflicht, für das Vermögen des Kindes zu sorgen (Vermögensverwaltung), erstreckt sich nicht auf das Vermögen, welches das Kind von Todeswegen erwirbt oder welches ihm unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch Verfügung von Todeswegen, der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß der Erwerb der Verwaltung des Vaters entzogen sein soll.
Was das Kind auf Grund eines zu diesem Vermögen gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu diesem Vermögen gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf dieses Vermögen bezieht, ist gleichfalls der Verwaltung des Vaters entzogen.
§.1531. Was das Kind von Todeswegen erwirbt oder was ihm unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, hat der Vater nach den Anordnungen des Erblassers oder des Dritten zu verwalten, wenn die Anordnungen von dem Erblasser durch Verfügung von Todeswegen, von dem Dritten bei der Zuwendung getroffen worden sind. Der Vater darf von den Anordnungen insoweit abweichen, als es nach §.1683 Abs. 2, 3 einem Vormunde gestattet ist.
§.1532. Der Vater kann in Vertretung des Kindes Schenkungen nicht machen. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
§.1533. Der Vater hat das seiner Verwaltung unterliegende Geld des Kindes, unbeschadet der Vorschrift des §.1544, nach den für die vormundschaftliche Verwaltung geltenden Vorschriften der §§.1687, 1688, 1690 verzinslich anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben bereit zu halten ist, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind und dem Kinde zur Last fallen.
§.1534. Zu Rechtsgeschäften für das Kind bedarf der Vater der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts in den Fällen, in welchen nach §.1701 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 2 und nach §.1702 Nr. 1, 2, 4, 9 bis 12 ein Vormund der Genehmigung bedarf. Die Vorschriften der §§.1703, 1708 bis 1711 finden entsprechende Anwendung.
§.1535. Der Vater kann Gegenstände, zu deren Veräußerung die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist, dem Kinde nicht ohne diese Genehmigung zur Erfüllung eines von dem Kinde geschlossenen Vertrags oder zu freier Verfügung überlassen.
§.1536. Der Vater soll nicht ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ein neues Erwerbsgeschäft im Namen des Kindes beginnen.
§.1537. Erwirbt der Vater mit Mitteln des Kindes bewegliche Sachen, so geht mit dem Erwerbe das Eigenthum auf das Kind über, es sei denn, daß der Vater nicht für Rechnung des Kindes erwerben wollte. Dies gilt insbesondere auch von Inhaberpapieren und von Orderpapieren, die mit Blankoindossament versehen sind.
Die Vorschriften des Abs. 1 finden entsprechende Anwendung, wenn der Vater mit Mitteln des Kindes ein Recht an Sachen der bezeichneten Art oder ein anderes Recht erwirbt, zu dessen Uebertragung der Abtretungsvertrag genügt.
§.1538. Die Vermögensverwaltung des Vaters endigt mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch welchen der Konkurs über das Vermögen des Vaters eröffnet wird.
Nach der Aufhebung des Konkurses kann das Vormundschaftsgericht die Verwaltung dem Vater wieder übertragen.
§.1539. Werden von dem Vater bei der Sorge für die Person oder das Vermögen des Kindes Aufwendungen gemacht oder Verbindlichkeiten eingegangen, so stehen dem Vater gegenüber dem Kinde die gleichen Rechte zu wie nach §.1289 dem Manne gegenüber der Frau.
§.1540. Die elterliche Gewalt begründet das Recht der Nutznießung am Vermögen des Kindes.
§.1541. Von der Nutznießung ausgeschlossen (freies Vermögen) sind die ausschließlich zum persönlichen Gebrauche des Kindes bestimmten Sachen, insbesondere Kleider und Schmucksachen.
§.1542. Freies Vermögen ist:
1. was das Kind durch seine Arbeit oder durch den ihm vom Vater nach §.86 gestatteten selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts erwirbt;
2. was das Kind von Todeswegen erwirbt oder was ihm unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch Verfügung von Todeswegen, der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß das Vermögen der Nutznießung entzogen sein soll. Die Vorschriften des §.1530 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung.
§.1543. Der Vater erwirbt die Nutzungen des seiner Nutznießung unterliegenden Vermögens in derselben Weise und in demselben Umfange wie ein Nießbraucher.
§.1544. Der Vater darf verbrauchbare Sachen, die zu dem seiner Nutznießung unterliegenden Vermögen gehören, für sich veräußern oder verbrauchen, Geld jedoch nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Macht der Vater von dieser Befugnis Gebrauch, so hat er den Werth der Sachen nach der Beendigung der Nutznießung zu ersetzen; der Ersatz ist schon vorher zu leisten, wenn die ordnungsmäßige Verwaltung des Vermögens es erfordert.
§.1545. Der Vater hat die Lasten des seiner Nutznießung unterliegenden Vermögens zu tragen. Seine Haftung bestimmt sich nach den für den Güterstand der Verwaltung und Nutznießung geltenden Vorschriften der §§.1283 bis 1285, 1287. Zu den Lasten gehören auch die Kosten eines für das Kind geführten Rechtsstreits, sofern sie nicht dem freien Vermögen zur Last fallen, sowie die Kosten eines gegen das Kind gerichteten Strafverfahrens, vorbehaltlich der Ersatzpflicht des Kindes im Falle seiner Verurtheilung.
§.1546. Gehört zu dem der Nutznießung unterliegenden Vermögen ein Erwerbsgeschäft, das von dem Vater im Namen des Kindes betrieben wird, so gebührt dem Vater nur der sich aus dem Betrieb ergebende jährliche Reingewinn. Ergiebt sich in einem Jahre ein Verlust, so verbleibt der Gewinn späterer Jahre bis zur Ausgleichung des Verlustes dem Kinde.
§.1547. Steht dem Vater die Verwaltung des seiner Nutznießung unterliegenden Vermögens nicht zu, so kann er auch die Nutznießung nicht ausüben; er kann jedoch die Herausgabe der Nutzungen insoweit verlangen, als sie nicht zur Fortführung einer ordnungsmäßigen Verwaltung und zur Bestreitung der Lasten der Nutznießung erforderlich sind.
Ruht die elterliche Gewalt oder ist dem Vater die Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes durch das Vormundschaftsgericht entzogen, so können die Kosten des Unterhalts des Kindes aus den Nutzungen insoweit vorweg entnommen werden, als sie dem Vater zur Last fallen.
§.1548. Ist der Vater von der Ausübung der Nutznießung ausgeschlossen, so hat er eine ihm dem Kinde gegenüber obliegende Verbindlichkeit, die in Folge der Nutznießung erst nach deren Beendigung zu erfüllen sein würde, sofort zu erfüllen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn die elterliche Gewalt ruht.
§.1549. Das Recht, welches dem Vater kraft seiner Nutznießung am Vermögen des Kindes zusteht, ist nicht veräußerlich.
Zum Ersatze derselben sollen im Artikel 11 des Entwurfes des Einführungsgesetzes folgende Vorschriften in die Zivilprozeßordnung als §.749c eingestellt werden:
Das Recht, welches dem Vater oder der Mutter kraft der elterlichen Nutznießung am Vermögen des Kindes zusteht, ist der Pfändung nicht unterworfen.
Auf die Pfändung der von dem Vater oder der Mutter Das Gleiche gilt von den nach den §§.1546, 1547 dem Vater zustehenden Ansprüchen, solange sie nicht fällig sind.
§.1550. Die Gläubiger des Kindes können ohne Rücksicht auf die elterliche Nutznießung Befriedigung aus dem Vermögen des Kindes verlangen.
Hat der Vater verbrauchbare Sachen nach §.1544 veräußert oder verbraucht, so tritt an die Stelle der Sachen der Anspruch des Kindes auf Ersatz des Werthes. Der Vater ist den Gläubigern gegenüber zum sofortigen Ersatze verpflichtet.
§.1551. Im Verhältnisse des Vaters und des Kindes zu einander finden in Ansehung der Verbindlichkeiten des Kindes die für den Güterstand der Verwaltung und Nutznießung geltenden Vorschriften des §.1314, des §.1315 Abs. 1 und des §.1316 entsprechende Anwendung.
§.1552. Die Nutznießung endigt, wenn sich das Kind verheirathet. Die Nutznießung verbleibt jedoch dem Vater, wenn die Ehe ohne die erforderliche elterliche Einwilligung geschlossen worden ist.
§.1553. Der Vater kann auf die Nutznießung verzichten. Der Verzicht ist dem Vormundschaftsgerichte gegenüber in öffentlich beglaubigter Form zu erklären.
§.1554. Hat der Vater kraft seiner Nutznießung ein zu dem Vermögen des Kindes gehörendes Grundstück vermiethet oder verpachtet, so finden, wenn das Mieth- oder Pachtverhältnitz bei der Beendigung der Nutznießung noch besteht, die Vorschriften des §.965 entsprechende Anwendung.
Gehört zu dem der Nutznießung unterliegenden Vermögen ein landwirthschaftliches Grundstück, so findet die Vorschrift des §.532, gehört zu dem Vermögen ein Landgut, so finden die Vorschriften der §§.532, 533 entsprechende Anwendung.
§.1555. Der Vater hat bei der Ausübung der elterlichen Gewalt dem Kinde gegenüber nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
§.1556. Ist der Vater verhindert, die mit der elterlichen Gewalt verbundenen Pflichten zu erfüllen, so hat das Vormundschaftsgericht die im Interesse des Kindes erforderlichen Maßregeln zu treffen.
Läßt der Vater die für ihn verbindliche Anordnung eines Dritten unbesorgt, so hat das Vormundschaftsgericht das zur Sicherung der Befolgung Erforderliche anzuordnen.
§.1557. Wird das geistige oder leibliche Wohl des Kindes dadurch gefährdet, daß der Vater das Recht der Sorge für die Person des Kindes mißbraucht, das Kind vernachlässigt oder sich eines ehrlosen oder unsittlichen Verhaltens schuldig macht, so hat das Vormundschaftsgericht die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßregeln zu treffen. Das Gleiche gilt, wenn das Kind sittlich verwahrlost und nach der Persönlichkeit und den Lebensverhältnissen des Vaters anzunehmen ist, daß die elterliche Erziehungsgewalt zur Besserung des Kindes nicht ausreicht.
Das Vormundschaftsgericht kann insbesondere anordnen, daß das Kind zum Zwecke der Erziehung in einer geeigneten Familie oder in einer Erziehungs oder Besserungsanstalt untergebracht wird.
Verletzt der Vater das Recht des Kindes auf Gewährung des Unterhalts und ist für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen, so kann ihm auch die Vermögensverwaltung sowie die Nutznießung entzogen werden.
§.1558. Wird das Vermögen des Kindes dadurch gefährdet, daß der Vater die mit der Vermögensverwaltung und der Nutznießung verbundenen Pflichten verletzt oder daß er in Vermögensverfall geräth, so hat das Vormundschaftsgericht die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßregeln zu treffen.
Das Vormundschaftsgericht kann insbesondere anordnen, daß der Vater ein Verzeichnis des Vermögens einreicht und über seine Verwaltung Rechnung legt. Es kann auch, wenn Werthpapiere, Kostbarkeiten oder Buchforderungen gegen das Reich oder einen Bundesstaat zu dem Vermögen des Kindes gehören, dem Vater die gleichen Verpflichtungen auferlegen, welche nach den §§.1694 bis 1696, 1698 einem Vormund obliegen; die Vorschriften der §§.1699, 1700 finden entsprechende Anwendung.
Die Kosten der angeordneten Maßregeln fallen dem Vater zur Last.
§.1559. Sind die nach §.1558 Abs. 2 zulässigen Maßregeln nicht ausreichend, so kann das Vormundschaftsgericht den Vater anhalten, für das seiner Verwaltung unterliegende Vermögen Sicherheit zu leisten. Die Art und den Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt das Vormundschaftsgericht nach freiem Ermessen. Bei der Bestellung und der Aufhebung der Sicherheit wird die Mitwirkung des Kindes durch die Anordnung des Vormundschaftsgerichts ersetzt.
Die Kosten der Sicherheitsleistung fallen dem Vater zur Last.
§.1560. Will der Vater zu einer neuen Ehe schreiten, so hat er seine Absicht dem Vormundschaftsgericht anzuzeigen, auf seine Kosten ein Verzeichnis des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens einzureichen und, soweit in Ansehung dieses Vermögens eine Gemeinschaft zwischen ihm und dem Kinde besteht, die Auseinandersetzung herbeizuführen. Das Vormundschaftsgericht kann gestatten, daß die Auseinandersetzung erst nach der Eheschließung erfolgt.
§.1561. Werden von dem Vater die nach den §§.1558, 1559 getroffenen Anordnungen nicht befolgt oder die nach §.1560 ihm obliegenden Verpflichtungen nicht erfüllt, so kann ihm das Vormundschaftsgericht die Vermögensverwaltung entziehen. Andere Maßregeln sind zur Erzwingung der Sicherheitsleistung nicht zulässig.
§.1562. Das Vormundschaftsgericht kann während der Dauer der elterlichen Gewalt die von ihm getroffenen Anordnungen jederzeit ändern, insbesondere die Erhöhung, Minderung oder Aufhebung der geleisteten Sicherheit anordnen.
§.1563. Verletzt der Vormundschaftsrichter die ihm obliegenden Pflichten, so ist er, soweit ihm ein Verschulden zur Last fällt, dem Kinde nach §.762 Ab. 1 und nach §.763 verantwortlich.
§.1564. Der Gemeindewaisenrath hat dem Vormundschaftsgericht Anzeige zu machen, wenn ein Fall zu seiner Kenntnitz gelangt, in welchem das Vormundschaftsgericht zum Einschreiten berufen ist.
§.1565. Die elterliche Gewalt des Vaters ruht, wenn er geschäftsunfähig ist.
Das Gleiche gilt, wenn der Vater in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist oder wenn er nach §.1772 einen Vormund erhalten hat; es steht ihm jedoch neben dem gesetzlichen Vertreter die Sorge für die Person des Kindes in gleicher Weise zu wie nach §.1529 der Mutter neben dem Vater.
§.1566. Die elterliche Gewalt des Vaters ruht, wenn von dem Vormundschaftsgerichte festgestellt wird, daß der Vater auf längere Zeit an der Ausübung der elterlichen Gewalt thatsächlich verhindert ist und der Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes durch die Anordnung einer Pflegeschaft nicht genügt werden kann.
Das Ruhen endigt, wenn von dem Vormundschaftsgerichte festgestellt wird, daß der Grund nicht mehr besteht.
§.1567. Dem Vater verbleibt, auch wenn seine elterliche Gewalt ruht, unbeschadet der Vorschrift des §.1573 Abs. 2, die Nutznießung am Vermögen des Kindes.
§.1568. Die elterliche Gewalt des Vaters endigt, wenn er für todt erklärt wird, mit dem Zeitpunkte, welcher als Zeitpunkt des Todes gilt.
Lebt der Vater noch, so erlangt er die elterliche Gewalt dadurch wieder, daß er dem Vormundschaftsgerichte seinen hierauf gerichteten Willen erklärt.
§.1569. Der Vater verwirkt die elterliche Gewalt, wenn er wegen eines an dem Kinde begangenen Verbrechens oder vorsätzlich verübten Vergehens zu Zuchthausstrafe oder zu einer Gefängnisstrafe von mindestens sechs Monaten verurtheilt wird. Ist wegen des Zusammentreffens mit einer anderen strafbaren Handlung auf eine Gesamtstrafe erkannt, so entscheidet die Einzelstrafe, welche für das an dem Kinde begangene Verbrechen oder Vergehen verwirkt ist.
Die Verwirkung der elterlichen Gewalt tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein.
§.1570. Endigt oder ruht die elterliche Gewalt des Vaters oder hört auch nur seine Vermögensverwaltung auf, so hat er dem Kinde das Vermögen herauszugeben und über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen.
§.1571. Der Vater ist auch nach der Beendigung der elterlichen Gewalt zur Fortführung der mit der Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes verbundenen Geschäfte berechtigt, bis er von der die Beendigung bewirkenden Thatsache Kenntnitz erlangt hat oder diese Thatsache hätte kennen müssen. Ein Dritter kann sich auf diese Berechtigung nicht berufen, wenn er bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts die Beendigung der elterlichen Gewalt gekannt hat oder hätte kennen müssen.
Endigt die elterliche Gewalt in Folge des Todes des Kindes, so hat der Vater diejenigen Geschäfte, mit deren Aufschube Gefahr verbunden sein würde, zu besorgen, bis die Erben anderweit Fürsorge treffen können.
2. Elterliche Gewalt der Mutter.
§.1572. Der Mutter steht die elterliche Gewalt zu:
1. wenn der Vater gestorben oder für todt erklärt ist;
2. wenn der Vater die elterliche Gewalt verwirkt hat und die Ehe aufgelöst ist.
Im Falle der Todeserklärung beginnt die elterliche Gewalt der Mutter mit dem Zeitpunkte, welcher als Zeitpunkt des Todes des Vaters gilt.
§.1573. Solange die elterliche Gewalt des Vaters ruht, wird die elterliche Gewalt von der Mutter ausgeübt.
Die Mutter ist von der Ausübung ausgeschlossen, wenn der Vater wegen Verschwendung oder wegen Trunksucht entmündigt oder wenn die Ehe aufgelöst ist. Im Falle der Auflösung der Ehe hat jedoch das Vormundschaftsgericht der Mutter auf ihren Antrag die Ausübung zu übertragen, wenn keine Aussicht besteht, daß der Grund, aus welchem die elterliche Gewalt des Vaters ruht, wegfallen werde; mit der Uebertragung der elterlichen Gewalt erlangt die Mutter in diesem Falle auch die Nutznießung am Vermögen des Kindes.
§.1574. Wird für das Kind ein Vormund bestellt, weil die elterliche Gewalt des Vaters ruht, verwirft oder ihm entzogen ist, oder erhält das Kind wegen Beschränkung des Erziehungsrechts des Vaters einen Pfleger, so steht der Mutter die Sorge für die Person des Kindes neben dem Vormund oder dem Pfleger in gleicher Weise zu wie nach §.1529 neben dem Vater.
§.1575. Auf die elterliche Gewalt der Mutter finden, soweit sich nicht aus den §§.1576 bis 1586 ein Anderes ergiebt, die für die elterliche Gewalt des Vaters geltenden Vorschriften Anwendung.
§.1576. Das Vormundschaftsgericht hat der Mutter einen Beistand zu bestellen:
1. wenn der Vater durch Verfügung von Todeswegen die Bestellung nach Maßgabe des §.1658 angeordnet hat;
2. wenn die Mutter die Bestellung beantragt;
3. wenn das Vormundschaftsgericht aus besonderen Gründen, insbesondere wegen des Umfangs oder der Schwierigkeit der Vermögensverwaltung, oder in den Fällen der §§.1557, 1558 die Bestellung im Interesse des Kindes für nöthig erachtet.
§.1577. Der Beistand kann für alle Angelegenheiten, für gewisse Arten derselben oder für einzelne Angelegenheiten bestellt werden.
Ueber den Umfang seines Wirkungskreises entscheidet die Bestellung. Ist der Umfang nicht bestimmt, so fallen alle Angelegenheiten in seinen Wirkungskreis.
Hat der Vater die Bestellung angeordnet, so sind die über den Umfang des Wirkungskreises von ihm getroffenen Bestimmungen für das Vormundschaftsgericht maßgebend.
§.1578. Der Beistand hat innerhalb seines Wirkungskreises die Mutter bei der Ausübung der elterlichen Gewalt zu unterstützen und zu überwachen, auch dem Vormundschaftsgerichte jeden Fall, in welchem es zum Einschreiten berufen ist, unverzüglich anzuzeigen.
§.1579. Die Genehmigung des Beistandes ist innerhalb seines Wirkungskreises zu jedem Rechtsgeschäft erforderlich, zu dem ein Vormund der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts oder des Gegenvormundes bedarf. Ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, welche die Mutter nicht ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vornehmen kann. Die Genehmigung des Beistandes wird durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt.
Das Vormundschaftsgericht soll vor der Entscheidung über die Genehmigung in allen Fällen, in denen das Rechtsgeschäft zu dem Wirkungskreise des Beistandes gehört, den Beistand hören, sofern ein solcher vorhanden ist und ein rechtliches oder thatsächliches Hindernitz nicht entgegensteht.
Die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts, zu welchem die Mutter der Genehmigung des Beistandes bedarf, bestimmt sich nach den Vorschriften der §§.1708 bis 1711.
§.1580. Soweit die Anlegung des zu dem Vermögen des Kindes gehörenden Geldes in den Wirkungskreis des Beistandes fällt, finden die für die vormundschaftliche Verwaltung geltenden Vorschriften der §§.1689, 1691 entsprechende Anwendung.
§.1581. Ist der Mutter für die Vermögensverwaltung ein Beistand bestellt, so hat sie ein Verzeichnis des ihrer Verwaltung unterliegenden Vermögens unter Zuziehung des Beistandes aufzunehmen und dem Vormundschaftsgericht einzureichen.
§.1582. Das Vormundschaftsgericht kann auf Antrag der Mutter dem Beistande die Vermögensverwaltung ganz oder theilweise übertragen; soweit dies geschieht, hat der Beistand die Rechte und Pflichten eines Pflegers. Die Uebertragung kann mit Zustimmung der Mutter wieder aufgehoben werden.
§.1583. Für die Berufung, Bestellung und Beaufsichtigung des Beistandes, für seine Haftung und seine Ansprüche, für die ihm zu bewilligende Vergütung und für die Beendigung seines Amtes gelten die gleichen Vorschriften wie bei dem Gegenvormunde.
Das Amt des Beistandes endigt auch dann, wenn die elterliche Gewalt der Mutter ruht.
§.1584. Das Vormundschaftsgericht kann in den Fällen des §.1576 Nr. 2, 3 die Bestellung des Beistandes jederzeit wieder aufheben, im Falle des §.1576 Nr. 2 jedoch nur mit Zustimmung der Mutter.
§.1585. Ruht die elterliche Gewalt der Mutter wegen Minderjährigkeit, so hat sie das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen; zur Vertretung des Kindes ist sie jedoch nicht berechtigt. Der Vormund des Kindes hat ihr gegenüber die Stellung eines Beistandes.
§.1586. Die Mutter verliert die elterliche Gewalt, wenn sie sich wieder verheirathet. Sie behält jedoch unter den im §.1585 bestimmten Beschränkungen das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen.
Vierter Titel. Rechtliche Stellung der Kinder aus ungültigen Ehen.
§.1587. Kinder aus einer nichtigen Ehe, die im Falle der Gültigkeit der Ehe eheliche Kinder sein würden, gelten als ehelich, sofern nicht beide Ehegatten die Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung gekannt haben.
Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn die Nichtigkeit der Ehe auf einem Formmangel beruht und die Ehe nicht in das Heirathsregister eingetragen worden ist.
§.1588. Das Verhältnitz der Eltern zu Kindern, die nach §.1587 als ehelich gelten, bestimmt sich, soweit nicht die §. 1589, 1590 ein Anderes ergeben, nach den Vorschriften, welche für Kinder aus einer geschiedenen Ehe gelten, wenn beide Ehegatten für schuldig erklärt sind.
§.1589. War dem Vater die Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung bekannt, so hat er nicht die sich aus der Vaterschaft ergebenden Rechte. Die elterliche Gewalt über die Kinder steht der Mutter zu.
§.1590. War der Mutter die Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung bekannt, so hat sie in Ansehung der Kinder nur diejenigen Rechte, welche im Falle der Ehescheidung der allein für schuldig erklärten Frau zustehen.
Stirbt der Vater oder endigt seine elterliche Gewalt aus einem anderen Grunde, so hat die Mutter nur das Recht und die Pflicht, für die Person der Kinder zu sorgen; zur Vertretung der Kinder ist sie jedoch nicht berechtigt. Der Vormund der Kinder hat ihr gegenüber die Stellung eines Beistandes.
Die Vorschriften des Abs. 2 finden auch dann Anwendung, wenn die elterliche Gewalt des Vaters nach §.1565 Abs. 1 oder nach §.1566 ruht.
§.1591. Gelten Kinder nicht als ehelich, weil beiden Ehegatten die Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung bekannt war, so können sie gleichwohl von dem Vater, solange er lebt, Unterhalt wie eheliche Kinder verlangen. Das im §.1507 Abs. 2 bestimmte Recht steht dem Vater nicht zu.
§.1592. Die Vorschriften der §§.1587 bis 1591 finden auf Kinder aus einer anfechtbaren Ehe, die angefochten ist, entsprechende Anwendung. Wird die Ehe wegen Drohung angefochten, so steht der ansechtungsberechtigte Ehegatte einem Ehegatten gleich, dem die Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung unbekannt war.
Fünfter Titel. Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder.
§.1593. Das uneheliche Kind hat im Verhältnisse zur Mutter und zu den Verwandten der Mutter die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes.
§.1594. Das uneheliche Kind erhält den Familiennamen der Mutter. Führt die Mutter in Folge ihrer Verheirathung einen anderen Namen, so erhält das Kind den Familiennamen, welchen die Mutter vor der Verheirathung geführt hat.
§.1595. Der Mutter steht nicht die elterliche Gewalt über das uneheliche Kind zu. Sie hat jedoch unter den im §.1590 Abs. 2 bestimmten Beschränkungen das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen.
§.1596. Der Vater des unehelichen Kindes ist verpflichtet, dem Kinde bis zu dessen vollendetem sechzehnten Lebensjahre den der Lebensstellung der Mutter entsprechenden Unterhalt zu gewähren. Der Unterhalt umfaßt den gesammten Lebensbedarf sowie die Kosten der Erziehung und der Vorbildung zu einem Berufe.
Der Vater ist vor der Mutter und den mütterlichen Verwandten des Kindes unterhaltspflichtig.
§.1597. Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren.
Die Rente ist für ein Vierteljahr vorauszuzahlen. Hat das Kind den Beginn des Vierteljahrs erlebt, so gebührt ihm der volle auf das Vierteljahr fallende Betrag.
Vorausleistungen befreien den Vater nur insoweit, als sie für das Vierteljahr bewirkt sind.
§.1598. Der Unterhalt kann auch für die Vergangenheit verlangt werden.
§.1599. Der Unterhaltsanspruch erlischt nicht mit dem Tode des Vaters; er kann geltend gemacht werden, auch wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben ist.
Die Erben des Vaters sind berechtigt, das Kind mit dem Betrag abzufinden, welcher dem Kinde im Falle seiner Ehelichkeit als Pflichttheil gebühren würde. Sind mehrere uneheliche Kinder vorhanden, so wird die Abfindung so berechnet, wie wenn sie alle ehelich wären.
§.1600. Der Unterhaltsanspruch erlischt mit dem Tode des Kindes, soweit er nicht auf Erfüllung oder Entschädigung wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit oder auf solche im Voraus zu bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes des Kindes bereits fällig waren.
Die Kosten der Beerdigung sind von dem Vater zu tragen, soweit ihre Bezahlung von dem Erben des Kindes nicht zu erlangen ist.
§.1601. Eine Vereinbarung zwischen dem Vater und dem Kinde über den Unterhalt für die Zukunft oder über eine dem Kinde zu gewährende Abfindung bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
Ein unentgeltlicher Verzicht auf den Unterhalt für die Zukunft ist unzulässig.
§.1602. Der Vater ist verpflichtet, der Mutter die Kosten der Entbindung und die Kosten des Unterhalts für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung innerhalb der Grenzen der Notdurft zu ersetzen. Den gewöhnlichen Betrag dieser Kosten kann die Mutter ohne Rücksicht auf den wirklichen Aufwand verlangen.
Der Anspruch kann geltend gemacht werden, auch wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben oder wenn das Kind todt geboren ist.
Der Anspruch verjährt in vier Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablaufe von sechs Wochen nach der Geburt des Kindes.
§.1603. Schon vor der Geburt des Kindes kann auf Antrag der Mutter durch einstweilige Verfügung angeordnet werden, daß der Vater den für das erste Vierteljahr dem Kinde zu gewährenden Unterhalt alsbald nach der Geburt an die Mutter oder an den Vormund zu zahlen und den hierzu erforderlichen Betrag angemessene Zeit vor der Geburt zu hinterlegen hat. Eine gleiche Anordnung kann auf Antrag der Mutter in Ansehung der im §.1602 Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Kosten getroffen werden; die Anordnung ist auf Zahlung an die Mutter zu richten.
Zur Erlassung der einstweiligen Verfügung ist nicht erforderlich, daß eine Gefährdung des Anspruchs glaubhaft gemacht wird.
§.1604. Als Vater des unehelichen Kindes im Sinne der §§.1596 bis 1603 gilt, wer der Mutter innerhalb der Empfängniszeit beigewohnt hat, es sei denn, daß auch ein Anderer ihr innerhalb dieser Zeit beigewohnt hat. Eine Beiwohnung bleibt jedoch außer Betracht, wenn es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Mutter das Kind aus dieser Beiwohnung empfangen hat.
Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem einhunderteinundachtzigsten bis zu dem dreihundertundzweiten Tage vor dem Tage der Geburt des Kindes, mit Einschluß sowohl des einhunderteinundachtzigsten als des dreihundertundzweiten Tages.
§.1605. Wer seine Vaterschaft nach der Geburt des Kindes in einer öffentlichen Urkunde anerkannt hat, kann sich nicht darauf berufen, daß ein Anderer der Mutter innerhalb der Empfängniszeit beigewohnt habe.
Sechster Titel. Legitimation unehelicher Kinder.
I. Legitimation durch nachfolgende Ehe.
§.1606. Ein uneheliches Kind erlangt dadurch, daß der Vater sich mit der Mutter verheirathet, von der Eheschließung an die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes.
§.1607. Der Ehemann der Mutter gilt als Vater des Kindes, wenn er ihr innerhalb der in §.1604 Abs. 2 bestimmten Empfängniszeit beigewohnt hat, es sei denn, daß es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Mutter das Kind aus dieser Beiwohnung empfangen hat.
Hat der Ehemann seine Vaterschaft in einer öffentlichen Urkunde anerkannt, so wird vermuthet, daß er der Mutter innerhalb der Empfängniszeit beigewohnt habe.
§.1608. Ist die Ehe der Eltern nichtig oder ist sie anfechtbar und angefochten, so finden die Vorschriften der §§.1587 bis 1592 entsprechende Anwendung.
§.1609. Die Eheschließung zwischen den Eltern hat für die Abkömmlinge des unehelichen Kindes die Wirkungen der Legitimation auch dann, wenn das Kind vor der Eheschließung gestorben ist.
II. Legitimation durch Ehelichkeitserklärung.
§.1610. Ein uneheliches Kind kann auf Antrag seines Vaters durch eine Verfügung der Staatsgewalt für ehelich erklärt werden. Die Ehelichkeitserklärung steht dem Staate zu, welchem der Vater angehört.
Mit der Ehelichkeitserklärung erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes.
§.1611. Die Ehelichkeitserklärung kann nur erfolgen, wenn der Vater das Kind in dem Antrag als das seinige anerkannt hat.
§.1612. Die Ehelichkeitserklärung ist nicht zulässig, wenn zur Zeit der Erzeugung des Kindes eine Ehe zwischen den Eltern nach §.1216 Abs. 1 wegen Verwandtschaft oder Schwägerschaft verboten war.
§.1613. Zur Ehelichkeitserklärung ist die Einwilligung des Kindes, der Mutter des Kindes und, wenn der Vater verheirathet ist, der Frau des Vaters erforderlich. Der Einwilligung der Mutter bedarf es nicht, wenn das Kind das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat.
Wird die Einwilligung von der Mutter verweigert, so kann sie auf Antrag des Kindes durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn das Unterbleiben der Ehelichkeitserklärung dem Kinde zu unverhältnismäßigen Nachtheile gereichen würde.
Die Einwilligung der Mutter ist nicht erforderlich, wenn die Mutter zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt ist. Das Gleiche gilt von der Einwilligung der Frau des Vaters.
§.1614. Der Antrag auf Ehelichkeitserklärung sowie die Einwilligung der im §.1613 bezeichneten Personen kann nicht durch einen Vertreter erfolgen.
Ist jedoch das Kind geschäftsunfähig oder hat es das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so kann sein gesetzlicher Vertreter die Einwilligung mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ertheilen.
§.1615. Ist der Vater in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zu dem Antrag auf Ehelichkeitserklärung, außer der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
Ist das Kind in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so gilt das Gleiche für die Ertheilung seiner Einwilligung.
Ist die Mutter des Kindes oder die Frau des Vaters in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist zur Ertheilung ihrer Einwilligung die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich.
§.1616. Der Antrag auf Ehelichkeitserklärung sowie die Einwilligung der im §.1613 bezeichneten Personen bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Die Einwilligung ist dem Vater oder der Behörde gegenüber zu erklären, bei welcher der Antrag einzureichen ist; die Erklärung ist unwiderruflich.
§.1617. Für die Anfechtung des Antrags auf Ehelichkeitserklärung und der Einwilligung der im §.1613 bezeichneten Personen sowie für die Bestätigung einer anfechtbaren Erklärung dieser Art gelten die Vorschriften der §§.1614, 1615.
§.1618. Die Ehelichkeitserklärung kann versagt werden, auch wenn ihr ein gesetzliches Hindernitz nicht entgegensteht.
Die Ehelichkeitserklärung kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen.
§.1619. Die Ehelichkeitserklärung kann nicht nach dem Tode des Kindes erfolgen.
Nach dem Tode des Vaters ist die Ehelichkeitserklärung nur zulässig, wenn der Vater den Antrag auf Ehelichkeitserklärung bei der zuständigen Behörde eingereicht oder bei oder nach der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung des Antrags das Gericht oder den Notar mit der Einreichung betraut hatte.
Die nach dem Tode des Vaters erfolgte Ehelichkeitserklärung hat die gleiche Wirkung, wie wenn sie vor dem Tode des Vaters erfolgt wäre.
§.1620. Die Ehelichkeitserklärung ist unwirksam, wenn ein gesetzliches Erforderlich fehlt. Auf die Wirksamkeit der Ehelichkeitserklärung ist es jedoch ohne Einfluß, wenn der Antragsteller nicht der wirkliche Vater des Kindes oder wenn mit Unrecht angenommen worden ist, daß die Mutter des Kindes oder die Frau des Vaters zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt sei.
§.1621. Die Wirkungen der Ehelichkeitserklärung erstrecken sich auf die Abkömmlinge des Kindes, nicht auf die Verwandten des Vaters. Die Frau des Vaters ist nicht mit dem Kinde, der Ehegatte des Kindes ist nicht mit dem Vater verschwägert.
Die zwischen dem Kinde und seinen Verwandten durch die Verwandtschaft begründeten Rechte und Pflichten bleiben unberührt, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt.
§.1622. Durch die Ehelichkeitserklärung verliert die Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. Hat sie dem Kinde den Unterhalt zu gewähren, so treten Recht und Pflicht wieder ein, wenn die elterliche Gewalt des Vaters beendet ist oder in der Weise ruht, daß ihm auch die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht.
§.1623. Der Vater ist dem Kinde und dessen Abkömmlingen vor der Mutter, und den mütterlichen Verwandten zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet.
§.1624. Will der Vater eine Ehe eingehen, während er die elterliche Gewalt über das Kind hat, so finden die Vorschriften der §§.1560 bis 1562 Anwendung.
Siebenter Titel. Annahme an Kindesstatt.
§.1625. An Kindesstatt kann nur annehmen, wer eheliche Abkömmlinge nicht hat.
Das Vorhandensein eines angenommenen Kindes steht einer weiteren Annahme an Kindesstatt nicht entgegen.
§.1626. Der Annehmende muß das fünfzigste Lebensjahr vollendet haben und mindestens achtzehn Jahre älter sein als das Kind.
Von diesen Erfordernissen kann Befreiung gewährt werden, von der Vollendung des fünfzigsten Lebensjahrs jedoch nur, wenn der Annehmende volljährig ist.
§.1627. Wer verheirathet ist, kann nur mit Einwilligung seines Ehegatten an Kindesstatt annehmen oder angenommen werden.
Die Einwilligung ist nicht erforderlich, wenn der Ehegatte zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§.1628. Als gemeinschaftliches Kind kann ein Kind nur von einem Ehepaar angenommen werden.
Ein angenommenes Kind kann, solange das durch die Annahme begründete Rechtsverhältnis besteht, nur von dem Ehegatten des Annehmenden an Kindesstatt angenommen werden.
§.1629. Ein eheliches Kind kann nur mit Einwilligung seiner Eltern, ein uneheliches Kind kann nur mit Einwilligung seiner Mutter an Kindesstatt angenommen werden. Die Vorschrift des §.1627 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.
Die Einwilligung ist nicht erforderlich, wenn das Kind das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat.
§.1630. Die Annahme an Kindesstatt kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen.
§.1631. Die Annahme an Kindesstatt erfolgt durch Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Kinde. Der Vertrag muß vor Gericht oder vor einem Notar geschlossen werden.
§.1632. Der Annahmevertrag bedarf der Bestätigung durch das zuständige Gericht. Die Bestätigung ist nur zu versagen, wenn ein gesetzliches Erforderniß der Annahme an Kindesstatt fehlt.
Die Annahme an Kindesstatt tritt mit der Bestätigung in Kraft. Die Vertragschließenden sind schon vor der Bestätigung gebunden. Mit der endgültigen Versagung der Bestätigung verliert der Vertrag seine Kraft.
§.1633. Der Annahmevertrag kann nicht durch Vertreter geschlossen werden.
Hat jedoch das Kind das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so kann sein gesetzlicher Vertreter den Vertrag mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts schließen.
§.1634. Ist der Annehmende in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zur Eingehung des Vertrags, außer der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
Das Gleiche gilt für das Kind, wenn es in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist.
§.1635. Will ein Vormund seinen Mündel an Kindesstatt annehmen, so soll das Vormundschaftsgericht die Genehmigung nicht ertheilen, solange der Vormund im Amte ist. Will Jemand seinen früheren Mündel an Kindesstatt annehmen, so soll das Vormundschaftsgericht die Genehmigung nicht ertheilen, bevor er über seine Verwaltung Rechnung gelegt und das Vorhandensein des Mündelvermögens nachgewiesen hat.
Das Gleiche gilt, wenn ein zur Vermögensverwaltung bestellter Pfleger seinen Pflegling oder seinen früheren Pflegling an Kindesstatt annehmen will.
§.1636. Die Einwilligung der in den §§.1627, 1629 bezeichneten Personen bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Sie ist dem Annehmenden oder dem Kinde oder dem für die Bestätigung des Annahmevertrags zuständigen Gerichte gegenüber zu erklären; die Erklärung ist unwiderruflich.
Die Einwilligung kann nicht durch einen Vertreter ertheilt werden. Ist der Einwilligende in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
§.1637. Die Bestätigung des Annahmevertrags kann nicht nach dem Tode des Kindes erfolgen.
Nach dem Tode des Annehmenden ist die Bestätigung nur zulässig, wenn der Annehmende oder das Kind den Antrag auf Bestätigung bei dem zuständigen Gericht eingereicht oder bei oder nach der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung des Vertrags das Gericht oder den Notar mit der Einreichung betraut hatte.
Die nach dem Tode des Annehmenden erfolgte Bestätigung hat die gleiche Wirkung, wie wenn sie vor dem Tode erfolgt wäre.
§.1638. Auf die Wirksamkeit der Annahme an Kindesstatt ist es ohne Einfluß, wenn bei der Bestätigung des Annahmevertrags mit Unrecht angenommen worden ist, daß eine der in den §§.1627, 1629 bezeichneten Personen zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt sei.
§.1639. Durch die Annahme an Kindesstatt erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden.
Wird von einem Ehepaare gemeinschaftlich ein Kind angenommen oder nimmt ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten an, so erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes der Ehegatten.
§.1640. Die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt erstrecken sich auf die Abkömmlinge des angenommenen Kindes. Auf einen zur Zeit des Vertragsabschlusses schon vorhandenen Abkömmling und dessen später geborene Abkömmlinge erstrecken sich die Wirkungen nur, wenn der Vertrag zugleich mit dem schon vorhandenen Abkömmlinge geschlossen worden ist.
§.1641. Die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt erstrecken sich nicht auf die Verwandten des Annehmenden. Der Ehegatte des Annehmenden ist nicht mit dem Kinde, der Ehegatte des Kindes ist nicht mit dem Annehmenden verschwägert.
§.1642. Das angenommene Kind erhält den Familiennamen des Annehmenden. Wird das Kind von einer Frau angenommen, die in Folge ihrer Verheirathung einen anderen Namen führt, so erhält es den Familiennamen, welchen die Frau vor der Verheirathung geführt hat. In den Fällen des §.1639 Abs. 2 erhält das Kind den Familiennamen des Mannes.
Das Kind darf dem neuen Namen keinen früheren Familiennamen hinzufügen, sofern nicht in dem Annahmevertrag ein Anderes bestimmt ist.
§.1643. Der Annehmende hat über das Vermögen des Kindes, soweit es auf Grund der elterlichen Gewalt seiner Verwaltung unterliegt, auf seine Kosten ein Verzeichnis aufzunehmen und dem Vormundschaftsgericht einzureichen. Erfüllt er diese Verpflichtung nicht, so kann ihm das Vormundschaftsgericht die Vermögensverwaltung entziehen. Die Entziehung kann jederzeit wieder aufgehoben werden.
Will der Annehmende, während er die elterliche Gewalt über das Kind hat, eine Ehe eingehen, so finden die Vorschriften der §§.1560 bis 1562 Anwendung.
§.1644. Durch die Annahme an Kindesstatt wird ein Erbrecht für den Annehmenden nicht begründet.
§.1645. Die zwischen dem Kinde und seinen Verwandten durch die Verwandtschaft begründeten Rechte und Pflichten werden durch die Annahme an Kindesstatt nicht berührt, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt.
§.1646. Durch die Annahme an Kindesstatt verlieren die leiblichen Eltern die elterliche Gewalt über das Kind, die uneheliche Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen.
Hat der Vater oder die Mutter dem Kinde den Unterhalt zu gewähren, so treten das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen, wieder ein, wenn die elterliche Gewalt des Annehmenden beendigt ist oder wenn sie nach §.1565 Abs. 1 oder nach §.1566 ruht. Das Recht zur Vertretung des Kindes tritt nicht wieder ein.
§.1647. Der Annehmende ist dem Kinde und dessen Abkömmlingen, soweit sich die Wirkungen der Annahme auf sie erstrecken, vor den leiblichen Verwandten des Kindes zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet.
Soweit die Vorschriften über die Unterhaltspflicht der Verwandten ein Erb- oder Pflichttheilsrecht zwischen dem Bedürftigen und dem Verpflichteten voraussetzen, gilt bei der Anwendung dieser Vorschriften der Annehmende als erbund pflichttheilsberechtigt.
§.1648. In dem Annahmevertrage kann die Nutznießung des Annehmenden am Vermögen des Kindes sowie das Erbrecht des Kindes dem Annehmenden gegenüber ausgeschlossen werden.
Im Uebrigen können, vorbehaltlich der Vorschrift des §.1642 Abs. 2, die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt in dem Annahmevertrage nicht geändert werden.
§.1649. Das durch die Annahme an Kindesstatt begründete Rechtsverhältnis kann wieder aufgehoben werden. Die Aufhebung kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen.
Die Aufhebung erfolgt durch Vertrag zwischen dem Annehmenden, dem angenommenen Kinde und denjenigen Abkömmlingen des Kindes, auf welche sich die Wirkungen der Annahme erstrecken.
Hat ein Ehepaar gemeinschaftlich ein Kind angenommen oder hat ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten angenommen, so bedarf es der Theilnahme beider Ehegatten an dem Aufhebungsvertrage.
§.1650. Nach dem Tode des Kindes können die übrigen Betheiligten das unter ihnen bestehende Rechtsverhältnis durch Vertrag aufheben. Das Gleiche gilt in den Fällen des §.1639 Abs. 2 nach dem Tode eines der Ehegatten.
§.1651. Die für den Annahmevertrag und dessen Bestätigung geltenden Vorschriften der §§.1631 bis 1634 und des §.1637 gelten auch für den Aufhebungsvertrag.
§.1652. Auf die Anfechtung des Annahme- oder des Aufhebungsvertrags, auf die Anfechtung der Einwilligung der in den §§.1627, 1629 bezeichneten Personen sowie auf die Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäfts finden die Vorschriften der §§.1633, 1634 und des §.1636 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
§.1653. Schließen Personen, die durch Annahme an Kindesstatt verbunden sind, der Vorschrift des §.1217 zuwider eine Ehe, so tritt mit der Eheschließung die Aufhebung des durch die Annahme zwischen ihnen begründeten Rechtsverhältnisses ein.
Ist die Ehe nichtig oder ist sie anfechtbar und angefochten, so wird, wenn dem einen Ehegatten die elterliche Gewalt über den anderen zusteht, diese mit der Eheschließung verwirft. Die Verwirkung tritt nicht ein, wenn die Nichtigkeit der Ehe auf einem Formmangel beruht und die Ehe nicht in das Heirathsregister eingetragen worden ist.
§.1654. Durch die Aufhebung der Annahme an Kindesstatt verlieren das Kind und diejenigen Abkömmlinge des Kindes, auf welche sich die Aufhebung erstreckt, das Recht, den Familiennamen des Annehmenden zu führen. Diese Vorschrift findet in den Fällen des §.1639 Abs. 2 keine Anwendung, wenn die Aufhebung nach dem Tode eines der Ehegatten erfolgt.
Dritter Abschnitt. Vormundschaft.
Erster Titel. Vormundschaft über Minderjährige.
I. Anordnung der Vormundschaft.
§.1655. Ein Minderjähriger erhält einen Vormund, wenn er nicht unter elterlicher Gewalt steht oder wenn er zwar unter elterlicher Gewalt steht, die Eltern aber weder in den die Person noch in den das Vermögen betreffenden Angelegenheiten zur Vertretung des Minderjährigen berechtigt sind.
Ein Minderjähriger erhält einen Vormund auch dann, wenn sein Familienstand nicht zu ermitteln ist.
§.1656. Das Vormundschaftsgericht hat die Vormundschaft von Amtswegen anzuordnen.
§.1657. Als Vormünder sind in nachstehender Reihenfolge berufen:
1. wer von dem Vater des Mündels als Vormund benannt ist;
2. wer von der ehelichen Mutter des Mündels als Vormund benannt ist;
3. der Großvater des Mündels von väterlicher Seite;
4. der Großvater des Mündels von mütterlicher Seite.
Die Großväter sind nicht berufen, wenn der Mündel von einem anderen als dem Ehegatten seines Vaters oder seiner Mutter an Kindesstatt angenommen ist. Das Gleiche gilt, wenn derjenige, von welchem der Mündel abstammt, von einem Anderen als dem Ehegatten seines Vaters oder seiner Mutter an Kindesstatt angenommen ist und die Wirkungen der Annahme sich auf den Mündel erstrecken.
§.1658. Der Vater kann einen Vormund nur benennen, wenn ihm zur Zeit seines Todes die elterliche Gewalt über das Kind zusteht; er hat dieses Recht nicht, wenn er in den die Person oder in den das Vermögen betreffenden Angelegenheiten nicht zur Vertretung des Kindes berechtigt ist. Das Gleiche gilt für die Mutter.
Der Vater kann für ein nach seinem Tode geborenes Kind einen Vormund benennen, wenn er im Falle der vorher erfolgten Geburt hierzu berechtigt gewesen wäre.
Die Benennung des Vormundes kann nur durch Verfügung von Todeswegen erfolgen.
§.1659. Wer nach §.1657 als Vormund berufen ist, darf ohne seine Zustimmung nur übergangen werden, wenn er nach bei §§.1661 bis 1665 von der Vormundschaft ausgeschlossen ist oder wenn er an der Übernahme der Vormundschaft verhindert ist oder die Übernahme verzögert oder wenn seine Bestellung das Interesse des Mündels gefährdet.
War der Berufene nur vorübergehend verhindert, so ist er nach dem Wegfalle des Hindernisses auf seinen Antrag an Stelle des bisherigen Vormundes zum Vormunde zu bestellen.
Für eine Ehefrau darf der Mann vor den nach §.1657 Berufenen, für ein uneheliches Sind darf die Mutter vor dem Großvater zum Vormunde bestellt werden.
Neben dem Berufenen darf nur mit dessen Zustimmung ein Mitvormund bestellt werden.
§.1660. Ist die Vormundschaft nicht einem nach §.1657 Berufenen zu übertragen, so hat das Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Gemeindewaisenraths eine Person als Vormund auszuwählen, die nach ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie nach den sonstigen Umständen zur Führung der Vormundschaft geeignet ist. Verwandte und Verschwägerte des Mündels sind zunächst zu berücksichtigen.
In der Regel soll für den Mündel und, wenn mehrere Geschwister zu bevormunden sind, für alle Mündel nur ein Vormund bestellt werden.
Bei der Bestellung des Vormundes kann die Entlassung für den Fall vorbehalten werden, daß ein bestimmtes Ereignitz eintritt oder nicht eintritt.
§.1661. Zum Vormunde kann nicht bestellt werden, wer geschäftsunfähig oder wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht entmündigt ist.
§.1662. Zum Vormunde soll nicht bestellt werden:
1. wer minderjährig oder nach §.1783 unter vor läufige Vormundschaft gestellt ist;
2. wer nach §.1772 einen Vormund oder nach §.1787 zur Besorgung seiner gesammten Vermögensangelegenheiten einen Pfleger erhalten hat;
3. wer in Konkurs verfallen ist, während der Dauer des Konkurses;
4. wer der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt ist, nach Maßgabe der Vorschriften des Strafgesetzbuchs.
§.1663. Zum Vormunde soll nicht bestellt werden, wer durch Anordnung des Vaters oder der ehelichen Mutter des Mündels von der Vormundschaft ausgeschlossen ist. Die Mutter kann den von dem Vater als Vormund Benannten nicht ausschließen.
Auf die Ausschließung finden die Vorschriften des §.1658 Anwendung.
§.1664. Zum Vormunde soll nicht eine Frau bestellt werden. Ausgenommen sind die Mutter und die Großmutter des Mündels sowie eine Frau, die von dem Vater oder von der ehelichen Mutter als Vormund benannt ist.
Eine Frau, die mit einem Anderen als dem Vater des Mündels verheirathet ist, darf nur mit Zustimmung ihres Mannes zum Vormunde bestellt werden.
§.1665. Ein Beamter oder ein Religionsdiener, der nach den Landesgesetzen einer besonderen Erlaubniß zur Übernahme einer Vormundschaft bedarf, soll nicht ohne die vorgeschriebene Erlaubniß zum Vormunde bestellt werden.
§.1666. Die Übernahme der Vormundschaft kann ablehnen:
1. eine Frau;
2. wer das sechszigste Lebensjahr vollendet hat;
3. wer mehr als vier minderjährige eheliche Kinder hat; ein von einem anderen an Kindesstatt angenommenes Kind wird nicht gerechnet;
4. wer durch Krankheit oder durch Gebrechen verhindert wird, die Vormundschaft ordnungsmäßig zu führen;
5. wer wegen Entfernung seines Wohnsitzes von dem Sitze des Vormundschaftsgerichts die Vormundschaft nicht ohne besondere Belästigung führen kann;
6. wer nach §.1722 zur Sicherheitsleistung angehalten wird;
7. wer mit einem Anderen zur gemeinschaftlichen Führung der Vormundschaft bestellt werden soll;
8. wer mehr als eine Vormundschaft oder Pflegschaft führt; die Vormundschaft oder Pflegschaft über mehrere Geschwister gilt nur als eine; die Führung von zwei Gegenvormundschaften steht der Führung einer Vormundschaft gleich.
§.1667. Jeder Deutsche hat die Vormundschaft, für welche er von dem Vormundschaftsgericht ausgewählt wird, zu übernehmen, sofern er nicht nach den §§.1661 bis 1665 von der Vormundschaft ausgeschlossen oder nach §.1666 zur Ablehnung berechtigt ist.
Lehnt er die Übernahme ohne Grund ab, so ist er, soweit ihm ein Verschulden zur Last fällt, für den Schaden verantwortlich, welcher dem Mündel dadurch erwächst, das die Bestellung des Vormundes sich verzögert.
§.1668. Das Ablehnungsrecht geht verloren, wenn es nicht vor der Verpflichtung bei dem Vormundschaftsgerichte geltend gemacht wird.
Erklärt das Vormundschaftsgericht die Ablehnung für unbegründet, so hat der Ablehnende, unbeschadet der ihm zustehenden Rechtsmittel, die Vormundschaft auf Erfordern des Vormundschaftsgerichts vorläufig zu übernehmen.
§.1669. Das Vormundschaftsgericht kann den zum Vormund Ausgewählten durch Ordnungsstrafen zur Übernahme der Vormundschaft anhalten. Die einzelne Strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen. Die Strafen sind nur in Zwischenräumen von mindestens einer Woche zu verhängen. Mehr als drei Strafen dürfen nicht verhängt werden.
§.1670. Der Vormund wird von dem Vormundschaftsgerichte durch Verpflichtung zu treuer und gewissenhafter Führung der Vormundschaft bestellt. Die Verpflichtung soll mittels Handschlags an Eidesstatt erfolgen.
§.1671. Der Vormund erhält eine Bestallung.
Die Bestallung soll enthalten den Namen und die Zeit der Geburt des Mündels, die Namen des Vormundes, des Gegenvormundes und der Mitvormünder sowie im Falle der Theilung der Vormundschaft die Art der Theilung. Ist ein Familienrath eingesetzt, so ist auch dies anzugeben.
§.1672. Neben dem Vormunde kann ein Gegenvormund bestellt werden.
Ein Gegenvormund soll bestellt werden, wenn mit der Vormundschaft eine Vermögensverwaltung verbunden ist, es sei denn, daß die Verwaltung nicht erheblich oder daß die Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich zu führen ist.
Ist die Vormundschaft von mehreren Vormündern nicht gemeinschaftlich zu führen, so kann der eine Vormund zum Gegenvormunde des anderen bestellt werden.
Auf die Berufung und Bestellung des Gegenvormundes finden die für die Berufung und Bestellung des Vormundes geltenden Vorschriften Anwendung.
II. Führung der Vormundschaft.
§.1673. Der Vormund hat das Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, insbesondere den Mündel zu vertreten.
§.1674. Das Recht und die Pflicht des Vormundes, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, erstreckt sich nicht auf Angelegenheiten des Mündels, für die ein Pfleger bestellt ist.
§.1675. Der Vormund kann den Mündel nicht vertreten:
1. bei einem Rechtsgeschäfte zwischen seinem Ehegatten oder einem seiner Verwandten in gerader Linie einerseits und dem Mündel andererseits, es sei denn, daß das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht;
2. bei einem Rechtsgeschäfte, welches die Uebertragung oder Belastung einer durch Pfandrecht, Hypothek oder Bürgschaft gesicherten Forderung des Mündels gegen den Vormund oder die Aufhebung oder Minderung dieser Sicherheit zum Gegenstande hat oder durch welches die Verpflichtung des Mündels zu einer solchen Uebertragung, Belastung, Aufhebung oder Minderung begründet wird;
3. bei einem Rechtsstreite zwischen den unter Nr. 1 bezeichneten Personen sowie bei einem Rechtsstreit über eine Angelegenheit der unter Nr. 2 bezeichneten Art.
Die Vorschrift des §.149 bleibt unberührt.
§.1676. Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormunde die Vertretung für einzelne Angelegenheiten oder für einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten entziehen.
Die Entziehung soll nur erfolgen, wenn das Interesse des Mündels zu dem Interesse des Vormundes oder eines von diesem vertretenen Dritten oder einer der im §.1675 Nr. 1 bezeichneten Personen in erheblichen Gegensatz tritt.
§.1677. Mehrere Vormünder führen die Vormundschaft gemeinschaftlich. Bei einer Meinungsverschiedenheit entscheidet das Vormundschaftsgericht, sofern nicht bei der Bestellung ein Anderes bestimmt worden ist.
Das Vormundschaftsgericht kann die Führung der Vormundschaft unter mehrere Vormünder nach bestimmten Wirkungskreisen vertheilen. Innerhalb des ihm überwiesenen Wirkungskreises führt jeder Vormund die Vormundschaft selbständig.
Bestimmungen, welche der Vater oder die Mutter für die Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten zwischen den von ihnen benannten Vormündern oder für die Vertheilung der Geschäfte unter diesen nach Maßgabe des §.1658 getroffen hat, sind von dem Vormundschaftsgerichte zu befolgen, sofern nicht ihre Befolgung das Interesse des Mündels gefährdet.
§.1678. Steht die Sorge für die Person und für das Vermögen des Mündels verschiedenen Vormündern zu, so entscheidet bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen ihnen über die Vornahme einer sowohl die Person als das Vermögen des Mündels betreffenden Handlung das Vormundschaftsgericht.
§.1679. Der Gegenvormund hat darauf zu achten, daß der Vormund die Vormundschaft pflichtmätzig führt; er hat dem Vormundschaftsgerichte Pflichtwidrigkeiten des Vormundes sowie jeden Fall unverzüglich anzuzeigen, in welchem es zum Einschreiten berufen ist, insbesondere den Tod des Vormundes oder Umstände, die den Vormund von der Vormundschaft ausschließen.
Der Vormund hat dem Gegenvormund auf Verlangen über die Führung der Vormundschaft Auskunft zu ertheilen und die Einsicht der sich auf die Vormundschaft beziehenden Papiere zu gestatten.
§.1680. Das Recht und die Pflicht des Vormundes, für die Person des Mündels zu sorgen, bestimmt sich nach den für die elterliche Gewalt geltenden Vorschriften der §§.1526 bis 1528.
§.1681. Die Sorge für die religiöse Erziehung des Mündels kann dem Vormunde vom Vormundschaftsgericht entzogen werden, wenn der Vormund nicht dem Bekenntnis angehört, in welchem der Mündel zu erziehen ist.
§.1682. Der Vormund hat das bei der Anordnung der Vormundschaft vorhandene und das später dem Mündel zufallende Vermögen zu verzeichnen und das Verzeichnis, nachdem er es mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit versehen hat, dem Vormundschaftsgericht einzureichen. Ist ein Gegenvormund vorhanden, so hat ihn der Vormund bei der Aufnahme des Verzeichnisses zuzuziehen; das Verzeichnis ist auch von dem Gegenvormunde mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu versehen.
Der Vormund kann sich bei der Aufnahme des Verzeichnisses der Hülse eines Beamten, eines Notars oder eines anderen Sachverständigen bedienen.
Ist das eingereichte Verzeichnis ungenügend, so kann das Vormundschaftsgericht anordnen, daß das Verzeichnis durch eine zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
§.1683. Was der Mündel von Todeswegen erwirbt oder was ihm unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, hat der Vormund nach den Anordnungen des Erblassers oder des Dritten zu verwalten, wenn die Anordnungen von dem Erblasser durch Verfügung von Todeswegen, von dem Dritten bei der Zuwendung getroffen worden sind.
Der Vormund darf mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts von den Anordnungen abweichen, wenn ihre Befolgung das Interesse des Mündels gefährdet.
Zu einer Abweichung von den Anordnungen, welche ein Dritter bei einer Zuwendung unter Lebenden getroffen hat, ist, solange er lebt, seine Zustimmung erforderlich und genügend. Die Zustimmung des Dritten kann durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn der Dritte zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§.1684. Der Vormund kann in Vertretung des Mündels Schenkungen nicht machen. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
§.1685. Der Vormund darf Vermögen des Mündels nicht in eigenen Nutzen verwenden.
§.1686. Der Vormund soll nicht ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ein neues Erwerbsgeschäft im Namen des Mündels beginnen oder ein bestehendes Erwerbsgeschäft des Mündels auslösen.
§.1687. Der Vormund hat das zum Vermögen des Mündels gehörende Geld verzinslich anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung der für die ordnungsmäßige Verwaltung erforderlichen Ausgaben bereit zu halten ist.
Die Anlegung soll nur erfolgen:
1. in sicheren Hypotheken, Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken;
2. in verbrieften Forderungen gegen das Reich oder einen Bundesstaat sowie in Forderungen, die in das Reichsschuldbuch oder in das Staatsschuldbuch eines Bundesstaats eingetragen sind;
3. in verbrieften Forderungen, deren Verzinsung von dem Reiche oder einem Bundesstaate gewährleistet ist;
4. in verbrieften Forderungen gegen inländische kommunale Körperschaften oder Kreditanstalten solcher Körperschaften, wenn die Forderungen von Seiten des Gläubigers kündbar sind oder einer regelmäßigen Tilgung unterliegen;
5. in Werthpapieren, die von dem Bundesrath als zur Anlegung von Mündelgeldern geeignet erklärt sind;
6. bei einer inländischen öffentlichen Sparkasse, wenn sie von der zuständigen Behörde des Bundesstaats, in welchem sie ihren Sitz hat, zur Annahme von Mündelgeldern für geeignet erklärt ist.
Die Landesgesetze können für die innerhalb ihres Geltungsbereichs belegenen Grundstücke die Grundsätze bestimmen, nach welchen die Sicherheit einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld festzustellen ist.
§.1688. Kann die Anlegung den Umständen nach nicht in der im §.1687 Abs. 2 bezeichneten Weise erfolgen, so ist das Geld bei der Reichsbank, bei einer Staatsbank oder bei einer anderen landesgesetzlich dazu für geeignet erklärten inländischen Bank oder bei einer Hinterlegungsstelle anzulegen.
§.1689. Der Vormund soll die in den §§.1687, 1688 vorgeschriebene Anlegung nur mit Genehmigung des Gegenvormundes bewirken; die Genehmigung des Gegenvormundes wird durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt. Ist ein Gegenvormund nicht vorhanden, so soll die Anlegung nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgen.
Die nach §.1687 Abs. 2 Nr. 6 und nach §.1688 zulässige Anlegung darf der Vormund nur mit der Bestimmung bewirken, daß zur Erhebung des Geldes die Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist.
§.1690. Das Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Gründen dem Vormund eine andere Anlegung als die in den §§.1687, 1688 vorgeschriebene gestatten.
§.1691. Der Vormund darf Geld, das zur Bestreitung der für die ordnungsmäßige Verwaltung erforderlichen Ausgaben bereit zu halten ist, in jeder geeigneten Weise anlegen.
§.1692. Der Vormund bedarf zur Verfügung über eine Forderung oder über ein anderes Recht, kraft dessen der Mündel eine Leistung verlangen kann, sowie zur Verfügung über ein Wertpapier des Mündels der Genehmigung des Gegenvormundes, es sei denn, daß nach den §§.1699 bis 1702 die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist. Das Gleiche gilt von der Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung.
Die Genehmigung des Gegenvormundes wird durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt.
Ist ein Gegenvormund nicht vorhanden, so tritt an die Stelle der Genehmigung des Gegenvormundes die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, sofern nicht die Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich geführt wird.
§.1693. Der Vormund bedarf nicht der Genehmigung des Gegenvormundes zur Annahme einer geschuldeten Leistung:
1. wenn der Gegenstand der Leistung nicht in Geld oder Werthpapieren besteht;
2. wenn der Anspruch nicht mehr als dreihundert Mark beträgt, es sei denn, daß Geld zurückgezahlt wird, das nach §.1689 Abs. 2 angelegt ist;
3. wenn der Anspruch zu den Nutzungen des Mündelvermögens gehört;
4. wenn der Anspruch auf Erstattung von Kosten der Kündigung oder der Rechtsverfolgung oder auf sonstige Nebenleistungen gerichtet ist;
5. wenn der Anspruch auf Rückzahlung des nach §.1691 angelegten Geldes gerichtet ist.
§.1694. Der Vormund hat die zu dem Vermögen des Mündels gehörenden Inhaberpapiere nebst den Erneuerungsscheinen bei einer Hinterlegungsstelle oder bei der Reichsbank mit der Bestimmung zu hinterlegen, daß die Zurücknahme der Papiere nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgen kann. Die Hinterlegung von Inhaberpapieren, die zu den verbrauchbaren Sachen gehören, sowie von Zins-, Renten-oder Gewinnantheilscheinen ist nicht erforderlich. Den Inhaberpapieren stehen Orderpapiere gleich, die mit Blankoindossament versehen sind.
§.1695. Der Vormund kann die Inhaberpapiere, statt sie nach §.1694 zu hinterlegen, auf den Namen des Mündels mit der Bestimmung umschreiben oder in Buchschulden des Reichs oder eines Bundesstaats umwandeln lassen, daß er über die umgeschriebenen Papiere oder die Buchforderungen nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verfügen kann.
Sind Reichsschuldverschreibungen oder solche Schuldverschreibungen eines Bundesstaats, die in Buchschulden umgewandelt werden können, zu hinterlegen, so kann das Vormundschaftsgericht anordnen, daß sie nach Maßgabe des Abs. 1 in Buchschulden umgewandelt werden.
§.1696. Gehören Buchforderungen gegen das Reich oder gegen einen Bundesstaat bei Anordnung der Vormundschaft zu dem Vermögen des Mündels oder erwirbt der Mündel solche Forderungen im Laufe der Vormundschaft, so hat der Vormund in das Schuldbuch den Vermerk eintragen zu lassen, daß er über die Forderungen nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verfügen kann.
§.1697. Das Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Gründen den Vormund von den in den §§.1694, 1696 ihm auferlegten Verpflichtungen entbinden.
§.1698. Das Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Gründen anordnen, daß der Vormund auch solche zu dem Vermögen des Mündels gehörende Werthpapiere, zu deren Hinterlegung er nach §.1694 nicht verpflichtet ist, sowie Kostbarkeiten des Mündels in der im §. 1694 bezeichneten Weise zu hinterlegen hat.
§.1699. Der Vormund kann die nach §.1694 oder nach §.1698 hinterlegten Werthpapiere oder Kostbarkeiten nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zurücknehmen. Solange sie nicht zurückgenommen sind, bedarf er zu einer Verfügung über dieselben und, wenn Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefe hinterlegt sind, zu einer Verfügung über die Hypothekenforderung, Grundschuld oder Rentenschuld der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Das Gleiche gilt von der Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung.
§.1700. Sind Inhaberpapiere nach §.1695 auf den Namen des Mündels umgeschrieben oder in Buchschulden umgewandelt, so bedarf der Vormund zu einer Verfügung über die sich aus der Umschreibung oder der Umwandlung ergebenden Stammforderungen sowie zur Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Auch kann er die Ersetzung der umgeschriebenen Papiere oder der Buchforderungen durch Inhaberpapiere nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verlangen.
Das Gleiche gilt, wenn Buchforderungen des Mündels nach §.1696 mit dem dort bezeichneten Vermerk eingetragen sind.
§.1701. Der Vormund bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts:
1. zur Verfügung über ein Grundstück oder über ein Recht an einem Grundstücke;
2. zur Verfügung über eine Forderung, die auf Uebertragung des Eigenthums an einem Grundstück oder auf Begründung oder Uebertragung eines Rechtes an einem Grundstück oder auf Befreiung eines Grundstücks von einem solchen Rechte gerichtet ist;
3. zur Eingehung der Verpflichtung zu einer der unter Nr. 1, 2 bezeichneten Verfügungen;
4. zu einem Vertrage, der auf den entgeltlichen Erwerb eines Grundstücks oder eines Rechtes an einem Grundstücke gerichtet ist. Auf Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden finden diese Vorschriften keine Anwendung.
§.1702. Der Vormund bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts:
1. zur Verfügung über das Vermögen des Mündels als Ganzes oder über eine Erbschaft sowie zur Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung;
2. zu einem Vertrage, der auf den entgeltlichen Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist, sowie zu einem Gesellschaftsvertrage, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird;
3. zu einem Pachtvertrag über ein Landgut oder einen gewerblichen Betrieb;
4. zu einem Mieth- oder Pachtvertrag oder einem anderen, den Mündel zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtenden Vertrage, wenn das Vertragsverhältnis länger als ein Jahr nach vollendetem einundzwanzigsten Lebensjahre des Mündels fortdauern soll;
5. zu einem Lehrvertrage, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird ;
6. zu einem auf die Eingehung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses gerichteten Vertrage, wenn der Mündel zu persönlichen Leistungen für längere Zeit als ein Jahr verpflichtet werden soll;
7. zu einem Erbauseinandersetzungsvertrage;
8. zu einem Vergleich oder Schiedsvertrag, es sei denn, daß der Gegenstand des Streites oder der Ungewißheit in Geld schätzbar ist und den Werth von dreihundert Mark nicht übersteigt;
9. zur Ausstellung einer Schuldverschreibung auf den Inhaber oder zur Eingehung einer Verbindlichkeit aus einem Wechsel oder einem anderen Papiere, das durch Indossament übertragen werden kann;
10. zur Aufnahme von Geld auf den Kredit des Mündels;
11. zur Übernahme einer fremden Verbindlichkeit, ins besondere zur Eingehung einer Bürgschaft;
12. zur Ertheilung einer Prokura;
13. zu einem Rechtsgeschäfte, durch welches die für eine Forderung des Mündels bestehende Sicherheit aufgehoben oder gemindert oder die Verpflichtung dazu begründet wird.
§.1703. Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormunde zu Rechtsgeschäften, zu denen nach §.1692 die Genehmigung des Gegenvormundes erforderlich ist, sowie zu den im §.1702 Nr. 10 bis 12 bezeichneten Rechtsgeschäften eine allgemeine Ermächtigung ertheilen.
Die Ermächtigung soll nur ertheilt werden, wenn sie zum Zwecke der Vermögensverwaltung, insbesondere zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, erforderlich ist.
§.1704. Der Vormund kann Gegenstände, zu deren Veräußerung die Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist, dem Mündel nicht ohne diese Genehmigung zur Erfüllung eines von diesem geschlossenen Vertrags oder zu freier Verfügung überlassen.
Der Vormund kann dem Mündel nicht ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts die Erlaubniß zur Eingehung von Dienst- oder Arbeitsverhältnissen ertheilen, durch welche der Mündel für längere Zeit als ein Jahr verpflichtet wird.
§.1705. Das Vormundschaftsgericht soll vor der Entscheidung über die zu einer Handlung des Vormundes erforderliche Genehmigung den Gegenvormund hören, sofern ein solcher vorhanden ist und ein rechtliches oder thatsächliches Hindernitz nicht entgegensteht.
§.1706. Das Vormundschaftsgericht soll vor einer von ihm zu treffenden Entscheidung auf Antrag des Vormundes oder des Gegenvormundes Verwandte oder Verschwägerte des Mündels hören, wenn es ohne erhebliche Verzögerung und ohne unverhältnismäßige Kosten geschehen kann. In wichtigen Angelegenheiten soll die Anhörung auch ohne Antrag erfolgen; wichtige Angelegenheiten sind insbesondere die Volljährigkeitserklärung, die Ersetzung der Einwilligung zur Eheschließung in den Fällen der §§.1210, 1214, die Ersetzung der Genehmigung im Falle des §.1244, die Entlassung aus dem Staatsverband und die Todeserklärung.
Die Verwandten und Verschwägerten können von dem Mündel Ersatz ihrer Auslagen verlangen; der Betrag der Auslagen wird von dem Vormundschaftsgerichte festgesetzt.
§.1707. Das Vormundschaftsgericht soll den Mündel hören vor der Entscheidung über die Genehmigung eines Lehrvertrags oder eines auf die Eingehung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses gerichteten Vertrags und, wenn der Mündel das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, über die Entlassung aus dem Staatsverbande.
Hat der Mündel das achtzehnte Lebensjahr vollendet, so soll das Vormundschaftsgericht, soweit thunlich, ihn auch hören vor der Entscheidung über die Genehmigung eines der im §.1701 und im §. 1702 Nr. 2 bezeichneten Rechtsgeschäfte sowie vor der Entscheidung über die Genehmigung des Beginns oder der Auflösung eines Erwerbsgeschäfts.
§.1708. Das Vormundschaftsgericht kann die Genehmigung zu einem Rechtsgeschäfte nur dem Vormunde gegenüber erklären.
§.1709. Hat der Vormund einen Vertrag ohne die erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts geschlossen, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der nachträglichen Genehmigung ab. Die Genehmigung sowie deren Verweigerung ist dem anderen Theile gegenüber nur wirksam, wenn sie ihm durch den Vormund mitgetheilt wird. Einer Mittheilung der Verweigerung steht es gleich, wenn der Vormund nicht binnen zwei Wochen nach dem Empfang einer Aufforderung des anderen Theiles die Genehmigung mittheilt.
Ist der Mündel inzwischen volljährig geworden, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
§.1710. Solange der Vormund die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts dem anderen Theile nicht mitgetheilt hat, kann dieser von dem Vertrage zurücktreten. Das gleiche Recht steht dem anderen Theile zu, wenn der Vormund ihm gegenüber die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts der Wahrheit zuwider behauptet hat, es sei denn, daß der andere Theil den Mangel der Genehmigung bei dem Abschlusse des Vertrags gekannt hat.
§.1711. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, welches der Vormund ohne die erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vornimmt, ist unwirksam. Nimmt er mit dieser Genehmigung ein solches Rechtsgeschäft einem Anderen gegenüber vor, so ist es unwirksam, wenn die Genehmigung nicht in schriftlicher Form vorgelegt und das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde von dem Anderen unverzüglich zurückgewiesen wird.
§.1712. Nimmt der Vormund ein Rechtsgeschäft ohne die erforderliche Genehmigung des Gegenvormundes vor, so finden die Vorschriften der §§.1708 bis 1711 entsprechende Anwendung.
III. Fürsorge und Aufsicht des Vormundschaftsgerichts. Gemeindewaisenrath.
§.1713. Ist ein Vormund noch nicht bestellt oder ist der Vormund an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert, so hat das Vormundschaftsgericht die im Interesse des Mündels erforderlichen Maßregeln zu treffen.
§.1714. Das Vormundschaftsgericht hat über die gesammte Thätigkeit des Vormundes und des Gegenvormundes die Aufsicht zu führen und gegen Pflichtwidrigkeiten durch geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten.
Das Vormundschaftsgericht kann den Vormund und den Gegenvormund zur Befolgung seiner Anordnungen durch Ordnungsstrafen anhalten. Die einzelne Strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen.
§.1715. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß der Mündel zum Zwecke der Erziehung in einer geeigneten Familie oder in einer Erziehung- oder Besserungsanstalt untergebracht wird. Steht dem Vater oder der Mutter die Sorge für die Person des Mündels zu, so ist eine solche Anordnung nur unter den Voraussetzungen des §.1557 zulässig.
§.1716. Der Vormund sowie der Gegenvormund hat dem Vormundschaftsgericht auf Verlangen jederzeit über die Führung der Vormundschaft und über die persönlichen Verhältnisse des Mündels Auskunft zu ertheilen.
§.1717. Will der zum Vormunde bestellte Vater oder die zum Vormunde bestellte eheliche Mutter des Mündels zu einer neuen Ehe schreiten, so liegen ihnen die im §.1560 bestimmten Verpflichtungen ob.
§.1718. Der Vormund hat über seine Vermögensverwaltung dem Vormundschaftsgerichte Rechnung zu legen.
Die Rechnung ist jährlich zu legen. Das Rechnungsjahr wird von dem Vormundschaftsgerichte bestimmt. Bei einer Verwaltung von geringem Umfange kann das Vormundschaftsgericht, nachdem die Rechnung für das erste Jahr gelegt worden ist, anordnen, daß die Rechnung für längere, höchstens dreijährige Zeitabschnitte zu legen ist.
§.1719. Die Rechnung soll eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten, über den Ab- und Zugang des Vermögens Auskunft geben und, soweit Belege ertheilt zu werden pflegen, mit Belegen versehen sein.
Im Falle des Betriebs eines Erwerbsgeschäfts mit kaufmännischer Buchführung genügt als Rechnung eine aus den Büchern gezogene Bilanz. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch die Vorlegung der Bücher und sonstigen Belege verlangen.
§.1720. Ist ein Gegenvormund vorhanden oder zu bestellen, so hat ihm der Vormund die Rechnung unter Nachweisung des Vermögensbestandes vorzulegen. Der Gegenvormund hat die Rechnung mit den Bemerkungen zu versehen, zu welchen die Prüfung ihm Anlaß giebt.
§.1721. Das Vormundschaftsgericht hat die Rechnung rechnungsmäßig und sachlich zu prüfen und, soweit erforderlich, ihre Berichtigung und Ergänzung herbeizuführen.
Ansprüche, die zwischen dem Vormund und dem Mündel streitig bleiben, können schon vor der Beendigung des Vormundschaftsverhältnisses im Rechtswege geltend gemacht werden.
§.1722. Das Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Gründen den Vormund anhalten, für das seiner Verwaltung unterliegende Vermögen Sicherheit zu leisten. Die Art und den Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt das Vormundschaftsgericht nach freiem Ermessen. Es kann, solange das Amt des Vormundes nicht beendigt ist, jederzeit die Erhöhung, Verminderung oder Aufhebung der Sicherheit anordnen.
Bei der Bestellung, Aenderung oder Aufhebung der Sicherheit wird die Mitwirkung des Mündels durch die Anordnung des Vormundschaftsgerichts ersetzt.
Die Kosten der Sicherheitsleistung sowie der Aenderung oder Aufhebung fallen dem Mündel zur Last.
§.1723. Der Gemeindewaisenrath hat in Unterstützung des Vormundschaftsgerichts darüber zu wachen, daß die Vormünder der sich in seinem Bezirk aufhaltenden Mündel für die Person, insbesondere für die Erziehung und die körperliche Pflege der Mündel pflichtmätzig Sorge tragen. Mängel und Pflichtwidrigkeiten, die der Gemeindewaisenrath hierbei wahrnimmt, hat er dem Vormundschaftsgericht anzuzeigen; auch hat er dem Vormundschaftsgericht auf Erfordern über das persönliche Ergehen und das Verhalten eines Mündels Auskunft zu ertheilen.
Erlangt der Gemeindewaisenrath Kenntnitz von einer Gefährdung des Vermögens eines Mündels, so hat er dem Vormundschaftsgericht Anzeige zu machen.
§.1724. Der Gemeindewaisenrath hat dem Vormundschaftsgerichte die Personen vorzuschlagen, welche sich im einzelnen Falle zum Vormunde, Gegenvormund oder Mitglied eines Familienraths eignen.
§.1725. Das Vormundschaftsgericht hat dem Gemeindewaisenrathe die Anordnung der Vormundschaft über einen in dessen Bezirk sich aufhaltenden Mündel unter Bezeichnung des Vormundes und des Gegenvormundes sowie einen in der Person des Vormundes oder des Gegenvormundes eintretenden Wechsel mitzutheilen.
Wird der Aufenthalt eines Mündels in den Bezirk eines anderen Gemeindewaisenraths verlegt, so hat der Vormund dem Gemeindewaisenrathe des bisherigen Aufenthaltsorts und dieser dem Gemeindewaisenrathe des neuen Aufenthaltsorts die Verlegung mitzutheilen.
IV. Befreite Vormundschaft.
§.1726. Der Vater kann, wenn er einen Vormund benennt, die Bestellung eines Gegenvormundes ausschließen.
Der Vater kann anordnen, daß der von ihm benannte Vormund bei der Anlegung von Geld den im §.1689 bestimmten Beschränkungen nicht unterliegen und zu den im §.1692 bezeichneten Rechtsgeschäften der Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts nicht bedürfen soll. Diese Anordnungen sind als getroffen anzusehen, wenn der Vater die Bestellung eines Gegenvormundes ausgeschlossen hat.
§.1727. Der Vater kann den von ihm benannten Vormund von der Verpflichtung entbinden, Inhaber- und Orderpapiere zu hinterlegen und den im §.1696 bezeichneten Vermerk in das Reichs- oder Staatsschuldbuch eintragen zu lassen.
§.1728. Der Vater kann den von ihm benannten Vormund von der Verpflichtung entbinden, während der Dauer des Vormundschaftsverhältnisses Rechnung zu legen.
Der Vormund hat in einem solchen Falle nach dem Ablaufe von je zwei Jahren eine Uebersicht über den Bestand des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens dem Vormundschaftsgericht einzureichen. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß die Uebersicht in längeren, höchstens fünfjährigen Zwischenräumen einzureichen ist.
Ist ein Gegenvormund vorhanden oder zu bestellen, so hat ihm der Vormund die Uebersicht unter Nachweisung des Vermögensbestandes vorzulegen. Der Gegenvormund hat die Uebersicht mit den Bemerkungen zu versehen, zu welchen die Prüfung ihm Anlaß giebt.
§.1729. Benennt die eheliche Mutter einen Vormund, so kann sie die gleichen Anordnungen treffen wie nach den §§.1726 bis 1728 der Vater.
§.1730. Auf die nach den §§.1726 bis 1729 zulässigen Anordnungen finden die Vorschriften des §.1658 Anwendung.
§.1731. Die Anordnungen des Vaters oder der Mutter können von dem Vormundschaftsgericht außer Kraft gesetzt werden, wenn ihre Befolgung das Interesse des Mündels gefährdet.
V. Verbindlichkeiten zwischen Vormund und Mündel. Haftung des Vormundschaftsrichters.
§.1732. Der Vormund ist dem Mündel für den durch eine Pflichtverletzung verursachten Schaden verantwortlich, soweit ihm ein Verschulden zur Last fällt. Das Gleiche gilt von dem Gegenvormunde.
Sind für den Schaden Mehrere neben einander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner. Ist neben dem Vormunde für den von diesem verursachten Schaden der Gegenvormund oder ein Mitvormund nur wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Vormund allein verpflichtet.
§.1733. Verzögert der Vormund die ihm nach §.1687 obliegende Anlegung des zu dem Vermögen des Mündels gehörenden Geldes, so hat er den anzulegenden Betrag für die Dauer der Verzögerung zu verzinsen. Verwendet er Vermögen des Mündels in eigenen Nutzen, so hat er den Betrag des zu ersetzenden Werthes von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen.
Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
§.1734. Werden von dem Vormunde zum Zwecke der Führung der Vormundschaft Aufwendungen gemacht oder Verbindlichseiten eingegangen, so kann er nach den für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§. 600, 601 von dem Mündel Vorschuß oder Ersatz oder Befreiung von den eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen. Das gleiche Recht steht dem Gegenvormunde zu.
Als Aufwendungen gelten auch solche Dienste des Vormundes oder des Gegenvormundes, welche zu seinem Gewerbe oder Berufe gehören.
§.1735. Die Vormundschaft wird unentgeltlich geführt. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch dem Vormund, aus besonderen Gründen auch dem Gegenvormund eine angemessene Vergütung bewilligen; die Bewilligung soll nur erfolgen, wenn das Vermögen des Mündels sowie der Umfang und die Bedeutung der vormundschaftlichen Geschäfte es rechtfertigen. Die Vergütung kann jederzeit für die Zukunft geändert oder entzogen werden. Vor der Bewilligung, Aenderung oder Entziehung soll der Vormund und, wenn ein Gegenvormund vorhanden oder zu bestellen ist, auch dieser gehört werden.
§.1736. Der Vormund hat nach der Beendigung seines Amtes dem Mündel das verwaltete Vermögen herauszugeben und über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen. Soweit er dem Vormundschaftsgerichte Rechnung gelegt hat, genügt die Bezugnahme auf diese Rechnung.
§.1737. Ist ein Gegenvormund vorhanden, so hat ihm der Vormund die Rechnung vorzulegen. Der Gegenvormund hat die Rechnung mit den Bemerkungen zu versehen, zu welchen die Prüfung ihm Anlaß giebt.
Der Gegenvormund hat über die Führung der Gegenvormundschaft und, soweit er dazu im Stande ist, über das von dem Vormunde verwaltete Vermögen auf Verlangen Auskunft zu ertheilen.
§.1738. Der Vormund hat die Rechnung, nachdem er sie dem Gegenvormunde vorgelegt hat, dem Vormundschaftsgericht einzureichen.
Das Vormundschaftsgericht hat die Rechnung rechnungsmäßig und sachlich zu prüfen und deren Abnahme unter Zuziehung des Gegenvormundes durch Verhandlung mit den Betheiligten zu vermitteln. Soweit bei dieser Verhandlung die Rechnung als richtig anerkannt wird, ist das Anerkenntnis von dem Vormundschaftsgerichte zu beurkunden.
§.1739. Verletzt der Vormundschaftsrichter die ihm obliegenden Pflichten, so ist er, soweit ihm ein Verschulden zur Last fällt, dem Mündel nach §.762 Abs. 1 und nach §.763 verantwortlich.
VI. Beendigung der Vormundschaft.
§.1740. Die Vormundschaft endigt mit dem Wegfalle der im §.1655 für ihre Anordnung bestimmten Voraussetzungen.
§.1741. Wird ein Mündel durch nachfolgende Ehe legitimiert, so endigt die Vormundschaft erst dann, wenn die Vaterschaft des Ehemanns durch ein zwischen ihm und dem Mündel ergangenes Urtheil festgestellt oder die Aufhebung der Vormundschaft von dem Vormundschaftsgericht angeordnet wird.
Das Vormundschaftsgericht hat die Aufhebung anzuordnen, wenn es die Voraussetzungen der Legitimation für vorhanden erachtet. Solange der Ehemann lebt, soll die Aufhebung nur angeordnet werden, wenn er die Vaterschaft anerkannt hat oder wenn er an der Abgabe einer Erklärung dauernd verhindert oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§.1742. Ist der Mündel verschollen, so endigt die Vormundschaft erst mit der Aufhebung durch das Vormundschaftsgericht. Das Vormundschaftsgericht hat die Vormundschaft aufzuheben, wenn ihm der Tod des Mündels bekannt wird.
Wird der Mündel für todt erklärt, so endigt die Vormundschaft mit der Erlassung des die Todeserklärung aussprechenden Urtheils.
§.1743. Das Amt des Vormundes endigt mit seiner Entmündigung.
Wird der Vormund für todt erklärt, so endigt sein Amt mit der Erlassung des die Todeserklärung aussprechenden Urtheils.
§.1744. Das Vormundschaftsgericht hat den Vormund zu entlassen, wenn die Fortführung des Amtes, insbesondere wegen pflichtwidrigen Verhaltens des Vormundes, das Interesse des Mündels gefährdet oder wenn der Vormund nach §.1662 von der Vormundschaft ausgeschlossen ist.
§.1745. Das Vormundschaftsgericht kann eine Frau, die zum Vormunde bestellt ist, entlassen, wenn sie sich verheirathet.
Das Vormundschaftsgericht hat eine verheirathete Frau, die zum Vormunde bestellt ist, zu entlassen, wenn der Ehemann seine Zustimmung zur Übernahme oder zur Fortführung der Vormundschaft versagt oder die Zustimmung zurücknimmt. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Ehemann der Vater des Mündels ist.
§.1746. Ist ein Beamter oder ein Religionsdiener zum Vormunde bestellt, so hat ihn das Vormundschaftsgericht zu entlassen, wenn die zur Übernahme der Vormundschaft oder zur Fortführung der vor dem Eintritte des Amts- oder Dienstverhältnisses übernommenen Vormundschaft nach den Landesgesetzen erforderliche Erlaubniß verjagt oder zurückgenommen wird oder wenn die nach den Landesgesetzen zulässige Untersagung der Fortführung der Vormundschaft erfolgt.
§.1747. Das Vormundschaftsgericht hat den Vormund auf seinen Antrag zu entlassen, wenn ein erheblicher Grund vorliegt; ein erheblicher Grund ist insbesondere der Eintritt eines Umstandes, welcher den Vormund nach §.1666 Nr. 2 bis 7 berechtigen würde, die Übernahme der Vormundschaft abzulehnen.
§.1748. Der Vormund hat den Tod des Gegenvormundes oder eines Mitvormundes dem Vormundschaftsgericht unverzüglich anzuzeigen. Den Tod des Vormundes hat dessen Erbe anzuzeigen.
§.1749. Im Falle der Beendigung der Vormundschaft oder des vormundschaftlichen Amtes finden die Vorschriften des §.1571 entsprechende Anwendung.
Der Vormund hat nach der Beendigung seines Amtes die Bestallung dem Vormundschaftsgerichte zurückzugeben.
§.1750. Die Vorschriften der §§.1743 bis 1749 finden auf den Gegenvormund entsprechende Anwendung.
VII. Familienrath.
§.1751. Ein Familienrath soll von dem Vormundschaftsgericht eingesetzt werden, wenn der Vater oder die eheliche Mutter des Mündels die Einsetzung angeordnet hat. Die Einsetzung unterbleibt, wenn die erforderliche Zahl geeigneter Personen nicht vorhanden ist.
Der Vater oder die Mutter kann die Einsetzung eines Familienraths oder die Aufhebung des von ihnen angeordneten Familienraths von dem Eintritt oder Nichteintritt eines bestimmten Ereignisses abhängig machen.
§.1752. Ein Familienrath soll von dem Vormundschaftsgericht eingesetzt werden, wenn ein Verwandter oder Verschwägerter des Mündels oder der Vormund oder der Gegenvormund es beantragt und die Einsetzung von dem Vormundschaftsgericht im Interesse des Mündels für angemessen erachtet wird.
Die Einsetzung unterbleibt, wenn der Vater oder die eheliche Mutter des Mündels sie untersagt hat.
§.1753. Der Familienrath besteht aus dem Vormundschaftsrichter als Vorsitzendem und aus mindestens zwei, höchstens sechs Mitgliedern.
§.1754. Als Mitglied des Familienraths ist berufen, wer von dem Vater oder der ehelichen Mutter des Mündels als Mitglied benannt ist. Die Vorschriften des §.1659 Abs. 1, 2 finden entsprechende Anwendung.
§.1755. Soweit eine Berufung nach §.1754 nicht vorliegt oder die Berufenen die Übernahme des Amtes ablehnen, hat das Vormundschaftsgericht die zur Beschlußfähigkeit des Familienraths erforderlichen Mitglieder auszuwählen. Vor der Auswahl sind der Gemeindewaisenrath und nach Maßgabe des §.1706 Verwandte oder Verschwägerte des Mündels zu hören.
Die Bestimmung der Zahl weiterer Mitglieder und ihre Auswahl steht dem Familienrathe zu.
Bei der Bestellung eines Mitglieds kann die Entlassung für den Fall vorbehalten werden, daß ein bestimmtes Ereigniß eintritt oder nicht eintritt.
§.1756. Sind neben dem Vorsitzenden nur die zur Beschlußfähigkeit des Familienraths erforderlichen Mitglieder vorhanden, so sind ein oder zwei Ersatzmitglieder zu bestellen.
Der Familienrath wählt die Ersatzmitglieder aus und bestimmt die Reihenfolge, in welcher sie bei der Verhinderung oder dem Wegfall eines Mitglieds in den Familienrath einzutreten haben.
Hat der Vater oder die eheliche Mutter Ersazmitglieder benannt und die Reihenfolge ihres Eintritts bestimmt, so ist diese Anordnung maßgebend.
§.1757. Wird der Familienrath durch die nur vorübergehende Verhinderung eines Mitglieds beschlußunfähig und ist ein Ersatzmitglieder nicht vorhanden, so ist für die Dauer der Verhinderung ein Ersatzmitglieder zu bestellen. Die Auswahl steht dem Vorsitzenden zu.
§.1758. Zum Mitgliede des Familienraths kann nicht bestellt werden, wer geschäftsunfähig oder wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht entmündigt ist.
§.1759. Zum Mitgliede des Familienraths soll nicht bestellt werden:
1. der Vormund des Mündels;
2. eine Frau;
3. wer nach §.1662 oder nach §.1663 von der Vormundschaft ausgeschlossen ist;
4. wer durch Anordnung des Vaters oder der ehelichen Mutter des Mündels von der Mitgliedschaft ausgeschlossen ist.
§.1760. Zum Mitgliede des Familienraths foll nicht bestellt werden, wer mit dem Mündel weder verwandt noch verschwägert ist, es sei denn, daß er von dem Vater oder der ehelichen Mutter des Mündels benannt oder von dem Familienrath oder im Falle des §.1757 von dem Vorsitzenden ausgewählt worden ist.
§.1761. Für die nach den §§.1751, 1752, 1754, 1756, 1759, 1760 zulässigen Anordnungen des Vaters oder der Mutter gelten die Vorschriften des §.1658.
Die Anordnungen des Vaters gehen den Anordnungen der Mutter vor.
§.1762. Niemand ist verpflichtet, das Amt eines Mitglieds des Familienraths zu übernehmen.
§.1763. Die Mitglieder des Familienraths werden von dem Vorfişenden durch Verpflichtung zu treuer und gewissenhafter Führung des Amtes bestellt. Die Verpflichtung soll mittels Handschlags an Eidesstatt erfolgen.
§.1761. Der Familienrath hat die Rechte und Pflichten des Vormundschaftsgerichts; die Mitglieder des Familienraths sind in gleicher Weise verantwortlich wie der Vormundschaftsrichter.
Die Leitung der Geschäfte liegt dem Vorsitzenden ob.
Wird ein sofortiges Einschreiten nöthig, so hat der Vorsitzende die erforderlichen Anordnungen zu treffen, den Familienrath unverzüglich einzuberufen, ihn von den Anordnungen in Kenntniß zu setzen und einen Beschluß über die etwa weiter erforderlichen Maßregeln herbeizuführen.
§.1765. Der Familienrath wird von dem Vorsitzenden einberufen. Die Einberufung hat zu erfolgen, wenn zwei Mitglieder, der Vormund oder der Gegenvormund es beantragen oder wenn das Bedürfnis eß erfordert. Die Mitglieder können mündlich oder schriftlich eingeladen werden.
§.1766. Ein Mitglied des Familienraths, das ohne genügende Entschuldigung der Einladung nicht Folge leistet oder die rechtzeitige Anzeige seiner Verhinderung unterläßt oder sich der Theilnahme an der Beschlußfassung enthält, ist von dem Vorsitzenden in die dadurch verursachten Kosten zu verurtheilen. Der Vorsigende kann gegen das Mitglied auch eine Ordnungsstrafe bis zu einhundert Mark verhängen. Erfolgt nachträglich genügende Entschuldigung, so sind die getroffenen Verfügungen aufzuheben.
§.1767. Zur Beschlußfähigkeit des Familienraths ist die Anwesenheit des Vorsitzenden und mindestens zweier Mitglieder erforderlich. Die Mitglieder können ihr Amt nur persönlich ausüben.
Steht in einer Angelegenheit das Interesse des Mündels zu dem Interesse eines Mitglieds in erheblichem Gegensaße, so ist das Mitglied von der Theilnahme an der Beschlußfassung ausgeschlossen. Ueber die Ausschließung entscheidet der Vorsigende.
Der Familienrath faßt seine Beschlüsse nach der Mehrheit der Stimmen der Anwesenden. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsigenden.
§.1768. Die Mitglieder des Familienraths können von dem Mündel Ersaß ihrer Auslagen verlangen; der Betrag der Auslagen wird von dem Vorsitzenden festgeseßt.
§.1769. Das Amt eines Mitglieds des Familienraths endigt aus denselben Gründen, aus welchen nach den §§.1743, 1744, 1747 das Amt eines Vormundes endigt.
Ein Mitglied kann gegen seinen Willen nur durch das dem Vormundschaftsgericht im Instanzenzuge vorgeordnete Gericht entlassen werden.
§.1770. Das Vormundschaftsgericht hat den Familienrath aufzuheben:
1. wenn es an der zur Beschlußfähigkeit erforderlichen Zahl von Mitgliedern fehlt und geeignete Personen zur Ergänzung nicht vorhanden sind;
2. wenn der Fall eingetreten ist, für welchen der Vater oder die eheliche Mutter des Mündels die Aufhebung nach §.1751 Abs. 2 angeordnet hat. Das Vormundschaftsgericht hat die bisherigen Mitglieder des Familienraths, den Vormund und den Gegenvormund von der Aufhebung in Kenntniß zu setzen. Der Vormund und der Gegenvormund erhalten neue Bestallungen; die früheren Bestalungen sind dem Vormundschaftsgerichte zurückzugeben.
Zweiter Titel. Vormundschaft über Volljährige.
§.1771. Ein Volljähriger erhält einen Vormund, wenn er entmündigt ist.
§.1772. Ein Volljähriger kann einen Vormund erhalten, wenn er in Folge körperlicher Gebrechen, insbesondere weil er taub, blind oder stumm ist, seine Angelegenheiten nicht zu beforgen vermag. Die Vormundschaft darf nur mit seiner Einwilligung angeordnet werden, es sei denn, daß eine Verständigung mit ihm nicht möglich ist.
§.1773. Auf die Vormundschaft über Volljährige finden die für die Vormundschaft über Minderjährige geltenden Vorschriften Anwendung, soweit sich nicht aus den §§.1774 bis 1785 ein Anderes ergiebt.
§.1774. Der Vater und die Mutter des Mündels sind nicht berechtigt, einen Vormund zu benennen oder Jemand von der Vormundschaft auszuschließen.
§.1775. Vor den Großvätern ist der Vater und nach ihm die eheliche Mutter des Mündels als Vormund berufen.
Die Eltern sind nicht berufen, wenn der Mündel von einem Anderen als dem Ehegatten seines Vaters oder seiner Mutter an Kindesstatt angenommen ist.
Stammt der Mündel aus einer nichtigen Ehe, so ist der Vater im Falle des §.1589, die Mutter im Falle des §.1590 nicht berufen. Das Gleiche gilt, wenn die Ehe anfechtbar und angefochten ist.
§.1776. Eine Ehefrau kann zum Vormund ihres Mannes bestellt werden; die Zustimmung des Mannes ist nicht erforderlich.
Der Ehegatte des Mündels darf vor den Eltern und den Großvätern, die eheliche Mutter darf im Falle des §.1590 vor den Großvätern zum Vormunde bestellt werden.
Die uneheliche Mutter darf vor dem Großvater zum Vormunde bestellt werden.
§.1777. Der Vormund hat für die Person des Mündels nur insoweit zu sorgen, als der Zwecf der Vormundschaft es erfordert.
Steht eine Ehefrau unter Vormundschaft, so tritt die im §.1528 bestimmte Beschränkung nicht ein.
§.1778. Der Vormund bedarf zum Versprechen und zur Gewährung einer Ausstattung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
Zu einem Mieth- oder Pachtvertrage sowie zu einem anderen, den Mündel zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtenden Vertrage bedarf der Vormund der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, wenn das Vertragsverhältniß länger als vier Jahre dauern soll. Die Vorschrift des §.1702 Nr. 3 bleibt unberührt.
§.1779. Ist der Vater des Mündels zum Vormunde bestellt, so unterbleibt die Bestellung eines Gegenvormundes. Dem Vater stehen auch die Befreiungen zu, welche nach den §§.1726 bis 1728 angeordnet werden können, vorbehaltlich der Befugniß des Vormundschaftsgerichts, die Befreiungen außer Kraft zu setzen, wenn sie das Interesse des Mündels gefährden.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der Vater im Falle der Minderjährigkeit des Mündels zur Vermögensverwaltung nicht berechtigt sein würde.
§.1780. Ist die eheliche Mutter des Mündels zum Vormunde bestellt, so gilt für sie das Gleiche wie nach §.1779 für den Vater. Der Mutter ist jedoch ein Gegenvormund zu bestellen, wenn sie die Bestellung beantragt oder wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen ihr nach §.1576 Nr. 3 ein Beistand zu bestellen sein würde. Wird ein Gegenvormund bestellt, so stehen der Mutter die im §.1726 bezeichneten Befreiungen nicht zu.
§.1781. Die Vormundschaft über einen entmündigten Volljährigen endigt mit der Aufhebung der Entmündigung.
Die Vormundschaft über einen Volljährigen, der nach §.1772 unter Vormundschaft gestellt ist, hat das Vormunds schaftsgericht aufzuheben, wenn die Voraussetzungen des §.1772 weggefallen sind oder wenn der Mündel die Aufhebung beantragt.
§.1782. Ein Familienrath kann nur nach §.1752 Abs. 1 eingesetzßt werden.
Der Vater und die Mutter des Mündels find nicht berechtigt, Anordnungen über die Einsetzung oder über die Aufhebung eines Familienraths zu treffen.
§.1783. Ein Volljähriger, dessen Entmündigung beantragt ist, kann unter vorläufige Vormundschaft gestellt werden, wenn das Vormundschaftsgericht es zur Abwendung einer erheblichen Gefährdung der Person oder des Vermögens des Volljährigen für erforderlich erachtet.
§.1784. Die Vorschriften über die Berufung zur Vormundschaft gelten nicht für die vorläufige Vormundschaft. Die Auswahl des Vormundes erfolgt durch das Vormundschaftsgericht nach Maßgabe des §.1660.
§.1785. Die vorläufige Vormundschaft endigt mit der Zurücknahme oder der rechtskräftigen Abweisung des Antrags auf Entmündigung Erfolgt die Entmündigung, so endigt die vorläufige Vormundschaft, wenn auf Grund der Entmündigung ein Vormund bestellt wird.
Die vorläufige Vormundschaft ist von dem Vormundschaftsgericht aufzuheben, wenn der Mündel des vorläufigen vormundschaftlichen Schußes nicht mehr bedürftig ist.
Dritter Titel. Pflegschaft
§.1786. Wer unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, erhält für Angelegenheiten, an deren Besorgung der Gewalthaber oder der Vormund verhindert ist, einen Pfleger. Er erhält insbesondere einen Pfleger zur Verwaltung des Vermögens, welches er von Todeswegen erwirbt oder welches ihm unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch Verfügung von Todeswegen, der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß dem Gewalthaber oder dem Vormunde die Verwaltung nicht zustehen soll.
Tritt das Bedürfniß für eine Pflegschaft hervor, so hat der Gewalthaber oder der Vormund dem Vormundschaftsgericht unverzüglich Anzeige zu machen.
Die Pflegschaft ist auch dann anzuordnen, wenn ein Vormund noch nicht bestellt ist, die Voraussetzungen für die Anordnung einer Vormundschaft aber vorliegen.
§.1787. Ein Volljähriger, der in Folge geistiger oder körperlicher Gebrechen einzelne seiner Angelegenheiten oder einen bestimmten Kreis seiner Angelegenheiten, insbesondere seine Vermögensangelegenheiten, nicht zu besorgen vermag, kann für diese Angelegenheiten einen Pfleger erhalten, auch wenn die Voraussetzungen für die Anordnung einer Vormundschaft nicht vorliegen. Die Pflegschaft darf nur mit seiner Einwilligung angeordnet werden, es sei denn, daß eine Verständigung mit ihm nicht möglich ist.
§.1788. Ein abwesender Volljähriger, dessen Aufenthalt unbekannt ist, erhält für seine Vermögensangelegenheiten, soweit sie der Fürsorge bedürfen, einen Abwesenheitspfleger. Ein solcher Pfleger ist ihm insbesondere auch dann zu bestellen, wenn er durch Ertheilung eines Auftrags oder einer Vollmacht Fürsorge getroffen hat, aber Umstände eingetreten sind, die zum Widerrufe des Auftrags oder der Vollmacht Anlaß geben.
Das Gleiche gilt von einem Abwesenden, dessen Aufenthalt bekannt, der aber an der Rückkehr und der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten verhindert ist.
§.1789. Eine Leibesfrucht erhält zur Wahrung ihrer künftigen Rechte, soweit diese einer Fürsorge bedürfen, einen Pfleger. Die Fürsorge steht jedoch dem Vater oder der Mutter zu, wenn das Kind, falls es bereits geboren wäre, unter elterlicher Gewalt stehen würde.
§.1790. Ist unbekannt oder ungewiß, wer bei einer Angelegenheit der Betheiligte ist, so kann dem Betheiligten für diese Angelegenheit, soweit eine Fürsorge erforderlich ist, ein Pfleger bestellt werden. Insbesondere kann einem Nacherben, der noch nicht erzeugt ist oder dessen Persönlichkeit erst durch ein noch nicht eingetretenes Ereigniß bestimmt wird, für die Zeit bis zum Eintritte der Nacherbfolge ein Pfleger bestellt werden.
§.1791. Auf die Pflegschaft finden die für die Vormundschaft geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt.
§.1792. In den Fällen des §. 1786 finden die Vorschriften über die Berufung zur Vormundschaft keine Anwendung.
Wird jedoch die Anordnung einer Pflegschaft nach §.1786 Abs. 1 Satz 2 erforderlich, so ist als Pfleger berufen, wer als solcher von dem Erblasser durch Verfügung von Todeswegen, von dem Dritten bei der Zuwendung benannt ist; die Vorschriften des §.1659 finden entsprechende Anwendung.
§.1793. Ist im Falle des §.1786 Abs. 1 Satz 2 von dem Erblasser oder dem Dritten ein Pfleger benannt, so kann der Erblasser durch Verfügung von Todeswegen, der Dritte bei der Zuwendung die in den §§.1726 bis 1728 bezeichneten Befreiungen für den Pfleger anordnen, vorbehaltlich der Befugniß des Vormundschaftsgerichts, die Anordnungen außer Kraft zu setzen, wenn sie das Interesse des Pflegebefohlenen gefährden.
Zu einer Abweichung von den Anordnungen des Dritten ist, solange er lebt, seine Zustimmung erforderlich und genügend. Die Zustimmung des Dritten kann durch das Vormundschaftsgericht erseßt werden, wenn der Dritte zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§.1794. Die Bestellung eines Gegenvormundes ist nicht erforderlich, aber zulässig.
§.1795. Die Pflegschaft für eine unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft stehende Person endigt mit der Beendigung der elterlichen Gewalt oder der Vormundschaft.
Die Pflegschaft für eine Leibesfrucht endigt mit der Geburt des Kindes.
Die Pflegschaft zur Besorgung einer einzelnen Angelegenheit endigt mit deren Erledigung.
§.1796. Die Pflegschaft ist von dem Vormundschaftsgericht aufzuheben, wenn der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist.
§.1797. Die nach §.1787 angeordnete Pflegschaft ist von dem Vormundschaftsgericht aufzuheben, wenn der Pflegebefohlene die Aufhebung beantragt.
§.1798. Die Pflegschaft für einen Abwesenden ist von dem Vormundschaftsgericht aufzuheben, wenn der Abwesende an der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten nicht mehr verhindert ist.
Stirbt der Abwesende, so endigt die Pflegschaft erst mit der Aufhebung durch das Vormundschaftsgericht. Das Vormundschaftsgericht hat die Pflegschaft aufzuheben, wenn ihm der Tod des Abwesenden bekannt wird.
Wird der Abwesende für todt erklärt, so endigt die Pflegschaft mit der Erlassung des die Todeserklärung aussprechenden Urtheils.
Fünftes Buch. Erbrecht.
Erfter Abschnitt. Erbfolge.
§.1799. Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über.
Auf den Antheil eines Miterben (Erbtheil) finden die sich auf die Erbschaft beziehenden Vorschriften Anwendung.
§.1800. Erbe kann nur werden, wer zur Zeit des Erbfalls lebt.
Wer zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits erzeugt war, gilt als vor dem Erbfalle geboren.
§.1801. Gesetzliche Erben der ersten Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers.
Ein zur Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling schließt die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge aus.
An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings treten die durch ihn mit dem Erblaffer verwandten Abkömmlinge (Erbfolge nach Stämmen).
Kinder erben zu gleichen Theilen.
§.1802. Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.
Leben zur Zeit des Erbfalls die Eltern, so erben sie allein und zu gleichen Theilen.
Lebt zur Zeit des Erbfalls der Vater oder die Mutter nicht mehr, so treten an die Stelle des Verstorbenen dessen Abkömmlinge nach den für die Beerbung in der ersten Ordnung geltenden Vorschriften. Sind Abkömmlinge nicht vorhanden, so erbt der überlebende Theil allein.
§.1803. Gesetzliche Erben der dritten Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.
Leben zur Zeit des Erbfalls die Großeltern, so erben sie allein und zu gleichen Theilen.
Lebt zur Zeit des Erbfalls von dem einen oder dem anderen Großelternpaar ein Theil nicht mehr, so treten seine Abkömmlinge an seine Stelle. Sind Abkömmlinge nicht vorhanden, so fällt sein Antheil dem anderen Theile des Großelternpaars und, wenn dieser nicht mehr lebt, dessen Abkömmlingen zu.
Lebt zur Zeit des Erbfalls ein Großelternpaar nicht mehr und find Abkömmlinge von ihm nicht vorhanden, so erben das andere Großelternpaar oder dessen Abkömmlinge allein.
Soweit Abkömmlinge an die Stelle ihrer Eltern oder Voreltern treten, finden die für die Beerbung in der ersten Ordnung geltenden Vorschriften Anwendung.
§.1804. Wer in der ersten, der zweiten oder der dritten Ordnung verschiedenen Stämmen angehört, erhält den in jedem dieser Stämme auf ihn fallenden Antheil. Jeder Antheil gilt als besonderer Erbtheil.
§.1805. Gesetzliche Erben der vierten Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.
Leben zur Zeit des Erbfalls Urgroßeltern, so erben sie allein; mehrere erben zu gleichen Theilen, ohne Unterschied, ob sie derselben Linie oder verschiedenen Linien angehören.
Leben zur Zeit des Erbfalls Urgroßeltern nicht mehr, so erbt von ihren Abkömmlingen derjenige, welcher mit dem Erblasser dem Grade nach am nächsten verwandt ist; mehrere gleich nahe Verwandte erben zu gleichen Theilen.
§.1806. Gefeßliche Erben der fünften Ordnung sind die entfernteren Voreltern des Erblassers. Der dem Grade nach nähere Vorfahre schließt den entfernteren aus; mehrere gleich nahe erben zu gleichen Theilen.
§.1807. Ein Verwandter ist nicht zur Erbfolge berufen, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist.
§.1808. Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertheile, neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen. Treffen mit Großeltern Abkömmlinge von Großeltern zusammen, so erhält der Ehegatte auch von der anderen Hälfte den Antheil, welcher nach §.1803 den Abkömmlingen zu: fallen würde.
Sind weder Verwandte der ersten oder der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.
§.1809. Ist der überlebende Ehegatte neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern gesetzlicher Erbe, so gebühren ihm außer dem Erbtheile die zum ehelichen Haushalte gehörenden Gegenstände, soweit sie nicht Zubehör eines Grundstücks sind, und die Hochzeitsgeschenke als Voraus. Auf den Voraus finden die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften Anwendung.
§.1810. Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten sowie das Recht auf den Voraus ist ausgeschlossen, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes Scheidung wegen Verschuldens des Ehegatten zu verlangen berechtigt war und die Scheidungsklage erhoben hatte.
§.1811. Gehört der überlebende Ehegatte zu den erbberechtigten Verwandten, so erbt er zugleich als Verwandter. Der Erbtheil, der ihm auf Grund der Verwandtschaft anfällt, gilt als besonderer Erbtheil.
§.1812. Fällt ein gesetzlicher Erbe vor oder nach dem Erbfalle weg und erhöht sich in Folge dessen der Erbtheil eines anderen gesetzlichen Erben, so gilt der Theil, um welchen sich der Erbtheil erhöht, in Ansehung der Vermächtnisse und Auflagen, mit welchen dieser Erbe oder der wegfallende Erbe beschwert ist, sowie in Ansehung der Ausgleichungspflicht als besonderer Erbtheil.
§.1813. Ist zur Zeit des Erbfalls weder ein Verwandter der ersten bis fünften Ordnung noch ein Ehegatte des Erblassers vorhanden, so ist der Fiskus des Bundesstaats, welchem der Erblasser zur Zeit des Todes angehört hat, gesetzlicher Erbe. Hat der Erblasser mehreren Bundesstaaten angehört, so ist der Fiskus eines jeden derselben zu gleichem Antheile zur Erbfolge berufen.
Ist der Erblasser Reichsangehöriger gewesen, ohne einem Bundesstaat anzugehören, so ist der Reichsfiskus gesetzlicher Erbe.
§.1814. Der Erblasser kann durch einseitige Verfügung von Todeswegen (Testament, letztwillige Verfügung) den Erben bestimmen.
§.1815. Der Erblaffer kann durch Testament einen Verwandten oder den Ehegatten von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen, ohne einen Erben einzufeßen.
§.1816. Der Erblasser kann durch Testament einem Anderen, ohne ihn als Erben einzuseßen, einen Vermögensvortheil zuwenden (Vermächtniß).
§.1817. Der Erblasser kann durch Testament den Erben oder einen Vermächtnißnehmer zu einer Leistung verpflichten, ohne einem Anderen ein Recht auf die Leistung zuzuwenden (Auflage).
§.1818. Der Erblasser kann durch Vertrag einen Erben einsetzen sowie Vermächtnisse und Auflagen anordnen (Erbvertrag).
Als Erbe (Vertragserbe) oder als Vermächtnißnehmer kann sowohl der andere Vertragschließende als ein Dritter bedacht werden.
Zweiter Abschnitt. Rechtliche Stellung des Erben.
Erster Titel. Annahme und Ausschlagung der Erbschaft. Fürsorge des Nachlaßgerichts.
§.1819. Die Erbschaft geht auf den berufenen Erben unbeschadet des Rechtes, sie auszuschlagen, über (Anfal der Erbschaft).
Der Fiskus kann die ihm als gesetzlichem Erben angefallene Erbschaft nicht ausschlagen.
§.1820. Der Erbe kann die Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn er sie angenommen hat. Der Annahme steht es gleich, wenn der Erbe nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die Erbschaft ausschlägt.
§.1821. Die Ausschlagung muß binnen sechs Wochen erfolgen.
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde der Berufung Kenntniß erlangt hat. Ist der Erbe durch Verfügung von Todeswegen berufen, so beginnt die Frist nicht vor der Verfündung der Verfügung. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§.169, 171 entsprechende Anwendung.
Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsit nur im Auslande gehabt hat oder wenn der Erbe sich bei dem Beginne der Frist im Ausland aufhält.
§.1822. Die Ausschlagung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben.
Ein Bevollmächtigter bedarf einer öffentlich beglaubigten Vollmacht. Die Vollmacht muß der Erklärung beigefügt oder innerhalb der Ausschlagungsfrist nachgebracht werden.
§.1823. Der Erbe kann die Erbschaft annehmen oder ausschlagen, sobald der Erbfall eingetreten ist.
§.1824. Die Annahme und die Ausschlagung können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen.
Die Annahme und die Ausschlagung sind unwiderruflich.
§.1825. Wer durch Verfügung von Todeswegen als Erbe berufen ist, kann, wenn er ohne die Verfügung als gesetzlicher Erbe berufen sein würde, die Erbschaft als eingeseßter Erbe ausschlagen und als gesetzlicher Erbe annehmen.
Wer durch Testament und durch Erbvertrag als Erbe berufen ist, kann die Erbschaft aus dem einen Berufungsgrund annehmen und aus dem anderen ausschlagen.
§.1826. Die Annahme gilt als nicht erfolgt, wenn der Erbe über den Berufungsgrund im Irrthume war.
Die Ausschlagung erstreckt sich im Zweifel auf alle Berufungsgründe, die dem Erben zur Zeit der Erklärung bekannt sind.
§.1827. Die Annahme und die Ausschlagung können nicht auf einen Theil der Erbschaft beschränkt werden. Die Annahme oder Ausschlagung eines Theiles ist unwirksam.
§.1828. Wer zu mehreren Erbtheilen berufen ist, kann, wenn die Berufung auf verschiedenen Gründen beruht, den einen Erbtheil annehmen und den anderen ausschlagen.
Beruht die Berufung auf demselben Grunde, so gilt die Annahme oder Ausschlagung des einen Erbtheils auch für den anderen, selbst wenn der andere erst später anfält. Die Berufung beruht auf demselben Grunde auch dann, wenn sie in verschiedenen Testamenten oder vertragsmäßig in verschiedenen zwischen denselben Personen geschlossenen Erbverträgen angeordnet ist.
Setzt der Erblasser einen Erben auf mehrere Erbtheile ein, so kann er ihm durch Verfügung von Todeswegen gestatten, den einen Erbtheil anzunehmen und den anderen auszuschlagen.
§.1829. Das Recht des Erben, die Erbschaft auszuschlagen, ist vererblich.
Ist der Erbe vor dem Ablaufe der Ausschlagungsfrist gestorben, so endigt die Frist nicht vor dem Ablaufe der für die Erbschaft des Erben vorgeschriebenen Ausschlagungsfrist.
Von mehreren Erben des Erben kann jeder den seinem Erbtheil entsprechenden Theil der Erbschaft ausschlagen.
§.1830. Wird die Erbschaft ausgeschlagen, so gilt der Anfal an den Ausschlagenden als nicht erfolgt.
Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit dem Erbfall erfolgt.
Das Nachlaßgericht soll die Ausschlagung demjenigen mittheilen, welchem die Erbschaft in Folge der Ausschlagung angefallen ist.
§.1831. Die Anfechtung der Annahme oder der Ausschlagung muß binnen sechs Wochen erfolgen.
Die Frist beginnt im Falle der Anfechtbarkeit wegen Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufgehört hat, in den übrigen Fällen mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt hat. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§.169, 171 entsprechende Anwendung.
Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsiß nur im Auslande gehabt hat oder wenn der Erbe sich bei dem Beginne der Frist im Ausland aufhält.
Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Annahme oder der Ausschlagung dreißig Jahre verstrichen sind.
§.1832. Die Anfechtung der Annahme oder der Ausschlagung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte. Für die Erklärung gelten die Vorschriften des §.1822.
§.1833. Die Versäumung der Ausschlagungsfrist kann in gleicher Weise wie die Annahme angefochten werden.
§.1834. Die Anfechtung der Annahme gilt als Ausschlagung, die Anfechtung der Ausschlagung gilt als Annahme.
Das Nachlaßgericht soll die Anfechtung der Ausschlagung demjenigen mittheilen, welchem die Erbschaft in Folge der Ausschlagung angefallen war.
§.1835. Solange der Erbe die Erbschaft nicht angenommen hat, kann ein Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet, nicht gegen den Erben gerichtlich geltend gemacht werden.
§.1836. Hat der Erbe vor der Ausschlagung erbschaftliche Geschäfte besorgt, so ist er gegenüber demjenigen, welcher Erbe wird, wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag berechtigt und verpflichtet.
Hat der Erbe vor der Ausschlagung über einen Nachlaßgegenstand verfügt, so wird die Wirksamkeit der Verfügung durch die Ausschlagung nicht berührt, wenn die Verfügung nicht ohne Nachtheil für den Nachlaß verschoben werden konnte.
Ein Rechtsgeschäft, das gegenüber dem Erben als solchem vorgenommen werden muß, bleibt, wenn es vor der Ausschlagung dem Ausschlagenden gegenüber vorgenommen worden ist, auch nach der Ausschlagung wirksam.
§.1837. Solange die Erbschaft nicht angenommen worden ist, hat das Nachlaßgericht für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen, soweit ein Bedürfniß besteht. Das Gleiche gilt, wenn der Erbe unbekannt oder wenn ungewiß ist, ob er die Erbschaft angenommen hat.
Das Nachlaßgericht kann insbesondere die Anlegung von Siegeln, die Hinterlegung von Geld, Werthpapieren und Kostbarkeiten sowie die Aufnahme eines Nachlaßverzeichnisses anordnen und für denjenigen, welcher Erbe wird, einen Pfleger (Nachlaßpfleger) bestellen.
§.1838. Das Nachlaßgericht hat in den Fällen des §.1837 Abs. 1 einen Nachlaßpfleger zu bestellen, wenn die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlaß richtet, von dem Berechtigten beantragt wird.
Die Vorschrift des §.1835 findet auf einen Nachlaßpfleger keine Anwendung.
§.1839. Für die Nachlaßpflegschaft tritt an die Stelle des Vormundschaftsgerichts das Nachlaßgericht.
§.1840. Ist zur Zeit des Erbfalls die Geburt eines Erben zu erwarten, fo kann die Mutter, falls sie außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten, bis zur Entbindung standesmäßigen Unterhalt aus dem Nachlaß oder, wenn noch andere Personen als Erben berufen find, aus dem Erbtheile des Kindes verlangen. Bei der Bemessung des Erbtheils ist anzunehmen, daß nur ein Kind geboren wird.
§.1841. Ist der Erbe nicht innerhalb einer den Umständen des Falles entsprechenden Frist ermittelt, so hat das Nachlaßgericht festzustellen, daß ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist.
Der Feststellung hat eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte unter Bestimmung einer Anmeldungsfrist vorauszugehen; die Art der Bekanntmachung und die Dauer der Anmeldungsfrist bestimmen sich nach den für das Aufgebotsverfahren geltenden Vorschriften. Die Aufforderung kann unterbleiben, wenn die Kosten dem Bestande des Nachlasses gegenüber unverhältnismäßig groß sind.
Ein Erbrecht bleibt unberücksichtigt, wenn dem Nachlaßgerichte nicht binnen drei Monaten nach dem Ablaufe der Anmeldungsfrist nachgewiesen wird, daß das Erbrecht besteht oder daß es gegen den Fiskus im Wege der Klage geltend gemacht ist. Ist eine öffentliche Aufforderung nicht ergangen, so beginnt die dreimonatige Frist mit der gerichtlichen Aufforderung, das Erbrecht oder die Erhebung der Klage nachzuweisen.
§.1842. Von dem Fiskus als gesetzlichem Erben und gegen den Fiskus als gesetzlichen Erben kann ein Recht erst geltend gemacht werden, nachdem von dem Nachlaßgerichte festgestellt worden ist, daß ein anderer Erbe nicht vorhanden ist.
Zweiter Titel. Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeifen.
I. Nachlaßverbindlichkeiten.
§.1843. Der Erbe haftet für die Nachlaßverbindlichkeiten.
Zu den Nachlaßverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.
§.1844. Der Erbe trägt die Kosten der standesmäßigen Beerdigung des Erblassers.
II. Aufgebot der Nachlaßgläubiger.
§.1845. Die Nachlaßgläubiger können im Wege des Aufgebotsverfahrens zur Anmeldung ihrer Forderungen aufgefordert werden.
§.1846. Pflichttheilsrechte, Vermächtnisse und Auflagen werden durch das Aufgebot nicht betroffen.
§.1847. Pfandgläubiger und Gläubiger, die im Konkurse den Pfandgläubigern gleichstehen, sowie Gläubiger, die bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen ein Recht auf Befriedigung aus diesem Vermögen haben, werden, soweit es sich um die Befriedigung aus den ihnen haftenden Gegenständen handelt, durch das Aufgebot nicht betroffen. Das Gleiche gilt von Gläubigern, deren Ansprüche durch eine Vormerkung gesichert find oder denen im Konkurs ein Aussonderungsrecht zusteht, in Ansehung des Gegenstandes ihres Rechtes.
§.1848. Der Erbe kann die Befriedigung eines im Aufgebotsverfahren ausgeschlossenen Nachlaßgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlaß durch die Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger erschöpft wird.
Einen Ueberschuß hat der Erbe zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstredung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Er kann die Herausgabe der noch vorhandenen Nachlaßgegenstände durch Zahlung des Werthes abwenden. Die rechtskräftige Verurtheilung des Erben zur Befriedigung eines ausgeschlossenen Gläubigers wirkt einem anderen Gläubiger gegenüber wie die Befriedigung.
§.1849. Findet ein Aufgebotsverfahren nicht statt, so steht ein Nachlaßgläubiger, der seine Forderung später als fünf Jahre nach dem Erbfalle dem Erben gegenüber geltend macht, einem ausgeschlossenen Gläubiger gleich, es sei denn, daß die Forderung dem Erben vor dem Ablaufe der fünf Jahre bekannt geworden ist.
Soweit ein Gläubiger nach §.1847 von dem Aufgebote nicht betroffen wird, findet die Vorschrift des Abs. 1 auf ihn keine Anwendung.
III. Beschränkung der Haftung des Erben.
§.1850. Die Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten beschränkt sich auf den Nachlaß, wenn eine Nachlaßpflegschaft zum Zwede der Befriedigung der Nachlaßgläubiger angeordnet oder der Nachlasskonkurs eröffnet ist.
§.1851. Ist die Nachlaßpflegschaft angeordnet oder der Nachlaßkonkurs eröffnet, so gelten die in Folge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse als nicht erloschen.
§.1852. Hat ein Nachlaßgläubiger vor der Anordnung der Nachlaßpflegschaft oder vor der Eröffnung des Nachlaßkonkurses seine Forderung gegen eine nicht zum Nachlasse gehörende Forderung des Erben ohne dessen Zustimmung aufgerechnet, so ist nach der Anordnung der Nachlaßpflegschaft oder der Eröffnung des Nachlaßkonkurjes die Aufrechnung als nicht erfolgt anzusehen.
Das Gleiche gilt, wenn ein Gläubiger, der nicht Nachlabgläubiger ist, die ihm gegen den Erben zustehende Forderung gegen eine zum Nachlasse gehörende Forderung aufgerechnet hat.
§.1853. Ist die Nachlaßpflegschaft angeordnet oder der Nachlaßkonkurs eröffnet, so ist der Erbe den Nachlaßgläubigern für die Verwaltung des Nachlasses so verantwortlich, wie wenn er von der Annahme der Erbschaft an die Verwaltung für sie als Beauftragter zu führen gehabt hätte. Auf die vor der Annahme der Erbschaft von dem Erben besorgten erbschaftlichen Geschäfte finden die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechende Anwendung.
Die den Nachlaßgläubigern nach Abs. 1 zustehenden Ansprüche gelten als zum Nachlasse gehörend.
Aufwendungen sind dem Erben aus dem Nachlasse zu ersetzen, soweit nach den Vorschriften über den Auftrag oder über die Geschäftsführung ohne Auftrag Ersatz verlangt werden kann.
§.1854. Hat der Erbe eine Nachlaßverbindlichkeit berichtigt, so müssen die Nachlaßgläubiger die Berichtigung als für Rechnung des Nachlasses erfolgt gelten lassen, wenn der Erbe den Umständen nach annehmen durfte, daß der Nachlaß zur Berichtigung aller Nachlaßverbindlichkeiten ausreiche.
Beantragt der Erbe nicht unverzüglich, nachdem er von der Ueberschuldung des Nachlaffes Kenntniß erlangt hat, die Eröffnung des Nachlaßkonkurses, so ist er den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich. Bei der Bemessung der Zulänglichkeit des Nachlasses bleiben die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen und Auflagen außer Betracht Der Renntniß der Ueberschuldung steht die auf Fahrlässigkeit beruhende Unkenntniß gleich. Als Fahrlässigkeit gilt es insbesondere, wenn der Erbe das Aufgebot der Nachlaßgläubiger nicht beantragt, obwohl er Grund hat, das Vorhandensein unbekannter Nachlaßverbindlichkeiten anzunehmen; das Aufgebot ist nicht erforderlich, wenn die Kosten des Verfahrens dem Bestande des Nachlasses gegenüber unverhältnismäßig groß sind.
§.1855. Die Nachlaßpflegschaft ist von dem Nachlaßgericht anzuordnen, wenn der Erbe die Anordnung beantragt.
Auf Antrag eines Nachlaßgläubigers ist die Nachlaßpflegschaft anzuordnen, wenn Grund zu der Annahme vorliegt, daß die Befriedigung der Nachlaßgläubiger aus dem Nachlasse durch das Verhalten oder die Vermögenslage des Erben gefährdet wird. Der Antrag ist nur innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Annahme der Erbschaft zulässig. Die Vorschriften des §.1667 finden keine Anwendung.
§.1856. Die Anordnung der Nachlaßpflegschaft kann abgelehnt werden, wenn eine den Kosten entsprechende Masse nicht vorhanden ist.
§.1857. Das Nachlaßgericht hat die Anordnung der Nachlaßpflegschaft durch Einrückung in das für seine Bekanntmachungen bestimmte Blatt zu veröffentlichen.
§.1858. Mit der Anordnung der Nachlaßpflegschaft verliert der Erbe die Befugniß, den Nachlaß zu verwalten und über ihn zu verfügen. Die Vorschriften der §. 6, 7 der Konkursordnung finden entsprechende Anwendung. Ein Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet, kann nur gegen den Nachlaßpfleger geltend gemacht werden.
Zwangsvollstreckungen und Arreste in den Nachlaß zu Gunsten eines Gläubigers, der nicht Nachlaßgläubiger ist, sind ausgeschlossen.
§.1859. Der Nachlaßpfleger hat den Nachlaß zu verwalten und die Nachlaßverbindlichkeiten aus dem Nachlasse zu berichtigen.
Der Nachlaßpfleger hat den Nachlaßgläubigern gegenüber die gleichen Verpflichtungen wie der Erbe nach den §§.1853, 1854.
§.1860. Der Nachlaßpfleger darf den Nachlaß dem Erben erst außantworten, wenn die bekannten Nachlaßverbindlichkeiten berichtigt sind.
Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zur Zeit nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf die Ausantwortung des Nachlasses nur erfolgen, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet ist. Für eine bedingte Forderung ist Sicherheitsleistung nicht erforderlich, wenn die Möglichkeit des Eintritts der Bedingung eine so entfernte ist, daß die Forderung einen gegenwärtigen Vermögenswerth nicht hat.
§.1861. Verletzt der Nachlaßpfleger die ihm obliegenden Verpflichtungen, so ist er für den daraus entstehenden Schaden, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt, auch den Nachlaßgläubigern verantwortlich.
§.1862. Der Nachlaßpfleger kann für die Führung seines Amtes eine angemessene Vergütung verlangen.
§.1863. Die Nachlaßpflegschaft endigt mit der Eröffnung des Nachlaßkonkurses.
Die Nachlaßpflegschaft kann aufgehoben werden, wenn sich ergiebt, daß eine den Kosten entsprechende Masse nicht vorhanden ist.
§.1864. Ist der Nachlaßkonkurs durch Vertheilung der Masse oder durch Zwangsvergleich beendigt, so finden auf die Haftung des Erben die Vorschriften des §.1848 entsprechende Anwendung.
§.1865. Ist die Anordnung der Nachlaßpflegschaft oder die Eröffnung des Nachlaßkonkurses wegen Mangels einer den Kosten entsprechenden Masse nicht thunlich oder wird aus diesem Grunde die Nachlaßpflegschaft aufgehoben oder das Konkursverfahren eingestellt, so kann der Erbe die Befriedigung eines Nachlaßgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlaß nicht ausreicht. Der Erbe ist in diesem Falle verpflichtet, den Nachlaß zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben.
Das Recht des Erben wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Gläubiger nach dem Eintritte des Erbfalls im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arreftvollziehung ein Pfandrecht oder eine Hypothek oder im Wege der einstweiligen Verfügung eine Vormerkung erlangt hat.
§.1866. Macht der Erbe von dem ihm nach §.1865 zustehenden Rechte Gebrauch, so finden auf die Verantwortlichkeit des Erben und den Ersatz seiner Aufwendungen die Vorschriften der §§.1853, 1854 Anwendung.
Die in Folge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse gelten im Verhältnisse zwischen dem Gläubiger und dem Erben als nicht erloschen.
Die rechtskräftige Verurtheilung des Erben zur Befriedigung eines Gläubigers wirkt einem anderen Gläubiger gegenüber wie die Befriedigung.
Die Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen hat der Erbe in gleicher Weise zu berichtigen, wie sie im Falle des Konkurses zur Berichtigung kommen würden.
§.1867. Beruht die Ueberschuldung des Nachlasses auf Vermächtnissen und Auflagen, so ist der Erbe, auch wenn die Voraussetzungen des §.1865 nicht vorliegen, berechtigt, die Berichtigung dieser Verbindlichkeiten nach den Vorschriften der §§.1865, 1866 zu bewirken. Er kann die Herausgabe der noch vorhandenen Nachlaßgegenstände durch Zahlung des Werthes abwenden.
IV. Inventarerrichtung. Unbeschränkte Haftung der Erben.
§.1868. Der Erbe haftet für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt, wenn er nicht vor dem Ablauf einer ihm von dem Nachlaßgerichte bestimmten Frist (Inventarfrist) ein Verzeichniß des Nachlasses (Inventar) bei dem Nachlaßgericht eingereicht hat (Inventarerrichtung).
Die unbeschränkte Haftung tritt gegenüber Gläubigern nicht ein, die im Aufgebotsverfahren ausgeschloffen sind oder nach §.1849 einem ausgeschlossenen Gläubiger gleichstehen.
Ist eine Nachlaßpflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlaßgläubiger angeordnet oder ist der Nachlaßkonkurs eröffnet, so bedarf es zur Abwendung der unbeschränkten Haftung der Inventarerrichtung nicht.
§.1869. Die Bestimmung der Inventarfrist erfolgt auf Antrag eines Nachlaßgläubigers. Der Antragsteller hat seine Forderung glaubhaft zu machen.
Auf die Wirksamkeit der Fristbestimmung ist es ohne Einfluß, wenn die Forderung des Antragstellers nicht besteht.
§.1870. Die Inventarfrist foll mindestens einen Monat, höchstens drei Monate betragen. Sie beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, durch welchen die Frist bestimmt wird.
Ist die Frist vor der Annahme der Erbschaft bestimmt worden, so beginnt sie erst mit der Annahme der Erbschaft.
Auf Antrag des Erben kann das Nachlaßgericht die Frist nach seinem Ermessen verlängern.
§.1871. Sft der Erbe durch höhere Gewalt verhindert worden, das Inventar rechtzeitig zu errichten oder die nach den Umständen gerechtfertigte Verlängerung der Inventarfrist zu beantragen, so hat ihm auf seinen Antrag das Nachlaßgericht eine neue Inventarfrist zu bestimmen. Das Gleiche gilt, wenn der Erbe von der Zustellung des Beschlusses, durch welchen die Inventarfrist bestimmt worden ist, ohne sein Verschulden Kenntniß nicht erlangt hat.
Der Antrag muß binnen zwei Wochen nach der Befeitigung des Hindernisses und spätestens vor dem Ablauf eines Jahres nach dem Ende der zuerst bestimmten Frist gestellt werden.
Vor der Entscheidung soll der Nachlaßgläubiger, auf dessen Antrag die erste Frist bestimmt worden ist, wenn thunlich gehört werden.
§.1872. Auf den Lauf der Inventarfrist und der im §.1871 Abs. 2 bestimmten Frist von zwei Wochen finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften des §.169 Abs. 1 und des §.171 entsprechende Anwendung.
§.1873. Ist der Erbe vor dem Ablaufe der Inventarfrist oder der im §. 1871 Abs. 2 bestimmten Frist von zwei Wochen gestorben, so endigt die Frist nicht vor dem Ablaufe der für die Erbschaft des Erben vorgeschriebenen Ausschlagungsfrist.
§.1874. Steht der Erbe unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft, so soll das Nachlaßgericht dem Vormundschaftsgerichte von der Bestimmung der Inventarfrist Mittheilung machen.
§.1875. In dem Inventar sollen die bei dem Eintritte des Erbfalls vorhandenen Nachlaßgegenstände und die Nachlaßverbindlichkeiten vollständig angegeben werden.
Das Inventar soll außerdem eine Beschreibung der Nachlaßgegenstände, soweit eine solche zur Bestimmung des Werthes erforderlich ist, und die Angabe des Werthes enthalten.
§.1876. Der Erbe muß zu der Aufnahme des Inventars eine zuständige Behörde oder einen zuständigen Beamten oder Notar zuziehen.
§.1877. Auf Antrag des Erben hat das Nachlaßgericht entweder das Inventar selbst aufzunehmen oder die Aufnahme einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten oder Notar zu übertragen. Durch die Stellung des Antrags wird die Inventarfrist gewahrt.
Der Erbe ist verpflichtet, die zur Aufnahme des Inventars erforderliche Auskunft zu ertheilen.
Das Inventar ist von der Behörde, dem Beamten oder dem Notar bei dem Nachlaßgericht einzureichen.
§.1878. Befindet sich bei dem Nachlaßgerichte schon ein den Vorschriften der §§.1876, 1877 entsprechendes Inventar, so genügt es, wenn der Erbe vor dem Ablaufe der Inventarfrist dem Nachlaßgerichte gegenüber erklärt, daß das Inventar als von ihm eingereicht gelten soll.
§.1879. Führt der Erbe absichtlich eine erhebliche Unvollständig keit der im Inventar enthaltenen Angabe der Nachlaßgegenstände herbei oder bewirkt er in der Absicht, die Nachlaßgläubiger zu benachtheiligen, die Aufnahme einer nicht bestehenden Nachlaßverbindlichkeit, so haftet er für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt. Das Gleiche gilt, wenn er im Falle des §.1877 die Ertheilung der Auskunft verweigert oder absichtlich in erheblichem Maße verzögert.
Ist die Angabe der Nachlaßgegenstände unvollständig, ohne daß ein Fall des Abs. 1 vorliegt, so kann dem Erben zur Ergänzung eine neue Inventarfrist bestimmt werden.
§.1880. Der Erbe hat auf Verlangen eines Nachlaßgläubigers vor dem Nachlaßgerichte den offenbarungseid dahin zu leisten,
daß er nach bestem Wissen die Nachlaßgegenstände so 'vollständig angegeben habe, als er dazu im Stande sei.
Der Erbe kann vor der Leistung des Eides das Inventar vervollständigen.
Verweigert der Erbe die Leistung des Eides, so haftet er dem Gläubiger, welcher den Antrag gestellt hat, unbeschränkt. Das Gleiche gilt , wenn er weder in dem Termine noch in einem auf Antrag des Gläubigers bestimmten neuen Termin erscheint, es sei denn, daß ein Grund vorliegt, durch den das Nichterscheinen in diesem Termine genügend entschuldigt wird.
Eine wiederholte Leistung des Eides kann derselbe Gläubiger oder ein anderer Gläubiger nur verlangen, wenn Grund zu der Annahme vorliegt, daß dem Erben nach der Eidesleistung weitere Nachlaßgegenstände bekannt geworden find.
§.1881. Ist ein Erbe zu mehreren Erbtheilen berufen, so bestimmt sich seine Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten in Ansehung eines jeden der Erbtheile so, wie wenn die Erbtheile verschiedenen Erben gehörten. In den Fällen der Anwachsung und des §.1812 gilt dies nur dann, wenn die Erbtheile verschieden beschwert sind.
§.1882. Ist eine Ehefrau die Erbin und gehört die Erbschaft zum eingebrachten Gute oder zum Gesammtgute, so ist die Bestimmung der Inventarfrist nur wirksam, wenn sie auch dem Manne gegenüber erfolgt. Solange die Frist nicht dem Manne gegenüber abgelaufen ist, endigt sie auch nicht der Frau gegenüber. Die Errichtung des Inventars durch den Mann kommt der Frau zu Statten.
Gehört die Erbschaft zum Gesammtgute, so gelten diese Vorschriften auch nach der Auflösung der Gütergemeinschaft.
§.1883. Ist das Inventar rechtzeitig errichtet, so wird im Verhältnisse zwischen dem Erben und den Nachlaßgläubigern vermuthet, daß zur Zeit des Erbfalls weitere Nachlaßgegenstände als die angegebenen nicht vorhanden gewesen seien.
§.1884. Das Nachlaßgericht hat die Einsicht des Inventars Jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
§.1885. Dem Fiskus als gesetzlichem Erben kann eine Inventarfrist nicht bestimmt werden. Der Fiskus ist den Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu ertheilen.
§.1886. Einem Nachlaßpfleger kann eine Inventarfrist nicht bestimmt werden. Der Nachlaßpfleger ist den Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu ertheilen.
Ein Nachlaßpfleger kann nicht auf die Beschränkung der Haftung des Erben verzichten.
§.1887. Haftet der Erbe für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt, so ist er nicht berechtigt, die Anordnung einer Nachlaßpflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlaßgläubiger zu beantragen.
Die Vorschriften der §§.1852 bis 1854 finden im Falle der unbeschränkten Haftung keine Anwendung.
Ein Nachlaßgläubiger, dem gegenüber der Erbe unbeschränkt haftet, wird von dem Aufgebote der Nachlaßgläubiger nicht betroffen. Die Vorschrift des §.1849 gilt für einen solchen Gläubiger nicht.
V. Aufschiebende Einreden.
§.1888. Der Erbe ist berechtigt, die Berichtigung einer Nachlaßverbindlichkeit bis zum Ablaufe der ersten drei Monate nach der Annahme der Erbschaft, jedoch nicht über die Errichtung des Inventars hinaus, zu verweigern.
§.1889. Hat der Erbe den Antrag auf Erlassung des Aufgebots der Nachlaßgläubiger innerhalb eines Jahres nach der Annahme der Erbschaft gestellt und ist der Antrag zugelassen, so ist der Erbe berechtigt, die Berichtigung einer Nachlaßverbindlichkeit bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens zu verweigern.
Der Beendigung des Aufgebotsverfahrens steht es gleich, wenn der Erbe in dem Aufgebotstermine nicht erschienen ist und nicht binnen zwei Wochen die Bestimmung eines neuen Termins beantragt oder wenn er auch in dem neuen Termine nicht erscheint.
Wird das Ausschlußurtheil erlassen oder der Antrag auf Erlassung des Urtheils zurückgewiesen, so ist das Verfahren nicht vor dem Ablauf einer mit der Verkündung der Entscheidung beginnenden Frist von zwei Wochen und nicht vor der Erledigung einer rechtzeitig eingelegten Beschwerde als beendigt anzusehen.
§.1890. Die Vorschriften der §§.1888, 1889 finden keine Anwendung, wenn der Erbe unbeschränkt haftet.
Das Gleiche gilt, soweit ein Gläubiger nach §. 1847 von dem Aufgebote der Nachlaßgläubiger nicht betroffen wird, mit der Einschränkung, daß ein erst nach dem Eintritte des Erbfalls im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erlangtes Recht sowie eine erst nach diesem Zeitpunkt im Wege der einstweiligen Verfügung erlangte Vormerkung außer Betracht bleibt.
§.1891. Ist zur Verwaltung des Nachlasses ein Nachlaßpfleger bestellt, so beginnen die im §.1888 und im §.1889 Abs. 1 bestimmten Fristen mit der Bestellung.
Dritter Titel. Erbschaftsanspruch.
§.1892. Der Erbe kann von Jedem, der auf Grund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat (Erbschaftsbesitzer), die Herausgabe des Erlangten verlangen.
§.1893. Als aus der Erbschaft erlangt gilt auch, was der Erbschaftsbefißer durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft erwirbt.
Die Zugehörigkeit einer in solcher Weise erworbenen Forderung zur Erbschaft hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß erlangt hat; die Vorschriften der § 349 bis 351 finden entsprechende Anwendung.
§.1894. Der Erbschaftsbesiger hat die gezogenen Nutzungen dem Erben herauszugeben; die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auch auf Früchte, an denen er das Eigenthum erworben hat.
§.1895. Soweit der Erbschaftsbefißer zur Herausgabe außer Stande ist, bestimmt sich seine Verpflichtung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.
§.1896. Der Erbschaftsbesitzer ist zur Herausgabe der zur Erbschaft gehörenden Sachen nur gegen Ersaß aller Verwendungen verpflichtet, soweit sie nicht durch Anrechnung auf die nach §.1895 herauszugebende Bereicherung gedect werden. Die für den Eigenthumsanspruch geltenden Vorschriften der §. 913, 914 finden Anwendung.
Zu den Verwendungen gehören auch die Aufwendungen, die der Erbschaftsbesitzer zur Bestreitung von Lasten der Erbschaft oder zur Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten gemacht hat.
Soweit der Erbe für Aufwendungen, die nicht auf einzelne Sachen gemacht worden sind, insbesondere für die im Abs. 2 bezeichneten Aufwendungen, nach den allgemeinen Vorschriften in weiterem Umfang Ersaß zu leisten hat, bleibt der Anspruch des Erbschaftsbesitzers unberührt.
§.1897. Von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an be stimmen sich in Ansehung der zur Erbschaft gehörenden Sachen die Ansprüche des Erben auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen sowie auf Schadensersaß wegen Verschlechterung, Unterganges oder einer aus einem sonstigen Grunde eintretenden Unmöglichkeit der Herausgabe und der Anspruch des Erbschaftsbesizers auf Ersaß von Verwendungen nach den Vorschriften, welche für das Verhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem Befißer von dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs an gelten.
§.1898. War der Erbschaftsbesitzer bei dem Beginne des Erbschaftsbesißes nicht in gutem Glauben, so haftet er so, wie wenn der Anspruch des Erben zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre. Erfährt der Erbschaftsbesiger später, daß er nicht Erbe ist, so haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntnis an. Eine weitergehende Haftung wegen Verzugs bleibt unberührt.
§.1899. Hat der Erbschaftsbesitzer einen Erbschaftsgegenstand durch eine strafbare Handlung oder eine zur Erbschaft gehörende Sache durch verbotene Eigenmacht erlangt, so haftet er nach den Vorschriften über unerlaubte Handlungen. Ein gutgläubiger Erbschaftsbesitzer haftet jedoch wegen verbotener Eigenmacht nach diesen Vorschriften nur, wenn der Erbe den Besitz der Sache bereits thatsächlich ergriffen hatte.
§.1900. Der Erbschaftsbefißer kann sich dem Erben gegenüber, solange der Erbschaftsanspruch nicht verjährt ist, nicht auf die Ersitzung einer Sache berufen, die er als zur Erbschaft gehörend im Besite hat.
§.1901. Der Erbschaftsbesitzer ist verpflichtet, dem Erben über den Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände Auskunft zu ertheilen.
Die gleiche Verpflichtung hat, wer, ohne Erbschaftsbefißer zu sein, eine Sache aus dem Nachlaß in Besitz nimmt, bevor der Erbe den Besiß thatsächlich ergriffen hat.
§.1902. Wer sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat, ist verpflichtet, dem Erben auf Verlangen Auskunft darüber zu ertheilen, welche erbschaftliche Geschäfte er geführt hat und was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist.
Besteht Grund zu der Annahme, daß die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt ertheilt ist, so hat der Verpflichtete auf Verlangen des Erben den Offenbarungseid dahin zu leisten:
daß er seine Angaben nach bestem Wissen so vollständig gemacht habe, als er dazu im Stande sei. Die Vorschriften des §.698 Abs. 3 und des §.700 finden Anwendung.
§.1903. Die Haftung des Erbschaftsbesitzers bestimmt sich auch gegenüber den Ansprüchen, die dem Erben in Ansehung der einzelnen Erbschaftsgegenstände zustehen, nach den Vorschriften über den Erbschaftsanspruch.
§.1904. Wer die Erbschaft durch Vertrag von einem Erbschaftsbefißer erwirbt, steht im Verhältnisse zu dem Erben einem Erbschaftsbefißer gleich.
§.1905. Hat eine für todt erklärte Person den Zeitpunkt überlebt, welcher als Zeitpunkt ihres Todes gilt, so kann sie die Herausgabe ihres Vermögens nach den für den Erbschaftsanspruch geltenden Vorschriften verlangen. Solange der für todt Erklärte noch am Leben ist, wird die Verjährung seines Anspruchs nicht vor dem Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkte vollendet, in welchem er von der Todeserklärung Kenntniß erlangt hat.
Das Gleiche gilt, wenn der Tod einer Person ohne Todeserklärung zu Unrecht angenommen worden ist.
Vierter Titel. Mehrheit von Erben.
I. Rechtsverhältnis der Erben unter einander.
§.1906. Hinterläßt der Erblasser mehrere Erben, so wird der Nachlaß gemeinschaftliches Vermögen der Erben.
Bis zur Auseinanderseßung gelten die Vorschriften der §§.1907 bis 1915.
§.1907. Jeder Miterbe kann über seinen Antheil an dem Nachlasse verfügen. Der Vertrag, durch den über den Antheil verfügt wird, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung.
Ueber seinen Antheil an den einzelnen Nachlaßgegenständen kann ein Miterbe nicht verfügen.
§.1908. Verkauft ein Miterbe seinen Antheil an einen Dritten, fo find die übrigen Miterben zum Vorkaufe berechtigt.
Die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts beträgt zwei Monate. Das Vorkaufsrecht ist vererblich.
§.1909. Ist der verkaufte Antheil auf den Käufer übertragen, so können die Miterben das ihnen nach §.1908 dem Verkäufer gegenüber zustehende Vorkaufsrecht dem Käufer gegenüber ausüben. Dem Verkäufer gegenüber erlischt das Vorkaufsrecht mit der Uebertragung des Antheils.
Der Verkäufer hat die Miterben von der Uebertragung unverzüglich zu benachrichtigen.
Der Käufer kann den Miterben den Inhalt des Kaufvertrags mit der im §.444. Abs. 2 bestimmten Wirkung mittheilen.
§.1910. Mit der Uebertragung des Antheils auf die Miterben wird der Käufer von der Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten frei. Seine Haftung bleibt jedoch bestehen, soweit er den Nachlaßgläubigern nach den §§.1853, 1854 verantwortlich ist; die Vorschriften der §§.1865, 1866 finden entsprechende Anwendung.
§.1911. Ueberträgt der Käufer den Antheil auf einen Anderen, so finden die Vorschriften der §. 1909, 1910 entsprechende Anwendung.
hörenden Gegenständen ist der Zwangsvollstreckung nicht unter: worfen.
Die gleichen Vorschriften gelten für den Antheil eines Miterben an dem Nachlaß und den einzelnen Nachlaßgegenständen. Der in der Anmerkung zu §.1338 enthaltene §.754 a 6. P. O. wird §.754 b C. P. O.
§.1912. Die Verwaltung des Nachlasses steht den Erben gemeinschaftlich zu. Jeder Miterbe ist den anderen verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich find; die zur Erhaltung nothwendigen Maßregeln kann jeder Miterbe ohne Mitwirkung der anderen treffen.
Die Vorschriften der §§.679, 681, 682, 684 finden Anwendung. Die Theilung der Früchte erfolgt erst bei der Auseinanderseßung. Ist die Auseinanderseßung auf längere Zeit als ein Jahr ausgeschlossen, so kann jeder Miterbe am Schlusse jedes Jahres die Theilung des Reinertrags verlangen.
§.1913. Gehört ein Anspruch zum Nachlasse, so kann der Verpflichtete nur an alle Erben gemeinschaftlich leisten und jeder Miterbe nur die Leistung an alle Erben fordern. Jeder Miterbe kann verlangen, daß der Verpflichtete die zu leistende Sache für alle Erben hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert.
§.1914. Die Erben können über einen Nachlaßgegenstand nur gemeinschaftlich verfügen.
Gegen eine zum Nachlasse gehörende Forderung kann der Schuldner nicht eine ihm gegen einen einzelnen Miterben zustehende Forderung aufrechnen.
§.1915. Was auf Grund eines zum Nachlasse gehörenden Rechtes oder als Ersaß für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Nachlaßgegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf den Nachlaß bezieht, gehört zum Nachlasse. Auf eine durch ein solches Rechts geschäft erworbene Forderung findet die Vorschrift des §.1893 Abs. 2 Anwendung.
§.1916. Jeder Miterbekann jederzeit die Auseinanderseßung verlangen, soweit sich nicht aus den §§.1917 bis 1919 ein Anderes ergiebt.
Die Vorschriften des §.685 Abs. 2, 3 und der §§.686 bis 694 finden Anwendung.
§.1917. Soweit die Erbtheile wegen der zu erwartenden Geburt eines Miterben noch unbestimmt sind, ist die Auseinanderfeßung bis zur Hebung der Unbestimmtheit ausgeschlossen.
Das Gleiche gilt, soweit die Erbtheile deswegen noch unbestimmt sind, weil die Entscheidung über eine Ehelichkeitserklärung, über die Bestätigung einer Annahme an Kindesstatt oder über die staatliche Genehmigung einer vom Erblasser errichteten Stiftung noch aussteht.
§.1918. Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung die Auseinanderseßung in Ansehung des Nachlaffes oder einzelner Nachlaßgegenstände ausschließen oder von der Einhaltung einer Kündigungsfrist abhängig machen. Die Vorschriften des §.685 Abs. 2, 3 und der §§.686, 687 finden entsprechende Anwendung.
Die Verfügung wird unwirksam, wenn dreißig Jahre feit dem Eintritte des Erbfalls verstrichen find. Der Erblasser kann jedoch anordnen, daß die Verfügung bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses in der Person eines Miterben oder, falls er eine Nacherbfolge oder ein Vermächtniß angeordnet hat, bis zum Eintritte der Nacherbfolge oder bis zum Anfalle des Vermächtniffes gelten soll. Ist der Miterbe, in deffen Person das Ereigniß eintreten foll, eine juristische Person, so bewendet es bei der dreißigjährigen Frift.
§.1919. Jeder Miterbe kann verlangen, daß die Auseinanderseßung bis zur Beendigung des nach § 1845 zulässigen Aufgebotsverfahrens oder bis zum Ablaufe der im §.1935 bestimmten Anmeldungsfrist aufgeschoben wird. Ist das Aufgebot noch nicht beantragt oder die öffentliche Aufforderung nach §.1935 noch nicht erlassen, so kann der Aufschub nur verlangt werden, wenn unverzüglich der Antrag gestellt oder die Aufforderung erlassen wird.
§.1920. Aus dem Nachlasse sind zunächst die Nachlaßverbindlichkeiten zu berichtigen. Zur Berichtigung ist der Nachlaß, soweit erforderlich, in Geld umzuseßen.
Ist eine Nachlaßverbindlichkeit noch nicht fällig oder ist sie streitig, so ist das zur Berichtigung Erforderliche zurückzubehalten.
Fällt eine Nachlaßverbindlichkeit nur einigen Miterben zur Last, so können diese die Berichtigung oder die Zurückbehaltung nur aus dem verlangen, was ihnen bei der Auseinanderseßung zukommt.
§.1921. Der nach der Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten verbleibende Ueberschuß gebührt den Erben nach dem Verhältnisse der Erbtheile.
Schriftstücke, die sich auf die persönlichen Verhältnisse des Erblassers, auf deffen Familie oder auf den ganzen Nachlaß beziehen, bleiben gemeinschaftlich.
§.1922. Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung Anordnungen für die Auseinanderseßung treffen. Er kann insbesondere anordnen, daß die Auseinanderseßung nach dem billigen Ermessen eines Dritten erfolgen soll. Die von dem Dritten auf Grund der Anordnung getroffene Bestimmung ist für die Erben nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist; die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urtheil.
§.1923. Abkömmlinge, die als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen, sind verpflichtet, dasjenige, was sie von dem Erblasser bei dessen Lebzeiten als Ausstattung erhalten haben, bei der Auseinandersegung unter einander zur Ausgleichung zu bringen, soweit nicht der Erblasser bei der Zuwendung ein Anderes angeordnet hat.
Zuschüsse, die zu dem Zwecke gegeben worden sind, als Einkünfte verwendet zu werden, sowie Aufwendungen für die Vorbildung zu einem Berufe sind insoweit zur Ausgleichung zu bringen, als sie das den Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende Maß überstiegen haben.
Andere Zuwendungen unter Lebenden sind zur Ausgleichung zu bringen, wenn der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.
§.1924. Fällt ein Abkömmling, der als Erbe zur Ausgleichung verpflichtet sein würde, vor oder nach dem Erbfalle weg, so ist wegen der ihm gemachten Zuwendungen der an seine Stelle tretende Abkömmling zur Ausgleichung verpflichtet.
§.1925. Hat der Erblasser die Abkömmlinge auf dasjenige als Erben eingesetzt, was sie als gesetzliche Erben erhalten würden, oder hat er ihre Erbtheile so bestimmt, daß sie zu einander in demselben Verhältnisse stehen wie die gesetzlichen Erbtheile, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie nach den §§.1923, 1924 zur Ausgleichung verpflichtet sein sollen.
§.1926. Eine Zuwendung, die ein entfernterer Abfömmling vor dem Wegfalle des ihn von der Erbfolge ausschließenden näheren Abkömmlinges oder ein an die Stelle eines Abkömmlinges als Ersatzerbe tretender Abkömmling von dem Erblasser erhalten hat, ist nicht zur Ausgleichung zu bringen, es sei denn, daß der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.
Das Gleiche gilt, wenn ein Abkömmling, bevor er die rechtliche Stellung eines solchen erlangt hatte, eine Zuwendung von dem Erblasser erhalten hat.
§.1927. Eine Zuwendung, die aus dem Gesammtgute der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft erfolgt, gilt als von jedem der Ehegatten zur Hälfte gemacht. Die Zuwendung gilt jedoch, wenn sie an einen Abkömmling erfolgt, der nur von einem der Ehegatten abstammt, oder wenn einer der Ehegatten wegen der Zuwendung zu dem Gesammtgut Ersaß zu leisten hat. als von diesem Ehegatten gemacht.
Diese Vorschriften finden auf eine Zuwendung aus dem Gesammtgute der fortgeseşten Gütergemeinschaft entsprechende Anwendung.
§.1928. Bei der Auseinanderseßung wird jedem Miterben der Werth der Zuwendung, die er zur Ausgleichung zu bringen hat, auf seinen Erbtheil angerechnet. Der Werth der jämmtlichen Zuwendungen, die zur Ausgleichung zu bringen sind, wird dem Bestande des Nachlasses hinzugerechnet.
Der Werth bestimmt sich nach der Zeit, zu welcher die Zuwendung erfolgt ist.
§.1929. Hat ein Miterbe durch die Zuwendung mehr erhalten, als ihm bei der Auseinanderseßung zukommen würde, so ist er zur Herauszahlung des Mehrbetrags nicht verpflichtet. Der Nachlaß wird in einem solchen Falle unter die übrigen Erben in der Weise getheilt, daß der Werth der Zuwendung und der Erbtheil des Miterben außer Ansatz bleiben.
§.1930. Feder Miterbe ist verpflichtet, den übrigen Erben auf Verlangen Auskunft über die Zuwendungen zu ertheilen, die er nach den §.1923 bis 1926 zur Ausgleichung zu bringen hat. Die Vorschriften der §§.699 bis 700 über die Verpflichtung zur Leistung des Offenbarungseids finden entsprechende Anwendung.
§.1931. Auf Antrag eines Miterben hat das Nachlaßgericht durch Verhandlung mit den Erben die Auseinanderseßung zu vermitteln.
II. Rechtsverhältniß zwischen den Erben und den Nachlaßgläubigern.
§.1932. Die Erben haften für die gemeinschaftlichen Nachlaßverbindlichkeiten als Gesamtschuldner.
§.1933. Solange der Nachlaß nicht getheilt ist, kann jeder Miterbe die Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten aus dem Vermögen, daß er außer seinem Antheil an dem Nachlasse hat, verweigern. Haftet er für eine Nachlaßverbindlichkeit unbeschränkt, so steht ihm dieses Recht in Ansehung des seinem Erbtheil entsprechenden Theiles der Verbindlichkeit nicht zu.
Das Recht der Nachlaßgläubiger, die Befriedigung aus dem ungetheilten Nachlasse von sämmtlichen Miterben zu verlangen, bleibt unberührt.
§.1934. Ist der Nachlaß getheilt, so haftet jeder Miterbe einem Nachlaßgläubiger gegenüber, der im Aufgebotsverfahren ausgeschlossen oder deffen Recht nach den §§.1849, 1864 beschränkt ist, nur für den seinem Erbtheil entsprechenden Theil der Forderung. Das Gleiche gilt einem Gläubiger gegenüber, der nach §.1846 oder nach §.1887 Abs. 3 von dem Aufgebot oder der im §.1849 bestimmten Beschränkung nicht betroffen worden ist.
§.1935. Jeder Miterbe kann die Nachlaßgläubiger öffentlich auffordern, ihre Forderungen binnen sechs Monaten bei ihm oder bei dem Nachlaßgericht anzumelden. Ist die Aufforderung erfolgt, so haftet nach der Theilung jeder Miterbe nur für den seinem Erbtheil entsprechenden Theil der Forderungen, soweit sie nicht vor dem Ablaufe der Frist angemeldet werden oder ihm zur Zeit der Theilung bekannt sind.
Die Aufforderung ist durch Einrüdung in den Reichsanzeiger und in das für die Bekanntmachungen des Nachlaßgerichts bestimmte Blatt zu veröffentlichen. Die Frist beginnt mit der letzten Einrückung. Die Kosten fallen dem Erben zur Last, welcher die Aufforderung erläßt.
§.1936. Die Errichtung des Inventars durch einen Miterben kommt auch den übrigen Erben zu Statten, soweit sie nicht für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haften.
Ein Miterbefann sich den übrigen Erben gegenüber auf die Beschränkung seiner Haftung auch dann berufen, wenn er den anderen Nachlaßgläubigern gegenüber unbeschränkt haftet.
Dritter Abschnitt. Teftament.
Erster Titel. Allgemeine Vorschriften.
§.1937. Der Erblasser kann ein Teftament nur persönlich errichten.
§.1938. Der Erblasser kann eine letztwillige Verfügung nicht in der Weise treffen, daß ein Anderer zu bestimmen hat, ob sie gelten oder nicht gelten soll.
Der Erblasser kann die Bestimmung der Person, welche eine Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung des Gegenstandes der Zuwendung nicht einem Anderen überlassen.
§.1939. Hat der Erblasser seine gesetzlichen Erben ohne nähere Bestimmung bedacht, so sind diejenigen, welche zur Zeit des Erbfalls seine gesetzlichen Erben sein würden, nach dem Verhältniß ihrer gesetzlichen Erbtheile bedacht. Ist jedoch die Zuwendung unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins gemacht, so find im Zweifel diejenigen als bedacht anzusehen, welche die geseblichen Erben sein würden, wenn der Erblasser erst zur Zeit des Eintritts der Bedingung oder des Termins gestorben wäre.
§.1940. Hat der Erblasser seine Verwandten oder seine nächsten Verwandten ohne nähere Bestimmung bedacht, so sind im Zweifel diejenigen Verwandten, welche zur Zeit des Erbfalls seine gesetzlichen Erben sein würden, als nach dem Verhältniß ihrer gesetzlichen Erbtheile bedacht anzusehen. Die Vorschrift des §.1939 Sag 2 findet Anwendung.
§.1941. Hat der Erblasser seine Kinder ohne nähere Bestimmung bedacht und ist ein Kind vor der Errichtung des Testaments mit Hinterlassung von Abkömmlingen gestorben, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an die Stelle des Kindes treten würden.
§.1942. Hat der Erblasser einen seiner Abkömmlinge bedacht und fällt dieser nach der Errichtung des Testaments weg, so ist im Zweifel anzunehmen, daß dessen Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an dessen Stelle treten würden.
§.1943. Hat der Erblasser die Abkömmlinge eines Dritten ohne nähere Bestimmung bedacht, so ist im Zweifel anzunehmen, daß diejenigen Abkömmlinge nicht bedacht sind, welche zur Zeit des Erbfalls oder, wenn die Zuwendung unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins gemacht ist, zur Zeit des Eintritts der Bedingung oder des Termins noch nicht erzeugt sind.
§.1944. Hat der Erblasser ohne nähere Bestimmung eine Klasse von Personen oder Personen bedacht, die zu ihm in einem Dienst- oder Geschäftsverhältnisse stehen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß diejenigen bedacht find, welche zur Zeit des Erbfalls der bezeichneten Klasse angehören oder in dem bezeichneten Verhältnisse stehen.
§.1945. Hat der Erblasser die Armen ohne nähere Bestimmung bedacht, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die öffentliche Armenkasse der Gemeinde, in deren Bezirk er seinen letzten Wohnsit gehabt hat, unter der Auflage bedacht ist, das Zugewendete unter Arme zu vertheilen.
§.1946. Hat der Erblasser den Bedachten in einer Weise bezeichnet, die auf mehrere Personen paßt, und läßt sich nicht ermitteln, wer von ihnen bedacht werden sollte, so gelten sie als zu gleichen Theilen bedacht.
§.1947. Hat der Erblasser eine letztwillige Zuwendung unter einer aufschiebenden Bedingung gemacht, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Zuwendung nur gelten soll, wenn der Bedachte den Eintritt der Bedingung erleb.
§.1948. Hat der Erblasser eine letztwillige Zuwendung unter der Bedingung gemacht, daß der Bedachte während eines Zeitraums von unbestimmter Dauer etwas unterläßt oder fortgeseßt thut, so ist, wenn das Unterlassen oder das Thun lediglich in der Willkür des Bedachten liegt, im Zweifel anzunehmen, daß die Zuwendung von der auflösenden Bedingung abhängig sein soll, daß der Bedachte die Handlung vornimmt oder das Thun unterläßt.
§.1949. Bezwedt die Bedingung, unter welcher eine letztwillige Zuwendung gemacht ist, den Vortheil eines Dritten, so gilt 'die Bedingung im Zweifel als eingetreten, wenn der Dritte die zum Eintritte der Bedingung erforderliche Mitwirkung verweigert.
§.1950. Eine leßtwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, ist unwirksam, wenn die Ehe nichtig, wenn sie anfechtbar und angefochten oder wenn sie vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist. Der Auflösung der Ehe fteht es gleich, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes Scheidung wegen Verschuldens des Ehegatten zu verlangen berechtigt war und die Scheidungsklage erhoben hatte.
Eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen Verlobten bedacht hat, ist unwirksam, wenn das Verlöbniß vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist.
Die Verfügung ist nicht unwirksam, wenn anzunehmen ist, daß der Erblasser sie auch für einen solchen Fall getroffen haben würde.
§.1951. Eine leßtwillige Verfügung kann angefochten werden, soweit der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrthume war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, daß er die Erklärung bei Kenntniß der Sachlage nicht abgegeben haben würde.
Das Gleiche gilt, soweit der Erblasser zu der Verfügung durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstandes oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist.
Die Vorschriften des §.97 finden auf letztwillige Vers fügungen keine Anwendung.
§.1952. Eine lektwillige Verfügung kann angefochten werden, wenn der Erblasser einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Pflichttheilsberechtigten übergangen hat, dessen Vorhandensein ihm bei der Errichtung der Verfügung nicht bekannt war oder der erst nach der Errichtung geboren oder pflichttheilsberechtigt geworden ist. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, soweit anzunehmen ist, daß der Erblasser auch bei Kenntniß der Sachlage die Verfügung getroffen haben würde.
§.1953. Zur Anfechtung ist derjenige, berechtigt, welchem die Aufhebung der letztwilligen Verfügung unmittelbar zu Statten kommen würde.
Bezieht sich in den Fällen des §.1951 der Jrrthum nur auf eine bestimmte Person und ist diese anfechtungsberechtigt oder würde sie anfechtungsberechtigt sein, wenn sie zur Zeit des Erbfalls letzte, so ist ein Anderer zur Anfechtung nicht berechtigt.
Im Falle des §.1952 steht das Anfechtungsrecht nur dem Pflichttheilsberechtigten zu.
§.1954. Die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, durch die ein Erbe eingesetzt, ein gejeglicher Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen oder eine Erbeinseßung aufgehoben wird, erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte. Das Nachlaßgericht soll die Erklärung demjenigen mittheilen, welchem die angefochtene Verfügung unmittelbar zu Statten kommt.
Das Gleiche gilt von der Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, durch die ein Recht für einen Anderen nicht begründet wird, insbesondere von der Anfechtung einer Auflage.
§.1955. Die Anfechtung muß binnen Jahresfrist erfolgen.
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt hat. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §. 169, 171 entsprechende Anwendung.
Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit dem Erbfalle dreißig Jahre verstrichen find.
§.1956. Ist eine leßtwillige Verfügung, durch die eine Verpflichtung zu einer Leistung begründet wird, anfechtbar, so kann der Beschwerte die Leistung verweigern, auch wenn die Anfechtung nach §.1955 ausgeschlossen ist.
§.1957. Läßt der Inhalt einer leßtwilligen Verfügung verschiedene Auslegungen zu, so ist im Zweifel diejenige Auslegung vorzuziehen, bei welcher die Verfügung Erfolg haben kann.
§.1958. Die Unwirksamkeit einer von mehreren in einem Testament enthaltenen Verfügungen hat die Unwirksamkeit der übrigen Verfügungen nur zur Folge, wenn anzunehmen ist, daß der Erblasser diese ohne die unwirksame Verfügung nicht getroffen haben würde.
§.1959. Ist einer leßtwilligen Verfügung der Vorbehalt einer Ergänzung beigefügt, die Ergänzung aber unterblieben, so ist die Verfügung wirksam, sofern nicht anzunehmen ist, daß die Wirksamkeit von der Ergänzung abhängig sein soll.
Zweiter Titel. Erbeinsebung.
§.1960. Hat der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchtheil seines Vermögens dem Bedachten zugewendet, so ist die Verfügung als Erbeinseßung anzusehen, auch wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet ist.
Sind dem Bedachten nur einzelne Gegenstände zugewendet, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß er Erbe sein soll, auch wenn er als Erbe bezeichnet ist.
§.1961. Hat der Erblasser nur einen Erben eingeseßt und die Einsetzung auf einen Bruchtheil der Erbschaft beschränkt, so tritt in Ansehung des übrigen Theiles die geseßliche Erbfolge ein.
Das Gleiche gilt, wenn der Erblasser mehrere Erben unter Beschränkung eines jeden auf einen Bruchtheil eingesetzt hat und die Bruchtheile das Ganze nicht erschöpfen.
§.1962. Sind mehrere Erben eingeseßt, ohne daß die Erbtheile bestimmt sind, so sind sie zu gleichen Theilen eingeseßt, soweit sich nicht aus den §§.1939 bis 1942 ein Anderes ergiebt.
§.1963. Ist jeder der eingeseßten Erben auf einen Bruchtheil der Erbschaft eingeseßt und übersteigen die Bruchtheile das Ganze, fo tritt eine verhältnismäßige Minderung der Bruchtheile ein.
§.1964. Ist jeder der eingesetzten Erben auf einen Bruchtheil der Erbschaft eingeseßt, ohne daß die Bruchtheile die Erbschaft erschöpfen, so tritt, wenn die Eingeseßten nach dem Willen des Erblasfers die alleinigen Erben sein sollen, eine verhältnißmäßige Erhöhung der Bruchtheile ein.
§.1965. Sind von mehreren Erben die einen auf Bruchtheile, die anderen ohne Bruchtheile eingesetzt, so erhalten die leşteren den freigebliebenen Theil der Erbschaft.
Erschöpfen die bestimmten Bruchtheile die Erbschaft, so tritt eine verhältnißmäßige Minderung der Bruchtheile in der Weise ein, daß jeder der ohne Bruchtheile eingeseşten Erben so viel erhält wie der mit dem geringsten Bruchtheile bedachte.
§.1966. Sind einige von mehreren Erben auf einen und denfelben Bruchtheil der Erbschaft eingesegt (gemeinschaftlicher Erbtheil), so finden in Ansehung des gemeinschaftlichen Erbtheils die Vorschriften der §§.1962 bis 1965 entsprechende Anwendung.
§.1967. Sind mehrere Erben in der Weise eingeseßt, daß sie die gesebliche Erbfolge ausschließen, und fält einer der Erben vor oder nach dem Eintritte des Erbfalls weg, so wächst deffen Erbtheil den übrigen Erben nach dem Verhältniß ihrer Erbtheile an. Sind einige der Erben auf einen gemein schaftlichen Erbtheil eingeseßt, so tritt die Anwachsung zunächst unter ihnen ein.
Ist durch die Erbeinseßung nur über einen Theil der Erbschaft verfügt und findet in Ansehung des übrigen Theiles die geseßliche Erbfolge statt, so tritt die Anwachsung ur den eingeseßten Erben nur ein, soweit sie auf einen gemeinschaftlichen Erbtheil eingesetzt find. Der Erblasser kann die Anwachsung ausschließen.
§.1968. Der durch Anwachsung einem Erben anfallende Erbtheil gilt in Ansehung der Vermächtnisse und Auflagen, mit welchen dieser Erbe oder der wegfallende Erbe beschwert ist, sowie in Ansehung der Ausgleichungspflicht als besonderer Erbtheil.
§.1969. Der Erblasser kann für den Fall, daß ein Erbe vor oder nach dem Eintritte des Erbfalls wegfällt, einen Anderen als Erben einseßen (Ersatzerbe).
§.1970. Ist Jemand für den Fall, daß der zunächst berufene Erbe nicht Erbe sein kann, oder für den Fall, daß er nicht Erbe sein wil, als Ersaķerbe eingesept, so ist im Zweifel anzunehmen, daß er für beide Fälle eingeseßt ist.
§.1971. Sind die Erben gegenseitig oder find für einen von ihnen die übrigen als Ersaßerben eingeseßt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie nach dem Verhältniß, ihrer Erbtheile als Ersaperben eingeseßt sind.
Sind die Erben gegenseitig als Ersagerben eingefeßt, so gehen Erben, die auf einen gemeinschaftlichen Erbtheil eingeseßt sind, im Zweifel als Ersagerben für diesen Erbtheil den anderen vor.
§.1972. Das Recht des Ersaperben geht dem Anwachsungsrechte vor.
Dritter Titel. Ginsekung eines Nacherben.
§.1973. Der Erblasser kann einen Erben in der Weise einsegen, daß dieser erst Erbe wird, nachdem zunächst ein Anderer Erbe geworden ist (Nacherbe).
§.1974. Ist eine zur Zeit des Erbfalls noch nicht erzeugte Person als Erbe eingeseßt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie als Nacherbe eingeseßt ist. Entspricht diese Annahme nicht dem Willen des Erblassers, so ist die Einsetzung unwirksam.
Das Gleiche gilt von der Einsetzung einer juristischen Person, die erst nach dem Erbfalle zur Entstehung gelangt; die Vorschrift des §.72a bleibt unberührt.
§.1975. Die Einsegung als Nacherbe enthält im Zweifel auch die Einjeßung als Ersagerbe.
Ist zweifelhaft, ob Jemand als Ersaperbe oder als Nacherbe eingeseßt ist, so gilt er als Ersatzerbe.
§.1976. Hat der Erblasser angeordnet, daß der Erbe mit dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses die Erbschaft einem Anderen herausgeben soll, so ist anzunehmen, daß der Andere als Nacherbe eingesegt ist.
§.1977. Hat der Erblasser angeordnet, daß der eingesepte Erbe nur bis zu dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses Erbe sein soll, ohne zu bestimmen, wer alsdann die Erbschaft erhalten soll, so ist anzunehmen, daß als Nacherben diejenigen eingeseßt sind, welche die geseblichen Erben des Erblassers sein würden, wenn er zur Zeit des Eintritts des Zeitpunkts oder des Ereignisses gestorben wäre. Der Fiskus gehört nicht zu den geseblichen Erben im Sinne dieser Vorschrift.
§.1978. Hat der Erblasser angeordnet, datz der eingesepte Erbe die Erbschaft erst mit dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses erhalten soll, ohne zu bestimmen, wer bis dahin Erbe sein soll, so sind die geseblichen Erben des Erblassers die Vorerben.
Das Gleiche gilt, wenn die Persönlichkeit des Erben durch ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereigniß bestimmt werden soll oder wenn die Einsetzung einer zur Zeit des Erbfalls noch nicht erzeugten Person oder einer zu dieser Zeit noch nicht entstandenen juristischen Person als Erbe nach §.1974 als Nacherbeinseßung anzusehen ist.
§.1979. Hat der Erblasser einen Nacherben eingeseßt, ohne den Zeitpunkt oder das Ereigniß zu bestimmen, mit welchem die Nacherbfolge eintreten fol, so fällt die Erbschaft dem Nacherben mit dem Tode des Vorerben an.
Ist die Einsetzung einer noch nicht erzeugten Person als Erbe nach §.1974 Abs. 1 als Nacherbeinseßung anzusehen, so fällt die Erbschaft dem Nacherben mit dessen Geburt an. Im Falle des §.1974 Abs. 2 tritt der Anfall mit der Entstehung der juristischen Person ein.
§.1980. Hat der Erblasser einem Abkömmlinge, der zur Zeit der Errichtung der letztwilligen Verfügung keinen Abkömmling hat oder von dem der Erblasser zu dieser Zeit nicht weiß, daß er einen Abkömmling hat, für die Zeit nach dessen Tode einen Nacherben bestimmt, so ist anzunehmen, daß der Nacherbe nur für den Fall eingeseßt ist, daß der Abkömma, ling ohne Nachkommenschaft stirbt.
§.1981. Die Vorschriften des §.1800 finden auf die Nacherbs folge entsprechende Anwendung.
Erlebt der eingeseşte Nacherbe den Erbfall, nicht aber den Fall der Nacherbfolge, so geht sein Recht auf seine Erben über, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist. Ist der Nacherbe unter einer aufschiebenden Bedingung eingeseßt, so bewendet es bei der Vorschrift des §.1947.
§.1982. Die Einsetzung eines Nacherben wird unwirksam, wenn feit dem Erbfalle dreißig Jahre verstrichen find, ohne daß der Fall der Nacherbfolge eingetreten ist. Sie bleibt auch nach dieser Zeit wirksam:
1. wenn die Nacherbfolge für den Fall angeordnet ist, daß in der Person des Vorerben oder des Nacherben ein bestimmtes Ereigniß eintritt, und derjenige, in dessen Person das Ereigniß eintreten soll, zur Zeit des Erbfalls lebt;
2. wenn dem Vorerben oder einem Nacherben für den Fall, daß ihm ein Bruder oder eine Schwester geboren wird, der Bruder oder die Schwester als Nacherbe bestimmt ist.
Ist der Vorerbe oder der Nacherbe, in dessen Person das Ereigniß eintreten fol, eine juristische Person, so bewendet es bei der dreißigjährigen Frist.
§.1983. Das Recht des Nacherben erstreckt sich im Zweifel auf einen Erbtheil, der dem Vorerben in Folge des Wegfalls eines Miterben anfällt.
Das Recht des Nacherben erstreckt sich im Zweifel nicht auf ein dem Vorerben zugewendetes Vorausvermächtniß.
§.1984. Zur Erbschaft gehört, was der Vorerbe auf Grund eines zur Erbschaft gehörenden Rechtes oder als Ersaß für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Erbschaftsgegenstandes oder durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft erwirbt, sofern ihm nicht der Erwerb als Nußung gebührt. Die Zugehörigkeit einer in solcher Weise erworbenen Forderung zur Erbschaft hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß erlangt hat; die Vorschriften der §§.349 bis 351 finden entsprechende Anwendung.
Zur Erbschaft gehört auch, was der Vorerbe dem Inventar eines erbschaftlichen Grundstücks einverleibt hat.
§.1985. Der Vorerbe kann über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände verfügen, soweit sich nicht aus den Vorschriften der §§.1986 bis 1988 ein Anderes ergiebt.
§.1986. Die Verfügung des Vorerben über ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück oder über ein zur Erbschaft gehörendes Recht an einem Grundstück ist im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde.
Das Gleiche gilt von der Verfügung über einen Erbschaftsgegenstand, - welche unentgeltlich oder zum Zwecke der Erfüllung eines von dem Vorerben ertheilten Schenkungsversprechens erfolgt. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die durch Urtheil erfolgt.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.
§.1987. Gehört zur Erbschaft eine Hypothekenforderung, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld, so steht die Kündigung und die Einziehung dem Vorerben zu. Der Vorerbe. kann jedoch nur verlangen, daß das Kapital an ihn nach Beibringung der Einwilligung des Nacherben gezahlt oder daß es für ihn und den Nacherben hinterlegt wird. Auf eine sonstige Verfügung über die Hypothefenforderung, die Grundduld oder die Rentenschuld finden die Vorschriften des §.1986 Anwendung.
§.1988. Eine Verfügung über einen Erbschaftsgegenstand, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung gegen den Vorerben oder durch den Konkursverwalter erfolgt, ist im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde. Die Verfügung ist unbeschränkt wirksam, wenn der Anspruch eines Nachlaßgläubigers oder ein an einem Erbschaftsgegenstande bestehendes Necht geltend gemacht wird, das im Falle des Eintritts der Nacherbfolge dem Nacherben gegenüber wirksam ist.
§.1989. Der Vorerbe hat auf Verlangen des Nacherben die zur Erbschaft gehörenden Inhaberpapiere nebst den Erneuerungsfcheinen bei einer Hinterlegungsstelle oder bei der Reichsbank dergestalt zu hinterlegen, daß die Herausgabe nur mit Zustimmung des Nacherben verlangt werden kann. Die Hinterlegung von Inhaberpapieren, die zu den verbrauchbaren Sachen gehören, sowie von Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheinen kann nicht verlangt werden. Den Inhaberpapieren stehen Orderpapiere gleich, die mit Blankoindossament versehen sind.
Ueber die hinterlegten Papiere kann der Vorerbe nur mit Zustimmung des Nacherben verfügen.
§.1990. Der Vorerbe kann die Inhaberpapiere, statt sie nach §.1989 zu hinterlegen, auf seinen Namen mit der Bestimmung umschreiben oder in Buchschulden des Reichs oder eines Bundesstaats umwandeln lassen, daß er über die umgeschriebenen Papiere oder die Buchforderungen nur mit Zustimmung des Nacherben verfügen kann.
§.1991. Gehören zur Erbschaft Buchforderungen gegen das Reich oder einen Bundesstaat, so ist der Vorerbe auf Verlangen des Nacherben verpflichtet, in das Schuldbuch den Vermerk eintragen zu lassen, daß er über die Forderungen nur mit Zustimmung des Nacherben verfügen kann.
§.1992. Geld, das nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft dauernd anzulegen ist, darf der Vorerbe nur nach den für die Anlegung von Mündelgeldern geltenden Vorschriften anlegen.
§.1993. Ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung, insbesondere zur Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten, eine Verfügung erforderlich, die der Vorerbe nicht mit Wirkung gegen den Nacherben vornehmen kann, so ist der Nacherbe dem Vorerben verpflichtet, seine Einwilligung zu der Verfügung zu ertheilen. Die Einwilligung ist auf Verlangen in öffentlich beglaubigter Form zu erklären. Die Kosten der Beglaubigung fallen dem Vorerben zur Last.
§.1994. Der Vorerbe hat dem Nacherben auf Verlangen ein Verzeichniß der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände mitzutheilen. Das Verzeichniß ist mit der Angabe des Tages der Aufnahme zu versehen und von dem Vorerben zu unterzeichnen; der Vorerbe hat auf Verlangen die Unterzeichnung öffentlich beglaubigen zu lassen.
Der Nacherbe kann verlangen, daß er bei der Aufnahme des Verzeichnisses zugezogen wird.
Der Vorerbe ist berechtigt und auf Verlangen des Nacherben verpflichtet, das Verzeichniß durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufnehmen zu lassen.
Die Kosten der Aufnahme und der Beglaubigung fallen der Erbschaft zur Laft.
§.1995. Der Vorerbe kann den Zustand der zur Erbschaft ges hörenden Sachen auf seine Kosten durch Sachverständige feststellen lassen. Das gleiche Recht steht dem Nacherben zu.
§.1996. Gehört ein Wald zur Erbschaft, so kann sowohl der Vorerbe als der Nacherbe verlangen, daß das Maß der Nußung und die Art der wirthschaftlichen Behandlung durch einen Wirthschaftsplan festgestellt werden. Tritt eine erhebliche Aenderung der Umstände ein, so kann jeder Theil eine entsprechende Aenderung des Wirthschaftsplans verlangen. Die Kosten fallen der Erbschaft zur Last.
§.1997. Der Vorerbe trägt dem Nacherben gegenüber die gewöhnlichen Erhaltungskosten.
Andere Aufwendungen, die der Vorerbe zum Zwecke der Erhaltung von Erbschaftsgegenständen den Umständen nach für erforderlich halten darf, kann er aus der Erbschaft bestreiten. Bestreitet er sie aus seinem Vermögen, so ist der Nacherbe im Falle des Eintritts der Nacherbfolge zum Ersatze verpflichtet. Ist der Vorerbe zu diesem Zwede eine Verbindlichkeit eingegangen, so hat ihn der Nacherbe von der Verbindlichkeit zu befreien; der Nacherbe kann jedoch, wenn die Verbindlichkeit noch nicht fällig ist, dem Vorerben, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
§.1998. Für Verwendungen auf die Erbschaft, die nicht unter die Vorschrift des §.1997 fallen, ist der Nacherbe im Falle des Eintritts der Nacherbfolge dem Vorerben nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag zum Ersage verpflichtet. Die Verzinsung des aufgewendeten Geldes kann der Vorerbe für die Dauer der Vorerbschaft nicht verlangen. Das Recht zur Wegnahme einer Einrichtung steht dem Vorerben in dem gleichen Umfange zu wie nach §.491 Abs. 2 einem Miether.
§.1999. Der Vorerbe trägt dem Nacherben gegenüber nicht die außerordentlichen Lasten, welche als auf den Stammwerth der Erbschaftsgegenstände gelegt anzusehen sind. Auf diese Lasten finden die Vorschriften des §.1997 Abs. 2 Anwendung.
§.2000. Der Nacherbe ist berechtigt, von dem Vorerben Auskunft über den Bestand der Erbschaft zu verlangen, wenn Grund zu dem Verdachte besteht, daß der Vorerbe durch seine Verwaltung die Rechte des Nacherben erheblich verletzt.
§.2001. Wird durch das Verhalten des Vorerben oder durch seine ungünstige Vermögenslage die Besorgniß einer erheblichen Verletzung der Rechte des Nacherben begründet, so kann der Nacherbe Sicherheitsleistung verlangen. Auf Antrag des Nacherben hat das Gericht für die Sicherheitsleistung eine Frist zu bestimmen.
Leistet der Vorerbe die Sicherheit nicht vor dem Ablaufe der Frist, so finden die für den Nießbrauch gelten den Vorschriften des §.961 Abs. 2, 3 entsprechende Anwendung.
§.2002. Wird dem Vorerben die Verwaltung auf Grund des §.2001 Abs. 2 entzogen, so verliert er das Recht, über Erbschaftsgegenstände zu verfügen.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung. Für die zur Erbschaft gehörenden Forderungen wird die Entziehung der Verwaltung und die Aufhebung der Entziehung dem Schuldner gegenüber erst wirksam, wenn er von der getroffenen Anordnung Kenntniß erlangt oder wenn ihm eine Mittheilung von der Anordnung zugestellt wird.
§.2003. Der Vorerbe ist bei dem Eintritte der Nacherbfolge verpflichtet, dem Nacherben die Erbschaft in dem Zustande herauszugeben, welcher sich bei einer bis zur Herausgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen Verwaltung ergiebt. Auf die Herausgabe eines landwirthschaftlichen Grundstücks findet die Vorschrift des §.532, auf die Herausgabe eines Landguts finden die Vorschriften der §§.532, 533 entsprechende Anwendung. Der Vorerbe hat auf Verlangen Rechenschaft abzulegen.
§.2004. Der Vorerbe hat in Ansehung der Verwaltung nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
§.2005. Zieht der Vorerbe Früchte den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft zuwider oder zieht er Früchte deshalb im Uebermaße, weil dies in Folge eines besonderen Ereignisses nothwendig geworden ist, so gebührt ihm der Werth der Früchte nur insoweit, als durch den ordnungswidrigen oder den übermäßigen Fruchtbezug die ihm gebührenden Nutzungen beeinträchtigt worden sind und der Werth der Früchte nicht nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft zur Wiederherstellung der Sache zu verwenden ist.
§.2006. Hat der Vorerbe einen Erbschaftsgegenstand für sich verwendet, so ist er im Falle des Eintritts der Nacherbfolge dem Nacherben zum Erfaße des Werthes verpflichtet. Eine weitergehende Haftung wegen Verschuldens bleibt unberührt.
Veränderungen oder Verschlechterungen von Erbschaftsjachen, die durch ordnungsmäßige Benußung herbeigeführt worden sind, hat der Vorerbe nicht zu vertreten.
§.2007. Hat der Vorerbe ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück vermiethet oder verpachtet, so finden, wenn das Miethoder Pachtverhältniß bei dem Eintritte der Nacherbfolge noch besteht, die Vorschriften des §.965 entsprechende Anwendung.
§.2008. Der Erblasser kann den Vorerben von den Beschränkungen und Verpflichtungen des §.1986 Abs. 1, der §§.1987, 1989 bis 1992, 1996, 2000 bis 2005 und des §.2006 Abs. 1 befreien.
§.2009. Hat der Erblasser den Nacherben auf dasjenige eingeseßt, was von der Erbschaft bei dem Eintritte der Nacherbfolge übrig sein wird, so gilt die Befreiung von allen im §.2008 bezeichneten Beschränkungen und Verpflichtungen als angeordnet.
Das Gleiche ist im Zweifel anzunehmen, wenn der Erblasser bestimmt hat, daß der Vorerbe zur freien Verfügung über die Erbschaft berechtigt sein soll.
§.2010. Die Herausgabepflicht des Vorerben beschränkt sich in den Fällen des §.2009 auf die bei ihm noch vorhandenen Erbschaftsgegenstände. Für Verwendungen auf Gegenstände, die er in Folge dieser Beschränkung nicht herausgegeben hat, kann er Ersaß nicht verlangen.
Hat der Vorerbe der Vorschrift des §.1986 Abs. 2 zuwider über einen Erbschaftsgegenstand unentgeltlich verfügt oder hat er die Erbschaft in der Absicht, den Nacherben zu benachtheiligen, vermindert, so ist er dem Nacherben zum Schadensersatze verpflichtet.
§.2011. Mit dem Eintritte des Falles der Nacherbfolge hört der Vorerbe auf, Erbe zu sein, und fällt die Erbschaft dem Nacherben an.
§.2012. Der Nacherbe kann die Erbschaft ausschlagen, sobald der Erbfall eingetreten ist.
oder über einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand ergeht, wirkt, sofern es vor dem Eintritte der Nacherbfolge rechtskräftig wird, für und gegen den Nacherben.
Schlägt der Nacherbe die Erbschaft aus, so verbleibt sie dem Vorerben, soweit nicht der Erblasser ein Anderes bestimmt hat.
§.2013. Tritt die Nacherbfolge ein, so gelten die in Folge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse als nicht erloschen.
§.2014. Ist bei dem Eintritte des Falles der Nacherbfolge die Geburt eines Nacherben zu erwarten, so finden auf den Unterhaltsanspruch der Mutter die Vorschriften des §.1840 entsprechende Anwendung.
§.2015. Die Vorschriften über die Beschränkung der Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten gelten auch für den Nacherben; an die Stelle des Nachlasses tritt dasjenige, was der Nacherbe aus der Erbschaft erlangt hat, mit Einschluß der ihm gegen den Vorerben als solchen zustehenden Ansprüche.
Das von dem Vorerben errichtete Inventar kommt auch dem Nacherben zu Statten.
Der Nacherbe kann sich dem Vorerben gegenüber auf die Beschränkung seiner Haftung auch dann berufen, wenn er den übrigen Nachlaßgläubigern gegenüber unbeschränkt haftet.
§.2016. Der Vorerbe haftet nach dem Eintritte der Nacherbfolge für die Nachlaßverbindlichkeiten noch insoweit, als der Nacherbe nicht haftet. Die Haftung bleibt auch für diejenigen Nachlaßverbindlichkeiten bestehen, welche im Verhältnisse zwischen dem Vorerben und dem Nacherben dem Vorerben zur Last fallen.
Der Vorerbe kann nach dem Eintritte der Nacherbfolge die Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten, sofern er nicht unbeschränkt haftet, insoweit verweigern, als dasjenige nicht ausreicht, was ihm von der Erbschaft gebührt. Die Vorschriften der §. 1865, 1866 finden entsprechende Anwendung.
§.2017. Der Vorečbe ist den Nachlaßgläubigern verpflichtet, den Eintritt der Nacherbfolge unverzüglich dem Nachlaßgericht anzuzeigen. Die Anzeige des Vorerben wird durch die Anzeige des Nacherben erjeßt.
Das Nachlaßgericht hat die Einsicht der Anzeige Jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
Vierter Titel. Vermächtniß.
§.2018. Mit einem Vermächtnisse kann der Erbe oder ein Vermächtnißnehmer beschwert werden. Soweit der Erblasser nicht ein Anderes bestimmt hat, ist der Erbe beschwert.
§.2019. Sind mehrere Erben oder mehrere Vermächtnißnehmer mit demselben Vermächtnisse beschwert, so sind im Zweifel die Erben nach dem Verhältnisse der Erbtheile, die Vermächtnißnehmer nach dem Verhältnisse des Werthes der Vermächtnisse beschwert.
§.2020. Hat der Erblasser bestimmt, daß dem eingesepten Erben ein Erbschaftsgegenstand nicht zufallen soll, so gilt der Gegenstand als den geseblichen Erben vermacht. Der Fiskus gehört nicht zu den geseßlichen Erben im Sinne dieser Vorschrift.
§.2021. Das einem Erben zugewendete. Vermächtniß (Vorausvermächtniß) gilt als Vermächtniß auch insoweit, als der Erbe selbst beschwert ist.
§.2022. Der Erblasser kann Mehrere mit einem Vermächtniß in der Weise bedenken, daß der Beschwerte oder ein Dritter zu bestimmen hat, wer von den Mehreren das Vermächtniß erhalten soll.
Die Bestimmung des Beschwerten erfolgt durch Erklärung gegenüber demjenigen, welcher das Vermächtniß erhalten soll, die Bestimmung des Dritten erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten. Die Bestimmung ist unwiderruflich.
Stann der Beschwerte oder der Dritte die Bestimmung nicht treffen oder trifft er sie nicht vor dem Ablauf einer ihm auf Antrag eines der Betheiligten von dem Nachlaßgerichte bestimmten Frist, so sind die Bedachten Gesammtgläubiger. Wer von ihnen das Vermächtniß erhält, ist im Zweifel nicht zur Theilung verpflichtet.
§.2023. Hat der Erblasser Mehrere mit einem Vermächtniß in der Weije bedacht, daß nur der Eine oder der Andere das Vermächtniß erhalten soll, so ist anzunehmen, daß der Beschwerte bestimmen soll, wer von ihnen das Vermächtniß erhält.
§.2024. Der Erblasser kann Mehrere mit einem Vermächtniß in der Weise bedenken, daß der Beschwerte oder ein Dritter zu bestimmen hat, was jeder von dem vermachten Gegenstand erhalten soll. Die Bestimmung erfolgt nach §.2022 Abs. 2; sie ist unwiderruflich.
Kann der Beschwerte oder der Dritte die Bestimmung nicht treffen oder trifft er sie nicht vor dem Ablauf einer ihm auf Antrag eines der Betheiligten von dem Nachlaßgerichte bestimmten Frist, so sind die Bedachten zu gleichen Theilen berechtigt.
§.2025. Der Erblasser kann ein Vermächtniß in der Art anordnen, daß der Bedachte von mehreren Gegenständen nur den einen oder den anderen erhalten soll. Ist in einem solchen Falle die Wahl einem Dritten übertragen, so erfolgt sie durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten; die Erklärung ist unwiderruflich. Kann der Dritte die Wahl nicht treffen oder trifft er sie nicht vor dem Ablauf einer ihm auf Antrag eines der Betheiligten von dem Nachlaßgerichte bestimmten Frist, so geht das Wahlrecht auf den Beschwerten über.
§.2026. Hat der Erblasser die vermachte Sache nur der Gattung nach bestimmt, so ist eine den Verhältnissen des Bedachten entsprechende Sache zu leisten.
Ist die Bestimmung der Sache dem Bedachten oder einem Dritten übertragen, so finden die nach §.2025 für die Wahl des Dritten geltenden Vorschriften Anwendung.
Entspricht die von dem Bedachten oder dem Dritten getroffene Bestimmung den Verhältnissen des Bedachten offenbar nicht, so hat der Beschwerte so zu leisten, wie wenn der Erblasser über die Bestimmung der Sache keine Anordnung getroffen hätte.
§.2027. Der Erblasser kann bei der Anordnung eines Vermächtnisses, dessen Zweck er bestimmt hat, die Bestimmung der Leistung dem billigen Ermessen des Beschwerten oder eines Dritten überlassen. Auf ein solches · Vermächtniß finden die Vorschriften der §§.266 bis 270 entsprechende Anwendung.
§.2028. Ift Mehreren derselbe Gegenstand vermacht, so finden die Vorschriften der §§.1962 bis 1966 entsprechende Anwendung.
§.2029. Ist Mehreren derselbe Gegenstand vermacht, so wächst, wenn einer von ihnen vor oder nach dem Erbfalle wegfält, dessen Antheil den übrigen Bedachten nach dem Verhältniß ihrer Antheile an. Dies gilt auch dann, wenn der Erblasser die Antheile der Bedachten bestimmt hat. Sind einige der Bedachten zu demselben Antheile berufen, so tritt die Anwachsung zunächst unter ihnen ein. Der Erblasser kann die Anwachsung ausschließen.
§.2030. Der durch Anwachsung einem Vermächtnißnehmer anfallende Antheil gilt in Ansehung der Vermächtnisse und Auflagen, mit welchen dieser oder der wegfallende Vermächtnißnehmer beschwert ist, als besonderes Vermächtniß.
§.2031. Ein Vermächtniß ist unwirksam, wenn der Bedachte zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebt.
§.2032. Ein Vermächtniß bleibt, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist, wirksam, wenn der Beschwerte nicht Erbe oder Vermächtnißnehmer wird. Beschwert ist in diesem Falle derjenige, welchem der Wegfal des zunächst Beschwerten unmittelbar zu Statten kommt.
§.2033. Ein Vermächtniß, das unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins angeordnet ist, wird unwirkjam, wenn seit dem Erbfalle dreißig Jahre verstrichen sind, ohne daß die Bedingung oder der Termin eingetreten ist.
Ist der Bedachte zur Zeit des Erbfalls noch nicht erzeugt oder wird seine Persönlichkeit durch ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereigniß bestimmt, so wird das Vermächtniß unwirksam, wenn seit dem Erbfalle dreißig Jahre verstrichen sind, ohne daß der Bedachte erzeugt oder das Ereigniß eingetreten ist, durch welches seine Persönlichkeit bestimmt wird.
§.2034. Das Vermächtniß bleibt in den Fällen des §.2033 auch nach dem Ablaufe von dreißig Jahren wirksam,
1. wenn es für den Fall angeordnet ist, dass in der Person des Beschwerten oder des Bedachten ein bestimmtes Ereignis eintritt, und derjenige, in dessen Person das Ereigniß eintreten soll, zur Zeit des Erbfalls lebt;
2. wenn ein Erbe, ein Nacherbe oder ein Vermächtnißnehmer für den Fall, daß ihm ein Bruder oder eine Schwester geboren wird, mit einem Vermächtnisse zu Gunsten des Bruders oder der Schwester beschwert ist.
Ist der Beschwerte oder der Bedachte, in dessen Person das Ereigniß eintreten soll, eine juristische Person, so bewendet es bei der dreißigjährigen Frist.
§.2035. Das Vermächtnis einer Sache erstreckt sich im Zweifel auch auf das zur Zeit des Erbfalls vorhandene Zubehör.
Hat der Erblasser wegen einer nach der Anordnung des Vermächtnisses erfolgten Beschädigung der Sache einen Anspruch auf Erfaß der Minderung des Werthes, so erstreckt sich im Zweifel das Vermächtniß auf diesen Anspruch.
§.2036. Ist ein zur Erbschaft gehörender Gegenstand vermacht, so kann der Vermächtnißnehmer im Zweifel nicht die Bes seitigung der an dem Gegenstande bestehenden Rechte verlangen. Steht dem Erblasser ein Anspruch auf die Beseitigung zu, so erstredt sich im Zweifel das Vermächtniß auf diesen Anspruch.
Ruht auf einem vermachten Grundstück eine Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, die dem Erblasser selbst zusteht, so ist aus den Umständen des Falles zu entnehmen, ob die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld als mitvermacht zu gelten hat.
§.2037. Ist ein vermachtes Grundstück, das zur Erbschaft gehört, mit einer Hypothek für eine Schuld des Erblassers oder für eine Schuld belastet, zu deren Berichtigung der Erblasser dem Schuldner gegenüber verpflichtet ist, so ist der Vermächtnißnehmer im Zweifel dem Erben gegenüber zur rechtzeitigen Befriedigung des Gläubigers insoweit verpflichtet, als die Schuld durch den Werth des Grundstücks gedeckt wird. Der Werth bestimmt sich nach der Zeit, zu welcher das Eigenthum auf den Vermächtnißnehmer übergeht.
Ist dem Erblasser ein Dritter zur Berichtigung der Schuld verpflichtet, so besteht die Verpflichtung des Vermächtnißnehmers im Zweifel nur insoweit, als der Erbe die Berichtigung nicht von dem Dritten erlangen kann.
Auf eine Hypothek der im §.1096 bezeichneten Art finden diese Vorschriften keine Anwendung.
§.2038. Sind neben dem vermachten Grundstück andere zur Erbschaft gehörende Grundstücke mit der Hypothek belastet, so beschränkt sich die im §.2037 bestimmte Verpflichtung des Vermächtnißnehmers im Zweifel auf den Theil der Schuld, welcher dem Verhältnisse des Werthes des vermachten Grundstücks zu dem Werthe der sämmtlichen Grundstücke entspricht. Der Werth wird unter Abzug der Belastungen berechnet, welche der Hypothek im Range vorgehen.
§.2039. Besteht an mehreren zur Erbschaft gehörenden Grundstücken eine Gesammtgrundschuld oder eine Gesammtrentenschuld und ist eines dieser Grundstücke vermacht, so ist der Vermächtnißnehmer im Zweifel dem Erben gegenüber zur Befriedigung des Gläubigers in Höhe des Theiles der Grund- oder Rentenschuld verpflichtet, welcher dem Verhältnisse des Werthes des vermachten Grundstücks zu dem Werthe der sämmtlichen Grundstücke entspricht. Der Werth wird nach §.2038 Sat 2 berechnet.
Ist neben dem vermachten Grundstück ein nicht zur Erbschaft gehörendes Grundstück mit einer Gesammtgrundschuld oder einer Gesammtrentenschuld belastet, so finden, wenn der Erblasser zur Zeit des Erbfalls gegenüber dem Eigenthümer des anderen Grundstücks oder einem Rechtsvorgänger des Eigenthümers zur Befriedigung des Gläubigers verpflichtet ist, die Vorschriften des . 2037 Abs. 1 und des §.2038 entsprechende Anwendung.
§.2040. Das Vermächtniß eines bestimmten Gegenstandes ist unwirksam, soweit der Gegenstand zur Zeit des Erbfalls nicht zur Erbschaft gehört, es sei denn, daß der Gegenstand dem Bedachten auch für den Fall zugewendet sein soll, daß er nicht zur Erbschaft gehört.
Hat der Erblasser nur den Besiß der vermachten Sache, so gilt im Zweifel der Besig als vermacht, wenn er dem Bedachten einen rechtlichen Vortheil gewährt.
Steht dem Erblasser ein Anspruch auf Leistung des vermachten Gegenstandes oder, falls der Gegenstand nach der Anordnung des Vermächtnisses untergegangen oder dem Erblasser entzogen ist, ein Anspruch auf Erfaß des Werthes zu, so gilt im Zweifel der Anspruch als vermacht.
Zur Erbschaft gehört im Sinne des Abs. 1 ein Gegenstand nicht, wenn der Erblasser zu dessen Veräußerung verpflichtet ist.
§.2041. Ist das Vermächtniß eines Gegenstandes, der zur Zeit des Erbfalls nicht zur Erbschaft gehört, nach §.2040 Abs. 1 wirksam, so hat der Beschwerte den Gegenstand dem Bedachten zu verschaffen.
Ist der Beschwerte zur Verschaffung außer Stande, so hat er den Werth zu entrichten. Ist die Verschaffung nur mit unverhältnißmäßigen Aufwendungen möglich, so kann sich der Beschwerte durch Entrichtung des Werthes befreien.
§.2042. Ein Vermächtniß, das auf eine zur Zeit des Erbfalls unmögliche Leistung gerichtet ist oder gegen ein zu dieser Zeit bestehendes geseßliches Verbot verstößt, ist unwirksam. Die Vorschriften des §.260 finden entsprechende Anwendung.
§.2043. Die Leistung einer vermachten Sache gilt auch dann als unmöglich, wenn die Sache mit einer anderen Sache in solcher Weise verbunden, vermischt oder vermengt worden ist, daß nach den §§.861 bis 863 das Eigenthum an der anderen Sache sich auf sie erstreckt oder Miteigenthum eingetreten ist, oder wenn sie in solcher Weise verarbeitet oder umgebildet worden ist, daß nach §.865 derjenige, welcher die neue Sache hergestellt hat, Eigenthümer geworden ist.
Ist die Verbindung, Vermischung oder Vermengung durch einen Dritten erfolgt und hat der Erblasser dadurch Miteigenthum erworben, so gilt im Zweifel das Miteigenthum als vermacht. Im Falle der Verarbeitung oder Umbildung durch einen Dritten bewendet es bei der Vorschrift des §.2040 Abs. 3.
§.2044. Hat der Erblasser eine ihm zustehende Forderung vermacht, so ist, wenn vor dem Erbfalle die Leistung erfolgt und der geleistete Gegenstand noch in der Erbschaft vorhanden ist, im Zweifel anzunehmen, daß dem Bedachten dieser Gegenstand zugewendet sein soll. War die Forderung auf die Zahlung einer Geldsumme gerichtet, so gilt im Zweifel die entsprechende Geldsumme als vermacht, auch wenn sich eine solche in der Erbschaft nicht vorfindet.
§.2045. Durch das Vermächtniß wird für den Bedachten das Recht begründet, von dem Beschwerten die Leistung des vermachten Gegenstandes zu fordern.
§.2046. Hat der Erblasser eine ihm gegen den Erben zustehende Forderung oder hat er ein Recht vermacht, mit dem eine Sache oder ein Recht des Erben belastet ist, so gelten die in Folge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse in Ansehung des Vermächtniffes als nicht erloschen.
§.2047. Die Forderung des Vermächtnißnehmers kommt, unbeschadet des Rechtes, das Vermächtniß auszuschlagen, zur Entstehung (Anfall des Vermächtnisses) mit dem Erbfalle. Ist das Vermächtniß unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins angeordnet und die Bedingung oder der Termin zur Zeit des Erbfalls noch nicht eingetreten, so erfolgt der Anfall mit dem Eintritte der Bedingung oder des Termins.
§.2048. Ist der Bedachte zur Zeit des Erbfalls noch nicht er: zeugt oder wird seine Persönlichkeit durch ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereigniß bestimmt, so erfolgt der Anfall des Vermächtnisses im ersteren Falle mit der Geburt, im lekteren Falle mit dem Eintritte des Ereignisses.
§.2049. Für die Zeit zwischen dem Erbfall und dem Anfalle des Vermächtnisses finden in den Fällen des §.2047 Sap 2 und des §.2048 die Vorschriften Anwendung, welche für den Fall gelten, daß eine Leistung unter einer aufschiebenden Bedingung geschuldet wird.
§.2050. Der Vermächtnißnehmer kann das Vermächtniß nicht mehr ausschlagen, wenn er es angenommen hat.
Die Annahme sowie die Ausschlagung des Vermächtnisjes erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten. Die Erklärung kann erst nach dem Eintritte des Erbfalls abgegeben werden; sie ist unwirkjam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird. Die Erklärung ist unwiderruflich.
Die für die Annahme und die Ausschlagung einer Erbschaft geltenden Vorschriften des §.1827, des §.1829 Ab. 1, 3 und des §.1830 Abs. 1, 2. finden entsprechende Anwendung.
§.2051. Ist die Zeit der Erfüllung eines Vermächtnisses dem freien Belieben des Beschwerten überlassen, so wird die Leistung im Zweifel mit dem Tode des Beschwerten fällig.
§.2052. Ist eine nur der Gattung nach bestimmte Sache vermacht, so hat der Beschwerte die gleichen Verpflichtungen wie ein Verkäufer nach den Vorschriften des §.375 Abs. 1, der §§.376 bis 379, des §.382 Abs. 2, 3 und der §§.383 bis 385.
Dasselbe gilt im Zweifel, wenn ein bestimmter nicht zur Erbschaft gehörender Gegenstand vermacht ist, unbeschadet der sich aus dem §.2041 ergebenden Beschränkung der Haftung.
Ist ein Grundstück Gegenstand des Vermächtnisses, so haftet der Beschwerte im Zweifel nicht für die Freiheit des Grundstücks von Grunddienstbarkeiten, beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und Reallasten.
§.2053. Ist eine nur der Gattung nach bestimmte Sache ver: macht, so kann der Vermächtnißnehmer, wenn die geleistete Sache mangelhaft ist, verlangen, daß ihm an Stelle der mangelhaften Sache eine mangelfreie geliefert wird. Hat der Beschwerte einen Fehler arglistig verschwiegen, so kann der Vermächtnißnehmer statt der Lieferung einer mangelfreien Sache Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Auf diese Ansprüche finden die für die Gewährleistung wegen Mängel einer verkauften Sache geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
§.2054. Ist ein bestimmter zur Erbschaft gehörender Gegenstand vermacht, so hat der Beschwerte dem Vermächtnißnehmer auch die feit dem Anfalle des Vermächtnisses gezogenen Früchte sowie das sonst auf Grund des vermachten Rechtes Erlangte herauszugeben. Für Nutzungen, die nicht zu den Früchten gehören, hat der Beschwerte nicht Ersaß zu leisten.
Die auf die Gewinnung der Früchte verwendeten Kosten find dem Beschwerten insoweit zu ersetzen, als sie einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entsprechen und den Werth der Früchte nicht übersteigen.
§.2055. Ist eine bestimmte zur Erbschaft gehörende Sache vermacht, so kann der Beschwerte für die nach dem Erbfall auf die Sache gemachten Verwendungen sowie für Aufwendungen, die er nach dem Erbfalle zur Bestreitung von Lasten der Sache gemacht hat, Ersaß nach den Vorschriften verlangen, welche für das Verhältniß zwischen dem Befißer und dem Eigenthümer gelten.
§.2056. Ist ein Vermächtnißnehmer mit einem Vermächtniß oder einer Auflage beschwert, so ist er zur Erfüllung erst dann verpflichtet, wenn er die Erfüllung des ihm zugewendeten Vermächtnisses zu verlangen berechtigt ist.
§.2057. Ein Vermächtnißnehmer, der mit einem Vermächtniß oder einer Auflage beschwert ist, kann die Erfüllung auch nach der Annahme des ihm zugewendeten Vermächtnisses insoweit verweigern, als dasjenige, was er aus dem Vermächtniß erhält, zur Erfüllung nicht ausreicht.
Tritt nach §.2032 ein Anderer an die Stelle des beschwerten Vermächtnißnehmers, so haftet er nicht weiter, als der Vermächtnißnehmer gehaftet haben würde.
Die für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften des §.1867 finden entsprechende Anwendung.
§.2058. Wird die einem Vermächtnißnehmer gebührende Leistung auf Grund der Beschränkung der Haftung des Erben, wegen eines Pflichttheilsanspruchs oder in Gemäßheit des . 2057 gekürzt, so kann der Vermächtnißnehmer, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist, die ihm auferlegten Beschwerungen verhältnismäßig kürzen.
§.2059. Der Erblasser kann für den Fall, daß die dem Erben oder einem Vermächtnißnehmer auferlegten Vermächtnisse und Auflagen auf Grund der Beschränkung der Haftung des Erben, wegen eines Pflichttheilsanspruchs oder in Ges mäßheit der §§.2057, 2058 gekürzt werden, durch Verfügung von Todeswegen anordnen, daß ein Vermächtniß oder eine Auflage den Vorrang vor den übrigen Beschwerungen haben foly.
§.2060. Hat der Erblasser für den Fall, daß der zunächst Bedachte das Vermächtniß nicht erwirbt, den Gegenstand des Vermächtnisses einem anderen zugewendet, so finden die für die Einsetzung eines Ersatzerben geltenden Vorschriften der §§.1970 bis 1972 entsprechende Anwendung.
§.2061. Hat der Erblasser den vermachten Gegenstand von einem nach dem Anfalle des Vermächtniffes eintretenden bestimmten Zeitpunkt oder Ereigniß an einem Dritten zugewendet, so gilt der erste Vermächtnißnehmer als beschwert.
Auf das Vermächtniß finden die für die Einsetzung eines Nacherben geltenden Vorschriften des §.1975, des §.1979 Abs. 1, des §.1980 und des §.1983 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
Fünfter Titel. Nuffage.
§.2062. Auf eine Auflage finden die für letztwillige Zuwendungen geltenden Vorschriften der §§.1938, 2018, 2019, 2025 bis 2027, 2032, 2042, 2051 entjprechende Anwendung.
§.2063. Der Erblasser kann bei der Anordnung einer Auflage, deren Zweck er bestimmt hat, die Bestimmung der Person, an welche die Leistung erfolgen soll, dem Beschwerten oder einem Dritten überlassen.
Steht die Bestimmung dem Beschwerten zu, so kann fie, wenn dieser zur Vollziehung der Auflage rechtskräftig verurtheilt ist und die Auflage nicht vor dem Ablauf einer ihm bestimmten angemessenen Frist vollzieht, von dem Kläger getroffen werden.
Steht die Bestimmung einem Dritten zu, so finden die Vorschriften des §.2025 entsprechende Anwendung; zu den Betheiligten im Sinne des §.2025 Sağ 2 gehören der Beschwerte und diejenigen, welche die Vollziehung der Auflage zu verlangen berechtigt sind.
§.2064. Die Vollziehung einer Auflage können der Erbe, der Miterbe und derjenige verlangen, welchem der Wegfall des mit der Auflage zunächst Beschwerten unmittelbar zu Statten fommen würde. Liegt die Vollziehung im öffentlichen Interesse, so kann auch die zuständige Behörde die Vollziehung verlangen.
§.2065. Die Unwirksamkeit einer Auflage hat die Unwirksamkeit der unter der Auflage gemachten Zuwendung nur zur Folge, wenn anzunehmen ist, daß der Erblasser die Zuwendung nicht ohne die Auflage gemacht haben würde.
§.2066. Wird die Volziehung einer Auflage in Folge eines von dem Beschwerten zu vertretenden Umstandes unmöglich, so kann derjenige, welchem der Wegfall des zunächst Beschwerten unmittelbar zu Statten kommen würde, die Herausgabe der Zuwendung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung insoweit fordern, als die Zuwendung zur Vollziehung der Auflage hätte verwendet werden müssen.
Das Gleiche gilt, wenn der Beschwerte zur Volziehung einer Auflage, die nicht durch einen Dritten vollzogen werden kann, rechtskräftig verurtheilt ist und die zulässigen Zwangsmittel erfolglos gegen ihn angewendet worden sind.
Sechster Titel. Testamentsvollstrecker.
§.2067. Der Erblasser kann durch Testament einen oder mehrere Testamentsvollstreder ernennen.
Der Erblasser kann für den Fall, daß der ernannte Testamentsvollstrecker vor oder nach der Annahme des Amtes wegfällt, einen anderen Testamentsvollstrecker ernennen.
§.2068. Der Erblasser kann die Bestimmung der Person des Testamentsvollstreders einem Dritten überlassen. Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben.
Das Bestimmungsrecht des Dritten erlischt, wenn er die Erklärung nicht vor dem Ablauf einer ihm auf Antrag eines der Betheiligten von dem Nachlaßgerichte bestimmten Frist abgiebt.
§.2069. Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecer ermächtigen, einen oder mehrere Mitvollstrecker zu ernennen.
Der Erblasser kann den Testamentsvollstreckerermächtigen, einen Nachfolger zu ernennen. Die Ernennung erfolgt nach §.2068 Abs. 1 Sag 2.
§.2070. Hat der Erblasser in dem Testamente das Nachlaßgericht ersucht, einen Testamentsvollstreder zu ernennen, so kann das Nachlaßgericht die Ernennung vornehmen. Das Nachlaßgericht soll vor der Ernennung die Betheiligten hören, wenn es ohne erhebliche Verzögerung und ohne unverhältnißmäßige Kosten geschehen kann.
§.2071. Die Ernennung des Testamentsvollstrecers ist unwirkfam, wenn er zu der Zeit, zu welcher er das Amt anzutreten hat, geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ift oder nach §.1772 einen Vormund oder nach §.1787 zur-Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten einen Pfleger erhalten hat.
§.2072. Das Amt des Testamentsvollstreckers beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Ernannte das Amt annimmt.
Die Annahme sowie die Ablehnung des Amtes erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte. Die Erklärung kann erst nach dem Eintritte des Erbfalls abgegeben werden; sie ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird. Die Erklärung ist unwiderruflich.
Der Ablehnung steht es gleich, wenn der Ernannte nicht vor dem Ablauf einer ihm auf Antrag eines der Betheiligten von dem Nachlaßgerichte bestimmten Frist die Annahme erklärt.
§.2073. Der Testamentsvollstrecker hat die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringent.
§.2074. Der Testamentsvolstreder hat, wenn mehrere Erben vorhanden sind, die Auseinanderseßung unter ihnen nach Maßgabe der §§.1916 bis 1929 zu bewirken. Die Erben sind nicht berechtigt, für die Auseinanderseßung die Vermittelung des Nachlaßgerichts zu beantragen.
Der Testamentsvollstrecker hat die Erben über den Auseinanderseßungsplan vor der Ausführung zu hören.
Soweit die Erben über die Art der Auseinandersegung einig sind, hat der Testamentsvollstrecker ihrem Willen Folge zu geben.
§.2075. Der Testamentsvollstrecker hat den Nachlaß zu verwalten. Er ist kraft des Verwaltungsrechts insbesondere berechtigt, den Nachlaß in Besik zu nehmen und über die Nachlaßgegenstände zu verfügen. Zu unentgeltlichen Verfügungen ist er nur berechtigt, soweit sie einer fittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rüdlicht entsprechen.
§.2076. Der Testamentsvollstreder ist berechtigt, verbindlichkeiten für den Nachlaß einzugehen, soweit die Eingehung zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich ist. Die Verbindlichkeit zu einer Verfügung über einen Nachlaßgegenstand kann der Testamentsvollstrecker für den Nachlaß auch dann eingehen, wenn er zu der Verfügung berechtigt ist.
Der Erbe ist verpflichtet, zur Eingehung solcher Verbindlichkeiten seine Einwilligung zu ertheilen, unbeschadet des Rechtes, die Beschränkung seiner Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten geltend zu machen.
§.2077. Der Erblasser kann anordnen, daß der Testamentsvollstrecker in der Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlaß nicht beschränkt sein soll. Der Testamentsvollstrecer ist jedoch auch in einem solchen Falle zu einem Schenkungsversprechen nur nach Maßgabe des §.2075 Sat 3 berechtigt.
§.2078. Der Testamentsvollstreder hat die in den §§.2073 bis 2076 bestimmten Rechte nicht, soweit anzunehmen ist, daß sie ihm nach dem Willen des Erblassers nicht zustehen sollen. Unterliegen der Verwaltung des Testamentsvollstrecers nur einzelne Nachlaßgegenstände, so stehen ihm die im §.2075 Sag 2 bestimmten Befugnisse nur in Ansehung dieser Gegen stände zu.
Hat der Testamentsvollstrecker Verfügungen des Erblassers nicht selbst zur Ausführung zu bringen, so kann er die Ausführung von dem Erben verlangen, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist.
§.2079. Der Erblasser kann einem Testamentsvollstreder die Verwaltung des Nachlasses übertragen, ohne ihm andere Aufgaben als die Verwaltung zuzuweisen; er kann auch anordnen, daß der Testamentsvollstreder die Verwaltung nach der Erledigung der ihm sonst zugewiesenen Aufgaben fortzuführen hat. Im Zweifel ist anzunehmen, daß einem solchen Testamentsvollstrecer die im Ş. 2077 bezeichnete Ermächtigung ertheilt ist.
§.2080. Eine nach §.2079 getroffene Anordnung wird unwirksam, wenn seit dem Erbfalle dreißig Jahre verstrichen sind. Der Erblasser kann jedoch anordnen, daß die Verwaltung bis zum Tode des Erben oder des Testamentsvollstrecers oder bis zum Eintritt eines anderen Ereignisses in der Person des einen oder des anderen fortdauern fol. Die Vorschrift des §.2034 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.
§.2081. Der Erbe kann über einen der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlaßgegenstand nicht verfügen. Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die durch Urtheil erfolgt.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.
§.2082. Ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht kann nur von dem Testamentsvollstrecker gerichtlich geltend gemacht werden.
§.2083. Ein Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet, kann sowohl gegen den Erben als gegen den Testamentsvollstrecker gerichtlich geltend gemacht werden. Steht jedoch dem Testamentávolstreder nicht die Verwaltung des Nachlasses zu, so ist die Geltendmachung nur gegen den Erben zulässig. Ein Pflichttheilsanspruch kann, auch wenn dem Testamentsvollstreder die Verwaltung des Nachlasses zusteht, nur gegen den Erben geltend gemacht werden.
Ein Nachlaßgläubiger, der seinen Anspruch gegen den Erben geltend macht, kann den Anspruch auch gegen den Testamentsvollstrecker dahin geltend machen, daß dieser die Zwangsvollstreckung in die seiner Verwaltung unterliegenden Nachlaßgegenstände dulde.
Gläubiger des Erben, die nicht zu den Nachlaßgläubigern gehören, können sich nicht an die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlaßgegenstände halten.
§.2084. Der Testamentsvollstrecker hat dem Erben unverzüglich nach der Annahme des Amtes ein Verzeichniß der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlaßgegenstände und der bekannten Nachlaßverbindlichkeiten mitzutheilen und ihm die zur Aufnahme des Inventars sonst erforderliche Beihülfe zu leisten.
Das Verzeichniß ist mit der Angabe des Tages der Aufnahme zu versehen und von dem Teftamentsvollstrecker zu unterzeichnen; der Testamentsvollstreder hat auf Verlangen die Unterzeichnung öffentlich beglaubigen zu lassen.
Der Erbe kann verlangen, daß er bei der Aufnahme des Verzeichnisses zugezogen wird.
Der Testamentsvollstrecker ist berechtigt und auf Verlangen des Erben verpflichtet, das Verzeichniß durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufnehmen zu lassen.
Die Kosten der Aufnahme und der Beglaubigung fallen dem Nachlasse zur Last.
§.2085. Der Testamentsvollstreder ist zur ordnungômäßigen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet.
Anordnungen, die der Erblasser für die Verwaltung durch leftwillige Verfügung getroffen hat, find von dem Testamentsvollstreder zu befolgen. Sie können jedoch auf Antrag des Testamentsvollstrecers oder eines anderen Betheiligten von dem Nachlaßgericht außer Kraft gesegt werden, wenn ihre Befolgung den Nachlaß erheblich gefährdet. Das Gericht soll vor der Entscheidung soweit thunlich die Bes theiligten hören.
§.2086. Der Testamentsvollstrecker hat Nachlaßgegenstände, deren er zur Erfüllung seiner Obliegenheiten offenbar nicht bedarf, dem Erben auf Verlangen zur freien Verfügung zu überlassen. Mit der Ueberlassung erlischt sein Recht zur Vers waltung der Gegenstände.
Wegen Nachlaßverbindlichkeiten, die nicht auf einem Vermächtniß oder einer Auflage beruhen, sowie wegen bedingter oder betagter Vermächtnisse und Auflagen kann der Testamentsvollstrecker die Ueberlassung der Gegenstände nicht verweigern, wenn der Erbe für die Berichtigung der Verbindlichkeiten oder für die Vollziehung der Vermächtnisse oder Auflagen Sicherheit leistet.
§.2087. Auf das Verhältniß des Testamentsvollstreckers zu dem Erben finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§.595, 597 bis 599, 601, des §.604 Sat 2 und des 8. 605 entsprechende Anwendung.
Bei einer länger dauernden Verwaltung kann der Erbe jährliche Rechnungslegung verlangen.
§.2088. Verlegt der Testamentsvollstrecker die ihm obliegenden Verpflichtungen, so ist er, wenn ihm ein Verschulden zur Last fält, für den daraus entstehenden Schaden dem Erben und, soweit ein Vermächtniß zu vollziehen ist, auch dem Vermächtnißnehmer verantwortlich. Mehrere Testamentsvollstrecker, denen ein Verschulden zur Last fällt, haften als Gesamtschuldner.
§.2089. Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker nicht von den ihm nach den §. 2084, 2085, 2087, 2088 obliegenden Verpflichtungen befreien.
§.2090. Der Testamentsvollstrecker kann für die Führung seines Amtes eine angemessene Vergütung verlangen, wenn der Erblasser nicht ein Anderes bestimmt hat.
§.2091. Der Erblasser kann einen Testamentsvollstrecker auch zu dem Zwecke ernennen, daß dieser bis zu dem Eintritt einer angeordneten Nacherbfolge die Rechte des Nacherben ausübt und dessen Pflichten erfüllt.
§.2092. Der Erblasser kann einen Testamentsvollstrecker auch zu dem Zwecke ernennen, daß dieser für die Ausführung der einem Vermächtnißnehmer auferlegten Beschwerungen sorgt.
§.2093. Mehrere Testamentsvollstrecker führen das Amt gemeinschaftlich; fällt einer von ihnen weg, fo führen die übrigen das Amt allein. Der Erblasser kann eine abweichende Anordnung treffen.
Jeder Testamentsvollstrecker ist berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Testamentsvollstrecker diejenigen Maßregeln zu treffen, welche zur Erhaltung eines der gemeinschaftlichen Verwaltung unterliegenden Nachlaßgegenstandes nothwendig sind.
§.2094. Das Amt des Testamentsvollstreckers erlischt, wenn er stirbt oder wenn ein Fall eintritt, in welchem die Ernennung nach §.2071 unwirksam sein würde.
§.2095. Der Testamentsvollstrecker kann das Amt jederzeit kündigen. Die Kündigung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte. Die Vorschriften des §.602 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§.2096. Der Testamentsvollstreder kann auf Antrag eines der Betheiligten von dem Nachlaßgericht entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist ingbesondere grobe Pflichtverleßung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.
Der Testamentsvollstrecer sol vor der Entlassung wenn thunlich gehört werden.
Siebenter Titel. Errichtung und Aufhebung eines Testamenfes.
§.2097. Wer in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, bedarf zur Errichtung eines Testaments nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Ein Minderjähriger kann ein Testament erst errichten, wenn er das sechszehnte Lebensjahr vollendet hat.
§.2098. Hat ein wegen Geisteskrankheit Entmündigter ein Testament errichtet, bevor der die Entmündigung aussprechende Beschluß unanfechtbar geworden ist, so steht die Entmündigung der Gültigkeit des Testaments nicht entgegen, wenn der Entmündigte noch vor dem Eintritte der Unanfechtbarkeit stirbt.
Das Gleiche gilt, wenn der Entmündigte nach der Stellung des Antrags auf Wiederaufhebung der Entmündigung ein Testament errichtet hat und die Entmündigung dem Antrage gemäß wiederaufgehoben wird.
§.2099. Ein Testament kann in ordentlicher Form nur vor einem Richter oder vor einem Notar errichtet werden.
Der Richter muß einen Gerichtsschreiber oder zwei Zeugen, der Notar muß zwei Zeugen zuziehen.
§.2100. Als Richter, Notar, Gerichtsschreiber oder Zeuge kann bei der Errichtung eines Testaments nicht mitwirken:
1. der Ehegatte des Erblassers, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2. wer mit dem Erblasser in gerader Linie oder im zweiten Grade der Seitenlinie verwandt oder vers schwägert ist.
§.2101. Als Richter, Notar, Gerichtsschreiber oder Zeuge kann bei der Errichtung eines Testaments nicht mitwirken, wer in dem Testamente bedacht oder zum Testamentsvollstrecker ernannt wird oder wer zu einem in solcher Weise Betheiligten in einem Verhältnisse der im §.2100 bezeichneten Art steht.
Die Mitwirkung einer hiernach ausgeschlossenen Person hat nur zur Folge, daß die Zuwendung an den Bedachten oder die Ernennung zum Testamentsvollstrecker nichtig ist.
§.2102. Als Gerichtsschreiber oder Zeuge kann bei der Errichtung eines Testaments nicht mitwirken, wer zu dem Richter oder dem Notar in einem Verhältnisse der im §.2100 bezeichneten Art steht.
§.2103. Als Zeuge soll bei der Errichtung eines Testaments nicht mitwirken:
1. ein Minderjähriger;
2. wer der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt ist, während der für den Verlust dieser Rechte im Urtheile bestimmten Zeit;
3. wer nach den Vorschriften der Strafgeseze unfähig ist, als Zeuge eidlich vernommen zu werden;
4. wer als Gesinde oder Gehülfe im Dienste des Richters oder des Notars steht.
§.2104. Die Errichtung des Testaments erfolgt in der Weise, daß der Erblasser dem Richter oder dem Notar seinen legten Willen mündlich erklärt oder eine Schrift mit der mündlichen Erklärung übergiebt, daß die Schrift seinen legten Willen enthalte. Die Schrift kann offen oder verschlossen übergeben werden. Sie kann von dem Erblasser oder von einer anderen Person geschrieben sein.
Wer minderjährig ist oder Geschriebenes nicht zu lesen vermag, kann ein Testament nur durch mündliche Erklärung errichten.
§.2105. Die bei der Errichtung des Testaments mitwirkenden Personen müssen während der ganzen Verhandlung zugegen sein.
§.2106. Ueber die Errichtung des Testaments muß ein Protokoll in deutscher Sprache aufgenommen werden.
§.2107. Das Protokoll muß enthalten:
1. Ort und Tag der Verhandlung;
2. die Bezeichnung des Erblasfers und der bei der Ver handlung mitwirkenden Personen;
3. die nach §.2104 erforderlichen Erklärungen des Erblassers und im Falle der Übergabe einer Schrift die Feststellung der Übergabe.
§.2108. Das Protokoll muß vorgelesen, von dem Erblasser ge nehmigt und eigenhändig unterschrieben werden. Im Protofolle muß festgestellt werden, daß dies geschehen ist. Das Protokol fol dem Erblasser auf Verlangen auch zur Durchficht vorgelegt werden.
Erklärt der Erblasser, daß er nicht schreiben könne, so wird seine Unterschrift durch die Feststellung dieser Erklärung im Protokoll erseßt.
Das Protokoll muß von den mitwirkenden Personen unterschrieben werden.
§.2109. Wer nach der Ueberzeugung des Richters" oder Notars stumm oder sonst am Sprechen verhindert ist, kann ein Testament nur durch Übergabe einer Schrift errichten. Er muß die Erklärung, daß die Schrift seinen letzten Willen enthalte, bei der Verhandlung eigenhändig in das Protokoll oder auf ein besonderes Blatt schreiben, das dem Protokoll als Anlage beigefügt werden muß.
Das eigenhändige Niederschreiben der Erklärung sowie die Ueberzeugung des Richters oder des Notars, daß der Erblasser am Sprechen verhindert ist, muß im Protokolle festgestellt werden. Das Protokoll braucht von dem Erblasser nicht besonders genehmigt zu werden.
§.2110. Erklärt der Erblasser, daß er der deutschen Sprache nicht mächtig sei, so muß bei der Errichtung des Testaments ein vereideter Dolmetscher zugezogen werden. Auf den Dolmetscher finden die nach den §§.2100 bis 2103 für einen Zeugen geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
Das Protokoll muß in die Sprache, in welcher sich der Erblasser erklärt, überseßt werden. Die Ueberseßung muß von dem Dolmetscher angefertigt oder beglaubigt und vorgelesen werden; die Ueberseßung muß dem Protokoll als Anlage beigefügt werden.
Das Protokol muß die Erklärung des Erblassers, daß er der deutschen Sprache nicht mächtig sei, sowie den Namen des Dolmetschers und die Feststellung enthalten, daß der Dolmetscher die Ueberseßung angefertigt oder beglaubigt und sie vorgelesen hat. Der Dolmetscher muß das Protokoll unterschreiben.
§. 2111. Sind jämmtliche mitwirkende Personen ihrer Versicherung nach der Sprache, in welcher sich der Erblasser erklärt, mächtig, so ist die Zuziehung eines Dolmetschers nicht erforderlich.
Unterbleibt die Zuziehung eines Dolmetschers, so muß das Protokoll in der fremden Sprache aufgenommen werden und die Erklärung des Erblassers, daß er der deutschen Sprache nicht mächtig sei, sowie die Versicherung der mitwirkenden Personen, daß sie der fremden Sprache mächtig seien, enthalten. Eine deutsche Uebersetzung soll als Anlage beigefügt werden.
§.2112. Das über die Errichtung eines Testaments aufgenommene Protokoll soll sammt Anlagen, insbesondere im Falle der Errichtung durch Übergabe einer Schrift sammt dieser Schrift, von dem Richter oder dem Notar in Gegenwart der übrigen mitwirkenden Personen und des Erblassers mit dem Amtssiegel verschlossen, mit einer das Testament näher bezeichnenden Aufschrift, die von dem Richter oder dem Notar zu unterschreiben ist, versehen und in besondere amtliche Verwahrung gebracht werden.
Dem Erblasser soll über das in amtliche Verwahrung genommene Testament ein Hinterlegungsschein ertheilt werden.
§.2113. Ist zu besorgen, daß der Erblasser früher sterben werde, als die Errichtung eines Testaments in ordentlicher Form möglich ist, so kann er das Testament vor dem Vorsteher der Gemeinde, in welcher er sich aufhält, oder, falls er sich in dem Bereich eines landesgesetzlich einer Gemeinde gleichstehenden Verbandes oder Gutsbezirkes aufhält, vor dem Vorsteher dieses Verbandes oder Bezirkes errichten. Der Vorsteher muß zwei Zeugen zuziehen. Die Vorschriften der §. 2100 bis 2112 finden Anwendung; der Vorsteher tritt an die Stelle des Richters oder Notars.
Die Besorgnitz, daß die Errichtung eines Testaments in ordentlicher Form nicht mehr möglich sein werde, muß im Protokolle festgestellt werden. Der Gültigkeit des Testaments steht nicht entgegen, daß die Besorgniß nicht begründet war.
§.2114. Wer sich an einem Orte aufhält, der in Folge einer ausgebrochenen Krankheit oder in Folge sonstiger außerordentlicher Umstände dergestalt abgesperrt ist, daß die Errichtung eines Testaments in ordentlicher Form nicht möglich oder erheblich erschwert ist, kann das Testament errichten:
1. in der durch den §.2113 Abs. 1 bestimmten Form;
2. durch eine unter Angabe des Ortes und Tages der Ausstellung eigenhändig geschriebene und unter schriebene Erklärung;
3. durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen.
Die Vorschriften des §.1924 des Entw. I sollen unter Erstreckung auf alle Verfügungen von Todeswegen in den Entwurf des Einführungsgeseķes aufgenommen werden (vgl. Art. 91 des Entw. des Einführungsgeseges).
Wird die Form unter Nr. 3 gewählt, so muß über die Errichtung des Testaments. ein Protokoll aufgenommen werden. Auf die Zeugen finden die Vorschriften der §§.2100, 2101 und des §.2103 Nr. 1 bis 3, auf das Protokoll finden die Vorschriften der §§.2106 bis 2108 und des §.2111 Anwendung. Unter Zuziehung eines Dolmetichers kann ein Testament in dieser Form nicht er: richtet werden.
§.2115. Wer sich während einer Seereise an Bord eines deutschen, nicht zur Kaiserlichen Marine gehörenden Fahrzeugs außerhalb eines inländischen Hafens befindet, kann ein Testament in den durch den §.2114 Abs. 1 Nr. 2, 3, Abs. 2 bestimmten Formen errichten.
§.2116. Ein in den Formen der §§.2113 bis 2115 errichtetes Testament gilt als nicht errichtet, wenn seit der Errichtung drei Monate verstrichen sind und der Erblasser noch lebt.
Beginn und Lauf der Frist find gehemmt, solange der Erblasser außer Stande ist, ein Testament in ordentlicher Form zu errichten.
Tritt im Falle des §.2115 der Erblasser vor dem Ablaufe der Frist eine neue Seereise an, so wird die Frist dergestalt unterbrochen, daß nach der Beendigung der neuen Reise die volle Frist von neuem zu laufen beginnt.
Wird der Erblasser nach dem Ablaufe der Frist für todt erklärt, so behält das Testament seine Kraft, wenn die Frist zu der Zeit, zu welcher der Erblasser der letzten Nachricht zufolge noch gelebt hat, noch nicht verstrichen war.
§.2117. Ein Gesandter oder Berufskonsul des Reichs kann im Ausland ein Testament in der Weise errichten, daß er die Erklärung seines letzten Willens offen oder verschlossen dem Reichskanzler mit einem Annahmegesuch übersendet. Das Gleiche gilt für Personen, die zu einer Gesandtschaft oder einem Konsulate des Reichs gehören und im Reichsdienste stehen.
Die Erklärung des leßten Willens und das Annahmegesuch müssen unter Angabe des Ortes und Tages der Abfassung von dem Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein. Mit der Absendung ist das Testament errichtet.
Der Reichskanzler kann das Testament an eine zur Verwahrung von Testamenten zuständige Stelle abgeben.
§.2118. Ein in der Form des §.2117 errichtetes Testament gilt als nicht errichtet, wenn seit der Zeit, zu welcher der Erblasser in Folge seiner Zurüdberufung in das Inland zurückgekehrt ist, ein Jahr verstrichen ist und der Erblasser noch lebt. Geht der Erblasser vor dem Ablaufe der Frist zum Zwecke der Übernahme eines Amtes oder Dienstes der im §.2117 bezeichneten Art wieder ins Ausland, so wird die Frist dergestalt unterbrochen, daß nach abermaliger Rückkehr die volle Frist von neuem zu laufen beginnt.
Die Vorschriften des §.2116 Abs. 2, 4 finden Anwendung.
§.2119. Der Erblasser kann in einem unter Angabe des Ortes und Tages der Ausstellung eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testamente Vermächtnisse anordnen, sofern diese nicht im Gesammtbetrage den zwanzigsten Theil des Nachlasses übersteigen. Der Werth des Nachlasses und der Vermächtnisse wird nach den §§.2177, 2178 berechnet.
Uebersteigen die Vermächtnisse diese Grenze, so werden sie entsprechend gekürzt; die Kürzung erfolgt, sofern nicht der Erblasser ein Anderes bestimmt hat, nach dem Verhältnisse des Werthes. Wer mit einem bestimmten Gegenstande bedacht ist, kann Leistung des Gegenstandes gegen Vergütung des Werthes verlangen, um welchen das Vermächtniß gekürzt ist.
Fält eines der Vermächtnisfe weg, so kommt der frei werdende Betrag den übrigen zu Statten.
§.2120. Der Erblasser kann in der durch §.2119 Abs. 1 bestimmten Form auch Anordnungen über sein Begräbniß sowie diejenigen familienrechtlichen Anordnungen treffen, welche nach den §§.1268, 1489, 1530, 1531, 1542, 1576 1577, 1658, 1663, 1677, 1683, 1730, 1761, 1786, 1792, 1793 durch Verfügung von Todeswegen erfolgen können. Das Gleiche gilt von der Ernennung eines Testamentsvollstreckers.
§.2121. Ein Testament sowie eine einzelne in einem Testament enthaltene Verfügung kann von dem Erblasser jederzeit widerrufen werden.
Der Widerruf erfolgt durch Testament. Verfügungen der in den §§.2119, 2120 bezeichneten Art können, wenn sie in der dort bestimmten Form getroffen worden sind, in der gleichen Form widerrufen werden.
§.2122. Ein Testament kann auch dadurch widerrufen werden, daß der Erblasser in der Absicht, es aufzuheben, die Testamentsurkunde vernichtet oder an ihr Veränderungen vornimmt, durch die der Wille, eine schriftliche Willenserklärung aufzuheben, ausgedrückt zu werden pflegt.
Hat der Erblasser die Testamentsurkunde vernichtet oder in der bezeichneten Weise verändert, so wird vermuthet, daß er die Aufhebung des Testaments beabsichtigt habe.
§.2123. Der Erblasser kann die Herausgabe des in amtliche Verwahrung genommenen Testaments verlangen. Die Herausgabe darf nur an den Erblasser persönlich erfolgen. Mit der Empfangnahme der Urkunde durch den Erblasser gilt das Testament als widerrufen.
§.2124. Wird der durch Testament erfolgte Widerruf einer legtwilligen Verfügung widerrufen, so ist die Verfügung wirksam, wie wenn sie nicht widerrufen worden wäre.
§.2125. Durch die Errichtung eines Testaments wird ein früheres Testament insoweit aufgehoben, als das spätere Testament mit dem früheren in Widerspruch steht.
Wird das spätere Testament widerrufen, so ist das frühere Testament in gleicher Weise wirksam, wie wenn es nicht aufgehoben worden wäre.
§.2126. Wer ein Teftament, das nicht in amtliche Verwahrung gebracht ist, im Besitze hat, ist verpflichtet, es unverzüglich, nachdem er von dem Tode des Erblassers Kenntnitz erlangt hat, an das Nachlaßgericht abzuliefern.
Befindet sich ein Testament bei einer anderen Behörde als einem Gericht oder bei einem Notar in amtlicher Verwahrung, so ist es nach dem Tode des Erblasfers an das Nachlaßgericht abzuliefern. Das Nachlaßgericht hat, wenn es von einem solchen Testamente Kenntniß erlangt, die Ablieferung zu veranlassen.
§.2127. Das Nachlaßgericht hat, sobald es von dem Tode des Erblassers Kenntnitz erlangt, zur Eröffnung eines in seiner Verwahrung befindlichen Testaments einen Termin zu bestimmen. Zu dem Termine sollen die gesetzlichen Erben des Erblassers und die sonstigen Betheiligten soweit thunlich geladen werden.
In dem Termin ist das Testament zu öffnen, den Betheiligten zu verkünden und ihnen auf Verlangen vorzulegen. Die Verkündung kann im Falle der Vorlegung unter: bleiben.
Ueber die Eröffnung ist ein Protokoll aufzunehmen. War das Testament verschlossen, so ist in dem Protokolle festzustellen, ob der Verschluß unversehrt war.
§.2128. Hat ein anderes Gericht als das Nachlaßgericht das Testament in amtlicher Verwahrung, so liegt dem anderen . Gerichte die Eröffnung des Testaments ob. Das Testament ist nebst einer beglaubigten Abschrift des über die Eröffnung aufgenommenen Protokolls dem Nachlaßgerichte zu übersenden; eine beglaubigte Abschrift des Testaments ist zurückzubehalten.
§.2129. Das Nachlaßgericht hat die Betheiligten, welche bei der Eröffnung des Testaments nicht zugegen gewesen sind, von dem sie betreffenden Inhalte des Testaments in Kenntnitz zu setzen.
§.2130. Eine Anordnung des Erblassers, durch die er verbietet, das Testament alsbald nach seinem Tode zu eröffnen, ist nichtig.
§.2131. Wer ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, ist berechtigt, von einem eröffneten Testament Einsicht zu nehmen, auch eine beglaubigte Abschrift des Testaments oder einzelner Theile zu verlangen.
Achter Titel. Gemeinschaftliches Testamenf.
§.2132. Ein gemeinschaftliches Testament kann nur von Ehegatten errichtet werden.
§.2133. Ein gemeinschaftliches Testament kann nach §.2113 auch dann errichtet werden, wenn die Vorausseßung des §.2113 nur auf Seiten eines der Ehegatten vorliegt.
§.2134. Zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments nach §.2114 Abs. 1 Nr. 2, §.2119 oder §.2120 genügt es, wenn einer der Ehegatten das Testament in der dort vorgeschriebenen Form errichtet und der andere Ehegatte die Erklärung beifügt, daß das Testament auch als sein Testament gelten soll. Die Erklärung muß unter Angabe des Ortes und Tages der Ausstellung eigenhändig geschrieben und unterschrieben werden.
§.2135. Ein gemeinschaftliches Testament ist in den Fällen des §.1950 seinem ganzen Inhalte nach unwirksam.
Wird die Ehe vor dem Tode eines der Ehegatten aufgelöst oder liegen die Voraussetzungen des §.1950 Abs. 1 Sag 2 vor, so bleiben die Verfügungen insoweit wirksam, als anzunehmen ist, daß sie auch für diesen Fall getroffen sein würden.
§.2136. Haben die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testamente, durch das sie sich gegenseitig als Erben einsegen, bestimmt, daß nach dem Tode des Ueberlebenden der beiderfeitige Nachlaß an einen Dritten fallen soll, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Dritte für den gesammten Nachlaß als Erbe des zulegt versterbenden Ehegatten eingeseßt ist.
Haben die Ehegatten in einem solchen Testament ein Vermächtniß angeordnet, das nach dem Tode des Ueberlebenden erfüllt werden soll, so ist im Zweifel anzunehmen, daß das Vermächtniß dem Bedachten erst mit dem Tode des Ueberlebenden anfallen soll.
§.2137. Haben die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testamente Verfügungen getroffen, von denen anzunehmen ist, daß die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde, so hat die Nichtigkeit oder der Widerruf der einen Verfügung die Unwirksamkeit der anderen zur Folge.
Ein solches Verhältniß der Verfügungen zu einander ist im Zweifel anzunehmen, wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fali des Ueberlebens des Bedachten eine Verfügung zu Gunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht.
§.2138. Der Widerruf einer Verfügung, die mit einer Verfügung des anderen Ehegatten in dem im §.2137 bezeichneten Verhältniffe steht, erfolgt bei Lebzeiten der Ehegatten nach den für den Rüdtritt von einem Erbvertrage geltenden Vorschriften des §.2162. Durch eine neue Verfügung von Todeswegen kann ein Ehegatte bei Lebzeiten des anderen seine Verfügung nicht einseitig aufheben.
Das Recht zum Widerruf erlischt mit dem Tode des anderen Ehegatten; der Ueberlebende kann jedoch seine Verfügung aufheben, wenn er das ihm Zugewendete ausschlägt. Auch nach Annahme der Zuwendung ist der Ueberlebende zur Aufhebung nach Maßgabe des §.2160 und des §.2201 berechtigt.
§.2139. Ein gemeinschaftliches Testament kann nach §.2123 nur von beiden Ehegatten zurückgenommen werden.
§.2140. Bei der Eröffnung eines gemeinschaftlichen Testaments find die Verfügungen des überlebenden Ehegatten, soweit sie sich fondern lassen, weder zu verkünden noch sonst zur Kenntniß der Betheiligten zu bringen. Von den Verfügungen des verstorbenen Ehegatten ist eine beglaubigte Abschrift anzufertigen. Das Testament ist wieder zu verschließen und in die besondere amtliche Verwahrung zurückzubringen.
Bierter Abschnitt. Erbvertrag.
§.2141. Der Erblasser kann einen Erbvertrag nur persönlich schließen.
§.2142. Einen Erbvertrag kann als Erblasser nur schließen, wer unbeschränkt geschäftsfähig ist.
Ein Ehegatte kann als Erblasser mit seinem Ehegatten einen Erbvertrag schließen, auch wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Erbedarf in diesem Falle der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters; steht die gesebliche Vertretung einem Vormunde zu, so ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich.
Die Vorschriften des Abs. 2 gelten auch für Verlobte.
§.2143. Ein Erbvertrag kann nur vor einem Richter oder vor einem Notar bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Theile geschlossen werden. Die Vorschriften des §.2099 Abs. 2 und der §. 2100 bis 2111 finden mit der Maßgabe Anwendung, daß das, was für den Erblasser gilt, auf jeden der Vertragschließenden zu beziehen ist.
Für einen Erbvertrag zwischen Ehegatten oder zwischen Verlobten, der mit einem Ehevertrag in derselben Urkunde verbunden ist, genügt die für den Ehevertrag vorgeschriebene Form.
§.2144. Die über einen Erbvertrag aufgenommene Urkunde soll nach Maßgabe des §.2112 verschlossen, mit einer Aufschrift versehen und in besondere amtliche Verwahrung gebracht werden, sofern nicht die Parteien das Gegentheil verlangen. Das Gegentheil gilt im Zweifel als verlangt, wenn der Erbvertrag mit einem anderen Vertrag in derselben Urkunde verbunden ist.
Ueber einen in besondere amtliche Verwahrung genommenen Erbvertrag soll jedem der Vertragschließenden ein Hinterlegungsschein ertheilt werden.
§.2145. In einem Erbpertrage kann jeder der Vertragschließenden vertragsmäßige Verfügungen von Todeswegen treffen.
Andere Verfügungen als Erbeinfeßungen, Vermächtnisse und Auflagen können vertragsmäßig nicht getroffen werden.
§.2146. Auf vertragsmäßige Zuwendungen und Auflagen finden die für letztwillige Zuwendungen und Auflagen geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
Die Vorschriften des §.1950 gelten für einen Erbvertrag zwischen Ehegatten oder Verlobten auch insoweit, als ein Dritter bedacht ist.
§.2147. Haben Ehegatten in einem Erbvertrage, durch den sie sich gegenseitig als Erben einseßen, bestimmt, daß nach dem Tode des Ueberlebenden der beiderseitige Nachlaß an einen Dritten fallen soll, oder ein Vermächtniß angeordnet, das nach dem Tode des Ueberlebenden zu erfüllen ist, so finden die Vorschriften des §.2136 entsprechende Anwendung.
§.2148. Der Erbvertrag kann auf Grund der §§.1951, 1952 auch von dem Erblasser angefochten werden; zur Anfechtung auf Grund des §.1952 ist erforderlich, daß der Pflichtheilsberechtigte zur Zeit der Anfechtung vorhanden ist.
Die Anfechtungserklärung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung.
Soll nach dem Tode des anderen Vertragschließenden eine zu Gunsten eines Dritten getroffene Verfügung angefochten werden, so ist die Anfechtung dem Nachlaßgerichte gegenüber zu erklären. Das Nachlaßgericht soll die Erklärung dem Dritten mittheilen.
§.2149. Die Anfechtung des Erbvertrags kann nicht durch einen Vertreter des Erblassers erfolgen. Ist der Erblasser in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zur Anfechtung nicht der Zustimmung seines geseßlichen Vertreters.
Für einen geschäftsunfähigen Erblasser kann sein geseka licher Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts den Erbvertrag anfechten.
Die Bestätigung eines anfechtbaren Erbvertrags kann nur durch den Erblasser persönlich erfolgen. Ist der Erblasser in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist die Bestätigung ausgeschlossen.
§.2150. Die Anfechtung muß binnen Jahresfrist erfolgen.
Die Frist beginnt im Falle der Anfechtbarkeit wegen Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufgehört hat, in den übrigen Fällen mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erblasser von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt hat. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§.169, 171 entsprechende Anwendung.
Hat im Falle des §.2149 Abs. 2 der gesetzliche Vertreter den Erbvertrag nicht rechtzeitig angefochten, so kann nach dem Wegfalle der Geschäftsunfähigkeit der Erblasser felbst den Erbvertrag in gleicher Weise anfechten, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre.
§.2151. Die im §.1953 bezeichneten Personen können den Erbvertrag auf Grund der §§.1951, 1952 nicht mehr anfechten, wenn das Anfechtungsrecht des Erblassers zur Zeit des Erbfalls erloschen ist.
§.2152. Durch den Erbvertrag wird das Recht des Erblassers, über sein Vermögen durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden zu verfügen, nicht beschränkt.
§.2153. Hat der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, so kann der Vertragserbe, nachdem ihm die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Ist der Vertragserbe auf einen Theil der Erbschaft eingeseßt, so beschränkt sich der Anspruch auf einen entsprechenden Theil des Geschenkes.
Der Anspruch verjährt in drei Jahren von dem Anfalle der Erbschaft an.
§.2154. Hat der Erblasser den Gegenstand eines vertragsmäßig angeordneten Vermächtnisses in der Absicht, den Bedachten zu beeinträchtigen, zerstört, bei Seite geschafft oder beschädigt, so tritt, soweit der Erbe dadurch außer Stand geseßt ist, die Leistung zu bewirken, an die Stelle des Gegenstandes. der Werth.
Hat der Erblasfer den Gegenstand in der Absicht, den Bedachten zu beeinträchtigen, veräußert oder belastet, so ist der Erbe verpflichtet, dem Bedachten den Gegenstand zu verschaffen oder die Belastung zu beseitigen; auf diese Verpflichtung finden die Vorschriften des §.2041 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Ist die Veräußerung oder die Bes lastung schenkweise erfolgt, so steht dem Bedachten, soweit er nicht von dem Erben Ersatz erlangen kann, der im §.2153 bestimmte Anspruch gegen den Beschenkten zu.
§.2155. Durch den Erbvertrag wird eine frühere letztwillige Verfügung des Erblassers aufgehoben, soweit sie das Recht des vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigen würde. In dem gleichen Umfang ist eine spätere Verfügung von Todeswegen unwirksam, unbeschadet der Vorschrift des §.2163.
§.2156. Ein Erbvertrag sowie eine einzelne vertragsmäßige Verfügung kann durch Vertrag von den Personen aufgehoben werden, welche den Erbvertrag geschlossen haben. Nach dem Tode einer dieser Personen kann die Aufhebung nicht mehr erfolgen.
Der Vertrag bedarf der im §.2143 für den Erbvertrag vorgeschriebenen Form.
Der Erblasser kann den Vertrag nur persönlich schließen. Ist er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Steht der andere Theil unter Vormundschaft, so ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. Das Gleiche gilt, wenn er unter elterlicher Gewalt steht, es sei denn, daß der Vertrag zwischen Ehegatten oder zwischen Verlobten geschlossen wird.
§.2157. Eine vertragsmäßige Verfügung, durch die ein Vermächtniß oder eine Auflage angeordnet ist, kann von dem Erblasser durch Testament aufgehoben werden. Zur Wirksamkeit der Aufhebung ist die Zustimmung des anderen Vertragschließenden erforderlich. Die Zustimmungserklärung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung; die Zustimmung ist unwiderruflich.
§.2158. Ein zwischen Ehegatten geschlossener Erbvertrag kann auch durch ein gemeinschaftliches Testament der Ehegatten aufgehoben werden. Die Vorschriften des §.2156 Abs. 4 gelten auch für diese Aufhebung.
§.2159. Der Erblasser kann von dem Erbvertrage zurücktreten, wenn er sich den Rücktritt im Vertrage vorbehalten hat.
§.2160. Der Erblasser kann von einer vertragsmäßigen Verfügung zurüdtreten, wenn sich der Bedachte einer Verfehlung schuldig macht, die den Erblasser zur Entziehung des Pflichttheils berechtigt oder, falls der Bedachte nicht zu den Pflichttheilsberechtigten gehört, zu der Entziehung berechtigen würde, wenn der Bedachte ein Abkömmling des Erblassers wäre.
Ist der Bedachte ein Abkömmling des Erblassers, so kann der Erblasser auch dann zurücktreten, wenn die Voraussetzungen des §.2203 vorliegen.
§.2161. Der Erblasser kann von einer vertragsmäßigen Verfügung zurücktreten, wenn die Verfügung mit Rücksicht auf eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Bedachten, dem Erblasser für dessen Lebenszeit wiederkehrende Leistungen zu entrichten, insbesondere Unterhalt zu gewähren, getroffen ist und die Verpflichtung vor dem Tode des Erblassers aufgehoben wird.
§.2162. Der Rücktritt erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Vertragschließenden. Die Erklärung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung.
Der Rücktritt kann nicht durch einen Vertreter erfolgen. Ist der Erblasser in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Der Rücftritt ist unwiderruflich.
§.2163. Soweit der Erblasser zum Rücktritte berechtigt ist, kann er nach dem Tode des anderen Vertragschließenden die dertragsmäßige Verfügung durch Testament aufheben. In den Fällen des §.2160 finden die Vorschriften des §.2201 Abs. 2 bis 4 entsprechende Anwendung.
§.2164. Sind in einem Erbvertrage von beiden Theilen vertragsmäßige Verfügungen getroffen, so hat die Nichtigkeit einer dieser Verfügungen die Unwirksamkeit des ganzen Vertrags zur Folge.
Ist in einem solchen Vertrage der Rüdftritt vorbehalten, so wird durch den Rücktritt eines der Vertragschließenden der ganze Vertrag aufgehoben. Das Rüdtrittsrecht erlischt mit dem Tode des anderen Vertragschließenden. Der Ueberlebende kann jedoch, wenn er das ihm durch den Vertrag Zugewendete ausschlägt, seine Verfügung durch Testament aufheben.
Die Vorschriften des Abs. 1 und des Abs. 2 Satz 1, 2 finden keine Anwendung, wenn ein anderer Wille der Vertragschließenden anzunehmen ist.
§.2165. Jeder der Vertragschließenden kann in dem Erbvertrage neben vertragsmäßigen Verfügungen einseitig jede Verfügung treffen, die durch Testament getroffen werden kann.
Für eine Verfügung dieser Art gilt das Gleiche, wie wenn sie durch Testament getroffen worden wäre. Die Verfügung kann auch in einem Vertrag aufgehoben werden, durch den eine vertragsmäßige Verfügung aufgehoben wird. Wird der Erbvertrag durch Ausübung des Rüdtrittsrechts oder durch Vertrag aufgehoben, so tritt die Verfügung außer Kraft, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist.
§.2166. Die für die Eröffnung eines Testaments geltenden Vorchriften der §§.2126 bis 2130, 2140 finden auf den Erbvertrag entsprechende-Anwendung, die Vorschriften des §.2140 Saz 2, 3 jedoch nur dann, wenn der Erbvertrag sich in besonderer amtlicher Verwahrung befindet.
§.2167. Auf ein Schenkungsversprechen, welches unter der Bedingung ertheilt wird, daß der Beschenkte den Schenker überlebt, finden die Vorschriften über Verfügungen von Todeswegen Anwendung. Das Gleiche gilt für ein schenkweise unter dieser Bedingung ertheiltes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntniß der in den §§.719, 720 bezeichneten Art.
Hat der Schenker die Schenkung durch Leistung des zugewendeten Gegenstandes vollzogen, so finden die Vorschriften über Schenkungen unter Lebenden Anwendung.
§.2168. Ein Vertrag, durch den sich Jemand verpflichtet, eine Verfügung von Todeswegen zu errichten oder nicht zu errichten, aufzuheben oder nicht aufzuheben, ist nichtig.
Fünfter Abschnitt. Pflichttheil.
§.2169. Ist ein Abkömmling des Erblassers durch Verfügung von Todeswegen von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von dem Erben den Pflichttheil verlangen. Der Pflichttheil besteht in der Hälfte des Werthes des geseßlichen Erbtheils.
Das gleiche Recht steht den Eltern uud dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie durch Verfügung von Todega wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind.
§.2170. Die Zuwendung des Pflichttheils ist im Zweifel nicht als Erbeinseßung anzusehen.
§.2171. Ist einem Pflichttheilsberechtigten ein Erbtheil hinterlassen, der geringer ist als die Hälfte des geseklichen Erbtheils, so kann der Pflichttheilsberechtigte von den Miterben als Pflichttheil den Werth des an der Hälfte fehlenden Theiles verlangen.
§.2172. Ist ein als Erbe berufener Pflichttheilsberechtigter durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreders oder eine Theilungsanordnung beschränkt oder ist er mit einem Vermächtniß oder einer Auflage beschwert, so gilt die Beschränkung oder die Beschwerung als nicht angeordnet, wenn der ihm hinterlassene Erbtheil die Hälfte des geseblichen Erbtheils nicht übersteigt. Ist der hinterlassene Erbtheil größer, so kann der Pflichttheilsberechtigte den Pflichttheil verlangen, wenn er den Erbtheil ausschlägt; die Ausschlagungsfrist beginnt erst, wenn der Pflichttheilsberechtigte von der Beschränkung oder der Beschwerung Kenntniß erlangt.
Einer Beschränkung der Erbeinseßung steht es gleich, wenn der Pflichttheilsberechtigte als Nacherbe eingeseßt ist.
§.2173. Ist ein Pflichttheilsberechtigter mit einem Vermächtnisse bedacht, so kann er den Pflichttheil verlangen, wenn er das Vermächtniß ausschlägt. Schlägt er nicht aus, so steht ihm ein Recht auf den Pflichttheil nicht zu, soweit der Werth des Vermächtnisjes reicht; bei der Berechnung des Werthes bleiben Beschränkungen und Beschwerungen der im 9. 2172 bezeichneten Art außer Betracht.
Der mit dem Vermächtnisse beschwerte Erbe kann den Pflichttheilsberechtigten unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung über die Annahme des Vermächtnisses auffordern. Erfolgt die Erklärung nicht vor dem Ablaufe der Frist, so gilt das Vermächtniß als ausgeschlagen.
§.2174. Hat ein Pflichttheilsberechtigter, der als Erbe oder als Vermächtnißnehmer in der im §.2172 bezeichneten Art beschränkt oder beschwert ist, die Erbschaft oder das Vermächtniß ausgeschlagen, so kann er die Ausschlagung anfechten, wenn die Beschränkung oder die Beschwerung zur Zeit der Ausschlagung weggefallen und der Wegfal ihm nicht bekannt war.
Auf die Anfechtung der Ausschlagung eines Vermächtnisfes finden die für die Anfechtung der Ausschlagung einer Erbschaft geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
§.2175. Entferntere Abkömmlinge und die Eltern des Erblassers find insoweit nicht pflichttheilsberechtigt, als ein Abkömmling, der sie im Falle der geseßlichen Erbfolge ausschließen würde, den Pflichttheil verlangen kann oder das ihm Hinterlassene annimmt.
§.2176. Bei der Feststellung des für die Berechnung des Pflichttheils maßgebenden Erbtheils werden diejenigen mitgezählt, welche durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen sind oder die Erbschaft ausgeschlagen haben oder für erbunwürdig erklärt sind. Wer durch Erbverzicht von der geseßlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, wird nicht mitgezählt.
§.2177. Der Pflichttheil bestimmt sich nach dem Bestand und dem Werthe des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls. Bei der Bestimmung des Pflichttheils der Eltern des Erblassers bleibt der dem überlebenden Ehegatten gebührende Voraus außer Ansat.
Der Werth ist, soweit erforderlich, durch Schäßung zu ermitteln. Eine vom Erblasser getroffene Werthsbestimmung ist nicht maßgebend.
§.2178. Bei der Feststellung des Werthes des Nachlaffes bleiben Rechte und Verbindlichkeiten, die von einer aufschiebenden Bedingung abhängig sind, außer Ansat. Rechte und Verbindlichkeiten, die von einer auflösenden Bedingung abhängig sind, kommen als unbedingte in Ansaß. Tritt die Bedingung ein, so hat eine der veränderten Rechtslage entsprechende Ausgleichung stattzufinden.
Für ungewisse oder unsichere Rechte sowie für zweifelhafte Verbindlichkeiten gilt das Gleiche wie für Rechte und Verbindlichkeiten, die von einer aufschiebenden Bedingung abhängig sind. Der Erbe ist dem Pflichttheilsberechtigten gegenüber verpflichtet, für die Feststellung eines ungewissen und für die Verfolgung eines unsicheren Rechtes zu sorgen, soweit es einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht.
§.2179. Ist der Pflichttheilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu ertheilen. Der Pflichttheilsberechtigte kann verlangen, daß er zur Aufnahme des ihm nach §.699 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlaßgegenstände zugezogen und daß der Werth der Nachlaßgegenstände ermittelt wird. Er kann auch verlangen, daß das Verzeichniß durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
Die Kosten fallen dem Nachlasse zur Last.
§.2180. Der Pflichttheilsberechtigte hat sich auf den Pflichttheil anrechnen zu lassen, was ihm von dem Erblasser durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung, daß es auf den Pflichttheil angerechyet werden soll, zugewendet oder unter der Bedingung, daß er den Erblasser überlebt, geschenkt worden ist. Die Bestimmung, daß eine Zuwendung auf den Erbtheil angerechnet werden soll, gilt im Zweifel auch für die Anrechnung auf den Pflichttheil.
Der Werth der Zuwendung wird bei der Bestimmung des Pflichttheils dem Nachlaffe hinzugerechnet. Der Werth bestimmt sich nach der Zeit, zu welcher die Zuwendung erfolgt ist.
Ist der Pflichttheilsberechtigte ein Abkömmling des Erblassers, so finden die Vorschriften der §.1924 bis 1926 entsprechende Anwendung.
§.2181. Der Pflichttheil eines Abkömmlinges bestimmt sich, wenn mehrere Abkömmlinge vorhanden sind und unter ihnen im Falle der gesetzlichen Erbfolge eine Zuwendung des Erblassers zur Ausgleichung zu bringen sein würde, nach demjenigen, was auf den geseßlichen Erbtheil unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflicht bei der Theilung entfallen würde. Ein Abkömmling, der durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, bleibt bei der Berechnung außer Betracht.
Ist der Pflichttheilsberechtigte Erbe und beträgt der Pflichttheil nach Abs. 1 mehr als der Werth des hinterlaffenen Erbtheils, so kann der Pflichttheilsberechtigte von den Miterben den Mehrbetrag als Pflichttheil verlangen, auch wenn der hinterlassene Erbtheil die Hälfte des geselichen Erbtheils erreicht oder übersteigt.
Eine Zuwendung der im 9. 1923 Abs. 1 bezeichneten Art kann der Erblasser nicht zum Nachtheil eines Pflichttheilsberechtigten von der Berücksichtigung ausschließen.
§.2182. Der Anspruch auf den Pflichttheil entsteht mit dem Erbfalle.
Der Anspruch ist vererblich und übertragbar.
§.2183. Der Erbe kann die Erfüllung eines ihm auferlegten Vermächtnisses insoweit verweigern, daß die Pflichttheildlast von ihm und dem Vermächtnißnehmer verhältnißmäßig getragen wird. Das Gleiche gilt von einer Auflage.
Einem pflichttheilsberechtigten Vermächtnißnehmer gegenüber ist die Kürzung nur insoweit zulässig, daß ihm der Pflichttheil verbleibt.
Ist der Erbe selbst pflichttheilsberechtigt, so kann er wegen der Pflichttheildlast das Vermächtniß und die Auflage insoweit fürzen, daß ihm sein eigener Pflichttheil verbleibt.
§.2184. Ist einer von mehreren Erben selbst pflichttheilsberechtigt, so kann er nach der Theilung die Befriedigung eines anderen Pflichttheilsberechtigten insoweit verweigern, daß ihm der Pflichttheil verbleibt. Für den Ausfall haften die übrigen Erben.
§.2185. Wer an Stelle des Pflichttheilsberechtigten geseßlicher Erbe wird, hat im Verhältnisse zu Miterben die Pflichttheilslast und, wenn der Pflichttheilsberechtigte ein ihm zugewendetes Vermächtniß annimmt, das Vermächtniß in Höhe des erlangten Vortheils zu tragen.
Das Gleiche gilt im Zweifel von demjenigen, welchem der Erblasser den Erbtheil des Pflichttheilsberechtigten durch Verfügung von Todeswegen zugewendet hat.
§.2186. Schlägt der Pflichttheilsberechtigte ein ihm zugewendetes Vermächtniß aus, so hat im Verhältnisse der Erben und der Vermächtnißnehmer zu einander derjenige, welchem die Ausschlagung zu Statten kommt, die Pflichttheilslast in Höhe des erlangten Vortheils zu tragen.
§.2187. Ist eine von dem Pflichttheilsberechtigten ausgeschlagene Erbschaft oder ein von ihm ausgeschlagenes Vermächtniß mit einem Vermächtniß oder einer Auflage beschwert, so kann derjenige, welchem die Ausschlagung zu Statten kommt, das Vermächtniß oder die Auflage insoweit kürzen, daß ihm der zur Dedung der Pflichttheilslast erforderliche Betrag verbleibt.
§.2188. Der Erbe kann die Erfüllung eines Vermächtniffes oder einer Auflage auf Grund des §.2183 Abs. 1 insoweit nicht verweigern, als er die Pflichttheilslast nach den §§.2185 bis 2187 nicht zu tragen hat.
§.2189. Der Erblasser kann durch Verfügung von Todeswegen die Pflichttheilslast im Verhältnisse der Erben zu einander einzelnen Erben auferlegen und von den Vorschriften des 8. 2183 Abs. 1 und der §§.2185 bis 2188 abweichende Anordnungen treffen.
§.2190. Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung aus dem Stamme seines Vermögens gemacht, so kann der Pflichttheilsberechtigte als Ergänzung des Pflichttheils den Betrag verlangen, um welchen sich der Pflichttheil erhöht, wenn der geschenkte Gegenstand dem Nachlasse hinzugerechnet wird. Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werthe, den sie zur Zeit der Schenkung hatte, ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werthe in Anjaş, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte der Gegenstand zur Zeit der Schenkung einen geringeren Werth, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.
Die Schenkung bleibt unberücksichtigt, wenn bei dem Eintritte des Erbfalls fünf Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen find; ist die Schenkung an den Ehegatten des Erblassers erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.
§.2191. Der Pflichttheilsberechtigte kann die Ergänzung des Pflichttheils auch dann verlangen, wenn ihm die Hälfte des geseßlichen Erbtheils hinterlassen ist. Ist dem Pflichttheilsberechtigten mehr als die Hälfte hinterlassen, so ist der Anspruch ausgeschlossen, soweit der Werth deß mehr Hinterlassenen reicht.
§.2192. Hat der Pflichttheilsberechtigte selbst ein Geschenk von dem Erblasser erhalten, so ist das Geschenk in gleicher Weise wie das dem Dritten gemachte Geschenk dem Nachlasse hinzuzurechnen und zugleich dem Pflichttheilsberechtigten auf die Ergänzung anzurechnen. Ein nach §.2180 anzurechnendes Geschenk ist auf den Gesammtbetrag des Pflichttheils und der Ergänzung anzurechnen.
Ist der Pflichttheilsberechtigte ein Abkömmling des Erblassers, so finden die Vorschriften der §§.1924 bis 1926 entsprechende Anwendung.
§.2193. Ist der Erbe selbst pflichttheilsberechtigt, so kann er die Ergänzung des Pflichttheils insoweit verweigern, daß ihm sein eigener Pflichttheil mit Einschluß dessen verbleibt, was ihm zur Ergänzung des Pflichttheils gebühren würde.
§.2194. Soweit der Erbe zur Ergänzung des Pflichttheils nicht verpflichtet ist, kann der Pflichttheilsberechtigte von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrags nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Ist der Pflichttheilsberechtigte der alleinige Erbe, so steht ihm das gleiche Recht zu.
Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des fehlenden Betrags abwenden.
Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.
§.2195. Die Vorschriften der §§.2190 bis 2194 finden keine Anwendung auf Schenkungen, durch die einer fittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
§.2196. Eine Zuwendung, die aus dem Gesammtgute der algemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft erfolgt, gilt als von jedem der Ehegatten zur Hälfte gemacht. Die Zuwendung gilt jedoch wenn sie an einen Abkömmling, der nur von einem der Ehegatten abstammt, oder an eine Person, von der nur einer der Ehegatten abstammt, erfolgt oder wenn einer der Ehegatten wegen der Zuwendung zu dem Gesammtgut Ersatz zu leisten hat, als von diesem Ehegatten gemacht.
Diese Vorschriften finden auf eine Zuwendung aus dem Gesammtgute der fortgeseşten Gütergemeinschaft entsprechende Anwendung.
§.2197. Der Pflichttheilsansprach verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Pflichttheilsberechtigte von dem Eintritte des Erbfalls und von der ihn beeinträchtigenden Verfügung Kenntniß erlangt hat, ohne Rücksicht auf diese Kenntniß in dreißig Jahren von dem Eintritte des Erbfalls an.
Der nach §.2194 dem Pflichttheilsberechtigten gegen den Beschenkten zustehende Anspruch verjährt in drei Jahren von dem Eintritte des Erbfalls an.
Die Verjährung wird nicht dadurch gehemmt, daß die Ansprüche erst nach der Ausschlagung der Erbschaft oder eines Vermächtnisses geltend gemacht werden können.
§.2198. Der Erblasser kann einem Abkömmlinge den Pflichttheil entziehen:
1. wenn der Abkömmling dem Erblasser, dem Ehe gatten oder einem anderen Abkömmlinge des Erb lassers nach dem Leben getrachtet hat;
2. wenn der Abkömmling sich einer vorsäßlichen körper lichen Mißhandlung des Erblassers oder des Ehegatten des Erblassers schuldig gemacht hat, im Falle der Mißhandlung des Ehegatten jedoch nur, wenn der Abkömmling von ihm abstammt;
3. wenn der Abkömmling sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsäglichen Vergehens gegen den Erblasser oder dessen Ehegatten schuldig schuldig gemacht hat;
4. wenn der Abkömmling die ihm dem Erblasser gegenüber geseßlich obliegende Unterhaltspflicht bös willig verletzt hat;
5. wenn der Abkömmling einen ehrlosen oder unsitt lichen Lebenswandel wider den Willen des Erblassers führt.
§.2199. Der Erblasser kann dem Vater den Pflichttheil entziehen, wenn dieser sich einer der im 9. 2198 Nr. 1, 3, 4 bezeichneten Verfehlungen schuldig gemacht hat. Daß gleiche Recht steht dem Erblasser der Mutter gegenüber zu, wenn diese sich einer solchen Verfehlung schuldig gemacht hat.
§.2200. Der Erblasser kann dem Ehegatten den Pflichttheil entziehen, wenn der Ehegatte sich einer Verfehlung schuldig gemacht hat, auf Grund deren der Erblasser nach den §§.1460 bis 1463 Scheidung zu verlangen berechtigt sein würde.
Das Recht zur Entziehung erlischt nicht durch den Ablauf der für die Geltendmachung des Scheidungsgrundes im §.1466 bestimmten Frist.
§.2201. Die Entziehung des Pflichttheils erfolgt durch legtwillige Verfügung.
Der Grund der Entziehung muß zur Zeit der Errichtung bestehen und in der Verfügung angegeben werden.
Der Beweis des Grundes liegt demjenigen ob, welcher die Entziehung geltend macht.
Im Falle des §.2198 Nr. 5 ist die Entziehung unwirksam, wenn der Grund zur Zeit des Erbfalls nicht mehr besteht.
§.2202. Das Recht zur Entziehung des Pflichttheils erlischt durch Verzeihung. Eine Verfügung, durch die der Erblasser die Entziehung angeordnet hat, wird durch die Verzeihung unwirksam.
§.2203. Hat sich ein Abfömmling in folchem Maße der Verschwendung ergeben oder ist er in solchem Maße überschuldet, daß sein späterer Erwerb erheblich gefährdet wird, so kann der Erblasser das Pflichttheilsrecht des Abkömmlinges durch die Anordnung beschränken, daß nach dem Tode des Abkömmlinges dessen gesetzliche Erben das ihm Hinterlaffene oder den ihm gebührenden Pflichttheil als Nacherben oder als Nachvermächtnißnehmer nach dem Verhältniß ihrer gefeßlichen Erbtheile erhalten sollen. Der Erblasser kann auch für die Lebenszeit des Abkömmlinges die Verwaltung einem Testamentsvollstrecker übertragen und diesen von der im Ş. 2086 bestimmten Verpflichtung entbinden; der Abkömmling hat in einem solchen Falle Anspruch auf den jährlichen Reinertrag.
Auf Anordnungen dieser Art finden die Vorschriften des §.2201 Abs. 1 bis 3 entsprechende Anwendung. Die Anordnungen sind unwirksam, wenn der Grund der Einschränkung zur Zeit des Eintritts des Erbfalls nicht mehr besteht.
Sedister Abschnitt. Erbunwürdigkeit.
§.2204. Erbunwürdig ist:
1. wer den Erblasser vorsäßlich und widerrechtlich getödtet oder zu tödten versucht oder in einen Zustand verseßt hat, in Folge dessen der Erblasser bis zu seinem Tode unfähig war, eine Verfügung von Todeswegen zu errichten oder aufzuheben;
2. wer den Erblasser vorsäßlich und widerrechtlich verhindert hat, eine Verfügung von Todeswegen zu er richten oder aufzuheben;
3. wer den Erblasser durch arglistige Täuschung oder durch Drohung widerrechtlich bestimmt hat, eine Verfügung von Todeswegen zu errichten oder aufs zuheben;
4. wer sich in Ansehung einer Verfügung des Erb lassers von Todeswegen einer nach den Vorschriften der §§.267 bis 274 des Strafgesetzbuchs strafbaren Handlung schuldig gemacht hat. Die Erbunwürdigkeit tritt in den Fällen der Nr. 3, 4 nicht ein, wenn der Erblasser die Verfügung, zu deren Errichtung er bestimmt oder in Ansehung deren die strafbare Handlung begangen worden ist, aufgehoben hat, oder wenn die Verfügung, zu deren Aufhebung er bestimmt worden ist, durch eine später errichtete Verfügung unwirksam geworden sein würde.
§.2205. Die Erbunwürdigkeit wird durch Anfechtung des Erbschaftserwerbes geltend gemacht.
Die Anfechtung ist erst nach dem Anfalle der Erbschaft zulässig. Einem Nacherben gegenüber kann die Anfechtung erfolgen, sobald die Erbschaft dem Vorerben angefallen ist.
Die Anfechtung muß innerhalb der im 9. 1955 bestimmten Frist erfolgen.
§.2206. Anfechtungsberechtigt ist Jeder, dem der Wegfall des Erbunwürdigen, sei es auch nur bei dem Wegfall eines Anderen, zu Statten kommt.
§.2207. Die Anfechtung erfolgt durch Erhebung der Anfechtungsklage. Die Klage ist darauf zu richten, daß der Erbe für erbunwürdig erklärt wird.
Die Wirkung der Anfechtung tritt erst mit der Rechtskraft des Urtheils ein.
§.2208. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Erblasser dem Erbunwürdigen verziehen hat.
§.2209. Ist ein Erbe für erbunwürdig erklärt, so gilt der Anfall an ihn als nicht erfolgt.
Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Erbunwürdige zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit dem Eintritte des Erbfalls erfolgt.
§.2210. Hat sich ein Vermächtnißnehmer einer der im §.2204 bezeichneten Verfehlungen schuldig gemacht, so ist der Anspruch aus dem Vermächtniß anfechtbar. Die Vorschriften der §§.1955, 1956, 2206, 2208 finden Anwendung.
Das Gleiche gilt für einen Pflichttheilsanspruch, wenn der Pflichttheilsberechtigte sich einer solchen Verfehlung schuldig gemacht hat.
Siebenter Abschnitt. Erbverzicht.
§.2211. Verwandte sowie der Ehegatte des Erblassers können durch Vertrag mit dem Erblasser auf ihr geseßliches Erbrecht verzichten. Der Verzichtende ist von der geseßlichen Erbfolge ausgeschlossen, wie wenn er zur Zeit des Erbfalls nicht mehr letzte; er hat kein Pflichttheilsrecht.
Der Verzicht kann auf das Pflichttheilsrecht beschränkt werden.
§.2212. Zu dem Erbverzicht ist, wenn einer der Vertragschließenden unter Vormundschaft steht, die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich; steht er unter elterlicher Gewalt, so gilt das Gleiche, es sei denn, daß der Vertrag unter Ehegatten oder unter Verlobten geschlossen wird.
§.2213. Der Erbverzichtsvertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung.
§.2214. Verzichtet ein Abkömmling oder ein Seitenverwandter des Erblassers auf das gesetzliche Erbrecht, so erstreckt sich die Wirkung des Verzichts auf seine Abkömmlinge, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist.
§.2215. Verzichtet Jemand zu Gunsten eines Anderen auf das geseßliche Erbrecht, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der. Verzicht nur für den Fall gelten soll, daß der Andere Erbe wird.
Verzichtet ein Abkömmling des Erblassers auf das gefeßliche Erbrecht, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Verzicht nur zu Gunsten der anderen Abkömmlinge und des Chegatten des Erblasfers gelten soll.
§.2216. Auf einen Vertrag, durch den ein Erbverzicht aufgehoben wird, findet die Vorschrift des §.2213 und in Anfehung des Erblassers auch die Vorschrift des §.2212 Anwendung.
§.2217. Wer durch Testament als Erbe eingeseßt oder mit einem Vermächtnisse bedacht ist, kann durch Vertrag mit dem Erblasser auf die Zuwendung verzichten. Das Gleiche gilt für eine Zuwendung, die in einem Erbvertrag einem Dritten gemacht ist. Die Vorschriften der §§.2212, 2213 finden Anwendung.
Adter Abschnitt. Erbschein.
§.2218. Das Nachlaßgericht hat dem Erben auf Antrag ein Zeugniß über sein Erbrecht und, wenn er nur zu einem Theile der Erbschaft berufen ist, über die Größe des Erbtheils zu ertheilen (Erbschein).
§.2219. Wer die Ertheilung des Erbscheins als geseßlicher Erbe beantragt, hat anzugeben:
1. die Zeit des Todes des Erblassers;
2. das Verhältniß, auf welchem sein Erbrecht beruht;
3. ob und welche Personen vorhanden sind oder vors handen waren, durch die er von der Erbfolge ausgeschlossen oder sein Erbtheil gemindert werden würde;
4. ob und welche Verfügungen des Erblassers von Todeswegen vorhanden sind;
5. daß ein Rechtsstreit über sein Erbrecht nicht ans hängig ist. Ist eine Person weggefallen, durch die der Antragsteller von der Erbfolge ausgeschlossen oder sein Erbtheil gemindert werden würde, so hat der Antragsteller anzugeben, in welcher Weise die Person weggefallen ist.
§.2220. Wer die Ertheilung des Erbscheins auf Grund einer Verfügung von Todeswegen beantragt, hat die Verfügung, auf welcher sein Erbrecht beruht, zu bezeichnen, anzugeben, welche sonstigen Verfügungen des Erblassers von Todeswegen vorhanden sind, und die im §.2219 Abs. 1 Nr. 1, 5, Abs. 2 vorgeschriebenen Angaben zu machen.
§.2221. Der Antragsteller hat die Richtigkeit der in Gemäßheit des §.2219 Abs. 1 Nr. 1, 2, Abs. 2 gemachten Angaben durch öffentliche Urkunden nachzuweisen und im Falle des §.2220 die Urkunde vorzulegen, auf welcher sein Erbrecht beruht. Sind die Urkunden nicht oder nur mit unverhältnißmäßigen Schwierigkeiten zu beschaffen, so genügt die Angabe anderer Beweismittel.
In Ansehung der übrigen nach den §§.2219, 2220 erforderlichen Angaben hat der Antragsteller vor Gericht oder vor einem Notar an Eidesstatt zu versichern, daß ihm nichts bekannt sei, was der Richtigkeit seiner Angaben entgegensteht. Das Nachlaßgericht kann die Versicherung erlassen, wenn sie für nicht erforderlich erachtet wird.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung, soweit die Thatsachen bei dem Nachlaßgericht offenkundig sind.
§.2222. Sind mehrere Erben vorhanden, so ist auf Antrag ein gemeinschaftlicher Erbschein zu ertheilen. Der Antrag kann von jedem der Erben gestellt werden.
In dem Antrage sind die Erben und ihre Erbtheile anzugeben.
Wird der Antrag nicht von allen Erben gestellt, so hat er auch die Angabe zu enthalten, daß die übrigen Erben die Erbschaft angenommen haben. Die Vorschriften des §.2221 gelten auch für die sich auf die übrigen Erben beziehenden Angaben des Antragstellers.
Die Versicherung an Eidesstatt ist von allen Erben abzugeben, sofern nicht das Nachlaßgericht die Versicherung eines oder einiger von ihnen für ausreichend erachtet.
§.2223. Das Nachlaßgericht hat unter Benußung der von dem Antragsteller angegebenen Beweismittel von Amtswegen die zur Feststellung der Thatsachen erforderlichen Ermittelungen zu veranstalten und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen.
Das Nachlaßgericht kann eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der anderen Personen zustehenden Erbrechte erlassen; die Art der Bekanntmachung und die Dauer der Anmeldungsfrist bestimmen sich nach den für das Aufgebotsverfahren geltenden Vorschriften.
§.2224. Der Erbschein ist nur zu ertheilen, wenn das Nachlaßgericht die zur Begründung des Antrags erforderlichen Thatsachen für festgestellt erachtet.
§.2225. Ist ein Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig, so soll vor der Ertheilung des Erbscheins der Gegner des Antragstellers gehört werden.
Ist die Verfügung, auf welcher das Erbrecht beruht, nicht in einer dem Nachlaßgerichte vorliegenden öffentlichen Urkunde enthalten, so sollen vor der Ertheilung des Erbscheins diejenigen über die Gültigkeit der Verfügung gehört werden, welche im Falle der Unwirksamkeit der Verfügung Erben sein würden.
Die Anhörung ist nicht erforderlich, wenn sie unthunlich ist.
§.2226. Ergiebt sich, daß der ertheilte Erbschein unrichtig ist, so hat ihn das Nachlaßgericht einzuziehen. Mit der Einziehung wird der Erbschein kraftlos. Kann der Erbschein nicht sofort erlangt werden, so hat ihn das Nachlaßgericht durch Beschluß für kraftlos zu erklären. Der Beschluß ist nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung über die öffentliche Zustellung einer Ladung bekanntzumachen. Mit dem Ablauf eines Monats feit der letzten Einrückung des Beschlusses in die öffentlichen Blätter wird die Kraftloserklärung wirksam.
Das Nachlaßgericht kann von Amtswegen über die Richtigkeit eines ertheilten Erbscheins Ermittelungen veranstalten.
§.2227. Der wirkliche Erbe kann von dem Befiger eines unrichtigen Erbscheins die Herausgabe an das Nachlaßgericht verlangen.
Derjenige, welchem ein unrichtiger Erbschein ertheilt ist, hat dem wirklichen Erben über den Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände Auskunft zu ertheilen.
Dem wirklichen Erben soll ein Erbschein erst ertheilt werden, nachdem der unrichtige Erbschein eingezogen oder für fraftlos erklärt worden ist.
§.2228. In dem Erbscheine, der einem Vorerben ertheilt wird, ist anzugeben, daß eine Nacherbfolge angeordnet ist, unter welchen Voraussetzungen sie eintritt und wer der Nacherbe ift. Hat der Erblasser den Nacherben auf dasjenige eingeseßt, was von der Erbschaft bei dem Eintritte der Nacherbfolge übrig sein wird, oder hat er bestimmt, daß der Vorerbe zur freien Verfügung über die Erbschaft berechtigt sein fou, so ist auch dies anzugeben.
Hat der Erblasser einen Testamentsvollstrecker ernannt, fo ist die Ernennung in dem Erbschein anzugeben.
Dem Nacherben und dem Testamentsvollstrecker steht das im §.2227 Abs. 1 bestimmte Recht zu.
§.2229. Es wird vermuthet, daß demjenigen, welcher in dem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, das in dem Erbschein angegebene Erbrecht zustehe und daß er nicht durch andere als die angegebenen Anordnungen beschränkt sei.
§.2230. Erwirbt Jemand von demjenigen, welcher in einem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, durch Rechtsgeschäft oder durch Urtheil einen Erbschaftsgegenstand, ein Recht an einem folchen Gegenstand oder die Befreiung von einem zur Erbsichaft gehörenden Rechte, so gilt zu seinen Gunsten der Inhalt des Erbscheins, soweit die Vermuthung des §.2229 reicht, als richtig, es sei denn, daß er die Unrichtigkeit oder eine Thatsache, aus der sie sich ergiebt, kennt oder weiß, daß das Nachlaßgericht die Rückgabe des Erbscheins wegen Unrichtigkeit verlangt hat.
§.2231. Die Vorschriften des §.2230 finden entsprechende Anwendung, wenn an denjenigen, welcher in einem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, auf Grund eines zur Erbschaft gehörenden Rechtes eine Leistung bewirkt oder wenn zwischen ihm und einem Anderen in Ansehung eines solchen Rechtes ein nicht unter die Vorschrift des §.2230 fallendes Rechtsgeschäft vorgenommen wird, das eine Verfügung über das Recht enthält.
§.2232. Erleidet der Erbe in Folge der Vorschriften der §§.2230, 2231 durch eine unentgeltliche Verfügung einen Rechtsverlust, so kann er von dem Erwerber Herausgabe des Erlangten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern.
§.2233. Einem Testamentsvollstrecker hat das Nachlaßgericht auf Antrag ein Zeugniß über die Ernennung zu' ertheilen. Ist der Testamentsvollstrecker in der Verwaltung des Nachlasses beschränkt oder hat der Erblasser angeordnet, daß der Testamentsvollstrecker in der Eingehung von Verbindlichkeiten nicht beschränkt sein soll, so ist dies in dem Zeugniß anzugeben.
Ist die Ernennung nicht in einer dem Nachlaßgerichte vorliegenden öffentlichen Urkunde enthalten, so sollen vor der Ertheilung des Zeugnisses die Erben soweit thunlich über die Gültigkeit der Ernennung gehört werden.
Die Vorschriften über den Erbschein finden auf das Zeugniß entsprechende Anwendung; mit der Beendigung des Amtes des Testamentsvollstreckers wird das Zeugniß kraftlos.
§.2234. Gehören zu einer Erbschaft, für die es an einem zur Ertheilung des Erbscheins zuständigen deutschen Nachlaßgerichte fehlt, Gegenstände, die sich im Inlande befinden, fo kann die Ertheilung eines Erbscheins für diese Gegenstände verlangt werden.
Ein Gegenstand, für den von einer deutschen Behörde ein zur Eintragung des Berechtigten bestimmtes Buch oder Register geführt wird, gilt als im Inlande befindlich. Ein Anspruch gilt als im Inlande befindlich, wenn für die Klage ein deutsches Gericht zuständig ist.
§.2235. Hat eine für todt erklärte Person den Zeitpunkt überlebt, der als Zeitpunkt ihres Todes gilt, oder ist sie vor diesem Zeitpunkte gestorben, so gilt derjenige, welcher auf Grund der Todeserklärung Erbe sein würde, in Ansehung der in den §§.2230, 2231 bezeichneten Rechtsgeschäfte und Urtheile zu Gunsten des Dritten auch ohne Ertheilung eines Erbscheins als Erbe, es sei denn, daß der Dritte die Unrichtigkeit der Todeserklärung kennt oder weiß, daß die Todeserklärung in Folge einer Anfechtungsklage aufgehoben worden ist.
Ist ein Erbschein ertheilt, so stehen dem für todt Erklärten, wenn er noch am Leben ist, die im §.2227 Abs. 1, 2 bestimmten Rechte zu. Die gleichen Rechte hat eine Person, deren Tod ohne Todeserklärung zu Unrecht angenommen worden ist.
Sechstes Buch. Anwendung ausländischer Geseke.
§.2236. Ein Verschollener kann im Inlande nach Maßgabe der deutschen Gesetze für todt erklärt werden, wenn er bei dem Beginne der Verschollenheit ein Deutscher war.
Gehörte der Verschollene bei dem Beginne der Verschollenheit einem fremden Staate an, so kann er im Inlande nach Maßgabe der deutschen Geseße mit Wirkung für diejenigen Rechtsverhältnisse, welche sich nach den deutschen Geseßen bestimmen, sowie mit Wirkung für das im Inlande befindliche Vermögen für todt erklärt werden; die Vorschriften des §.2234 Abf. 2 finden entsprechende Anwendung.
§.2237. Die juristische Persönlichkeit wird nach den Gefeßen des Ortes beurtheilt, an welchem die juristische Person ihren Siz hat.
Ein Verein, der nach den deutschen Geseßen Rechtsfähigkeit nur durch Eintragung in das Vereinsregister oder durch staatliche Verleihung erlangen kann, ist, wenn er seinen Sitz im Auslande hat, nur dann rechtsfähig, wenn seine Rechtsfähigkeit in einem Bundesstaat anerkannt ist. Die Anerkennung und die Zurücknahme der Anerkennung bestimmen sich nach den Gefeßen dieses Staates.
§.2238. Die Geschäftsfähigkeit einer Person wird nach den Gefeßen des Staates beurtheilt, welchem die Person angehört.
Erwirbt ein Ausländer, der volljährig ist oder die rechtliche Stellung eines Volljährigen hat, die Reichsangehörigkeit, so behält er die rechtliche Stellung eines Volljährigen, auch wenn er nach den deutschen Geseßen nicht volljährig ist.
Nimmt ein Ausländer im Inland ein Rechtsgeschäft vor, in Ansehung dessen er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, so gilt er für dieses Rechtsgeschäft insoweit als geschäftsfähig, als er nach den deutschen Gefeßen geschäftsfähig sein würde. Auf familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte sowie auf Rechtsgeschäfte, durch die über ein ausländisches Grundstück verfügt wird, findet diese Vorschrift keine Anwendung.
§.2239. Ein Ausländer kann im Inlande nach Maßgabe der deutschen Gesetze entmündigt werden, wenn er seinen Wohnfit im Inlande hat.
§.2240. Die Form eines Rechtsgeschäfts bestimmt sich nach den Gefeßen, welche für das den Gegenstand des Rechtsgeschäftsbildende Rechtsverhältniß maßgebend find. ES genügt jedoch, sofern nicht diese Geseße entgegenstehen, die Beobachtung der Geseße des Ortes, an welchem das Rechtsgeschäft vorgenommen wird.
§.2241. Die Rechte an einer Sache sowie der Besit werden nach den Gefeßen des Ortes beurtheilt, an welchem sich die Sache befindet. Der Erwerb und der Verlust eines Rechtes an einer beweglichen Sache sowie des Befites einer solchen Sache werden nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem sich die Sache zur Zeit der Verwirklichung des für den Erwerb oder den Verlust in Betracht kommenden Thatbestandes befunden hat.
Die Vorschrift des §.2240 Sag 2 findet keine Anwendung auf ein Rechtsgeschäft, durch das ein Recht an einer Sache begründet oder über ein solches Recht verfügt wird.
§.2242. Das Schuldverhältnis aus einem Rechtsgeschäft unter Lebenden wird nach den Gefeßen des Ortes beurtheilt, an welchem das Rechtsgeschäft zum Abschlusse gelangt ist.
Ist nach den Umständen des Falles anzunehmen, daß von den Betheiligten die Anwendung der Gesetze eines anderen Ortes vorausgeseßt sein muß, so sind die Geseße dieses Ortes maßgebend.
§.2243. Das Schuldverhältnis aus einer unerlaubten Handlung wird nach den Gefeßen des Ortes beurtheilt, an welchem die unerlaubte Handlung begangen worden ist.
Soweit ein deutsches Gefeß sich auf eine im Auslande begangene unerlaubte Handlung erstreckt, findet das deutsche Geset Anwendung.
§.2244. Ein Schuldverhältnis, das auf einem anderen Grunde als auf einem Rechtsgeschäft unter Lebenden oder einer uns erlaubten Handlung beruht, wird nach den Gefeßen des Drtes beurtheilt, an welchem der für die Entstehung des Schuldverhältnisses in Betracht kommende Thatbestand sich verwirklicht hat, sofern sich nicht nach den deutschen Geseßen ein Anderes ergiebt.
§.2245. Die Eingehung der Ehe wird in Ansehung eines jeden der Verlobten nach den Gefeßen des Staates beurtheilt, welchem der Verlobte angehört. Gestattet das Recht dieses Staates, daß der Verlobte die Ehe nach den Gefeßen seines Wohnsißes oder nach den Gefeßen des Ortes eingeht, an welchem die Ehe geschlossen wird, so genügt für ihn die Beobachtung dieser Geseße.
Die Form einer im Inlande geschlossenen Ehe bestimmt sich ausschließlich nach den deutschen Geseken. Ein Deutscher kann im Auslande die Ehe auch in der am Orte der Eheschließung geltenden Form eingehen.
§.2246. Die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten zu einander werden nach den Gefeßen des Staates beurtheilt, welchem der Mann angehört.
§.2247. Die Auflösung der Ghe wird nach den Gefeßen des Staates beurtheilt, welchem der Mann zur Zeit der Verwirklichung des für die Auflösung in Betracht kommenden Thatbestandes angehört hat.
Für die Ehescheidung und für die beständige oder zeitweilige Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett find die Gefeße des Staates maßgebend, welchem der Mann zur Zeit der Erhebung der Klage auf Scheidung oder auf Trennung angehört.
Eine Thatsache, die sich ereignet hat, während der Mann einem anderen Staate angehörte, kann als Scheidungsgrund oder als Trennungsgrund nur geltend gemacht werden, wenn die Thatsache auch nach den Geseßen dieses Staates ein Scheidungsgrund oder ein Trennungsgrund ist.
Sind nach dem Rechte des Staates, dessen Gesetze nach diesen Vorschriften Anwendung finden würden, die am Wohnfite des Mannes geltenden Gefeße anzuwenden, so find diese Gesetze maßgebend.
§.2248. Ist die Reichsangehörigkeit eines Ehemannes erloschen, die Ehefrau aber Deutsche geblieben, so finden, soweit nach den §§.2246, 2247 die Geseße eines ausländischen Staates anwendbar sein würden, die deutschen Gefeße Anwendung.
§.2249. Auf Scheidung sowie auf beständige oder zeitweilige Trennung von Tisch und Bett kann auf Grund eines aus: ländischen Gesekes im Inlande nur erkannt werden, wenn zugleich nach den deutschen Geseßen die Scheidung zulässig sein würde.
§.2250. Das eheliche Güterrecht wird nach den Geseßen des Staates beurtheilt, welchem der Mann zur Zeit der Eheschließung angehört. Dies gilt auch dann, wenn eine Aenderung der Staatsangehörigkeit eingetreten ist; das Verbot, einen Ehevertrag zu schließen, verliert jedoch seine Kraft, wenn der Vertrag nach den Gefeßen des Staates zulässig ist, in welchem der Mann die Staatsangehörigkeit erwirbt.
Ein Deutscher kann im Ausland einen Ehevertrag auch in der Form schließen, welche den am Drte des Vertragsabschlusses geltenden Gesetzen entspricht.
§.2251. Haben ausländische Ehegatten oder Ehegatten, die nach der Schließung der Ehe die Reichsangehörigkeit erwerben, den Wohnsitz im Inlande, so finden die Vorschriften des §.1334 entsprechende Anwendung; der ausländische gesetzgliche Güterstand steht einem vertragsmäßigen Güterstande gleich. Die Vorschriften der §§.1257, 1262 finden Anwendung, soweit sie Dritten günstiger sind als die ausländischen Gesetze.
§.2252. Die Ehelichkeit eines Kindes wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört oder, wenn er vor der Geburt des Kindes gestorben ist, zuleßt angehört hat.
§.2253. Die Legitimation eines unehelichen Kindes wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört. Das Erfordernitz der Eins willigung des Kindes oder der Einwilligung Dritter, zu denen das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnisse steht, bestimmt sich nach den Gesetzen des Staates, welchem das Kind zur Zeit der Legitimation angehört.
Die für die Erklärungen der Betheiligten erforderliche Form bestimmt sich ausschließlich nach den Gefeßen des Staates, welchem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört.
§.2254. Die Vorschriften des §.2253 finden auf die Annahme an Kindesstatt entsprechende Anwendung.
§.2255. Das Rechtsverhältniß zwischen Eltern und ehelichen Kindern wird nach den Gefeßen des Staates beurtheilt, welchem der Vater angehört, und, wenn der Vater gestorben ist, nach den Gefeßen des Staates, welchem die Mutter angehört.
Ist die Reichsangehörigkeit des Vaters oder der Mutter erloschen, das eheliche Kind aber Deutscher geblieben, so finden, soweit nach Abs. 1 die Geseße eines ausländischen Staates anwendbar sein würden, die deutschen Gefeße Anwendung.
§.2256. Das Rechtsverhältniß zwischen einem unehelichen Kinde und dessen Mutter wird nach den Gefeßen des Staates beurtheilt, welchem die Mutter angehört.
Ist die Reichsangehörigkeit der Mutter erloschen, das Kind aber Deutscher geblieben, so finden die deutschen Gejeße Anwendung.
§.2257. Die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kinde und seine Verpflichtung, der Mutter die Kosten der Entbindung und des Unterhalts zu ersetzen, wird nach den Gefeßen des Staates beurtheilt, welchem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört.
§.2258. Die gesetzliche Unterhaltspflicht unter Verwandten wird, unbeschadet der Vorschriften der §§.2255, 2256, nach den Gefeßen des Staates beurtheilt, welchem die Verwandten zu der für die Unterhaltspflicht in Betracht kommenden Zeit angehören. Gehören die Verwandten zu dieser Zeit verschiedenen Staaten an, so besteht die Unterhaltspflicht nur insoweit, als sie nach den Gefeßen jedes der beiden Staaten begründet ist.
§.2259. Ein Ausländer wird im Inlande bevormundet, wenn er nach den Gefeßen des Staates, welchem er angehört, des vormundschaftlichen Schußes bedarf, keinen Wohnsitz oder jeinen Aufenthalt im Inlande hat und der Staat, welchem er angehört, die Fürsorge ablehnt.
Ist ein Ausländer im Inland entmündigt, so wird er im Inlande bevormundet, wenn der Staat, welchem er an gehört, die Fürsorge ablehnt.
Das deutsche Vormundschaftsgericht kann vorläufige Maßregeln treffen, insbesondere eine Pflegschaft anordnen.
§.2260. Für die Anordnung einer Pflegschaft über einen Ausländer gilt, unbeschadet der Vorschrift des §.2259 Abs. 3, das Gleiche wie für die Bevormundung eines Ausländers. Soweit die Anordnung der Pflegschaft den Wohnsit oder den Aufenthalt des Pflegebefohlenen in dem Bezirke des Vormundschaftsgerichtes nicht vorausseßt, ist sie auch dann zulässig, wenn der Ausländer seinen Wohnsiß oder seinen Aufenthalt nicht im Inlande hat.
§.2261. Die erbrechtlichen Verhältnisse werden nach den Gejeßen des Staates beurtheilt, welchem der Erblasser zur Zeit seines Todes angehört hat.
Die Errichtung und die Aufhebung einer Verfügung von Todeswegen werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Erblasser zur Zeit der Errichtung oder der Aufhebung angehört hat.
Erwirbt ein Ausländer, der die Fähigkeit zur Errichtung einer Verfügung von Todeswegen erlangt hat, die Reichsangehörigkeit, nachdem er eine solche Verfügung errichtet hat, so behält er die Fähigkeit, auch wenn er das nach den deutschen Gesetzen erforderliche Alter noch nicht erreicht hat.
Ein Deutscher kann im Ausland eine Verfügung von Todeswegen auch in der Form errichten oder aufheben, welche den am Orte der Errichtung oder der Aufhebung geltenden Gefetzen entspricht.
§.2262. Die Vorschriften der §§.2250, 2255 und des §.2261 Abs. 1 finden keine Anwendung auf Gegenstände, die sich nicht in dem Gebiete des Staates befinden, dessen Geseke nach jenen Vorschriften maßgebend sind, und die nach den Gesetzen des Staates, in dessen Gebiete sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen.
§.2263. Gehört eine Person keinem Staate an, so werden ihre Rechtsverhältnisse, soweit die Gesetze des Staates, welchem eine Person angehört, für maßgebend erklärt sind, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Person zulegt angehört hat, und, wenn sie auch früher keinem Staate angehört hat, nach den Gesetzen des Staates, in welchem sie ihren Wohnsitz und in Ermangelung eines Wohnsitzes ihren Aufenthalt hat oder zu der maßgebenden Zeit gehabt hat.
§.2264. Die Anwendung eines ausländischen Gesekes ist ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesekes verstoßen würde oder wenn das ausländische Gesels die Rechte der Fremden in unbilliger Weise beeinträchtigt.
§.2265. Unter Zustimmung des Bundesraths kann durch Anordnung des Reichskanzlers bestimmt werden, daß gegen die Angehörigen eines ausländischen Staates und deren Rechtsnachfolger ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht wird.